04.02.2011 um 16:04 Uhr
Geschrieben von Taktiker
Angriffspressing (2)
Fortsetzung von Teil 1.
Am Gegner orientieren
Das Angriffspressing wird trotz seiner aggressiven Intention meistens nicht bei den gegnerischen Innenverteidigern begonnen, da diese über zu viele Möglichkeiten verfügen um alle zuzustellen. Stattdessen beginnt das Angriffspressing üblicherweise bei einem Pass auf einen der Außenverteidiger, einen technischen Fehler oder einen ungenauen Pass. Außerdem lassen sich durch aufmerksame Videoanalyse (Profibereich) oder gezielte Beobachtung im Spiel (Amateurbereich) Schwachstellen in der gegnerischen Mannschaft mit relativer Leichtigkeit finden. Dabei geht es weniger um offensichtliche Löcher in der Defensive als vielmehr um Schwachstellen im Aufbauspiel. Dies kann ein Torwart, Innenverteidiger, Außenverteidiger oder defensiver Mittelfeldspieler sein, weiter vorne wäre es nicht mehr dem Angriffspressing zuzuordnen.
Ziel dieser Variante ist es, diese Spieler bewusst freizulassen, um dann sobald sie den Ball erhalten zum Pressing überzugehen. Bevorzugt werden dabei Außenverteidiger, da hierbei die Außenlinie zur Hilfe kommt und, wenn die Stürmer den Rückweg zumachen, nur ein 90° Winkel für den Ballbesitzer bleibt. Schafft eine Mannschaft es also, dem Gegner vorzumachen, dass ein gewisser Spieler sicher angespielt werden kann, gleichzeitig aber die eigenen Spieler so nah wie möglich an diesem Spieler zu postieren, kann die Mannschaft unmittelbar nach dem Abspiel die freien Räume zustellen, den Gegner angreifen und ihn so zu einer überhasteten Aktion oder einem technischen Fehler zwingen.
Für den ballbesitzenden Innenverteidiger scheint es, als ob der Außenverteidiger ohne große Gefahr angespielt werden könnte. Die lauernden Gegner erkennt er auf die Schnelle nicht und so tappt er in die Falle
Der Spieler sieht sich schon bei der Ballannahme unter extremen Gegnerdruck, ein sicherer Rückpassweg ist ebenso zugestellt (sehr wichtig!) und so bleibt nur ein Pass nach vorne. Wichtig: Der Spieler darf keine Zeit haben den Ball in Ruhe anzunehmen, denn sonst kann er einen Seitenwechsel spielen und die pressende Mannschaft bekommt ernste Probleme, doch dazu in einem späteren Beitrag noch mehr.
Man presst also nicht zeit- oder raumabhängig, sondern gegnerabhängig. Zu sehen war diese Variante z.B. beim Spiel Bayern München gegen Mainz 05, in dem die Mainzer den Ball durch die Aufstellung im 4-3-1-2-System bewusst auf die Außen lenkten, um dort den Gegner unter Druck zu setzen. Hierbei wurden die Rückwege nicht einmal komplett zugestellt, die Innenverteidiger und Torwart Butt standen nur unter unmittelbarem Gegnerdruck, sodass sie aufgrund ihrer technischen Schwächen häufig den langen Ball spielten, den dann die kopfballstärkeren Mainzer häufig gewannen.
Auf diese Weise lassen sich erkannte Schwachstellen im gegnerischem Aufbauspiel zum eigenen Vorteil nutzen, dies setzt aber sowohl im Profi- als auch im Amateurbereich eine aufmerksame Beobachtungsgabe und präzise Analyse der gegnerischen Mannschaft voraus. Auch im mittleren Amateurbereich sollte daher Gegnerbeobachtung zu DEN Hauptaufgaben vor einem Spiel zählen! Wenn der Trainer sich aufgrund zeitlicher oder räumlicher Gegebenheiten nicht selbst ein Bild machen kann sollte doch zumindest eine schriftliche Überlieferung von anderen Vereinsmitgliedern erfolgen, um eine optimale Spielvorbereitung gewährleisten zu können.
Fazit
Das Angriffspressing ist die wohl effektivste Strategie zur schnellen Rückgewinnung des Balles. Aufgrund des hohen zu bewältigenden Kraftaufwandes ist es nur den Mannschaften möglich über 90 Minuten Angriffspressing zu spielen, die die meiste Zeit des Spiels den Ball in den eigenen Reihen haben.
Für die restlichen Mannschaften ist ein gesunder Wechsel zwischen Angriffs- und Mittelfeldpressings sinnvoll, da so das Tempo des Spiels bestimmt werden kann und die Mannschaft je nach Konditionsstand variieren kann. Eine Angriffspressingphase zu Beginn des Spiels ist jedoch auf alle Fälle wichtig, als Zeichen an Gegner und Zuschauer und um sofort in die Offensive zu gehen.
Wer es seiner Mannschaft nicht zutraut, den Gegner aggressiv unter Druck zu setzen und den Ball schnell zurückzuerobern, sollte nach Schwachstellen in der gegnerischen Mannschaft Ausschau halten und das Spiel gezielt zu diesen Spielern lenken, um dann seine technischen Schwächen auszunutzen. Hierbei reicht häufig schon eine Überzahl in Ballnähe, um den Spieler zu einem überhasteten Abspiel oder einem technischen Fehler zu bringen.
Alles in allem stellt das Angriffspressing die aktivste Variante der aktiven Ballrückgewinnung dar. Allerdings ist der Kräfteverschleiß nicht zu verachten, und so muss jeder Trainer selbst entscheiden, ob die eigene Mannschaft technisch und konditionell in der Lage ist den Gegner derart unter Druck zu setzen. Denn nichts ist schlimmer als ein Angriffspressing, das der Mannschaft einen Großteil ihrer Kraftreserven raubt und somit dem ehrenhaften Ansatz ein konditioneller Einbruch und damit die Schwächung der eigenen Leistungsfähigkeit folgt.
Am Gegner orientieren
Das Angriffspressing wird trotz seiner aggressiven Intention meistens nicht bei den gegnerischen Innenverteidigern begonnen, da diese über zu viele Möglichkeiten verfügen um alle zuzustellen. Stattdessen beginnt das Angriffspressing üblicherweise bei einem Pass auf einen der Außenverteidiger, einen technischen Fehler oder einen ungenauen Pass. Außerdem lassen sich durch aufmerksame Videoanalyse (Profibereich) oder gezielte Beobachtung im Spiel (Amateurbereich) Schwachstellen in der gegnerischen Mannschaft mit relativer Leichtigkeit finden. Dabei geht es weniger um offensichtliche Löcher in der Defensive als vielmehr um Schwachstellen im Aufbauspiel. Dies kann ein Torwart, Innenverteidiger, Außenverteidiger oder defensiver Mittelfeldspieler sein, weiter vorne wäre es nicht mehr dem Angriffspressing zuzuordnen.
Ziel dieser Variante ist es, diese Spieler bewusst freizulassen, um dann sobald sie den Ball erhalten zum Pressing überzugehen. Bevorzugt werden dabei Außenverteidiger, da hierbei die Außenlinie zur Hilfe kommt und, wenn die Stürmer den Rückweg zumachen, nur ein 90° Winkel für den Ballbesitzer bleibt. Schafft eine Mannschaft es also, dem Gegner vorzumachen, dass ein gewisser Spieler sicher angespielt werden kann, gleichzeitig aber die eigenen Spieler so nah wie möglich an diesem Spieler zu postieren, kann die Mannschaft unmittelbar nach dem Abspiel die freien Räume zustellen, den Gegner angreifen und ihn so zu einer überhasteten Aktion oder einem technischen Fehler zwingen.
Für den ballbesitzenden Innenverteidiger scheint es, als ob der Außenverteidiger ohne große Gefahr angespielt werden könnte. Die lauernden Gegner erkennt er auf die Schnelle nicht und so tappt er in die Falle
Der Spieler sieht sich schon bei der Ballannahme unter extremen Gegnerdruck, ein sicherer Rückpassweg ist ebenso zugestellt (sehr wichtig!) und so bleibt nur ein Pass nach vorne. Wichtig: Der Spieler darf keine Zeit haben den Ball in Ruhe anzunehmen, denn sonst kann er einen Seitenwechsel spielen und die pressende Mannschaft bekommt ernste Probleme, doch dazu in einem späteren Beitrag noch mehr.
Man presst also nicht zeit- oder raumabhängig, sondern gegnerabhängig. Zu sehen war diese Variante z.B. beim Spiel Bayern München gegen Mainz 05, in dem die Mainzer den Ball durch die Aufstellung im 4-3-1-2-System bewusst auf die Außen lenkten, um dort den Gegner unter Druck zu setzen. Hierbei wurden die Rückwege nicht einmal komplett zugestellt, die Innenverteidiger und Torwart Butt standen nur unter unmittelbarem Gegnerdruck, sodass sie aufgrund ihrer technischen Schwächen häufig den langen Ball spielten, den dann die kopfballstärkeren Mainzer häufig gewannen.
Auf diese Weise lassen sich erkannte Schwachstellen im gegnerischem Aufbauspiel zum eigenen Vorteil nutzen, dies setzt aber sowohl im Profi- als auch im Amateurbereich eine aufmerksame Beobachtungsgabe und präzise Analyse der gegnerischen Mannschaft voraus. Auch im mittleren Amateurbereich sollte daher Gegnerbeobachtung zu DEN Hauptaufgaben vor einem Spiel zählen! Wenn der Trainer sich aufgrund zeitlicher oder räumlicher Gegebenheiten nicht selbst ein Bild machen kann sollte doch zumindest eine schriftliche Überlieferung von anderen Vereinsmitgliedern erfolgen, um eine optimale Spielvorbereitung gewährleisten zu können.
Fazit
Das Angriffspressing ist die wohl effektivste Strategie zur schnellen Rückgewinnung des Balles. Aufgrund des hohen zu bewältigenden Kraftaufwandes ist es nur den Mannschaften möglich über 90 Minuten Angriffspressing zu spielen, die die meiste Zeit des Spiels den Ball in den eigenen Reihen haben.
Für die restlichen Mannschaften ist ein gesunder Wechsel zwischen Angriffs- und Mittelfeldpressings sinnvoll, da so das Tempo des Spiels bestimmt werden kann und die Mannschaft je nach Konditionsstand variieren kann. Eine Angriffspressingphase zu Beginn des Spiels ist jedoch auf alle Fälle wichtig, als Zeichen an Gegner und Zuschauer und um sofort in die Offensive zu gehen.
Wer es seiner Mannschaft nicht zutraut, den Gegner aggressiv unter Druck zu setzen und den Ball schnell zurückzuerobern, sollte nach Schwachstellen in der gegnerischen Mannschaft Ausschau halten und das Spiel gezielt zu diesen Spielern lenken, um dann seine technischen Schwächen auszunutzen. Hierbei reicht häufig schon eine Überzahl in Ballnähe, um den Spieler zu einem überhasteten Abspiel oder einem technischen Fehler zu bringen.
Alles in allem stellt das Angriffspressing die aktivste Variante der aktiven Ballrückgewinnung dar. Allerdings ist der Kräfteverschleiß nicht zu verachten, und so muss jeder Trainer selbst entscheiden, ob die eigene Mannschaft technisch und konditionell in der Lage ist den Gegner derart unter Druck zu setzen. Denn nichts ist schlimmer als ein Angriffspressing, das der Mannschaft einen Großteil ihrer Kraftreserven raubt und somit dem ehrenhaften Ansatz ein konditioneller Einbruch und damit die Schwächung der eigenen Leistungsfähigkeit folgt.
Aufrufe: 15036 | Kommentare: 29 | Bewertungen: 23 | Erstellt:04.02.2011
ø 8.8
KOMMENTARE
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05.02.2011 | 00:46 Uhr
0
ich für meinen Teil hätte großes Interesse an etwaigen Trainings- Übungsformen...
gerne auch zu all deinen Taktikanalysen...
GRACIAS
1
05.02.2011 | 00:05 Uhr
0
Mike_Tyson : @Realmadrio
Wenn der Taktiker wüsste, wie man Barca stoppt, dann wäre er jetzt Trainer von Real Madrid ;)
Barca ist zurzeit Übemächtig. Niemand kann sie aufhalten.
Der Beitrag ist sehr gut gemacht.
3
05.02.2011 | 00:04 Uhr
0
@realmadrio
"fände ich es mal interessant ob du auch mal beschreibst wie man sie stoppen kann!"
In der Kabine einschließen.
3
04.02.2011 | 23:53 Uhr
-4
0
04.02.2011 | 21:18 Uhr
0
Zum heutigen Spiel kann ich leider nichts sagen, da ich es nicht verfolgen kann, aber was der Live-Ticker so sagt, ist/war bisher doch recht eindeutig und dann kann ich mir meinen Reim darauf machen....
Generell zum Thema Pressing finde ich es noch interessant zu sagen, dass der Begriff an sich in vielen anderen Sportarten (z.B. Eishockey) eigentlich eine Aktion mit Ball beschreibt, nämlich ein temporäres, extrem offensives Anrennen auf das Tor des Gegners, quasi eine Art Power-Play. Dass wir dann unter Pressing verstehen, heißt dort Gegenpressing. Ich meine, dass das manche Fußballtrainer auch so benutzen, wie zum Beispiel unter anderem in den Niederlanden und ich meine, dass auch Klopp mal den Begriff Gegenpressing benutzte, kann mich aber nicht mehr an den Kontext erinnern, da müsste man wohl mal sowieso einen taktikinteressierten BVB-Fan fragen bzgl. Klopp.
Ist nur ganz interessant, ich habe es einfach mal unter diesen Blog gepostet, weiß nicht, ob es vllt. unter einem folgenden Teil besser gewesen wäre. Sollte dem so sein, ist es nun aber egal.
Damit komme ich zurück zum eigentlichen Blog: also nochmal, sehr schöne Präsentation mal wieder, aber ich schreibe schon wieder viel zu viel. Achja, Übungen immer gerne, von mir aus auch zu allen dreien.
Erfahrungen sind von mir nicht zu erwarten...
Die Probleme werden ja nochmal extra behandelt, trotzdem: Ich habe es selbst mal erlebt , dass vorne Offensivspieler übermotiviert pressten bzw. einfach attackierten und dann Lücken bis zu den hinteren Spielern ließen. Obwohl da gar nix bzgl. Pressing einstudiert war, gab es dieses Problem, dass einige durch ihr persönliches Angriffspressing Räume entstehen ließen. Aber sollte ja eig. gar kein Pressing sein....
Bisserl unsinniger Kommentar
1
04.02.2011 | 21:00 Uhr
0
k0rbi :
genau der richtige Zeitpunkt für diesen sehr guten Beitrag! Man kann das grad in Reinform beim heutigen Spiel vom BVB sehen...
2
04.02.2011 | 16:31 Uhr
0
T0bstar :
Wiedermal ein schöner Beitrag, eine Sache möchte ich jedoch hinzufügen: Der Vorteil des Angriffspressing ist auch, dass die Qualität der Ballgewinne bei gutem Pressing sehr hoch sein kann. Wenn ich den Ball in der gegnerischen Hälfte erobere, ist der Gegner unsortiert, und deshalb habe ich meist interessantere Möglichkeiten, aus meinem Ballgewinn eine Torchance zu kreieren, als wenn der Gegner mit acht Mann hinter dem Ball ist. Das macht dass Angriffspressing so gefährlich.Aber klar ist, dass es nicht unfehlbar ist, aber dazu wirst du ja, wenn ich das richtig verstanden habe, noch einen Artikel liefern, oder?
3
04.02.2011 | 16:09 Uhr
-1
Taktiker :
So jetzt könnt Ihr natürlich auch wieder Eure Meinungen und Erfahrungen zu dem Thema kundtun, ich freue mich über jeden Kommentar.Nächste Woche werde ich dann wahrscheinlich etwas zu den Schwächen des Angriffspressing bringen, danach hatte ich noch vor Trainingsmaterialien für interessierte Trainer zu dem Thema bereitzustellen. Jetzt ist natürlich auch die Frage, inwieweit Euch Trainingsübungen interessieren, ob nur zum Angriffspressing oder zu allen dreien, da würde ich mich auch über Rückmeldungen freuen um dann entsprechend planen zu können.
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Statistik
Die Beschreibungen sind nicht immer ganz korrekt, da Barca oder Spanien sich mit 2-3 Verteidiger absichern, indem die 2 Außenverteidiger weit aufrücken, jedoch lässt sich die 6 fallen und bildet mit den 2 anderen Abwehrspielern die 3er Kette. dann gibt es auch noch andere Sachen ...