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Voegi: Ah, der Klassiker! Kann man sich als Bayern-Fan noch über Siege und Titel freuen? Man kann. Ich persönlich bin da gar nicht so titelfixiert, sondern freue mich über jeden einzelnen Sieg. Besonders in der Bundesliga, die für mich trotz der CL noch immer das Nonplusultra ist. Noch immer hängt meine Befindlichkeit am Wochenende entscheidend davon ab, wie meine Bayern gespielt haben. Und vielleicht ist das auch der Grund, weshalb ich sämtliche Bayern-BL-Spiele der letzten 20 Jahre glaube mit Ausgang und Torschützen aufsagen zu können. Wobei ich eher vermute, dass ich in der Beziehung einfach einen ziemlich schweren Schaden habe. Aber als Fan hat man eben so seine Ticks? Oder ist das bei Dir anders?

donluka: Meine Mitmenschen könnten jetzt wahrscheinlich 1000 Ticks aufzählen. Ich persönlich halte mich selbst im Bezug auf den Effzeh höchstens für ein kleines bisschen zu optimistisch. Nicht im Sinne von: Europapokal! Europapokal! - sondern eher: Ach, das macht doch nix, dann putzen wir halt Gladbach. Aber was Deinen Statistik-Tick (sag das mal ganz schnell und oft hintereinander!) betrifft: Weißt Du noch (ohne nachzugucken!), wie der FCB am 13.10.1990 gespielt hat? Und kennst Du auch noch die (hust!) Torschützen?

Voegi: Das liegt streng genommen vor meiner Zeit. Aber wenn ich mich richtig erinnere, gab es in der Zeit mal ein 4.0 für den Effzeh. Und ich glaube, es war das größte Spiel von Olaf Janßen. Weitere Details will und kann ich da jetzt nicht hervorholen. Da denke ich lieber an unser Gastspiel in Köln 1988/89 zurück: Den legendären 3:1-Sieg durch drei Wohlfarth-Tore, mit dem wir die Meisterschaft praktisch unter Dach und Fach gebracht und dem Großmaul Daum einen vor den Bug gegeben haben. Für mich vor allem deshalb ein ganz besonderes Spiel, weil ich das erste Mal meine Bayern live im Stadion sah. Womöglich das größte Highlight meiner Kindheit. Ich gehe mal davon aus, Du weißt auch noch ganz genau, wann Du Deinen Effzeh erstmalig hautnah erlebt hast…

donluka: Das weiß ich noch sehr genau! Es war am 16.03.1991 (das Datum musste ich allerdings nachsehen). Ich fuhr zu meiner hellen Freude mit meinem Vater nach Müngersdorf, um dort die Knallerpartie gegen Gladbach zu sehen. Bei denen stand übrigens Uwe Brunn im Tor, der ja seine Anfänge beim Effzeh verbrachte. Wir kamen wegen Stau ca. eine halbe Stunde zu spät und als wir gerade Platz genommen hatten, glich Higl zum 1:1 aus. Doch die Freude sollte nicht lange halten. Am Ende hieß es 1:3 für die Fohlen. Verstehst Du die Ironie? Ich war gekommen, um meinen Bodo zu sehen, der sich 3 Stück fing (ich sah davon Gott sei Dank nur 2 Treffer), während Uwe Brunn (Osnabrück-Fans mögen es mir verzeihen, aber: UWE BRUNN!) nur 1x hinter sich greifen musste. Unverschämtheit. Aber wo wir gerade beim Thema sind: Du willst mir doch nicht auch allen Ernstes sagen, dass Aumann besser als der Bodo war, oder? Es soll ja Bayern-Fans geben, die das wirklich meinen…

Voegi: Sagen wir mal so: Der Voegi der frühen 90er hätte darauf gepocht, dass Aumann die wahre Nummer 1 war. Heute sehe ich das differenzierter: Illgner war ein ganz Großer und Ende der 80er/Anfang der 90er wohl auch der Beste. Aber Aumann ist für einen Bayern-Fan eben auch Kult. Wenngleich mein Lieblingskeeper nach wie vor Jean-Marie Pfaff ist. Ein ungemein sympathischer Typ und als Torwart eine Granate mit sensationellen Reflexen. Und eben auch „mein" erster Torhüter, zu dem man nun mal ein besonders nostalgisches Verhältnis hat. Womit wir bei der Gretchenfrage der Fußball-Fans wären: Weißt Du noch, wie es mit Dir und Deinem Effzeh angefangen hat? Wann und wie Du Dich in Deinen Verein verliebt hast? Bei mir und dem FC Bayern ist das ein echtes Mysterium. Ich kann die Ursprünge unserer Beziehung nicht ergründen…

donluka: Ich möchte ja noch einmal betonen, dass ich in Düsseldorf aufwuchs und somit als Effzeh-Fan ja wirklich eine Rarität darstellte! Meine Freunde fanden meine Liebe zu diesem Verein nicht immer ganz stark. Jedenfalls erkläre ich es mir rückblickend so: Zunächst einmal war ich ein riesiger Toni Schumacher-Fan. Das hat den Weg schon ein wenig in diese Richtung geebnet. Zudem ist mein Onkel VfL Bochum-Anhänger, weil er es muss. Schließlich lebt er da und ist auch dort geboren. Allerdings trägt er – wie er mir einmal gestand – eine große Leidenschaft für den Effzeh in sich. Vor allem wegen Overath und Thielen. Und so muss er diesbezüglich ein wenig den Geißbock-Flüsterer gespielt und in mir seine heimliche Liebe ausgelebt haben. Heute bin ich ihm dafür allerdings sehr dankbar. Aber sag mal: Wenn Du Dein Gefühl für die Bayern in einem Satz zusammenfassen müsstest, wie würde dieser lauten?

Voegi: Da isser, der Psychologe. Ein Satz zum FC Bayern? Einsatz! Umsatz! Grundsatz! Doch im Ernst: Mein Bayern-Fan-Feeling wird noch am besten durch das abgedroschene „mia san mia" beschrieben. Ansonsten hat sich mir der FCB eher in Bildern denn in Sätzen eingebrannt. Das charakteristischste ist wohl Uli Hoeneß auf der Auswechselbank im Olympiastadion. Quasi das Ur-Bild meines Fan-Daseins. Im Übrigen trauere ich noch immer den Zeiten des Olympiastadions hinterher. Ich weiß, es war eine eher suboptimale Fußballarena, dessen Atmosphäre einen bestenfalls morbiden Charme besaß. Und dennoch wünschte ich mir manchmal, die Bayern würden noch mal im Olympiastadion spielen. Da bin ich eben hoffnungsloser Nostalgiker. Wie ist das bei Dir: Sehnst Du Dich zuweilen nach dem Müngersdorfer Stadion zurück?

donluka: Ich würde sofort das alte Stadion zurückhaben wollen! Da bin ich sehr sentimental und vergesse, dass im Neuen auch viel Gutes steckt. Natürlich ist das RES allein schon wegen der Nähe der Plätze zum Platz besser und schöner usw. Aber wenn ich an das Müngersdorfer Stadion denke, habe ich sofort einen bestimmten Duft in der Nase, der mich an alte Zeiten zurückdenken lässt. Wie ich als Kind mit meinem Vater ins Stadion fuhr. Wie ich den Bodo beim Aufwärmen beobachtete, wie ich den (bis zum nächsten Sommer) letzten internationalen Auftritt gegen Celtic miterlebte. Wie ich beim Abschiedsspiel vom Tünn Tränen zurückhielt, die ich dann beim ersten Abstieg vergoss. Einigen wir uns doch darauf: Das Fansein an sich sorgt dafür, dass wir uns in einer Parallelsphäre abgleiten lassen können, für die es sich lohnt, auch einmal zu leiden und den Sport zu verdammen. Das Fansein an sich weckt in uns Emotionszentren, die verkümmern würden, wären wir nicht diesem Sport verfallen. Und, Voegi, in einem sind wir uns wohl einig: Nirgendwo werden diese Zentren so schön wachgeküsst wie beim Effzeh.

Voegi: Ich würde Dir ja gerne widersprechen, kann es aber nicht. Und dennoch: Der FC Bayern ist für mich das Größte – und wird es auch immer bleiben.

donluka: Einen Versuch war es wert...