Irgendwie kann man es manchen Menschen auch wirklich nicht recht machen. Die einen schreien Schmadtke raus und brüllen dies, bis sie heiser sind. Sie werfen ihm dann vor, schlechte Arbeit geleistet zu haben, eigentlich schon immer. In Wirklichkeit sei es nämlich so gewesen, dass er nur aufgrund seines ihn umgebenden Systems Erfolg gehabt hätte. Er selber könnte sich noch nicht einmal die Schuhe zubinden. Dass ihn das Magazin 11Freunde, das nicht gerade dafür bekannt ist, im Hype mitzuschwimmen, noch im Sommer zum Manager des Jahres kürte, muss sich für solche Menschen wie ein Treppenwitz angefühlt haben, Euro League hin oder her.
Und nun ist er fott und also tatsächlich raus, und diese Leute sind immer noch nicht zufrieden. Komisch.
Solche Leute sehen in Schmadtke einen schrägen Vogel, der beinahe aus sadistischen Motiven sein Umfeld ihm gefügig macht, um dann, wenn sich ihm alle unterworfen haben, seine blanke Inkompetenz unter Beweis stellen zu können. Solche Leute sehen im brummigen Außenauftritt Schmadtkes fehlende Empathie und fehlendes Fingerspitzengefühl und machen sich nicht die Mühe, außerhalb dieses Schemas zu denken. Sie deuten damit Dinge stets in die Richtung, die dieser vorgefertigten Meinung entspricht. Danach war es schon immer klar, dass Schmadtke uns eines Tages im Stich lassen würde, das hat er ja schon immer so getan. Dass schon in Aachen und in Hannover völlig unterschiedliche Ausgangslagen zum nur auf den oberflächlich ersten Blick selben Ergebnis geführt haben, interessiert nicht. Es geht nur um die Unterfütterung der fertigen Meinung. Und der Reflex, die jetzige Situation, die nochmals anders zu bewerten ist als die vorangegangenen, dann als eine weitere Bestätigung des eigenen Weltbildes heranzuziehen, ist nichts weiter als Klebstoff, um einer wackeligen These etwas mehr Halt zu geben.
Und nun? Nun ist das gefühlte Ungeheuer weg, und die Meute ist immer noch nicht zufrieden. Nun wird also, nachdem lange sein Abgang gefordert wurde, kritisiert, dass er tatsächlich gegangen ist. Vielleicht war es aus Feigheit, vielleicht aus fehlender Kritikfähigkeit. Kann alles sein. Was aber auch sein kann, ist, dass er vielleicht tatsächlich gegangen ist, um dem Verein etwas mehr Ruhe zu verschaffen. Klingt vielleicht komisch, aber es lohnt sich, sich auf dieses Gedankenspiel einzulassen: Haben die nervigen Diskussionen um die Transferpolitik des letzten Sommers nicht deutlich nachgelassen, seitdem Schmadtke weg ist? Wird nicht wieder verstärkt in die Zukunft geblickt seitdem? Und kann es nicht sein, dass, wenn überhaupt persönliche Befindlichkeiten eine Rolle spielten, es nicht um gekränkte Eitelkeiten ging, sondern vielleicht einfach ein Punkt erreicht war, an dem die eigene Belastbarkeit überschritten war?
Kann sein, dass das weit hergeholt ist. Aber liegt die andere Interpretationsweise näher, nur weil man sie lauter brüllt? Wer von uns schlauen Menschen, die aktuell meinen, die Welt um den FC zu interpretieren und zu kommentieren, hat so einen tiefgehenden Einblick in Schmadtkes Beweggründe, dass er sich herausnehmen könnte, diese abschließend zu beurteilen? Also ich nicht. Und wieso sollte es ihm nicht genauso wie allen anderen zustehen, für sich persönlich Konsequenzen zu ziehen, wenn er dies für notwendig hält?
Wir wissen es nicht. Nochmal: Wir wissen es nicht. Wir wissen nicht, was sich konkret abgespielt hat. Wir wissen aber schon, dass bestimmte Anfeindungen nicht unbedingt zu einer Versachlichung der Dinge beigetragen haben. Weder jetzt noch zu Zeiten, in denen er rausgebrüllt werden sollte. Und dass darauf dann vielleicht auch eine nicht ganz sachliche Reaktion folgt, ist menschlich und nachvollziehbar. Egal, was letztlich den Ausschlag gegeben hat.
Insofern sollte es langsam auch gut sein. Jörg Schmadtke mag einige Fehler gemacht haben, aber mit Sicherheit keinen davon mit der Absicht, dem FC zu schaden. Und vor allem, und das wird vergessen, hat er Vieles sehr gut gemacht und seinen Anteil daran, dass der FC wieder ein geschätzter Fußballverein ist. Alleine schon deswegen sollte man ihn nun in Ruhe lassen und nicht weiter nachtreten. Deswegen und weil es eine Frage des Respekts ist. Fokussieren wir uns auf den FC, der gestern seinen ersten Sieg seit gefühlt 20 Jahren gefeiert hat. Und auf Dinge, die wir beurteilen und beeinflussen können. Die gestern noch einmal deutlich gewordene Haltung der Anhänger zu Peter Stöger ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.