18.07.2012 um 21:25 Uhr
Geschrieben von vanGaalsNase
Coerver-Methode
Während es früher herrschende Meinung war, dass die technischen Fertigkeiten eines Spielers angeboren wären, weiß man heute, dass es eine Sache der Übung und des Trainings ist, wie gut sich ein Spieler im Zweikampf durchsetzen, dribbeln und Pässe spielen kann. Als grundlegendes Vorbild für das Training dieser Tech-niken gilt im Allgemeinen die Coerver-Methode. Sie zielt auf eine permanente Ball-arbeit ab, sodass die Spieler, vor allem in der Jugend, eine von vorne herein richtige Ausbildung am Ball erfahren. Die Coerver-Methode wurde Ende der 1970er Jahre vom Niederländer Wiel Coerver entwickelt. Bei der stetigen Entwicklung dieser Methode, entstand die sechsstufige Coerver-Pyramide, deren Kernbereich das Eins-gegen-eins bildet.
Jeder Baustein der Pyramide kombiniert zahlreiche Spiel- und Trainingsübungen für alle Altersklassen. Ballbeherrschung ist der wesentliche Bestandteil jeder Spielerentwicklung und wird zum Grund-baustein für ein Fortschreiten durch die Pyramide. Der Lehrplan sieht vor, dass die Pyramide wie eine Leiter funktioniert, in der man ein Level meistern muss, be-vor man mit dem nächsten beginnt. Jeder Schritt muss in den nächsten eingebaut werden können, indem die Techniken in jedem Level anspruchsvoller werden, wo-durch die Weiterentwicklung der Spieler erreicht wird. An der Spitze stehen die Gruppenspiele, die eine Beherrschung sämtlicher Grundtechniken (Pass, Dribbling, Zweikampf) voraussetzen:
1. Ballbeherrschung:
Dies sind Übungen bei denen jeder Spieler mit einem Ball trainiert. Dieser Aspekt, sowie viele Wiederholungen und die Verwendung beider Füße, garantieren eine hohe Anzahl an Ballkontakten und führen somit zu einer Verbesserung der Grund-techniken.
Bsp.: Jonglieren, Dribbelübungen
2. Ballannahme und Passspiel:
Übungen zur Verbesserung der Passstechniken, der Bewegung ohne Ball, sowie der ersten Ballberührung; dem sogenannten "First Touch". Dieser ist auf jedem Niveau entscheidend, um sich schon zu Beginn der Ballannahme einen taktischen Vorteil zu verschaffen.
Bsp.: Passfolgen, Positionsspielformen
3. Eins-gegen-eins:
Übungen und Spiele, die Bewegungsabläufe zum erfolgreichen Führen eines Zwei-kampfs lehren. Mit dem Eins-gegen-eins ist nicht das Dribbling gemeint. Stattdessen soll sich im Zweikampf für einen Schuss, Lauf oder Pass freigespielt werden. Das Ziel ist also das Erspielen einer fortführenden Aktion unter direktem Gegnerdruck.
4. Schnelligkeit:
Übungen und Spiele zur Verbesserung des Antritts und der Schnelligkeit mit und ohne Ball, sowie Veränderungen der Geschwindigkeit und schnelle Richtungs-wechsel. In direkten Zweikämpfen und Dribblings ist es von Vorteil, den Ball in hohem Tempo führen zu können und ihn mittels schnellen Bewegungen zu be-haupten oder ihn am Gegner vorbeizubringen. Als defensiver Part in einem Zwei-kampf ist die geistige Aufmerksamkeit und schnelles Denken erforderlich, um adäquat auf den Ballführer reagieren zu können.
Bsp.: Passjäger: Es werden zwei Linien im Abstand von etwa 15m markiert. Die Spieler passen sich zwischen diesen Linien einen Ball zu. Nach bis zu fünf Ball-wechseln lässt einer der beiden den Ball durchlaufen. Der andere Spieler muss starten, um seinen eigenen Pass vor der Linie zu stoppen.
5. Abschluss:
Übungen und Spiele, die Schusstechniken lehren und das "instinktive" Spiel ver-bessern. Je mehr Spieler einer Mannschaft in der Lage sind, Tore zu erzielen, desto schwerer kann der Gegner verteidigen.
6. Gruppenspiel:
Übungen und Spiele, die das Kombinationsspiel in kleinen Gruppen, sowie das Zweikampfverhalten unter Wettkampfbedingungen verbessern.
Bsp.: Positionsspielformen, allgemeine Spielformen in engen Räumen (Formen für die Defensive, Formen für die Offensive, Zonenspiele)
Coaching
In sämtlichen Übungen sollen die Trainer auf die korrekte Ausführung der tech-nischen Handlungen achten und entsprechend coachen. Schleichen sich bereits in den Grundlagen Fehler bei den Spielern ein, wird es schwer, diese abzustellen. Bei leichteren Fehlern, reichen kurze Anweisungen, ohne dass die Einheit unterbrochen werden muss. Kommt es jedoch zu schwerwiegenden Fehlern, muss die jeweilige Situation "eingefroren" werden, um den Spielern genau zeigen zu können, wo der oder die Fehler gemacht wurden und wie man es hätte besser machen können.
Auch bei korrekt ausgeführten Handlungen kann eine Situation eingefroren werden, um den Spielern zu zeigen, dass sie richtig spielen. Denn nicht nur aus Fehlern soll und kann man lernen, sondern auch aus Erfolgen.
Verbindung mit anderen Trainingsmodellen
Das van Gaal’sche Trainingsmodell, sowie die differenzielle Lernmethode (diff. LM) haben eine enge Verflechtung und bauen auf einer intensiven technisch-taktischen Schulung auf. Denn die taktischen Umsetzungen einer Mannschaft bei eigenem Ballbesitz sind direkt von den technischen Fertigkeiten der Spieler abhängig. Diese technischen Aspekte der diff. LM, sowie dem Ausbildungsmodell nach van Gaal macht die Coerver-Methode zum Kern. Aus diesem Grund sollen diese drei Modelle stets im Kontext betrachtet werden.
Kritik
In einem durchschnittlichen Fußballspiel auf Profiebene kommt es zu etwa 400-500 Pässen, während circa 150-200 Zweikämpfe geführt werden. Es wird deutlich, dass diese beiden Elemente die vorherrschenden im Fußball sind, wobei der Pass das am häufigsten vorkommende Mittel ist. Ferner beugt der Pass dem Zweikampf sogar vor, was den Einfluss von Zufall verringert. Aus dieser Betrachtung muss der Fokus der Coerver-Methode auf den Zweikampf relativiert und die Bedeutung des Pass-spiels erhöht werden.
Ein anderer Kritikpunkt ist der strenge Aufbau der Coerver-Pyramide, nach welchem zunächst die Grundtechniken gemeistert werden sollen, bevor es an die Gruppen-spiele geht. Nach der diff. LM werden ebenjene Techniken durch die Spielformen vermittelt, was auch als nutzbringend erwiesen ist. Das strenge Stufenmodell der Coerver-Methode sollte entsprechend aufgeweicht werden. Auch das explizite Einwirken des Trainers auf technische "Fehler" ist überholt.
1. Ballbeherrschung:
Dies sind Übungen bei denen jeder Spieler mit einem Ball trainiert. Dieser Aspekt, sowie viele Wiederholungen und die Verwendung beider Füße, garantieren eine hohe Anzahl an Ballkontakten und führen somit zu einer Verbesserung der Grund-techniken.
Bsp.: Jonglieren, Dribbelübungen
2. Ballannahme und Passspiel:
Übungen zur Verbesserung der Passstechniken, der Bewegung ohne Ball, sowie der ersten Ballberührung; dem sogenannten "First Touch". Dieser ist auf jedem Niveau entscheidend, um sich schon zu Beginn der Ballannahme einen taktischen Vorteil zu verschaffen.
Bsp.: Passfolgen, Positionsspielformen
3. Eins-gegen-eins:
Übungen und Spiele, die Bewegungsabläufe zum erfolgreichen Führen eines Zwei-kampfs lehren. Mit dem Eins-gegen-eins ist nicht das Dribbling gemeint. Stattdessen soll sich im Zweikampf für einen Schuss, Lauf oder Pass freigespielt werden. Das Ziel ist also das Erspielen einer fortführenden Aktion unter direktem Gegnerdruck.
4. Schnelligkeit:
Übungen und Spiele zur Verbesserung des Antritts und der Schnelligkeit mit und ohne Ball, sowie Veränderungen der Geschwindigkeit und schnelle Richtungs-wechsel. In direkten Zweikämpfen und Dribblings ist es von Vorteil, den Ball in hohem Tempo führen zu können und ihn mittels schnellen Bewegungen zu be-haupten oder ihn am Gegner vorbeizubringen. Als defensiver Part in einem Zwei-kampf ist die geistige Aufmerksamkeit und schnelles Denken erforderlich, um adäquat auf den Ballführer reagieren zu können.
Bsp.: Passjäger: Es werden zwei Linien im Abstand von etwa 15m markiert. Die Spieler passen sich zwischen diesen Linien einen Ball zu. Nach bis zu fünf Ball-wechseln lässt einer der beiden den Ball durchlaufen. Der andere Spieler muss starten, um seinen eigenen Pass vor der Linie zu stoppen.
5. Abschluss:
Übungen und Spiele, die Schusstechniken lehren und das "instinktive" Spiel ver-bessern. Je mehr Spieler einer Mannschaft in der Lage sind, Tore zu erzielen, desto schwerer kann der Gegner verteidigen.
6. Gruppenspiel:
Übungen und Spiele, die das Kombinationsspiel in kleinen Gruppen, sowie das Zweikampfverhalten unter Wettkampfbedingungen verbessern.
Bsp.: Positionsspielformen, allgemeine Spielformen in engen Räumen (Formen für die Defensive, Formen für die Offensive, Zonenspiele)
Coaching
In sämtlichen Übungen sollen die Trainer auf die korrekte Ausführung der tech-nischen Handlungen achten und entsprechend coachen. Schleichen sich bereits in den Grundlagen Fehler bei den Spielern ein, wird es schwer, diese abzustellen. Bei leichteren Fehlern, reichen kurze Anweisungen, ohne dass die Einheit unterbrochen werden muss. Kommt es jedoch zu schwerwiegenden Fehlern, muss die jeweilige Situation "eingefroren" werden, um den Spielern genau zeigen zu können, wo der oder die Fehler gemacht wurden und wie man es hätte besser machen können.
Auch bei korrekt ausgeführten Handlungen kann eine Situation eingefroren werden, um den Spielern zu zeigen, dass sie richtig spielen. Denn nicht nur aus Fehlern soll und kann man lernen, sondern auch aus Erfolgen.
Verbindung mit anderen Trainingsmodellen
Das van Gaal’sche Trainingsmodell, sowie die differenzielle Lernmethode (diff. LM) haben eine enge Verflechtung und bauen auf einer intensiven technisch-taktischen Schulung auf. Denn die taktischen Umsetzungen einer Mannschaft bei eigenem Ballbesitz sind direkt von den technischen Fertigkeiten der Spieler abhängig. Diese technischen Aspekte der diff. LM, sowie dem Ausbildungsmodell nach van Gaal macht die Coerver-Methode zum Kern. Aus diesem Grund sollen diese drei Modelle stets im Kontext betrachtet werden.
Kritik
In einem durchschnittlichen Fußballspiel auf Profiebene kommt es zu etwa 400-500 Pässen, während circa 150-200 Zweikämpfe geführt werden. Es wird deutlich, dass diese beiden Elemente die vorherrschenden im Fußball sind, wobei der Pass das am häufigsten vorkommende Mittel ist. Ferner beugt der Pass dem Zweikampf sogar vor, was den Einfluss von Zufall verringert. Aus dieser Betrachtung muss der Fokus der Coerver-Methode auf den Zweikampf relativiert und die Bedeutung des Pass-spiels erhöht werden.
Ein anderer Kritikpunkt ist der strenge Aufbau der Coerver-Pyramide, nach welchem zunächst die Grundtechniken gemeistert werden sollen, bevor es an die Gruppen-spiele geht. Nach der diff. LM werden ebenjene Techniken durch die Spielformen vermittelt, was auch als nutzbringend erwiesen ist. Das strenge Stufenmodell der Coerver-Methode sollte entsprechend aufgeweicht werden. Auch das explizite Einwirken des Trainers auf technische "Fehler" ist überholt.
Aufrufe: 25114 | Kommentare: 11 | Bewertungen: 10 | Erstellt:18.07.2012
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Allerdings darf sich die Coerver-Methode nicht den neuen Erkenntnissen der Sport- und Trainingswissenschaften verschließen. Einige Aspekte, wie der zu starke Fokus auf der Zweikampfführung, die strikte Trennung der einzelnen Stufen, sowie das direkte und explizite Korrigieren von "Bewegungsfehlern" in der technischen Ausführung sind seit geraumer Zeit überholt. Es bedarf hier einiger Modifikationen, die aber nicht darüber hinwegtäuschen sollen oder können, dass der Fußball der Coerver-Methode viel zu verdanken hat.