29.05.2011 um 11:20 Uhr
Geschrieben von possessionplay
Barcelona 3-1 Man. United
Champions League, Finale: 28.05.2011
Alex Ferguson entschied sich für die Standardformation der letzten Zeit und damit gegen einen zusätzlichen Mittelfeldspieler. In Sachen Personal gab es keine Überraschungen – anders als bei Barcelona, wo Guardiola seinen Kapitän Puyol draußen ließ und dafür auf links Abidal spielte, den man nicht für komplett fit gehalten hatte.
Am Anfang war das Pressing
United wählte für die Anfangsminuten die gleiche Strategie wie beim Finale von 2009. Man setzte mit vielen Spielern Barca schon am eigenen Sechzehner unter Druck und provozierte Fehlpässe und verhinderte, dass die Katalanen in ihren Rhythmus kamen. Diese Strategie ist sehr sinnvoll, da Barca in den Anfangsminuten meistens noch nicht richtig sortiert ist und damit anfällig für solches Pressing – wie man auch schon in La Liga gesehen hat, beispielsweise beim Stadtderby vom vergangenen Dezember.
Allerdings gelang es Manchester nicht – wie man vielleicht gehofft hatte – durch das Pressing auch gute Chancen für ein Tor zu kreieren. Nach etwas mehr als 10 Minuten stellte United das aggressive Draufgehen ein und zog sich zurück – Barca übernahm von nun an das Kommando.
Nicht konsequent genug
Weil die reine Formation die Messi-Frage nicht beantworten konnte, musste Ferguson es selbst tun. Er entschied sich, dass Vidic dem Weltfußballer folgen sollte, wenn dieser sich fallen ließ, während die übrigen drei Verteidiger zusammenrückten und eine 3vs2-Situation gegen Villa und Pedro hatten und die Außenspieler die Außenverteidiger Barcelonas bearbeiteten.
Damit kam Ferguson auf diesem Weg – über den Umgang mit dem Problem Messi – zu einem im Kern ähnlichen Ergebnis wie im tactical preview vorgestellt. Doch letztlich war das Vorgehen auf dem Rasen nicht konsequent genug. Die Viererreihe im Mittelfeld zog sich sehr eng zusammen - manchmal tauschten Giggs und Park ihre Rollen - und ließ damit die Außenbahnen offen und bespielbar.
Nicht nur, dass damit eine zusätzliche Gefahrenquelle auf außen entstand, sondern auch, dass die Katalanen verlagern und Manchester zu ständigem Verschieben zwingen konnten, was an deren Ordnung und Kraft immer mehr nagte. Man lenkte Barcelona nicht in die Mitte, man provozierte sie noch nicht einmal, sondern ließ ihnen zu viel Bestimmung, und man gab ihnen zu viel bespielbare Fläche.
Zwischen den Linien
Es war nur eine Frage der Zeit, bis Barca nach den vielen vergebenen Chancen die Führung erzielen würde. Nach 27 Minuten war es dann soweit, als Pedro nach Vorarbeit von Xavi einnetzte. Dieser Treffer hatte auch etwas Symbolisches, schließlich zeigte er ein weiteres Problem der Ferguson-Truppe genau auf.
United befand sich hier in einem Dilemma. Wollte man Xavi und Iniesta unter Druck setzen, musste das Mittelfeld vorschieben, aber weil die Abwehr zu tief stand, konnten entweder Messi – den Vidic vor allem dann nicht verfolgen konnte, wenn Barca gerade aus der eigenen Hälfte herausspielte – oder wie beim Treffer Xavi sich zwischen den Linien ausbreiten, also Barcelona mit Vertikalpässen dieses Loch zur Spielbeschleunigung nutzen.
Warum stand die Abwehr denn überhaupt so tief? Man hatte wahrscheinlich Angst vor Bällen hinter die Abwehr, schließlich hatte man ja – auch weil Rooney nach hinten nicht effektiv war und nur selten mithalf, das Zentrum zu verengen, sowie Busquets nicht störte, Xavi und Iniesta zu supporten – wenig Zugriff auf Xavi, Iniesta und die Spieler um sie herum und Erstere hätten dann zu viel Zeit gehabt, einen solch gefährlichen Ball auf Pedro oder Villa zu spielen – United war im Dilemma gefangen, woran auch Rooneys Ausgleich (34.), nur ein Hoffnungsschimmer, nichts ändern konnte.
Variables Spiel
Die Katalanen hatten immer die passenden Antworten parat. Gelegentlich wechselten Villa und Messi die Positionen, was – vor allem nützlich, wenn United sich schon sehr weit zurückgezogen hatte und auch als Einheit sehr tief stand – das Zentrum offener machte, da Messi Gegner nach außen zog und in der Mitte generell nur 2 zentrale Spieler von United waren.
Die zweite Variante sah vor, dass Villa von der rechten Seite in die Mitte gehen sollte, um Vidic zu binden, so dass dieser nicht mehr Messi verfolgen konnte. Eigentlich hätte dieser Schachzug nicht wirklich effektiv sein sollen, da man einfach die Ordnung 3 Verteidiger gegen Pedro und Villa hätte halten sollen. Doch United ließ sich vollkommen verwirren. Manchmal folgte man Messi nicht, so dass dieser frei war, manchmal ging ein Außenspieler Messi hinterher, was aber Alves auf außen viel zu viele Freiheiten brachte.
Barcelona wechselte in der Sturmreihe sehr geschickt die Rollen, die gesamte Mannschaft bewegte sich sehr gut und abgestimmt und hatte wieder einen Sahnetag. Die Spieler waren individuell auf einem extrem hohen Level und vor allem die drei Stars Messi, Xavi und Iniesta wussten das Publikum mit ihrer Kunst zu begeistern. Die gesamte Leistung war ein Kunstwerk, kreiert aus dem Zusammenfließen der Energien der einzelnen Spieler. Wenn diese ganzen Punkte zusammenkamen, dann brach Man. United auseinander – spätestens in der zweiten Halbzeit, als Messi (54.) und Villa (69.) zwei der zahlreichen Chancen nutzten, um einen hochverdienten Sieg zu beschreiben.
Pressing
Neben ihrem Angriffsspiel muss auch diesmal wieder das katalanische Pressing erwähnt werden, denn schließlich waren die schnellen Ballgewinne durch Barcelonas beeindruckende, aggressive Arbeit gegen den Ball grundlegend dafür, dass sie die Dominanz auferhalten konnten.
Manchester kam gegen das Pressing kaum mal durch einen Gegenstoß nach vorne und in Kombination mit ihrer Abseitsfalle konnte Barcelona es sich auch leisten, so hoch zu stehen, da sie die Schnelligkeit von Javier Hernandez neutralisieren konnten (auch wenn es riskant war).
Grafiken
Fazit
Ein hochverdienter Sieg für Barcelona, das nur in der Anfangsphase wackelte, danach aber dominierte, wie es wollte. Sie pressten gut und schnürten Manchester so ein, sie spielten variabel und knockten Manchester mit ihrem fluiden Spiel aus. Manchester konnte die Strategie nicht durchbringen und konnte die drei Schlüsselpunkte aus dem Preview nicht umsetzen – Messi, Xavi und Iniesta sowie die beiden Außenverteidiger kamen sowohl aus taktischen Gründen als auch dank ihrer individuellen Klasse immer wieder frei.
FORTSETZUNG: SIEHE KOMMENTARE
Alex Ferguson entschied sich für die Standardformation der letzten Zeit und damit gegen einen zusätzlichen Mittelfeldspieler. In Sachen Personal gab es keine Überraschungen – anders als bei Barcelona, wo Guardiola seinen Kapitän Puyol draußen ließ und dafür auf links Abidal spielte, den man nicht für komplett fit gehalten hatte.
Am Anfang war das Pressing
United wählte für die Anfangsminuten die gleiche Strategie wie beim Finale von 2009. Man setzte mit vielen Spielern Barca schon am eigenen Sechzehner unter Druck und provozierte Fehlpässe und verhinderte, dass die Katalanen in ihren Rhythmus kamen. Diese Strategie ist sehr sinnvoll, da Barca in den Anfangsminuten meistens noch nicht richtig sortiert ist und damit anfällig für solches Pressing – wie man auch schon in La Liga gesehen hat, beispielsweise beim Stadtderby vom vergangenen Dezember.
Allerdings gelang es Manchester nicht – wie man vielleicht gehofft hatte – durch das Pressing auch gute Chancen für ein Tor zu kreieren. Nach etwas mehr als 10 Minuten stellte United das aggressive Draufgehen ein und zog sich zurück – Barca übernahm von nun an das Kommando.
Nicht konsequent genug
Weil die reine Formation die Messi-Frage nicht beantworten konnte, musste Ferguson es selbst tun. Er entschied sich, dass Vidic dem Weltfußballer folgen sollte, wenn dieser sich fallen ließ, während die übrigen drei Verteidiger zusammenrückten und eine 3vs2-Situation gegen Villa und Pedro hatten und die Außenspieler die Außenverteidiger Barcelonas bearbeiteten.
Damit kam Ferguson auf diesem Weg – über den Umgang mit dem Problem Messi – zu einem im Kern ähnlichen Ergebnis wie im tactical preview vorgestellt. Doch letztlich war das Vorgehen auf dem Rasen nicht konsequent genug. Die Viererreihe im Mittelfeld zog sich sehr eng zusammen - manchmal tauschten Giggs und Park ihre Rollen - und ließ damit die Außenbahnen offen und bespielbar.
Nicht nur, dass damit eine zusätzliche Gefahrenquelle auf außen entstand, sondern auch, dass die Katalanen verlagern und Manchester zu ständigem Verschieben zwingen konnten, was an deren Ordnung und Kraft immer mehr nagte. Man lenkte Barcelona nicht in die Mitte, man provozierte sie noch nicht einmal, sondern ließ ihnen zu viel Bestimmung, und man gab ihnen zu viel bespielbare Fläche.
Zwischen den Linien
Es war nur eine Frage der Zeit, bis Barca nach den vielen vergebenen Chancen die Führung erzielen würde. Nach 27 Minuten war es dann soweit, als Pedro nach Vorarbeit von Xavi einnetzte. Dieser Treffer hatte auch etwas Symbolisches, schließlich zeigte er ein weiteres Problem der Ferguson-Truppe genau auf.
United befand sich hier in einem Dilemma. Wollte man Xavi und Iniesta unter Druck setzen, musste das Mittelfeld vorschieben, aber weil die Abwehr zu tief stand, konnten entweder Messi – den Vidic vor allem dann nicht verfolgen konnte, wenn Barca gerade aus der eigenen Hälfte herausspielte – oder wie beim Treffer Xavi sich zwischen den Linien ausbreiten, also Barcelona mit Vertikalpässen dieses Loch zur Spielbeschleunigung nutzen.
Warum stand die Abwehr denn überhaupt so tief? Man hatte wahrscheinlich Angst vor Bällen hinter die Abwehr, schließlich hatte man ja – auch weil Rooney nach hinten nicht effektiv war und nur selten mithalf, das Zentrum zu verengen, sowie Busquets nicht störte, Xavi und Iniesta zu supporten – wenig Zugriff auf Xavi, Iniesta und die Spieler um sie herum und Erstere hätten dann zu viel Zeit gehabt, einen solch gefährlichen Ball auf Pedro oder Villa zu spielen – United war im Dilemma gefangen, woran auch Rooneys Ausgleich (34.), nur ein Hoffnungsschimmer, nichts ändern konnte.
Variables Spiel
Die Katalanen hatten immer die passenden Antworten parat. Gelegentlich wechselten Villa und Messi die Positionen, was – vor allem nützlich, wenn United sich schon sehr weit zurückgezogen hatte und auch als Einheit sehr tief stand – das Zentrum offener machte, da Messi Gegner nach außen zog und in der Mitte generell nur 2 zentrale Spieler von United waren.
Die zweite Variante sah vor, dass Villa von der rechten Seite in die Mitte gehen sollte, um Vidic zu binden, so dass dieser nicht mehr Messi verfolgen konnte. Eigentlich hätte dieser Schachzug nicht wirklich effektiv sein sollen, da man einfach die Ordnung 3 Verteidiger gegen Pedro und Villa hätte halten sollen. Doch United ließ sich vollkommen verwirren. Manchmal folgte man Messi nicht, so dass dieser frei war, manchmal ging ein Außenspieler Messi hinterher, was aber Alves auf außen viel zu viele Freiheiten brachte.
Barcelona wechselte in der Sturmreihe sehr geschickt die Rollen, die gesamte Mannschaft bewegte sich sehr gut und abgestimmt und hatte wieder einen Sahnetag. Die Spieler waren individuell auf einem extrem hohen Level und vor allem die drei Stars Messi, Xavi und Iniesta wussten das Publikum mit ihrer Kunst zu begeistern. Die gesamte Leistung war ein Kunstwerk, kreiert aus dem Zusammenfließen der Energien der einzelnen Spieler. Wenn diese ganzen Punkte zusammenkamen, dann brach Man. United auseinander – spätestens in der zweiten Halbzeit, als Messi (54.) und Villa (69.) zwei der zahlreichen Chancen nutzten, um einen hochverdienten Sieg zu beschreiben.
Pressing
Neben ihrem Angriffsspiel muss auch diesmal wieder das katalanische Pressing erwähnt werden, denn schließlich waren die schnellen Ballgewinne durch Barcelonas beeindruckende, aggressive Arbeit gegen den Ball grundlegend dafür, dass sie die Dominanz auferhalten konnten.
Manchester kam gegen das Pressing kaum mal durch einen Gegenstoß nach vorne und in Kombination mit ihrer Abseitsfalle konnte Barcelona es sich auch leisten, so hoch zu stehen, da sie die Schnelligkeit von Javier Hernandez neutralisieren konnten (auch wenn es riskant war).
Grafiken
Fazit
Ein hochverdienter Sieg für Barcelona, das nur in der Anfangsphase wackelte, danach aber dominierte, wie es wollte. Sie pressten gut und schnürten Manchester so ein, sie spielten variabel und knockten Manchester mit ihrem fluiden Spiel aus. Manchester konnte die Strategie nicht durchbringen und konnte die drei Schlüsselpunkte aus dem Preview nicht umsetzen – Messi, Xavi und Iniesta sowie die beiden Außenverteidiger kamen sowohl aus taktischen Gründen als auch dank ihrer individuellen Klasse immer wieder frei.
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Aufrufe: 13284 | Kommentare: 21 | Bewertungen: 16 | Erstellt:29.05.2011
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KOMMENTARE
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29.05.2011 | 19:27 Uhr
0
nummero7 :
starke blog!
gut formulier und sehr schöne grafiken!!!
darf ich fragen wie man die erstellt oder woher du sie hast?
0
29.05.2011 | 19:20 Uhr
0
Ja, guter Punkt, danke.
@ Stoffi
Ja, wäre durchaus interessant gewesen. Eigentlich hätte ich auch von United mehr erwartet, bisschen enttäuschend.
@FCB Guru
Ja, sicher, der Stil ist immer der Gleiche, aber in diesem Stil haben sie kleine Anpassungen vorgenommen, das ist eben ihr Plan B, weil sie den Ballbesitzstil nicht ändern können/wollen.
0
29.05.2011 | 18:38 Uhr
-1
BigFred :
Also Dortmund hätte ich gerne gestern gesehen Ansonsten gute Analyse! 10 P
0
29.05.2011 | 18:25 Uhr
-1
Stoffi :
... als Bayern Fan, und als jemand der die Spielweise des FC Barcelonas liebt (wer tut dies nicht?), überlege ich mir momentan, welche europäische Mannschaft gegen den FC Barcelona eine Chance hätte, ohne sich jetzt mit nem Betonmischer hinten reinzustellen....Und da fällt mir ein team ein, welches ich in Bestbesetzung gerne gegen barcelona gesehen hätte: Borussia Dortmund!
2
29.05.2011 | 16:26 Uhr
0
Xavi_6 :
tolle analyse.ich möchte etwas zu den ersten minuten hinzufügen.
vor dem spiel wurde schon zutreffend auf zm erwähnt, dass das key-duell rooney-busquets lauten wird.
wenn es rooney gelingt, busquets entscheidend zu stören, kommt barca aus dem rythmus, da sergio meistens das spiel eröffnet und zu xavi spielt, der dann das spiel strukturiert.
rooney hat das gemacht, die folge war unter anderem diese uniteddominanz.
die lösung war, dass xavi mit sergio einfach immer wieder die position getauscht hat, xavi hat den ball früher bekommen und konnte so das spiel strukturieren, rooney war aber dann meistens bei busquets und so hatte xavi platz und zeit, das spiel zu strukturieren.
das sieht man an den statistiken:
sergio hat deutlich weniger pässe gespielt als sonst, iniesta dafür mehr und xavi auch etwas mehr als seine durchschnittswerte in der cl.
3
29.05.2011 | 13:50 Uhr
0
Voegi :
super analyse eines tollen spiels.barca war gestern einfach zu gut. das war nah an der perfektion. dagegen ist kein kraut gewachsen. schön, sowas miterlebt zu haben!
0
29.05.2011 | 11:37 Uhr
0
Habe es jetzt aber korrigiert.
0
29.05.2011 | 11:21 Uhr
0
possessionplay : FORTSETZUNG: FAZIT
Manchmal überlegt man sich, ob es überhaupt angebracht ist, nach so einer Leistung das Spiel taktisch zu analysieren. Denn was man primär tun sollte, ist, sich einfach an Barcas schönem Spiel von gestern zu erfreuen. Die Katalanen schlossen eine historische Saison würdig ab und bei allen Diskussionen, ob es nun die beste und schönste Mannschaft aller Zeiten ist, sollte man anmerken, dass Barca gestern den Ideen des totalen Fußballs und den Visionen von Lobanowski und Sacchi - dass die Leistunsgsfähigkeit des Systems größer sei als die Summe seiner Bestandteile und Fußball ein Spiel von Verbindungen sei, dass man den Raum bei Ballbesitz groß und bei Ballbesitz Gegner klein machen müsse und dass man beim Fußball vorwärts verteidigen solle - gerecht wurde.
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Die zweite Grafik ist einfach ein Diagramm von Excel.
Und die drei Heatmaps habe ich von ESPN-Soccernet.