21.06.2011 um 16:16 Uhr
Geschrieben von GNetzer
A new twitter democracy
Oder: Der Skandal, der keiner war
Im Grunde passte die Nachricht wie ein Schlenzer ins Kreuzeck: Eklat auf der Schalker Jahreshauptversammlung! Journalisten nach Mitgliederbeschluss vor die Tür gesetzt!
War ja klar. Schalke. Die Kirmesbude der Liga, die nie zur Ruhe kommt. Mit Jahreshauptversammlungen, deren Kuriositäten einen Wälzer füllen könnten. Ist doch logisch, dass es da mal wieder kracht. Und mal ehrlich, so wirklich ungelegen ist so eine Nachricht an einem langweiligen Sonntag Nachmittag auch nicht, oder? Also schwebte über der Meldung schon in dem Moment, in dem sie die Schwelle zu den deutschen Sportredaktion übertrat, ein rot blinkendes Warnzeichen: Skandal!
Denn wo es gegen die Freiheit der Presse geht, wird man hellhörig. Noch dazu wo ein ähnlicher Fall beim HSV einst für noch mehr Wirbel sorgte. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Selbstverständlich gehört zu einer Demokratie die freie Arbeit der Presse. Und wenn Mitglieder eines Vereins es mit einer demokratischen Abstimmung begründen, die Presse auszuschließen, ist das ein kurzsichtiger und – das Wort ist bewusst gewählt – skandalöser Vorgang. Da ist es auch in Ordnung, im ersten Moment die Eklat-Keule rauszuholen und bei Twitter zu witzeln (ich bekenne mich in diesem Punkt der Anklage schuldig).
Ein einzelnes Smartphone stürzt die Mehrheit
Doch mit etwas Abstand sollte man differenzieren können. Was in Gelsenkirchen geschehen ist, war nämlich nicht mehr als ein vollkommen verpfuschtes Vorhaben. Denn die Zeiten haben sich geändert. Schon wie sich die Nachricht vom Ausschluss der Presse verbreitete, zeigte die Sinnlosigkeit des Plans. Innerhalb weniger Sekunden wussten Redaktionen (zumindest einige…) und Fans über Twitter Bescheid. Aus dem Saal heraus verteilten sich Tweets über das Land, während sich zeitgleich hinter den vertriebenen Journalisten die Tür schloss. Zwar hatte die Mehrheit der Mitglieder dafür gestimmt, sich abzuschotten. Doch heute genügt ein Einzelner mit Verbindung zum Netz, um eine solche Mehrheit zu hinterlaufen (zu der im Übrigen nicht der Vorstand von Schalke gehörte).
Was im Laufe des Nachmittags folgte, war alles andere als skandalös. Fast minütlich informierten eifrige Twitternutzer über das Vorgehen auf der JHV. Wichtige Zitate von Horst Heldt (etwa zur Vertragsverlängerung mit Julian Draxler) oder Clemens Tönnies (die Bernd-Hollerbach-Gedächtnisgrätsche in Richtung Felix Magath) wurden von unterschiedlichen Quellen fast zeitgleich und so genau im Wortlaut gewtittert, dass man von ihrer Richtigkeit ausgehen konnte. Bereits nach einer Stunde war das, was als Skandal begonnen hatte, im Strom der Tweets zu einem lauen Lüftchen verpufft.
All jene Redaktionen, die sich die Mühe machten, die Informationen zu sammeln und sorgfältig zu prüfen, konnten fast von der JHV berichten, als wäre nichts geschehen. Noch bevor die Agenturen ihre Texte liefern konnten, hatte SPOX etwa die wichtigsten Neuigkeiten auf der Seite.
Die einsamen Drei vor der Tür
Nicht nur Twitter unterhöhlte das Vorhaben einiger Mitglieder, ihre Versammlung zum geschlossenen Kreis zu machen. Auch die eigene Satzung stellte ihnen ein Bein. Denn letztlich mussten nur wenige Journalisten (einige Quellen sprechen von drei) die Halle tatsächlich verlassen. Der Rest war Vereinsmitglied und damit berechtigt zu bleiben.
Letztlich verpuffte der Effekt des Ausschlusses der Journaille also innerhalb kürzester Zeit. Die Diskussion innerhalb der Schalker Fanszene über den Sinn und die Außendarstellung des Beschlusses ist natürlich dennoch sinnvoll (siehe hierzu 1, 2, 3, 4). Doch die Nachwehen der Jahreshauptversammlung haben noch eine weitere Komponente.
Grund für den Antrag auf Ausschluss war der Vorwurf, die Medien würden nicht ausgewogen und neutral über Schalke berichten. Zu dieser Unterstellung kann man stehen wie man möchte. Doch wenn man auch noch einen Tag nach dem Herauswurf diesen Vorgang in eine Reihe mit den großen Schalker Skandalen (etwa unter Günter Eichberg) stellt, dann macht man eben genau das. Der Beschluss gegen die Journalisten mag skandalös gewesen sein – das Ergebnis war es aber nicht. Zu einer ausgewogenen Berichterstattung gehört es, diese Unterscheidung vorzunehmen. Manch ein Liveticker von der JHV endete am Sonntag abrupt. Nicht jedoch bei den Medien, die den Sprung vom Jahr 2006 (Ausschluss der Presse beim HSV) ins Jahr 2011 geschafft haben.
Im Grunde passte die Nachricht wie ein Schlenzer ins Kreuzeck: Eklat auf der Schalker Jahreshauptversammlung! Journalisten nach Mitgliederbeschluss vor die Tür gesetzt!
War ja klar. Schalke. Die Kirmesbude der Liga, die nie zur Ruhe kommt. Mit Jahreshauptversammlungen, deren Kuriositäten einen Wälzer füllen könnten. Ist doch logisch, dass es da mal wieder kracht. Und mal ehrlich, so wirklich ungelegen ist so eine Nachricht an einem langweiligen Sonntag Nachmittag auch nicht, oder? Also schwebte über der Meldung schon in dem Moment, in dem sie die Schwelle zu den deutschen Sportredaktion übertrat, ein rot blinkendes Warnzeichen: Skandal!
Denn wo es gegen die Freiheit der Presse geht, wird man hellhörig. Noch dazu wo ein ähnlicher Fall beim HSV einst für noch mehr Wirbel sorgte. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Selbstverständlich gehört zu einer Demokratie die freie Arbeit der Presse. Und wenn Mitglieder eines Vereins es mit einer demokratischen Abstimmung begründen, die Presse auszuschließen, ist das ein kurzsichtiger und – das Wort ist bewusst gewählt – skandalöser Vorgang. Da ist es auch in Ordnung, im ersten Moment die Eklat-Keule rauszuholen und bei Twitter zu witzeln (ich bekenne mich in diesem Punkt der Anklage schuldig).
Ein einzelnes Smartphone stürzt die Mehrheit
Doch mit etwas Abstand sollte man differenzieren können. Was in Gelsenkirchen geschehen ist, war nämlich nicht mehr als ein vollkommen verpfuschtes Vorhaben. Denn die Zeiten haben sich geändert. Schon wie sich die Nachricht vom Ausschluss der Presse verbreitete, zeigte die Sinnlosigkeit des Plans. Innerhalb weniger Sekunden wussten Redaktionen (zumindest einige…) und Fans über Twitter Bescheid. Aus dem Saal heraus verteilten sich Tweets über das Land, während sich zeitgleich hinter den vertriebenen Journalisten die Tür schloss. Zwar hatte die Mehrheit der Mitglieder dafür gestimmt, sich abzuschotten. Doch heute genügt ein Einzelner mit Verbindung zum Netz, um eine solche Mehrheit zu hinterlaufen (zu der im Übrigen nicht der Vorstand von Schalke gehörte).
Was im Laufe des Nachmittags folgte, war alles andere als skandalös. Fast minütlich informierten eifrige Twitternutzer über das Vorgehen auf der JHV. Wichtige Zitate von Horst Heldt (etwa zur Vertragsverlängerung mit Julian Draxler) oder Clemens Tönnies (die Bernd-Hollerbach-Gedächtnisgrätsche in Richtung Felix Magath) wurden von unterschiedlichen Quellen fast zeitgleich und so genau im Wortlaut gewtittert, dass man von ihrer Richtigkeit ausgehen konnte. Bereits nach einer Stunde war das, was als Skandal begonnen hatte, im Strom der Tweets zu einem lauen Lüftchen verpufft.
All jene Redaktionen, die sich die Mühe machten, die Informationen zu sammeln und sorgfältig zu prüfen, konnten fast von der JHV berichten, als wäre nichts geschehen. Noch bevor die Agenturen ihre Texte liefern konnten, hatte SPOX etwa die wichtigsten Neuigkeiten auf der Seite.
Die einsamen Drei vor der Tür
Nicht nur Twitter unterhöhlte das Vorhaben einiger Mitglieder, ihre Versammlung zum geschlossenen Kreis zu machen. Auch die eigene Satzung stellte ihnen ein Bein. Denn letztlich mussten nur wenige Journalisten (einige Quellen sprechen von drei) die Halle tatsächlich verlassen. Der Rest war Vereinsmitglied und damit berechtigt zu bleiben.
Letztlich verpuffte der Effekt des Ausschlusses der Journaille also innerhalb kürzester Zeit. Die Diskussion innerhalb der Schalker Fanszene über den Sinn und die Außendarstellung des Beschlusses ist natürlich dennoch sinnvoll (siehe hierzu 1, 2, 3, 4). Doch die Nachwehen der Jahreshauptversammlung haben noch eine weitere Komponente.
Grund für den Antrag auf Ausschluss war der Vorwurf, die Medien würden nicht ausgewogen und neutral über Schalke berichten. Zu dieser Unterstellung kann man stehen wie man möchte. Doch wenn man auch noch einen Tag nach dem Herauswurf diesen Vorgang in eine Reihe mit den großen Schalker Skandalen (etwa unter Günter Eichberg) stellt, dann macht man eben genau das. Der Beschluss gegen die Journalisten mag skandalös gewesen sein – das Ergebnis war es aber nicht. Zu einer ausgewogenen Berichterstattung gehört es, diese Unterscheidung vorzunehmen. Manch ein Liveticker von der JHV endete am Sonntag abrupt. Nicht jedoch bei den Medien, die den Sprung vom Jahr 2006 (Ausschluss der Presse beim HSV) ins Jahr 2011 geschafft haben.
Aufrufe: 4856 | Kommentare: 34 | Bewertungen: 10 | Erstellt:21.06.2011
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