18.10.2011 um 12:49 Uhr
Geschrieben von Josh9
Anleitung zum Konzepttrainer
1. Trainerschein
Wer nicht das Glück hatte, wie die grätzige Kupferplatte als ehemaliger Nationalspieler einen Kaffeefahrtstrainerschein zu machen, bei dem mit Sicherheit eher Schwelgen in alten Zeiten bei einigen Liter Hefeweizen im Vordergrund stand, der muss wohl oder übel in den sauren Apfel beissen und durch den offiziellen Lehrgang. Wobei hier die Devise steht, mach den Stani! Das heisst wie früher in der Schule immer in der ersten Reihe sitzen, ein interessiertes Gesicht machen, dem Lehrer immer schön bestätigend zunicken, damit er das Gefühl bekommt, das sei alles total interessant. Fragen stellen, die sich zwar selbst schon beantwortet haben aber eine Beteiligung signalisieren. Vollgesabberte Papierkugeln, die einem während des Unterrichts in den Nacken prallen, getrost ignorieren. Das sind Ansgar, Mario und die anderen Loser, die später eine Regionalligamannschaft als Spielertrainer leiten werden. Nach dem Ende der Unterrichtsstunde selbstredend Taktiktafel abwischen und dabei den Taktiklehrer in ein persönliches Gespräch verwickeln. Die Fragebogen des Abschlusstest sind selbst für einen Fussballer noch machbar. Wieviel Abwehrspieler formieren eine Viererkette oder welche Parteikoalition bildet farblich einen Platzverweis dürfte selbst ein Lothar Matthäus gerade noch so gelöst bekommen. Damit steht einem der Abschluss als Klassenbester nichts mehr im Wege und dieser wird schon medial als. „Boah, der muss ja was drauf haben" transportiert.
2. Outfit und Styling
Zu allererst einen Anzug. Nichts von der Stange oder Teppichware von C&A. Nein, hier muss investiert oder gegebenenfalls ein Kredit aufgenommen werden. Designerklamotte mit italienischer Herkunft ist ein must have. Haarstyling ist auch ein immer wichtigerer Faktor. Kurz mit gegeltem Richtungschaos wirkt gepflegt aber nicht angepasst. Etwas länger geht auch, dann aber direkt vor dem Spiel immer schön Haare waschen mit Spülung. Hautbräunung ist unabdingbar. Im Winter würde auch ein Gesichtsbräuner reichen, bei sommerlichen Kurzärmeltagen aber unangenehm auffallen. Deshalb Jahreskarte Solarium oder Ganzkörperbräuner fürs zu Hause. Das ganze smarte Auftreten suggeriert dem gemeinen Hartz-IV-Fussballfan Erfolg.
3. Amtsantritt
Sollte man es geschafft haben bei einem Bundesligaverein einen Vertrag unterschrieben zu haben, als erstes schon mal klarstellen, dass man schon immer ein ganz großer Anhänger des Clubs war. Dazu auch erwähnen, dass es ein großer Club ist. Egal ob es sich um Bochum, Cottbus oder Paderborn handelt. Als nächstes die tollen Fans über den grünen Klee loben. Das kommt immer gut an und erspielt Kredit für unangenehmere Tage. Welch grandiose Stimmung immer im Stadion vorherrsche und wie treudoof doch alle seien. Äh ne, das „doof" denken wir uns nur, denn bedenke die bezahlen dich. Im Anschluss unbedingt erwähnen, welch großes Potential in dem Kader stecke. Das vermittelt, dass der vorherige Trainer ne Flasche war und ich bin jetzt der Checker und ich bin der Einzige der weiss wie das Alles funktioniert um das Maximale herauszuholen. Natürlich, und da kommen wir zu einem der wesentlichen Punkte, habe ich ein komplexes Gefüge von Fussballverstand in der Hirnrinde, welches der einfache und geistig limitierte Aktivfussballer nicht so einfach verstehe. Von daher brauche es viel Zeit bis die Mechanismen greifen. Das gibt einem schon mal viel Futter für Erklärungsversuche nach Niederlagen. Ziele immer sehr hoch ansetzen. Möglichst vom internationalen Fussball reden, das erweckt Träume und Sehnsüchte.
4. Training
Machen wir es kurz. Besorg dir einen fachlich begabten Co-Trainer für die Drecksarbeit.
5. Umgang mit Siegen
Sollte die geleitete Mannschaft ein Spiel gewinnen, so ist jeder gewinnbringende Aspekt auf sich selbst zurückzuführen. Die Mannschaft habe Anweisungen gut umgesetzt, jedoch auch immer wieder leise Kritik einbauen, denn es ist dringlichst geboten einen großen Ehrgeiz vorzuspielen. Selbst bei eindeutigen Siegen Kritik zu üben zeigt auch die Überlegenheit deines Fussballverstandes gegenüber dem gemeinen, sich lediglich über den Sieg freuenden, Fussballpöbel.
6. Umgang bei Niederlagen
Zu aller erst ist die Schuld beim Schiedsrichter zu suchen. Bei keinen eindeutigen Fehlentscheidungen, hat dieser trotzdem einen Einfluss auf die Niederlage gehabt. Fremdeinwirkungen als Ursache festzumachen lenkt erst mal von sich selbst ab. Jede Niederlage ist auch den Spielern und deren individuellen Fehlern anzuhängen. Sie haben deine Anweisungen nicht umgesetzt und die Gegentore sind nicht durch des Gegners Stärke gefallen, sondern nur durch eigene Dummheiten deiner Spieler. Grundsätzlich ist die eigene Mannschaft immer die bessere gewesen und die Niederlage insgesamt sehr unverdient.
7. Visionär
Es macht sich immer gut neue Wortkreationen für Spieler oder taktische Aufstellungen zu erfinden. Irgendeinen Strunz, der zwar schon immer da war, aber irgendwie einen neuen coolen Namen braucht. Das sendet eine gewisse visionäre Arbeitsweise aus. Randspieler, Bandspieler oder so etwas in der Art. Das weckt Interesse was das denn sein solle und führt letztendlich dazu, dass man im aktuellen Sportstudio seine Visionen und modernen Denkweisen ausbreiten und erklären kann. Dieser Kathrin Müller Hohenstein könnte man sogar den Doppelpass als völlig neues Spielelement verkaufen und die würde einen nur mit ihrem treudämlich schielenden Hundeblick und ihrem in botox gemeisselten Grinsen zunicken.
Sollten alle Vorgaben erfüllt werden, steht einer erfolgreichen Konzepttrainerkarriere nichts mehr im Wege.
Dieser Blog ist ein Beitrag zum Blogpokal 2011/12. Zur Bewertung des Blogs einen Kommentar mit einer Note von 1 - 10 schreiben und bitte einen kurzen Satz zur Begründung.
Meine Kontrahenten sind „Mein Name ist Nobody" und „Nobody ist der Größte"
Wer nicht das Glück hatte, wie die grätzige Kupferplatte als ehemaliger Nationalspieler einen Kaffeefahrtstrainerschein zu machen, bei dem mit Sicherheit eher Schwelgen in alten Zeiten bei einigen Liter Hefeweizen im Vordergrund stand, der muss wohl oder übel in den sauren Apfel beissen und durch den offiziellen Lehrgang. Wobei hier die Devise steht, mach den Stani! Das heisst wie früher in der Schule immer in der ersten Reihe sitzen, ein interessiertes Gesicht machen, dem Lehrer immer schön bestätigend zunicken, damit er das Gefühl bekommt, das sei alles total interessant. Fragen stellen, die sich zwar selbst schon beantwortet haben aber eine Beteiligung signalisieren. Vollgesabberte Papierkugeln, die einem während des Unterrichts in den Nacken prallen, getrost ignorieren. Das sind Ansgar, Mario und die anderen Loser, die später eine Regionalligamannschaft als Spielertrainer leiten werden. Nach dem Ende der Unterrichtsstunde selbstredend Taktiktafel abwischen und dabei den Taktiklehrer in ein persönliches Gespräch verwickeln. Die Fragebogen des Abschlusstest sind selbst für einen Fussballer noch machbar. Wieviel Abwehrspieler formieren eine Viererkette oder welche Parteikoalition bildet farblich einen Platzverweis dürfte selbst ein Lothar Matthäus gerade noch so gelöst bekommen. Damit steht einem der Abschluss als Klassenbester nichts mehr im Wege und dieser wird schon medial als. „Boah, der muss ja was drauf haben" transportiert.
2. Outfit und Styling
Zu allererst einen Anzug. Nichts von der Stange oder Teppichware von C&A. Nein, hier muss investiert oder gegebenenfalls ein Kredit aufgenommen werden. Designerklamotte mit italienischer Herkunft ist ein must have. Haarstyling ist auch ein immer wichtigerer Faktor. Kurz mit gegeltem Richtungschaos wirkt gepflegt aber nicht angepasst. Etwas länger geht auch, dann aber direkt vor dem Spiel immer schön Haare waschen mit Spülung. Hautbräunung ist unabdingbar. Im Winter würde auch ein Gesichtsbräuner reichen, bei sommerlichen Kurzärmeltagen aber unangenehm auffallen. Deshalb Jahreskarte Solarium oder Ganzkörperbräuner fürs zu Hause. Das ganze smarte Auftreten suggeriert dem gemeinen Hartz-IV-Fussballfan Erfolg.
3. Amtsantritt
Sollte man es geschafft haben bei einem Bundesligaverein einen Vertrag unterschrieben zu haben, als erstes schon mal klarstellen, dass man schon immer ein ganz großer Anhänger des Clubs war. Dazu auch erwähnen, dass es ein großer Club ist. Egal ob es sich um Bochum, Cottbus oder Paderborn handelt. Als nächstes die tollen Fans über den grünen Klee loben. Das kommt immer gut an und erspielt Kredit für unangenehmere Tage. Welch grandiose Stimmung immer im Stadion vorherrsche und wie treudoof doch alle seien. Äh ne, das „doof" denken wir uns nur, denn bedenke die bezahlen dich. Im Anschluss unbedingt erwähnen, welch großes Potential in dem Kader stecke. Das vermittelt, dass der vorherige Trainer ne Flasche war und ich bin jetzt der Checker und ich bin der Einzige der weiss wie das Alles funktioniert um das Maximale herauszuholen. Natürlich, und da kommen wir zu einem der wesentlichen Punkte, habe ich ein komplexes Gefüge von Fussballverstand in der Hirnrinde, welches der einfache und geistig limitierte Aktivfussballer nicht so einfach verstehe. Von daher brauche es viel Zeit bis die Mechanismen greifen. Das gibt einem schon mal viel Futter für Erklärungsversuche nach Niederlagen. Ziele immer sehr hoch ansetzen. Möglichst vom internationalen Fussball reden, das erweckt Träume und Sehnsüchte.
4. Training
Machen wir es kurz. Besorg dir einen fachlich begabten Co-Trainer für die Drecksarbeit.
5. Umgang mit Siegen
Sollte die geleitete Mannschaft ein Spiel gewinnen, so ist jeder gewinnbringende Aspekt auf sich selbst zurückzuführen. Die Mannschaft habe Anweisungen gut umgesetzt, jedoch auch immer wieder leise Kritik einbauen, denn es ist dringlichst geboten einen großen Ehrgeiz vorzuspielen. Selbst bei eindeutigen Siegen Kritik zu üben zeigt auch die Überlegenheit deines Fussballverstandes gegenüber dem gemeinen, sich lediglich über den Sieg freuenden, Fussballpöbel.
6. Umgang bei Niederlagen
Zu aller erst ist die Schuld beim Schiedsrichter zu suchen. Bei keinen eindeutigen Fehlentscheidungen, hat dieser trotzdem einen Einfluss auf die Niederlage gehabt. Fremdeinwirkungen als Ursache festzumachen lenkt erst mal von sich selbst ab. Jede Niederlage ist auch den Spielern und deren individuellen Fehlern anzuhängen. Sie haben deine Anweisungen nicht umgesetzt und die Gegentore sind nicht durch des Gegners Stärke gefallen, sondern nur durch eigene Dummheiten deiner Spieler. Grundsätzlich ist die eigene Mannschaft immer die bessere gewesen und die Niederlage insgesamt sehr unverdient.
7. Visionär
Es macht sich immer gut neue Wortkreationen für Spieler oder taktische Aufstellungen zu erfinden. Irgendeinen Strunz, der zwar schon immer da war, aber irgendwie einen neuen coolen Namen braucht. Das sendet eine gewisse visionäre Arbeitsweise aus. Randspieler, Bandspieler oder so etwas in der Art. Das weckt Interesse was das denn sein solle und führt letztendlich dazu, dass man im aktuellen Sportstudio seine Visionen und modernen Denkweisen ausbreiten und erklären kann. Dieser Kathrin Müller Hohenstein könnte man sogar den Doppelpass als völlig neues Spielelement verkaufen und die würde einen nur mit ihrem treudämlich schielenden Hundeblick und ihrem in botox gemeisselten Grinsen zunicken.
Sollten alle Vorgaben erfüllt werden, steht einer erfolgreichen Konzepttrainerkarriere nichts mehr im Wege.
Dieser Blog ist ein Beitrag zum Blogpokal 2011/12. Zur Bewertung des Blogs einen Kommentar mit einer Note von 1 - 10 schreiben und bitte einen kurzen Satz zur Begründung.
Meine Kontrahenten sind „Mein Name ist Nobody" und „Nobody ist der Größte"
Aufrufe: 7574 | Kommentare: 43 | Bewertungen: 19 | Erstellt:18.10.2011
ø 8.4
KOMMENTARE
Um bewerten und sortieren zu können, loggen Sie sich bitte ein.
18.10.2011 | 23:52 Uhr
0
Trotz oder wegen des ganzen Kopfkinos in mir...
Edit sagte, es sind doch Gegner da.
2. edit:
Sehr schade, dass RB und ED so wenig Zeit hatten. Sehr schade.
Meine Gesamtwertung:
RoterBulle 8 Punkte (7+1)
ElDictatore 9 Punkte (8+1)
Josh 10 Punkte, war einfach am rundesten
Allen dreien großen Respekt und Dank für die gute Unterhaltung!
0
18.10.2011 | 23:20 Uhr
0
sehr amüsant und zum Schluss hin stetig steigend, auch wenn es etwas apprupt endet.
naja wie fast alle Trainerkarrieren nach dem man 2 Vereine in Folge in den Dreck geritten hat
9 Punkte!
0
18.10.2011 | 18:54 Uhr
0
ElDictatore : @ Josh
Respect... :)10 Punkte, nix hier mit obligatorisch, sondern Voll und Ganz verdient!
10 PUNKTE!
0
18.10.2011 | 18:50 Uhr
0
heino63 :
Schönes Ding Josh und obwohl mir immer noch das erste Oktoberwochenende im Gedächtnis hängt, gebe ich dir 10 Punkte. Als Überschrift hättest du aber auch noch den Untertitel: "Wecke den Tuchel in dir" verwenden können.
0
18.10.2011 | 14:02 Uhr
0
xxlhonk :
Das sich niemand gemeldet hat, lag ausschließlich daran, dass Josh der Gegner gewesen wäre.Oder hatten die angefragten "Kandidaten" nur Angst vor einer BEwertung der Jury?
Man weiß es nicht.
Man wird es nie erfahren
Aber was ich weiß:
Die Nummer hier hat das Zeug zum Klassiker.
FAlls ihr nicht wisst, was ich mit Klassiker meine:
Einfach mal:
Flache 4
suchen
Sehr starke Nummer Josh.
Sehr stark!
0
COMMUNITY LOGIN
Statistik
Nein ... Moment ... Stale Solbakken ist doch angeblich Konzepttrainer ... und wie macht der das mit dem Haarewaschen und der Spülung???
Eine der Fragen, die wohl unbeantwortet bleiben.
Die Frage, die ich beantworten kann, ist die nach der Punktzahl. Die Antwort auf diese Frage lautet: "10".