Unter Pep Guardiola sind die Münchner Bayern etwas Besonderes aus analytischer Perspektive. Nicht nur, dass sie mit dem Juego de Posición eine sehr komplexe Spielphilosophie besitzen und sich sehr präzise an den Gegner anpassen. Nein, bei den Bayern ist es sogar schwer einen Status Quo zu diagnostizieren. Jedes Spiel können große Teile des Systems kippen. Letzte Saison wurde mit Thiago und Lahm im Mittelfeld ein sehr kleinräumiger Fußball im 4-1-2-3 zelebriert, gegen United gab es massivst und beidseitig einrückende Außenverteidiger, mit dem Einkauf Alonsos wurde das Spiel plötzlich enorm weiträumig und in einzelnen Spielen wurde sogar ein 4-4-2 genutzt.
Zwar bleiben einzige strategische Komponenten gleich Kurzpassspiel, organisierte Bewegung des Kollektivs in Relation zu bestimmten Zonen, Ballbesitz, Pressing, hohe Abwehrlinie,...-, viele Aspekte ändern sich aber grundsätzlich und werden dann über längere Phasen in unterschiedlichsten Varianten genutzt. Es gibt kaum eine Chancen vorherzusagen, was Guardiola als nächstes machen wird. Zu kreativ ist er, zu vielfältig die Möglichkeiten und zu radikal seine Gedankengänge.
Ein Indiz gibt es aber trotzdem. Es sind die Spieler selbst. Denn alles, was Guardiola macht, soll seinen Spielern entgegenkommen. Dadurch lässt sich zumindest manchmal erahnen, was der katalanische Erfolgstrainer so im Schilde führt. Darum soll es in diesem Artikel um fünf spielerbezogene Aspekte gehen, die eine Veränderung des aktuellen Systems auch langfristig herbeiführen könnten. Bisher spielten die Münchner in dieser Rückrunde entweder im 4-3-3 (Anfangsphase gegen Wolfsburg) oder im 3-4-2-1 (alles danach). Letzteres wurde schon in der Hinrunde genutzt, unter anderem mit einer sehr offensiven Interpretation des rechten Flügelverteidigers.
Philipp Lahms Rückkehr und Robbens Umstellung
Aktuell spielt Robben trotz der Verletzung Rafinhas nicht auf der Position des rechten Flügelverteidigers. Dies hängt damit zusammen, dass es am Balancegeber im zentralen Mittelfeld fehlt. Schweinsteiger und Alonso sind eher statischere Akteure diesbezüglich. Schweinsteiger kann zwar sehr weiträumig agieren, schiebt immer wieder weit nach vorne, ist an sich aber kein absichernder Akteur in Flügelräumen. Alonso wiederum bleibt fast immer in der Mitte, agiert mit wenigen Sprints und viel Bewegung im Zentrum, um Bälle verteilen zu können.
Philipp Lahm - Fixpunkt - unter Guardiola
Robbens sehr hochgeschobene und tororientierte Rolle benötigt allerdings einen Spieler in der Mitte, der die Räume hinter ihm bei Bedarf verschließt und generell sehr unterstützend an der Seite agiert. Lahm hatte diese Aufgabe, als er fit war, und ist dafür ideal. Sollte Lahm in den nächsten Wochen zurückkehren, dann ist das 3-4-2-1 oder 3-4-1-2 mit Robben als rechtem Flügelläufer durchaus wieder eine realistische Alternative. Das 7:1 gegen den AS Rom ist nach wie vor eine positive Erinnerung an dieses asymmetrische System.
Thiagos Schlüsselrolle im Aufbauspiel
Wer Lahm im zentralen Mittelfeld unterstützt, ist ebenfalls eine Frage. Unter Guardiola haben schon viele unterschiedliche Spieler im Zentrum gespielt, doch geht man nach Guardiolas Aufstellungen und Zitaten scheint Lahm sein absoluter Lieblingsspieler auf dieser Position zu sein. Lahm ist spielintelligent, sehr passstark und offensiv wie defensiv überzeugend. Doch wer könnte Lahms Nebenmann werden? Guardiolas zweiter Lieblingssechser ist vermutlich Thiago Alcantara. Er war sein Wunschspieler (Thiago oder nix!) in seiner ersten Transferperiode als Bayerntrainer und wurde im Aufbauspiel immer fokussiert. Von Beginn an überzeugte Thiago mit seiner Mischung aus Kreativität, Dynamik und Spielintelligenz.
Dies führte dazu, dass Thiago als tiefster Sechser und als spielmachender Achter eingesetzt wurde. Eine Doppelsechs mit Lahm hinter Götze oder Ribéry in einem 3-4-1-2 mit Robben als rechtem Flügelverteidiger wäre also eine unglaublich spielstarke und Guardiolas Naturell entsprechende Spielweise, die dank Lahm keineswegs unwahrscheinlich klingt. Allerdings wäre es auch möglich, dass Lahm wegen Thiago und den anderen Optionen wieder als Rechtsverteidiger agieren könnte. Damit wäre man etwas simpler und vermutlich auch stabiler. Ein 4-3-3 mit Lahm und Bernat auf den Flügeln und Alaba (falls Bernat in der Form der Hinrunde agiert) mit Thiago und einem weiteren zentralen Mittelfeldspieler würde dann ebenfalls eine Alternative werden. Doch nicht nur im zentralen Mittelfeld kommen verletzte Spieler zurück.
Badstuber und Martinez als Luxus
Wegen der Verletzung Javi Martinez holten die Münchner Bayern letzten Sommer Medhi Benatia. Benatia, Boateng und Alaba bildeten gegen Ende der Hinrunde häufig die Abwehrlinie. Insbesondere Alaba in seiner Rolle als aufrückender Halbverteidiger war ein Highlight dieser Spielweise. Nun kehren Martinez und Badstuber aber langsam zurück, desweiteren gibt es mit Dante noch eine sechste Option.
Schafft Holger Badstuber den Sprung zurück ins Team?
Egal, ob Dreier- oder Viererkette: Es können nicht alle spielen. Alaba kann zwar auf der Sechs oder als Linksverteidiger agieren und Martinez ist theoretisch ein Sechser, zu Guardiola passen sie aber allesamt am besten in die erste Abwehrlinie. Badstuber und Martinez sind somit ein Luxus. Es ist allerdings möglich, dass Guardiola sie nutzt, um in bestimmten Spielen ohne Alaba etwas ruhiger und sicherheitsorientierter in der ersten Abwehrlinie zu agieren oder wahrscheinlicher um Alaba für mehr Dynamik im Zentrum oder anstatt Bernat auf links zu nutzen. Dante spielt spätestens dann keine Rolle mehr, wenn Badstuber und Martinez fit sind.
Jedoch könnten Martinez und Badstuber dafür noch zu lange benötigen. Ansonsten ist es durchaus möglich, dass einer der beiden den zentralen Innenverteidiger gibt und der sehr dynamische, zweikampfstarke und spielstarke Boateng eine ähnliche Rolle als rechter Halbverteidiger übernimmt wie Alaba es auf links häufig tat. In einem 3-1-4-2 wäre Martinez auch eine Option für die Sechserposition. Oder besser gesagt: Mit Martinez wäre das 3-1-4-2 eine Option für die Bayern, insbesondere mit zwei offensiven Achtern und offensiven Halbverteidigern.
Die Jungstars in ferner Zukunft
Drei weitere Namen könnten in der nächsten Saison eine Rolle spielen. Höjbjerg zeigt und wird bei Augsburg zeigen, was für Talent er besitzt. Als Halbverteidiger, Sechser, Achter oder Flügelverteidiger wird er eine Option für den FC Bayern werden. Das weiß jeder, damit rechnet jeder. Doch eine Systemumstellung wird er nicht verantworten. Ähnliches ist bei Weiser der Fall, obgleich er nicht so weit wie Höjbjerg ist und seine Zukunft unklar ist. Potenziell hat er jetzt die Chance, sich als dribbelstarker und kombinativer rechter Flügelverteidiger in die Mannschaft zu spielen. Ansonsten droht ihm auch langfristig der Bankplatz oder der Abgang.
Am interessantesten ist aber die Personalie Gaudino.
Potenziell könnte Gaudino ein etwas weniger erfolgsstabilerer, aber dribbelstärkerer Philipp Lahm im Mittelfeldzentrum werden; ich habe ihn sogar mit Iniesta verglichen. Gaudino ist enorm talentiert, sehr intelligent und sehr gut beim Unterstützen seiner Mitspieler. Als Sechser oder Achter könnte er somit sowohl in einem 4-3-3, einem 3-4-1-2, einem 3-4-2-1 oder auch in einem 4-2-3-1 und 3-1-4-2 eine Option werden und dort potenziell jede Rolle übernehmen. Eine Waffe, die womöglich sogar in dieser Saison genutzt wird, wenn die anderen Spieler nicht fit werden und/oder das Duo Schweinsteiger-Alonso nicht die richtige Balance findet.
Fazit
Blickt man sich den Kader an und die Personalien, welche eine Systemveränderung des aktuellen 3-4-2-1 mit der Doppelsechs Schweinsteiger-Alonso verantworten könnten, fallen zwei Sachen auf:
1) Es werden nie alle da sein.
2) Die größte Frage ist: Wer fällt in der Offensive raus, wenn (fast) alle da sind?
Man darf gespannt sein, wie Guardiola auf diese reagiert. Sie werden letztlich entscheiden, welche seiner Ideen Guardiola verwirklichen kann.
Mehr vom Autor unter:
@ReneMaric oder
http://spielverlagerung.de/
Hatte das Glück oder vllt. eher das Pech Bayern gegen Schalke live zu sehen, in dem Spiel hat Basti sehr bemüht gewirkt (im Vergleich zum Wob-Spiel), aber dennoch sehr Unglücklich (was Laufwege und Zuspiele betrifft). Außerdem wirkte es teilweise so, als wäre ihm seine Position nicht ganz bewusst.
Wie seht ihr die Entwicklung von Götze, ich persönlich hab irgendwie das Gefühl das Pep nicht ganz zufrieden mit ihm ist vllt. auch nicht wirklich sein"Lieblingsspieler" ist. Obwohl ich eig. die Ansätze von ihm immer sehr gut finde. Eigentlich kommt es mir so vor als wäre er der einzigste, der mal Kreativität mit ins Spiel bringt oder was überraschendes im Mittelfeld veranstalten könnte (Pass in die Tiefe oder ähnliches).
Aber:
Der Blog ist mir zu theoretisch und schenkt einer relativ wichtigen Sache, naemlich wer mit wem in welchem Spiel auflaeuft zu wenig Beachtung.
Die Saison der Bayern besteht im Grunde noch aus CL und DFB Pokal- in der Bundesliga muss man mit 8 Pkt. Vorsprung und diesem Kader einfach die Meisterschale holen.
Und dort sollte es dann auch egal sein, ob Schweinsteiger mit Alonso im 4-2-3-1 oder Lahm mit Thiago und Alonso im 4-3-3.
Die wichtigen Spiele der Bayern sind nurnoch die KO Spiele.
Die genaue Auslegung der Spielformation ist eh immer ansichts- & auslegungssache. Bayern hat genug Spieler, die ihre Rolle situativ auslegen koennen.
Ein Lahm, Schweinsteiger, etc. koennen massiven Offensivdrang entwickeln, wenn noetig, koennen aber genauso hinten Beton anruehren udn ein Spiel ueber die Zeit bringen.
Die Frage ist eher, wer in den Topspielen auflaeuft, und mit welcher Abwehrformation gespielt wird- 4er Kette oder 3er Kette.
Mit Lahm, Martinez, Thiago & Badstuber kommen innerhalb kurzer Zeit enorm viele Alternativen zurueck.
Sollte es keine weiteren Ausfaelle geben, werden Weiser, Rode und Gaudino diese Saison keine Rolle mehr spielen- vieleicht duerfen sie in der Liga ran, wenn der Drops gelutscht ist.
Der Konkurrenzkampf wird jedenfalls enorm,
mit Lahm, Schweinsteiger, Thiago, Martinez, Alsonso, Alaba, gibt es auf den def. MF Positionen massig Alternativen, die auch den Platz fuer Mueller 7 Goetze im Zemtrum eng machen werden.
In einem Ko Spiel in der CL muessen eigentlich alle genannten spielen, das wird keine leichte Situation und kann fuer Frust sorgen.
Thiago finde ich super, dennoch plane ich den nicht wirklich ein. Wir sollten eine so lange Ausfallzeit auf diesem Niveau richtig einschätzen. Sonst wären alle blöd, die fit sind und trainieren. Auch bei Badstuber sehe ich das so. Beide sind für mich frühestens zur kommenden Saison eine ernsthafte Option. Dann aber hoffentlich gesund und als volle Verstärkung.
Das Paar Alonso / Schweinsteiger kommt zu negativ weg. Beide zusammen funktionieren absolut gut, hängen aber mehr wie andere Paare von der Laufarbeit ihrer Mitspieler gegen den Ball ab. In den ersten Drei Spielen der Rückrunde war das von der Offensivreihe nicht so stark wie gewohnt. Sollte Ribery zurückkehren, kann das Spiele der bayern generell wieder breiter gestaltet werden mit starken Flügeln Robben/Ribery . Dieses breitere Spiel kommt den ballsicheren Alonso/Schweinsteiger wieder entgegen.
Wie wir sehen gibt es Argumentationen in alle Richtungen
Alles das spricht für die riesengroße Auswahl an Möglichkeiten...
Der Blog ist wirklich gut, in den meisten Punkten würde ich da auch zustimmen. Was ich persönlich halt nicht nachvollziehen kann, ist, wie man immer noch auf Thaigo als Schlüsselspieler setzen kann, diese Ansicht hört man ja auch von anderer Stelle. Für mich ist Thiago eine Art Mythos, der vermeintliche Wunderspieler, den im Prinzip noch nie einer gesehen hat. Er hat hier eine Handvoll Spiele gemacht, größtenteils gut aber auch nicht phänomenal. Den Rest der Zeit war er verletzt, und aufgrund der Schwere und Häufigkeit seiner Verletzungen braucht man sehr viel Optimismus, um daran zu glauben, dass er noch mal zu 100 % auf die Beine kommt und ein Leistungsträger in einem europäischen Top Club sein könnte.
Natürlich kann man ihn als Option im Kopf halten, aber in einer Schlüsselfunktion für die Zukunft mit ihm zu planen, fände ich absolut fahrlässig.
Die Variante mit Lahm & Thiago auf der 6 klingt äußerst spannend aber auch sehr riskant. Das können sie sich mMn nur in Spielen erlauben in denen sie davon ausgehen können das sich der Gegner so gut wie gar nicht befreien kann. Was das für einen Aufwand für Lahm bedeuten würde... Nicht das ich es ihm nicht zutraue aber das ware schon sehr kräftezehrend.
Ich bin eher der Meinung das Guardiola irgendwann nicht mehr um die Frage Alonso oder BS31 herumkommt..
Der Autor hatte schon mal auf einer anderen Seite den Transfer von Joshua Kimmich zum FCB beschrieben.
http://www.abseits.at/fusball-international/deutschland/transfers-erklaert-deshalb-wechselte-joshua-kimmich-zum-fc-bayern-muenchen/
Und da soll ausgerechnet ein Gaudino helfen können? In der CL?
Hmm, Gaudino is jetzt gerade mal 18 und man kann schon seine irren Anlagen sehen. Den wird man sicher nicht als sofortigen Fixpunkt aufbauen. Aber über kurz oder lang wird er wohl die Rolle von Lahm (im Mittelfeld) übernehmen können.
Woran es liegt, ist schwer zu sagen, bislang hat er einfach nicht gezündet in München; selbst, wenn viele Spieler mit Verletzungen ausfallen, ist er kein sicherer Kandidat für die Startelf, das ist schon einigermaßen enttäuschend bislang. Er spielt ja in der Regel nicht schlecht, aber eher unauffällig, er läuft halt irgendwie so mit. Für einen Spieler seiner Klasse und seiner Preiskategorie ist das einfach zu wenig.
Das Problem hat er ja auch nicht nur beim FCB, sondern auch in der Nationalelf. Auch seine WM war eigentlich nicht gut, das wird lediglich von dem entscheidenden Finaltor überstrahlt.