FCB - Augenblicke XIII



Mein erstes mal *Augenzwinkern*

Die Überschrift lässt anderes Erahnen aber es geht hier um mein erstes Auswärtsspiel mit dem FCB - und dies gleich zum Saisonfinale 1992/1993
Es wurde zu einem unvergessenen Erlebnis.

Die Story
Es ist das Spiel, welches mir, natürlich abgesehen vom verlorenen CL- Finale, am meisten im Kopf rumspukt. Wir schreiben den 29. Mai 1993. Es ist etwa 17.20 und die Einblendmaschine von Premiere, servus Voegi, spuckt alle Ergebnisse des 33. Spieltages aus.
"Mist", dachte ich mir. Das, was ich vermutete, ist eingetreten. Die Hamburger haben dem Nachbarn aus Bremen Schützenhilfe geleistet und sich mit 0:5 in Bremen niedermachen lassen. Gleichzeitig gewann der FCB gegen den VfL Bochum zu Hause "nur" mit 3:1. Daraus resultierend, musste man die Tabellenführung an den SV Werder Bremen abgeben. Um genau ein Tor bei gleicher Punktausbeute war Bremen nun besser. Solche Konstellationen kommen nun ja nicht so oft vor.

Und ich hatte das Vergnügen, mit meinem Kumpel nach Gelsenkirchen reisen zu dürfen. Etwas mulmig war mir schon. Mein erstes Auswärtsspiel, ich kannte bis dahin nur das Olympiastadion und nun sollte ich auch noch das erste mal ins Ruhrgebiet, welches ich bis dahin nur vom Hörensagen kannte. Nichtsdestotrotz, ein Ossi kennt ja bekanntlich kein Schmerz, machte wir uns am 05.06.1993 auf den Weg ins Unbekannte.

Was bedeutete diese Konstellation eigentlich für den letzten Spieltag?
Wie schon erwähnt, musste der FCB bei Schalke 04 ran und die Bremer reisten ihrerseits ins Schwabeländle zum VfB Stuttgart. Beide mussten im Prinzip Ihre Spiele gewinnen und hoffen, dass der Kontrahent Federn lässt. Ein Münchner Sieg und bei gleichzeitigem Punktverlust oder Niederlage der Bremer im Spätzleland hätte uns die Meisterschaft beschert. Es kam aber alles anders als von mir erwartet. Dazu später mehr.

Wir fuhren am besagten Tag also gen Westen. Ganz aufgeregt wegen der großen weiten Welt, ging es über Täler, Brücken relativ leere Autobahnen und überteuerten Rasstätten Richtung Ruhrpott immer Richtung "Blühende Landschaften". Sorry habe das verwechselt, da bin ich ja gestartet.

Das Parkstadion war relativ leicht zu finden und nun standen wir zwei Ossis das erste mal vor der riesigen Betonschüssel und wir beäugten das blau-weiße Etwas, das uns umgab. Ach so, ich meinte natürlich die Schalker Fans.

Mit knapp 70.000 Zuschauern war das Parkstadion restlos ausverkauft, darunter schätzungsweise 20.000 gut gelaunte FCB-Fans. Es war schon sehr beeindruckend für mich. Im Parkstadion konnte man als Rollstuhlfahrer damals noch auf der Tartanbahn stehen und war somit relativ nah am Spielgeschehen. Wobei das für mich fast zweitrangig war. Weil das ganze Drumrum, das neue Stadion, die Atmosphäre das Flair - das war - auf Deutsch gesagt - einfach nur: Geil. Was ich wahrscheinlich nie mehr vergessen werde.

Zum Eigentlichen, "Das Spiel"
Pünktlich wie die Maurer,ging das Spiel um 15.30 los. Der Lärm war ohrenbetäubend. Ich weiß, jetzt denken viele wieder, ist halt nur auf Schalke so eine Stimmung. Aber ich muss ehrlich sagen, so was habe ich seitdem nie wieder erlebt. Es hätte kein Hollywood -Regisseur besser machen können, Schalke ging in der 4. Minute in Führung. Ich dachte in dem Moment echt, das Stadion fällt auseinander, so ein Lärm war das. Ach ja, am Rande sei erwähnt: Anderbrügge war der Torschütze. Ich war geschockt ob des schnellen Rückstandes - aber nach wie vor positiv gestimmt, es hätte ja die Bremer auch so treffen können.

Das Spiel plätscherte so vor sich hin - Chancen hüben wie drüben. Und in der 24. Minute war es Scholli vorbehalten, für den Ausgleich zu sorgen. Gänsehaut machte sich breit bei mir. Ich wusste, noch ein Tor und wir lägen in der Tabelle wieder vor Bremen, weil es zu gleichen Zeit in Stuttgart noch 0:0 stand. Apropos, von nun an war die Anzeigetafel wichtiger als das eigentliche Spiel. Prompt verpasste ich den erneuten Führungstreffer der Schalker kurz vor der Pause. Jetzt war ich schon mehr bedient und das Schlucken viel mir schwer. Ich dachte, scheiße, dass kann doch nicht wahr sein.

Halbzeit. Das große Rechnen begann und ich war wieder positiver gestimmt. Zwei Tore für Stuttgart und es hätte wieder gereicht für die Tabellenführung. Hätte Hätte bla bla bla. Ernüchterung machte sich gleich nach der Pause breit. Auf der Anzeigetafel stand der Supergau. Stuttgart - Bremen 0:2 Binnen vier Minuten machten die Bremer alle Münchner Titelträume zunichte. Für mich brach eine kleine Welt zusammen. Mit soviel Optimismus angereist und dann so was. Selbst die zwischenzeitliche 2:3-Führung für uns konnte mich nicht mehr positiv stimmen, Weil zeitgleich in Stuttgart das 0:3 fiel und damit der letzte Funken Hoffnung verflog. Jeder im Parkstadion wusste: Das war's.


Den Schlusspunkt setzte wieder die Schalker zum 3:3-Endstand, was mir persönlich völlig rille war. Zu erwähnen wäre noch das für den FCB Matthäus und Wouters trafen. Für die Schalker war neben Anderbrügge noch 2 mal Borodjuk erfolgrei.
Bremen war Meister der Saison 92/93

Das schmerzte besonders
Nicht nur das der Titel futsch war, nein diese hämischen Gesänge der Schalker taten richtig weh. "Sagt den Bayern alles ist vorbei" oder das obligatorische "Zieht den Bayern die Lederhosen aus" Ich muss ehrlich gestehen, ich hatte nicht nur eine Träne im Auge. Jeder, der so was erlebt hat, weiß wie sich das anfühlt. Trost gab es in diesem Moment nicht. Man war ganz allein für sich, die Gedanken leer und noch eine vierstündige Heimreise vor mir, in denen man nur an das eben Erlebte denken musste.

Dies verbindet
Auch wenn es diesmal kein Happy End gab, sind dies die Momente, die einen noch enger mit dem Verein verbinden, noch enger zusammen rücken lassen. Und über Sätze, wie "Der FCB hat doch keine richtigen Fans" kann man dann, wenn man in diesen Erinnerungen schwelgt, nur müde lächeln.
Es war ein wunderbares Erlebnis für mich, eine Erfahrung die ich nicht missen will. Auch wenn uns Schalke die Meisterschaft kaputt gemacht hat. Die Revanche kam ja später. Und jeder FCB-Fan erinnert sich gerne an die Vier-Minuten- Meisterschaft der Schalker.
Sorry - das musste sein.