03.09.2010 um 23:39 Uhr
Geschrieben von Taktiker
Analyse Belgien - Deutschland
Heute Abend bestritt die deutsche Nationalmannschaft ihr erstes Spiel in der EM-Qualifikation in Brüssel gegen Belgien. Nach einem Tor durch Klose siegte die DFB-Elf letztlich verdient mit 1:0, einen detaillierten Spielbericht findet man hier.
Grundaufstellungen
Gastgeber Belgien startete in einem klassischen 4-2-3-1-System. Vor dem Bundesligalegionär Bailly baute sich die Viererkette bestehend aus Alderweireldt, van Buyten, Kompany und Kapitän Vermaelen auf. Davor spielten der blasse Simons und Abräumer Vertonghen.
Die offensive Dreierreihe bildeten Dembele, Fellaini und Hazard. Einzelner Stürmer war der erst 17-Jährige Lukaku vom RSC Anderlecht.
Joachim Löw ließ bei Deutschland wieder das übliche 4-4-1-1-System spielen. Im Tor stand wie bei der WM Manuel Neuer, davor spielten Interims-Kapitän Lahm, Mertesacker, Badstuber und Jansen. Im defensiven Mittelfeld spielte das WM-Duo Khedira und Schweinsteiger, davor agierten Müller und Podolski. Hinter der einzigen Spitze Klose spielte wie üblich Özil.
Analyse des Spielverlaufs
1. Halbzeit
Die erste Viertelstunde war von großer Unordnung geprägt, beide Mannschaften versuchten ihre eigenen Reihen zu ordnen, und waren bedacht in erster Linie keine Fehler zu begehen. Deutschland übernahm wie erwartet die Initiative. Auffällig in der ersten Hälfte war, dass Stoßstürmer Lukaku nicht, wie branchenüblich, den ballbesitzenden Innenverteidiger unter Druck setzte, sondern den zweiten IV zustellte. So musste meist Mertesacker selbst den Ball noch vorne treiben. Der Bremer ging dabei aber relativ vorsichtig zu Werke, und legte nur einige Meter zurück, bevor er dann versuchte den Ball an Schweinsteiger weiterzureichen oder einen Pass in die Tiefe zu spielen. Das Problem hierbei war, dass Belgien im zentralen Mittelfeld gedankenschneller und wacher war. So konnten die Deutschen nur selten in die gefährlichen Zonen eindringen, und die Spieleröffnung endete zumeist schon nach dem zweiten oder dritten Pass.
Die Belgier indes verstanden sich auf genau diese Balleroberungen im Mittelfeld. Dann schalteten sie blitzschnell um, und suchten ihre Fixpunkte Fellaini und Lukaku. Beide waren physisch in der Lage, die, zumeist hohen, Bälle auf sie zu verarbeiten und zu behaupten, um dann auf die nachrückenden Spieler abzulegen. Besonders gefährdet war hierbei die linke deutsche Seite. Lukaku zog immer wieder auf die aus deutscher Sicht linke Seite, bekam dort das Anspiel und hatte die Möglichkeit, mit mehr Platz als in der Mitte den Weg Richtung Tor einzuschlagen.
Besonders auffällig hierbei, dass die Belgier anscheinend ihr gesamtes Spiel auf Kontersituationen am Flügel ausgelegt hatten. Schneller Pass auf Lukaku, der entweder selbst am Flügel agierte oder aber für die dribbelstarken Hazard und Dembele ablegte. Diese suchten dann schnell das 1 gegen 1 mit den Außenverteidigern, und versuchten zur Grundlinie zu gelangen, von wo häufig Rückpässe auf den abschlussstarken Fellaini zu beobachten waren. Der defensiv nachlässige Jansen zusammen mit dem noch unerfahrenen Badstuber hatten hier einige kritische Situationen zu überstehen, und sahen das eine oder andere Mal nicht glücklich aus.
Die deutsche Feldüberlegenheit war trotzdem deutlich sichtbar, und nach und nach fand der WM-Dritte auch zu Chancen.
Der sehr agile Müller war beinahe an jeder Offensivaktion beteiligt, und legte in der 19. Minute phänomenal auf Özil ab, der allerdings aus elf Metern versagte.
Auffällig war hierbei vor allem die Variabilität von Müller und Özil. Während Podolski an der linken Seite klebte, stieß Müller von rechts immer wieder ins Zentrum vor, zeigte sich im defensiven Mittelfeld, auf der Spielmacherposition, und als Stoßstürmer, dazu beackerte er beide Flügel. Özil war ebenfalls nicht der klassische Spielmacher, sondern wechselte besonders in der zweiten Halbzeit immer wieder mit Müller die Positionen, wich auf die Flügel aus und stieß von dort wieder ins Zentrum, wenn auch wenig effektiv. Selbst Bastian Schweinsteiger war in der ersten Halbzeit häufig im rechten Mittelfeld zu finden, um dem agilen Lahm zu unterstützen, wenn Müller wieder einmal anderweitig unterwegs war.
Auf der linken Seite dagegen hielt Podolski stur seine Position an der Seitenlinie, und versperrte damit dem eigentlich offensivstarken Marcel Jansen den Vorwärtsgang. Dabei wäre gerade Podolski ebenfalls prädestiniert für das von Müller gezeigte Spiel. Der Kölner spielt ohnehin lieber im Zentrum, warum also nicht mal von links in die Mitte ziehen, Klose kann dann noch mobiler spielen und muss nicht ständig in vorderster Front kämpfen, sondern kann sich zeitweise zurückfallen lassen. Es ist sowieso die Meinung vieler Toptrainer, dass Spieler die von den Flügeln oder aus der Tiefe ins Sturmzentrum starten wesentlich effektiver sind als solche, die schon in der Mitte spielen.
2. Halbzeit
Löw reagierte auf die wacklige linke Seite und brachte für den eher offensiven Jansen den defensiv orientierten Westermann. Dieser schaffte es, das Loch hinten links zu schließen, auch wenn fortan Podolski in der Offensive weitestgehend auf sich allein gestellt war, was ihm zumindest die Berechtigung gab, die linke Seite zu halten.
Die Belgier entwickelten in den zweiten 45 Minuten mehr Druck nach vorne. Ein aggressiveres Pressing im Mittelfeld brachte einige wertvolle Ballgewinne, die aber allesamt zu keinem zählbaren Ergebnis führten.
Deutschland dagegen nutzte die erste Chance nach der Pause zur Führung durch Klose, nach einem geistesgegenwärtigen Pass von Müller. Belgien ließ sich keinen Schock anmerken, presste danach noch höher und aggressiver, hatte weiterhin einige gute Balleroberungen, die auch zu kleineren und größeren Chancen führten. Allerdings blieben die Gastgeber letztlich zu harmlos im Angriff, gerade nach der Auswechslung Lukakus verlor die Mannschaft ein wenig den Mut, und die letzten 10-15 Minuten hatte wieder Deutschland das Spiel im Griff, sodass letztlich ein verdienter Sieg heraussprang.
Fazit
Ein typischer Start in eine Quali-Runde. Hektischer Start, gute Ansätze, aber auch einige Nachlässigkeiten in der Defensive. Es war der erwartete Arbeitssieg gegen individuell stark besetzte Belgier, die auch im Kollektiv zu überzeugen wussten und durchaus ein Kandidat sind für den 2. Tabellenplatz.
Schwierigkeiten hatte die DFB-Elf vor allem im Spielaufbau und in der Chancenerarbeitung, ohne Müller wäre die deutsche Offensive ziemlich einfallslos und statisch aufgetreten.
So war es kein schöner, aber letzten Endes verdienter Sieg der deutschen Mannschaft, und der erhoffte Start in die Qualifikation.
Grundaufstellungen
Gastgeber Belgien startete in einem klassischen 4-2-3-1-System. Vor dem Bundesligalegionär Bailly baute sich die Viererkette bestehend aus Alderweireldt, van Buyten, Kompany und Kapitän Vermaelen auf. Davor spielten der blasse Simons und Abräumer Vertonghen.
Die offensive Dreierreihe bildeten Dembele, Fellaini und Hazard. Einzelner Stürmer war der erst 17-Jährige Lukaku vom RSC Anderlecht.
Joachim Löw ließ bei Deutschland wieder das übliche 4-4-1-1-System spielen. Im Tor stand wie bei der WM Manuel Neuer, davor spielten Interims-Kapitän Lahm, Mertesacker, Badstuber und Jansen. Im defensiven Mittelfeld spielte das WM-Duo Khedira und Schweinsteiger, davor agierten Müller und Podolski. Hinter der einzigen Spitze Klose spielte wie üblich Özil.
Analyse des Spielverlaufs
1. Halbzeit
Die erste Viertelstunde war von großer Unordnung geprägt, beide Mannschaften versuchten ihre eigenen Reihen zu ordnen, und waren bedacht in erster Linie keine Fehler zu begehen. Deutschland übernahm wie erwartet die Initiative. Auffällig in der ersten Hälfte war, dass Stoßstürmer Lukaku nicht, wie branchenüblich, den ballbesitzenden Innenverteidiger unter Druck setzte, sondern den zweiten IV zustellte. So musste meist Mertesacker selbst den Ball noch vorne treiben. Der Bremer ging dabei aber relativ vorsichtig zu Werke, und legte nur einige Meter zurück, bevor er dann versuchte den Ball an Schweinsteiger weiterzureichen oder einen Pass in die Tiefe zu spielen. Das Problem hierbei war, dass Belgien im zentralen Mittelfeld gedankenschneller und wacher war. So konnten die Deutschen nur selten in die gefährlichen Zonen eindringen, und die Spieleröffnung endete zumeist schon nach dem zweiten oder dritten Pass.
Die Belgier indes verstanden sich auf genau diese Balleroberungen im Mittelfeld. Dann schalteten sie blitzschnell um, und suchten ihre Fixpunkte Fellaini und Lukaku. Beide waren physisch in der Lage, die, zumeist hohen, Bälle auf sie zu verarbeiten und zu behaupten, um dann auf die nachrückenden Spieler abzulegen. Besonders gefährdet war hierbei die linke deutsche Seite. Lukaku zog immer wieder auf die aus deutscher Sicht linke Seite, bekam dort das Anspiel und hatte die Möglichkeit, mit mehr Platz als in der Mitte den Weg Richtung Tor einzuschlagen.
Besonders auffällig hierbei, dass die Belgier anscheinend ihr gesamtes Spiel auf Kontersituationen am Flügel ausgelegt hatten. Schneller Pass auf Lukaku, der entweder selbst am Flügel agierte oder aber für die dribbelstarken Hazard und Dembele ablegte. Diese suchten dann schnell das 1 gegen 1 mit den Außenverteidigern, und versuchten zur Grundlinie zu gelangen, von wo häufig Rückpässe auf den abschlussstarken Fellaini zu beobachten waren. Der defensiv nachlässige Jansen zusammen mit dem noch unerfahrenen Badstuber hatten hier einige kritische Situationen zu überstehen, und sahen das eine oder andere Mal nicht glücklich aus.
Die deutsche Feldüberlegenheit war trotzdem deutlich sichtbar, und nach und nach fand der WM-Dritte auch zu Chancen.
Der sehr agile Müller war beinahe an jeder Offensivaktion beteiligt, und legte in der 19. Minute phänomenal auf Özil ab, der allerdings aus elf Metern versagte.
Auffällig war hierbei vor allem die Variabilität von Müller und Özil. Während Podolski an der linken Seite klebte, stieß Müller von rechts immer wieder ins Zentrum vor, zeigte sich im defensiven Mittelfeld, auf der Spielmacherposition, und als Stoßstürmer, dazu beackerte er beide Flügel. Özil war ebenfalls nicht der klassische Spielmacher, sondern wechselte besonders in der zweiten Halbzeit immer wieder mit Müller die Positionen, wich auf die Flügel aus und stieß von dort wieder ins Zentrum, wenn auch wenig effektiv. Selbst Bastian Schweinsteiger war in der ersten Halbzeit häufig im rechten Mittelfeld zu finden, um dem agilen Lahm zu unterstützen, wenn Müller wieder einmal anderweitig unterwegs war.
Auf der linken Seite dagegen hielt Podolski stur seine Position an der Seitenlinie, und versperrte damit dem eigentlich offensivstarken Marcel Jansen den Vorwärtsgang. Dabei wäre gerade Podolski ebenfalls prädestiniert für das von Müller gezeigte Spiel. Der Kölner spielt ohnehin lieber im Zentrum, warum also nicht mal von links in die Mitte ziehen, Klose kann dann noch mobiler spielen und muss nicht ständig in vorderster Front kämpfen, sondern kann sich zeitweise zurückfallen lassen. Es ist sowieso die Meinung vieler Toptrainer, dass Spieler die von den Flügeln oder aus der Tiefe ins Sturmzentrum starten wesentlich effektiver sind als solche, die schon in der Mitte spielen.
2. Halbzeit
Löw reagierte auf die wacklige linke Seite und brachte für den eher offensiven Jansen den defensiv orientierten Westermann. Dieser schaffte es, das Loch hinten links zu schließen, auch wenn fortan Podolski in der Offensive weitestgehend auf sich allein gestellt war, was ihm zumindest die Berechtigung gab, die linke Seite zu halten.
Die Belgier entwickelten in den zweiten 45 Minuten mehr Druck nach vorne. Ein aggressiveres Pressing im Mittelfeld brachte einige wertvolle Ballgewinne, die aber allesamt zu keinem zählbaren Ergebnis führten.
Deutschland dagegen nutzte die erste Chance nach der Pause zur Führung durch Klose, nach einem geistesgegenwärtigen Pass von Müller. Belgien ließ sich keinen Schock anmerken, presste danach noch höher und aggressiver, hatte weiterhin einige gute Balleroberungen, die auch zu kleineren und größeren Chancen führten. Allerdings blieben die Gastgeber letztlich zu harmlos im Angriff, gerade nach der Auswechslung Lukakus verlor die Mannschaft ein wenig den Mut, und die letzten 10-15 Minuten hatte wieder Deutschland das Spiel im Griff, sodass letztlich ein verdienter Sieg heraussprang.
Fazit
Ein typischer Start in eine Quali-Runde. Hektischer Start, gute Ansätze, aber auch einige Nachlässigkeiten in der Defensive. Es war der erwartete Arbeitssieg gegen individuell stark besetzte Belgier, die auch im Kollektiv zu überzeugen wussten und durchaus ein Kandidat sind für den 2. Tabellenplatz.
Schwierigkeiten hatte die DFB-Elf vor allem im Spielaufbau und in der Chancenerarbeitung, ohne Müller wäre die deutsche Offensive ziemlich einfallslos und statisch aufgetreten.
So war es kein schöner, aber letzten Endes verdienter Sieg der deutschen Mannschaft, und der erhoffte Start in die Qualifikation.
Aufrufe: 4946 | Kommentare: 13 | Bewertungen: 17 | Erstellt:03.09.2010
ø 7.2
KOMMENTARE
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04.09.2010 | 11:57 Uhr
-1
xxlhonk :
Das Tor war ein Beispiel dafür, wie traumhaft sicher die Bayern kombinieren.VanBuyten gibt den Ball an Schweinsteiger, der direkt weiter zu Müller und der dann klug in die Gasse zu Klose, der dank vanBuyten nicht abseits war.
Zack!
1-0
Ansonsten fand ich das Spiel jetzt nicht so schlecht für ein Qualispiel.
Vor allem so kurz nach der Sommerpause.
Und Belgien war unorthodox aber sehr gut aufgestellt.
Wenn wir im linken Mittelfeld dann auch mal wieder einen Spieler haben, der sich integriert, dann wird das auch wieder.
Die Ansätze jedenfalls waren da.
5
03.09.2010 | 23:50 Uhr
0
mamö99 :
Gelungener Start aus meiner Sicht, auch wenn es nach außen hin vielleicht nicht immer perfekt ausgeschaut hat. Insgesamt aber effektiv und zufriedenstellend. Ebenfalls wie dein Blog, flüssig zu lesen und gut analysiert, 10P.
0
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der doppelte vanBuyten ?! Bitte nicht, einer ist mir bereits zu viel