25.01.2010 um 23:12 Uhr
Geschrieben von Bailey
Charakterfrage
Es ist ein Auftakt nach Maß, was unsere Mannschaft in der Rückrunde bislang geboten hat. 2 Spiele, 2 Siege. Das ist ne Hausnummer.
Umso beeindruckender wenn man dann noch anschaut, wie die Spiele gewonnen wurden. Denn es waren mitnichten reine Duselsiege, sondern es wurde streckenweise richtig guter Fussball gespielt. Und das auch noch von Leuten wie Hilbert, Gebhart, Pogrebnyak, Marica, kurz, von Leuten, die in der Hinrunde noch zu den absoluten Flops gehörten. OK, Marica gehörte da jetzt zweieinhalb Jahre hin, aber geschenkt.
Und all dies wird mit dem Allheilmittel im Profifussball begründet, mit dem guten, alten Trainerwechsel.
Weg vom Kumpeltyp Markus Babbel, hin zum harten Hund Christian Gross. Weg vom Du, hin zum Sie. Dann noch flugs ein paar Sonderrechte gestrichen (gell Jens?) und schon rutschts!
So einfach ist das!
Und schon versteigen sich die Verantwortlichen in Superlative wie zu besten Meisterzeiten. Die Mannschaft sei eine Einheit, sie habe Charakter gezeigt! Und überhaupt sei alles bestens!
Ach, echt?
Ich möchte nicht bestreiten, dass ein Trainerwechsel durchaus alte Blockaden lösen kann, weil eben ein frischer Wind weht. Ist nunmal so. Hat sich schon oft genug bewahrheitet.
Aber hier waren es gerade einmal 48(!) Stunden, in denen die Mannschaft gefühlt komplett ausgetauscht wurde!
48 Stunden!
Solange braucht ein Brief von Hamburg nach München oder Zement zum trocknen!
Nach nur 48 Stunden war das Gewürge der gesamten Hinrunde vergessen, wurde Zauberfussball gespielt und der Schuldige war gefunden.
Babbel hat die Mannschaft verunsichert, Babbel hat zu wenig geredet, Babbel hat zu viel geredet und so weiter.
Aber ist das Wirklich schon alles?
Ein Satz, den Timo Gebhart ausgesprochen hat lässt tief blicken.
Auf die Frage, was Christian Gross besser machen würde antwortete er, Gross würde die Spieler starkreden.
Soll das im Umkehrschluss bedeuten, Markus Babbel hat jedem täglich erzählt, dass er schlecht sei? Oder soll das bedeuten, dass einfach keiner mehr Babbel zugehört hat, ihn nicht mehr ernst genommen hat weil eh jeder damit gerechnet hat, dass er bald weg ist?
In der amerikanischen Politik nennt man einen aus dem Amt scheidenden Präsidenten "lame duck", lahme Ente. Weil er das Amt nur noch verwaltet und bitte keinen Nuklearkrieg mehr anfangen soll.
"lame duck" auf dem Trainerstuhl: Markus Babbel
Auch Babbel war spätestens nach dem Aus im Pokal gegen Fürth eine solche "lame duck", der bei jeder weiteren Niederlage aus seinem Amt scheiden konnte. Warum sollten sich die Spieler also noch großartig anstrengen, warum sollten sie noch auf ihn hören? Kommt doch eh bald ein Neuer! Daran ändern auch die Treuebekenntnisse des Vorstands nichts. Jüngstes Beispiel: Hannover!
Vor den Kameras wurde zwar gebetsmühlenartig wiederholt, dass der Trainer die Mannschaft noch erreiche, allein die Vorkommnisse auf dem Platz zeigten selbst dem Fussballunkundigen das Gegenteil.
Am Ende war Babbel die Mannschaft entglitten, weil sie ihm entgleiten wollte.
Die am Ende mangelnde Autorität der "lame duck" wurde schonungslos ausgenutzt. In gewisser Weise zeigten sich Paralellen zum Abgang von Jürgen Klinsmann beim FC Bayern ein Jahr zuvor. Auch dort spielte die Mannschaft wie sie wollte oder zumindest ohne die Vorgaben des Trainers umzusetzten (Ich will jetzt aber keine Klinsmanndiskussion lostreten!)
Aber kann man dabei immer nur vom Versagen eines Trainers sprechen?
Haben nicht vielmehr auch die Spieler eine nicht geringe Mitschuld (Betonung auf MITschuld) an einer solchen Entwicklung?
Zuhören oder an den nächsten Gehaltsscheck denken? Training beim VfB
Man darf nicht vergessen. Es handelt sich in der Regel um gestandene Profifussballer, die diesen Job nicht erst seit 2 Tagen ausüben. Die taktisch geschult sind und schon einige Spiele auf dem Buckel haben. Die große Siege und bittere Niederlagen erlebt haben.
Die im Fokus der Öffentlichkeit stehen und die oft zitierten Millionen verdienen.
Natürlich braucht es einen Trainer, der die taktische Marschroute vorgibt.
Aber bedeutet das im Umkehrschluss, dass die Spieler nicht zu eigenem Denken fähig sind? Dass die Spieler immer eine harte Hand brauchen, die sie führt weil sie sonst sofort vogelwild und unkontrollierbar werden?
Markus Babbel war gerade einmal knapp ein Jahr im Amt.
Arbeitet eine Mannschaft nur darauf hin, die Schwachstellen eines Übungsleiters zu finden und diese dann konsequent auszunutzen?
Wenn man all diese Punkte bejaht, dann spricht man in der Kriminologie von einer erhöhten kriminellen Gefährdung, das nur am Rand.
Was soll man also von einer Mannschaft halten, die es geschafft hat, in gerade einem Jahr einen vielversprechenden jungen Trainer zu demontieren?
Kann man bei einer solchen Mannschaft, von der selbst die sportliche Führung sagt, sie habe den Trainer im Stich gelassen wirklich von Charakter sprechen? Dass sie Charakter gezeigt habe, wenn sie ein Spiel gewinnt, nur 2 Tage nach einem Trainerwechsel?
Ich möchte hier weder etwas pauschalisieren oder polemisieren (ich weiß, das gelingt vielleicht nicht IMMER ganz), aber für meine Begriffe wäre es ein Zeichen von Charakterstärke gewesen, wenn die Mannschaft das abgerufen hätte, was sie kann und zu was sie in der Lage wäre.
Dass sie auch in Eigenregie das Ruder herumreißt.
Dass sie einfach den Kopf hebt und...ja...Charakter zeigt!
Doch vielmehr hat die Mannschaft bewiesen, dass sie wohl wirklich jemanden braucht, der die totale Kontrolle ausübt und der eher ein "Klima der Angst" verbreitet als eine flache Hierarchie zu pflegen.
Dass sie nicht selbst zu einer Einheit werden kann, sondern vielmehr zu solch einer gemacht werden muss und dieser Druck aufrecht erhalten werden muss.
Oder schlicht, dass ein harter Trainer her muss.
Wie Christian Gross
Kann in 4 Sprachen hart sein: Christian Gross
Der Gegenentwurf zu Markus Babbel.
Der spricht ja auch 4 Sprachen, weiß die Bild.
Vielleicht hätte Babbel ja einfach 3 Sprachen lernen müssen anstatt den Trainerschein zu machen.
Aber Gross haben sie jetzt.
Und sie haben gewonnen.
Aber das ist kein Zeichen für Charakter.
Im Gegenteil.
Es ist eher ein Zeichen für Schwäche.
Die Schwäche, alles bis ins Detail vorgekaut zu bekommen.
Ich für meinen Teil werde mich auch weiterhin freuen, wenn der VfB gewinnt.
Ich hoffe auf eine ähnliche Rückrunde wie letztes Jahr.
Und ich hoffe darauf, einen VfB zu sehen, der den Gegner in Grund und Boden spielt.
Aber Charakter kann und werde ich der Mannschaft dafür nicht attestieren.
Denn den hat sie nicht bewiesen.
Umso beeindruckender wenn man dann noch anschaut, wie die Spiele gewonnen wurden. Denn es waren mitnichten reine Duselsiege, sondern es wurde streckenweise richtig guter Fussball gespielt. Und das auch noch von Leuten wie Hilbert, Gebhart, Pogrebnyak, Marica, kurz, von Leuten, die in der Hinrunde noch zu den absoluten Flops gehörten. OK, Marica gehörte da jetzt zweieinhalb Jahre hin, aber geschenkt.
Und all dies wird mit dem Allheilmittel im Profifussball begründet, mit dem guten, alten Trainerwechsel.
Weg vom Kumpeltyp Markus Babbel, hin zum harten Hund Christian Gross. Weg vom Du, hin zum Sie. Dann noch flugs ein paar Sonderrechte gestrichen (gell Jens?) und schon rutschts!
So einfach ist das!
Und schon versteigen sich die Verantwortlichen in Superlative wie zu besten Meisterzeiten. Die Mannschaft sei eine Einheit, sie habe Charakter gezeigt! Und überhaupt sei alles bestens!
Ach, echt?
Ich möchte nicht bestreiten, dass ein Trainerwechsel durchaus alte Blockaden lösen kann, weil eben ein frischer Wind weht. Ist nunmal so. Hat sich schon oft genug bewahrheitet.
Aber hier waren es gerade einmal 48(!) Stunden, in denen die Mannschaft gefühlt komplett ausgetauscht wurde!
48 Stunden!
Solange braucht ein Brief von Hamburg nach München oder Zement zum trocknen!
Nach nur 48 Stunden war das Gewürge der gesamten Hinrunde vergessen, wurde Zauberfussball gespielt und der Schuldige war gefunden.
Babbel hat die Mannschaft verunsichert, Babbel hat zu wenig geredet, Babbel hat zu viel geredet und so weiter.
Aber ist das Wirklich schon alles?
Ein Satz, den Timo Gebhart ausgesprochen hat lässt tief blicken.
Auf die Frage, was Christian Gross besser machen würde antwortete er, Gross würde die Spieler starkreden.
Soll das im Umkehrschluss bedeuten, Markus Babbel hat jedem täglich erzählt, dass er schlecht sei? Oder soll das bedeuten, dass einfach keiner mehr Babbel zugehört hat, ihn nicht mehr ernst genommen hat weil eh jeder damit gerechnet hat, dass er bald weg ist?
In der amerikanischen Politik nennt man einen aus dem Amt scheidenden Präsidenten "lame duck", lahme Ente. Weil er das Amt nur noch verwaltet und bitte keinen Nuklearkrieg mehr anfangen soll.
"lame duck" auf dem Trainerstuhl: Markus Babbel
Auch Babbel war spätestens nach dem Aus im Pokal gegen Fürth eine solche "lame duck", der bei jeder weiteren Niederlage aus seinem Amt scheiden konnte. Warum sollten sich die Spieler also noch großartig anstrengen, warum sollten sie noch auf ihn hören? Kommt doch eh bald ein Neuer! Daran ändern auch die Treuebekenntnisse des Vorstands nichts. Jüngstes Beispiel: Hannover!
Vor den Kameras wurde zwar gebetsmühlenartig wiederholt, dass der Trainer die Mannschaft noch erreiche, allein die Vorkommnisse auf dem Platz zeigten selbst dem Fussballunkundigen das Gegenteil.
Am Ende war Babbel die Mannschaft entglitten, weil sie ihm entgleiten wollte.
Die am Ende mangelnde Autorität der "lame duck" wurde schonungslos ausgenutzt. In gewisser Weise zeigten sich Paralellen zum Abgang von Jürgen Klinsmann beim FC Bayern ein Jahr zuvor. Auch dort spielte die Mannschaft wie sie wollte oder zumindest ohne die Vorgaben des Trainers umzusetzten (Ich will jetzt aber keine Klinsmanndiskussion lostreten!)
Aber kann man dabei immer nur vom Versagen eines Trainers sprechen?
Haben nicht vielmehr auch die Spieler eine nicht geringe Mitschuld (Betonung auf MITschuld) an einer solchen Entwicklung?
Zuhören oder an den nächsten Gehaltsscheck denken? Training beim VfB
Man darf nicht vergessen. Es handelt sich in der Regel um gestandene Profifussballer, die diesen Job nicht erst seit 2 Tagen ausüben. Die taktisch geschult sind und schon einige Spiele auf dem Buckel haben. Die große Siege und bittere Niederlagen erlebt haben.
Die im Fokus der Öffentlichkeit stehen und die oft zitierten Millionen verdienen.
Natürlich braucht es einen Trainer, der die taktische Marschroute vorgibt.
Aber bedeutet das im Umkehrschluss, dass die Spieler nicht zu eigenem Denken fähig sind? Dass die Spieler immer eine harte Hand brauchen, die sie führt weil sie sonst sofort vogelwild und unkontrollierbar werden?
Markus Babbel war gerade einmal knapp ein Jahr im Amt.
Arbeitet eine Mannschaft nur darauf hin, die Schwachstellen eines Übungsleiters zu finden und diese dann konsequent auszunutzen?
Wenn man all diese Punkte bejaht, dann spricht man in der Kriminologie von einer erhöhten kriminellen Gefährdung, das nur am Rand.
Was soll man also von einer Mannschaft halten, die es geschafft hat, in gerade einem Jahr einen vielversprechenden jungen Trainer zu demontieren?
Kann man bei einer solchen Mannschaft, von der selbst die sportliche Führung sagt, sie habe den Trainer im Stich gelassen wirklich von Charakter sprechen? Dass sie Charakter gezeigt habe, wenn sie ein Spiel gewinnt, nur 2 Tage nach einem Trainerwechsel?
Ich möchte hier weder etwas pauschalisieren oder polemisieren (ich weiß, das gelingt vielleicht nicht IMMER ganz), aber für meine Begriffe wäre es ein Zeichen von Charakterstärke gewesen, wenn die Mannschaft das abgerufen hätte, was sie kann und zu was sie in der Lage wäre.
Dass sie auch in Eigenregie das Ruder herumreißt.
Dass sie einfach den Kopf hebt und...ja...Charakter zeigt!
Doch vielmehr hat die Mannschaft bewiesen, dass sie wohl wirklich jemanden braucht, der die totale Kontrolle ausübt und der eher ein "Klima der Angst" verbreitet als eine flache Hierarchie zu pflegen.
Dass sie nicht selbst zu einer Einheit werden kann, sondern vielmehr zu solch einer gemacht werden muss und dieser Druck aufrecht erhalten werden muss.
Oder schlicht, dass ein harter Trainer her muss.
Wie Christian Gross
Kann in 4 Sprachen hart sein: Christian Gross
Der Gegenentwurf zu Markus Babbel.
Der spricht ja auch 4 Sprachen, weiß die Bild.
Vielleicht hätte Babbel ja einfach 3 Sprachen lernen müssen anstatt den Trainerschein zu machen.
Aber Gross haben sie jetzt.
Und sie haben gewonnen.
Aber das ist kein Zeichen für Charakter.
Im Gegenteil.
Es ist eher ein Zeichen für Schwäche.
Die Schwäche, alles bis ins Detail vorgekaut zu bekommen.
Ich für meinen Teil werde mich auch weiterhin freuen, wenn der VfB gewinnt.
Ich hoffe auf eine ähnliche Rückrunde wie letztes Jahr.
Und ich hoffe darauf, einen VfB zu sehen, der den Gegner in Grund und Boden spielt.
Aber Charakter kann und werde ich der Mannschaft dafür nicht attestieren.
Denn den hat sie nicht bewiesen.
Aufrufe: 6829 | Kommentare: 31 | Bewertungen: 32 | Erstellt:25.01.2010
ø 9.1
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