17.04.2012 um 09:15 Uhr
Geschrieben von Meike32
SMS - eine Krankheit!
Wie, ihr kennt SMS nicht?
Gut, ich gebe ja zu, in medizinischen Fachkreisen hat sich dieses ernst zu nehmende Syndrom noch keinen richtigen Namen gemacht, aber es gibt sie.
Die Krankheit, meine ich. Und die hat gar nichts mit dem übermäßigen eintippen von Textnachrichten in ein Handy zu tun, sollten das jetzt einige von euch vermuten. Nein, nicht mal entfernt.
In der Medizin braucht ja alles eine mehr oder weniger sinnige Abkürzung. Und deshalb brauchte auch das besonders unter Frauen verbreitete San-Marino-Syndrom eine gängige und griffige Abkürzung. SMS. Logisch, oder?
Und wie sich das San-Marino-Syndrom äußert? Ganz einfach. Durch einen akuten Schub von meistens kurzweiliger Sympathie, ausgelöst durch Mitleid.
Beispiel gefällig? Fangen wir doch da an, wo das Syndrom seinen Namen her hat:
In aller Regelmäßigkeit spielt Deutschland ja in irgendeiner Qualifikation gegen San Marino. Nachmittags denkt man noch in aller Ruhe und mit ein bisschen Langeweile an das Spiel. Wird schon ein klares Ergebnis geben, ansonsten sicher weniger aufregend. Diese Stimmung ändert sich bei Menschen ohne SMS auch nicht.
Bei den Menschen, die heftig von SMS geplagt werden, ist es mit der Ruhe dann aber schon mit den Vorberichten vorbei. Sprich, auch bei mir.
Zuerst kommen ein paar Berichte vom deutschen Team. Nutella-Manu und Rewe-Poldi scherzen ein bisschen, Chipsfrisch-Basti ist auch dabei, Nivea-Jogi analysiert vor sich hin und alle freuen sie sich, dass Ab-in-den-Urlaub-Michi nun endlich zu Hause bleibt. Ist ja alles ganz nett, irgendwie wusste man das alles schon und Neuigkeiten gibt es so kurz vor dem Spiel auch nicht.
ABER DANN! Kommt der Bericht über die Mannschaft aus San Marino. Und es geht los:
Wie, der talentierte Mittelfeldspieler macht gerade seine Ausbildung zum Elektriker? Und warum führt der nicht ganz so talentierte Abwehrchef im wahren Leben ein Lampengeschäft? Ach guck mal einer an, der Bruder von dem neuen Sturmtalent ist der Torwart und die beiden machen eine Ausbildung als Verkäufer…
Wie, da gibt es nur zwei Spieler, die vom Fußball leben können? Und wie sollen die bitte gegen Nutella-Manu und seine Fette-Werbeverträge-Kollegen ein Tor schießen, wenn die nur dreimal in der Woche trainieren???
Schnitt.
Die Mannschaft wird gezeigt, wie sie aus dem kleinen Bus aussteigt und in das Teamhotel marschiert, das in der Regel nicht halb so nobel ist, wie die Unterkunft der deutschen Mannschaft.
Natürlich kommt die Frage auf, wie diese armen kleinen Spielerchen gegen Deutschland überleben sollen. Und hier macht immerhin der Fernsehsender (wahlweise ARD oder ZDF, sucht es euch aus…) einen entscheidenden Fehler. Mir bibbert schon die Unterlippe und würde der Fernsehsender jetzt den Hinweis bringen, dass der Verband aus San Marino um Spenden bittet, damit die Spieler sich nicht alle ein Hotelzimmer teilen müssen, müsste mein venezolanisches Patenkind ganz ernsthaft um die nächste Überweisung bibbern. Zum Glück unterbleibt der Hinweis und ich versuche, mich ein wenig zu entspannen.
Dann geht das Spiel los. Und irgendwie wirken die deutschen Spieler viel zu professionell und ernsthaft für die Angelegenheit.
Das sieht man sofort. Am Ergebnis. Rewe-Poldi ist genauso gut drauf wie Müllermilch-Müller und nach zwanzig Minuten steht es ungefähr 4-0.
Das ist der Moment, in dem ich langsam heftige Magenkrämpfe bekomme, während mein Mann sich auf der Couch neben mir grinsend entspannt zurücklehnt und folgenden Kommentar ablässt:
„Super, heute machen sie es echt zweistellig. Und noch ist San Marino nicht mal die Puste ausgegangen. Die werden ja noch langsamer!"
Ganz toll. Außerdem ist es der Moment, in dem ich zum Telefon greife. Es dauert höchstens drei Sekunden, da klingelt das Telefon dann auch. Ich muss mich nicht mal mit Namen melden. Ich muss das Gespräch nur annehmen. Und es geht sofort los.
„Ohhhhh. Können die Deutschen jetzt nicht aufhören? Oder den Torwart auswechseln? Kann man das stoppen? Mir tut das alles soooooo leid!"
Meine Mutter. Stimmt, hatte ich vergessen zu erwähnen, SMS scheint vererbbar zu sein. Meine Mutter ist jedenfalls ein ganz schwerer Fall. Wahrscheinlich deshalb (der wissenschaftliche Beweis steht zur Zeit noch aus) ist sie seit mehr als 40 Jahren Köln-Fan.
Gemeinsam leiden wir bis zur Halbzeit. Was meinem Mann ein entnervtes Augenrollen entlockt. Gegenseitig versichern wir uns, wie leid uns die Spieler aus San Marino tun. Zur Halbzeit steht es dann 6-0 und wir beenden das Telefonat.
Bei beginnenden Wadenkrämpfen auf der Seite von San Marino und einem lockeren 8-0 in Minute 75 nehmen wir das Telefonat dann wieder auf. Geht nicht anders. Und leiden bis zum Schluss. Leiden sehr.
SMS äußert sich zudem in heftigen Stimmungsschwankungen. Dann wird es ganz gemein. Noch ein Beispiel gefällig?
Nehmen wir doch einfach das Finale des Afrika-Cups. Natürlich bibberte ich mit Sambia! Der Mannschaft mit dem Flugzeugunglück und den Spielern, die nicht annähernd so viele Millionen verdienen, wie die Spieler der Elfenbeinküste.
Wenn man unter SMS leidet, muss man zwangsläufig mit der offensichtlich kleineren Mannschaft mitfiebern. Bis…
Bis Sambia gewann. Einfach so. Und die Spieler der Elfenbeinküste anfingen, zu weinen. Da kehrt sich dann plötzlich das komplette Weltbild einmal um. Und das mache ich ja nicht extra. Wirklich nicht. Ich kann nur nicht anders.
Also liebe Männer, wenn ihr euch das nächste Mal darüber ärgert, dass eure Frau/Freundin nicht mit euch Fußball guckt, dann denkt doch lieber noch einmal nach. Denn stellt euch mal vor, eure Mannschaft führt mit, sagen wir 3-0 gegen Augsburg, und eure Frau/Freundin erleidet dann einen akuten SMS-Schub. Und wünscht so plötzlich nichts sehnlicher, als dass Augsburg mindestens den Ausgleich schafft. Weil die so klein sind, und niedlich, und die lustige Puppenkistenmusik im Stadion haben. Oder so.
Denn ganz wichtig: SMS hält sich nicht an EURE Vorlieben. Und so kann es dem einen oder anderen mitten in seinem Freudentanz auch passieren, dass er plötzlich sieht, wie die Frau/Freundin mit feuchten Augen vor dem Fernseher sitzt, weil ihr die weinenden Hoffenheimer-Spieler sooooo leid tun, nach ihrem Abstieg. Könnt ihr, liebe Männer, damit leben?
Gut, ich gebe ja zu, in medizinischen Fachkreisen hat sich dieses ernst zu nehmende Syndrom noch keinen richtigen Namen gemacht, aber es gibt sie.
Die Krankheit, meine ich. Und die hat gar nichts mit dem übermäßigen eintippen von Textnachrichten in ein Handy zu tun, sollten das jetzt einige von euch vermuten. Nein, nicht mal entfernt.
In der Medizin braucht ja alles eine mehr oder weniger sinnige Abkürzung. Und deshalb brauchte auch das besonders unter Frauen verbreitete San-Marino-Syndrom eine gängige und griffige Abkürzung. SMS. Logisch, oder?
Und wie sich das San-Marino-Syndrom äußert? Ganz einfach. Durch einen akuten Schub von meistens kurzweiliger Sympathie, ausgelöst durch Mitleid.
Beispiel gefällig? Fangen wir doch da an, wo das Syndrom seinen Namen her hat:
In aller Regelmäßigkeit spielt Deutschland ja in irgendeiner Qualifikation gegen San Marino. Nachmittags denkt man noch in aller Ruhe und mit ein bisschen Langeweile an das Spiel. Wird schon ein klares Ergebnis geben, ansonsten sicher weniger aufregend. Diese Stimmung ändert sich bei Menschen ohne SMS auch nicht.
Bei den Menschen, die heftig von SMS geplagt werden, ist es mit der Ruhe dann aber schon mit den Vorberichten vorbei. Sprich, auch bei mir.
Zuerst kommen ein paar Berichte vom deutschen Team. Nutella-Manu und Rewe-Poldi scherzen ein bisschen, Chipsfrisch-Basti ist auch dabei, Nivea-Jogi analysiert vor sich hin und alle freuen sie sich, dass Ab-in-den-Urlaub-Michi nun endlich zu Hause bleibt. Ist ja alles ganz nett, irgendwie wusste man das alles schon und Neuigkeiten gibt es so kurz vor dem Spiel auch nicht.
ABER DANN! Kommt der Bericht über die Mannschaft aus San Marino. Und es geht los:
Wie, der talentierte Mittelfeldspieler macht gerade seine Ausbildung zum Elektriker? Und warum führt der nicht ganz so talentierte Abwehrchef im wahren Leben ein Lampengeschäft? Ach guck mal einer an, der Bruder von dem neuen Sturmtalent ist der Torwart und die beiden machen eine Ausbildung als Verkäufer…
Wie, da gibt es nur zwei Spieler, die vom Fußball leben können? Und wie sollen die bitte gegen Nutella-Manu und seine Fette-Werbeverträge-Kollegen ein Tor schießen, wenn die nur dreimal in der Woche trainieren???
Schnitt.
Die Mannschaft wird gezeigt, wie sie aus dem kleinen Bus aussteigt und in das Teamhotel marschiert, das in der Regel nicht halb so nobel ist, wie die Unterkunft der deutschen Mannschaft.
Natürlich kommt die Frage auf, wie diese armen kleinen Spielerchen gegen Deutschland überleben sollen. Und hier macht immerhin der Fernsehsender (wahlweise ARD oder ZDF, sucht es euch aus…) einen entscheidenden Fehler. Mir bibbert schon die Unterlippe und würde der Fernsehsender jetzt den Hinweis bringen, dass der Verband aus San Marino um Spenden bittet, damit die Spieler sich nicht alle ein Hotelzimmer teilen müssen, müsste mein venezolanisches Patenkind ganz ernsthaft um die nächste Überweisung bibbern. Zum Glück unterbleibt der Hinweis und ich versuche, mich ein wenig zu entspannen.
Dann geht das Spiel los. Und irgendwie wirken die deutschen Spieler viel zu professionell und ernsthaft für die Angelegenheit.
Das sieht man sofort. Am Ergebnis. Rewe-Poldi ist genauso gut drauf wie Müllermilch-Müller und nach zwanzig Minuten steht es ungefähr 4-0.
Das ist der Moment, in dem ich langsam heftige Magenkrämpfe bekomme, während mein Mann sich auf der Couch neben mir grinsend entspannt zurücklehnt und folgenden Kommentar ablässt:
„Super, heute machen sie es echt zweistellig. Und noch ist San Marino nicht mal die Puste ausgegangen. Die werden ja noch langsamer!"
Ganz toll. Außerdem ist es der Moment, in dem ich zum Telefon greife. Es dauert höchstens drei Sekunden, da klingelt das Telefon dann auch. Ich muss mich nicht mal mit Namen melden. Ich muss das Gespräch nur annehmen. Und es geht sofort los.
„Ohhhhh. Können die Deutschen jetzt nicht aufhören? Oder den Torwart auswechseln? Kann man das stoppen? Mir tut das alles soooooo leid!"
Meine Mutter. Stimmt, hatte ich vergessen zu erwähnen, SMS scheint vererbbar zu sein. Meine Mutter ist jedenfalls ein ganz schwerer Fall. Wahrscheinlich deshalb (der wissenschaftliche Beweis steht zur Zeit noch aus) ist sie seit mehr als 40 Jahren Köln-Fan.
Gemeinsam leiden wir bis zur Halbzeit. Was meinem Mann ein entnervtes Augenrollen entlockt. Gegenseitig versichern wir uns, wie leid uns die Spieler aus San Marino tun. Zur Halbzeit steht es dann 6-0 und wir beenden das Telefonat.
Bei beginnenden Wadenkrämpfen auf der Seite von San Marino und einem lockeren 8-0 in Minute 75 nehmen wir das Telefonat dann wieder auf. Geht nicht anders. Und leiden bis zum Schluss. Leiden sehr.
SMS äußert sich zudem in heftigen Stimmungsschwankungen. Dann wird es ganz gemein. Noch ein Beispiel gefällig?
Nehmen wir doch einfach das Finale des Afrika-Cups. Natürlich bibberte ich mit Sambia! Der Mannschaft mit dem Flugzeugunglück und den Spielern, die nicht annähernd so viele Millionen verdienen, wie die Spieler der Elfenbeinküste.
Wenn man unter SMS leidet, muss man zwangsläufig mit der offensichtlich kleineren Mannschaft mitfiebern. Bis…
Bis Sambia gewann. Einfach so. Und die Spieler der Elfenbeinküste anfingen, zu weinen. Da kehrt sich dann plötzlich das komplette Weltbild einmal um. Und das mache ich ja nicht extra. Wirklich nicht. Ich kann nur nicht anders.
Also liebe Männer, wenn ihr euch das nächste Mal darüber ärgert, dass eure Frau/Freundin nicht mit euch Fußball guckt, dann denkt doch lieber noch einmal nach. Denn stellt euch mal vor, eure Mannschaft führt mit, sagen wir 3-0 gegen Augsburg, und eure Frau/Freundin erleidet dann einen akuten SMS-Schub. Und wünscht so plötzlich nichts sehnlicher, als dass Augsburg mindestens den Ausgleich schafft. Weil die so klein sind, und niedlich, und die lustige Puppenkistenmusik im Stadion haben. Oder so.
Denn ganz wichtig: SMS hält sich nicht an EURE Vorlieben. Und so kann es dem einen oder anderen mitten in seinem Freudentanz auch passieren, dass er plötzlich sieht, wie die Frau/Freundin mit feuchten Augen vor dem Fernseher sitzt, weil ihr die weinenden Hoffenheimer-Spieler sooooo leid tun, nach ihrem Abstieg. Könnt ihr, liebe Männer, damit leben?
Aufrufe: 11305 | Kommentare: 47 | Bewertungen: 16 | Erstellt:17.04.2012
ø 8.6
KOMMENTARE
Um bewerten und sortieren zu können, loggen Sie sich bitte ein.
19.04.2012 | 18:23 Uhr
0
gerosimo :
@midget: Vielleicht verstehe ich Dich deshalb so gut, weil Du Dich für "großartig" hältst. Somit bist Du nämlich in Bezug auf die Einstufung der Selbstwahrnehmung nur zwei bis drei Stufen unter mir ...
1
19.04.2012 | 17:19 Uhr
0
Büchsenmacher : Kopfschüttel !!
Midget für so kleingeistig hätte ich dich wirklich nicht gehalten !! 1
19.04.2012 | 15:49 Uhr
0
Nutman :
don: 8 Punkte - nicht kultig genug
meike: 9 Punkte - aber nicht aufgrund des SMS-Syndrom
0
19.04.2012 | 14:57 Uhr
0
Fl0815 :
Reingeklickt mit den Gedanken "Eine Frau 0 Punkte", rausgeklickt mit "Applaus10 Punkte".
0
19.04.2012 | 12:55 Uhr
0
midget :
@gerosimo, ich fand meine blogs ja wesentlich besser. aber ich finde mich ja auch ganz großartig...vielleicht liegts daran
1
19.04.2012 | 08:52 Uhr
0
gerosimo :
Als Bild-der-Frau-Abonnent bin ich mir der wichtigen Themen dieser Welt durchaus bewusst:Unsere Lieblings-Diät im Frühling mit Dreifach-Fit-Effekt ist übrigens die Kartoffel-&-Quark-Diät ... (diese Info ist natürlich nur für die wenigen Männer hier im Forum, die unzähligen Frauen gähnen jetzt grad...)
Grad vorgestern "durfte" ich mir die Notfallambulanz des St. Antonius Krankenhauses von innen anschauen und traf dort viele SMS-Infizierte, die offenbar verantwortlich dafür waren, dass ich geschlagene zwei Stunden auf meine Behandlung warten musste...
Mein SMS-Schub hält sich also in Grenzen und die Augsburger Puppenkiste darf von mir aus gerne im nächsten Jahr wieder montags im DSF laufen, wahlweise auch "Hamburg, meine Perle". Sambia hat schließlich auch geschafft, woran niemand glaubte - genauso wie in drei Wochen der ... ach ne, das ist ja kein Effzeh-Blog.
Letzteren fand ich einfach noch ein bisschen besser, daher gebe ich jetzt "nur" 9 Punkte.
@Meike32: Dir danke ich an dieser Stelle noch einmal für den alles überragenden Pferde-Blog, den ich persönlich für den besten Blog des diesjährigen Blogpokals halte!!!
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NUR DER HSV!