Du hast also eigene Regeln?

Wenn man seine eigenen Ansprüche ans Hoppen Regeln nennen will, sind meine die folgenden. Ein in irgendeiner Art offiziell gelagerter Kick im Männerbereich sei es Punktspiel, Pokalspiel oder auch ein offiziell angekündigtes Saisonvorbereitungsspiel. Wenn möglich sollte das Ziel immer sein, 90 Minuten zu sehen, wobei ich da nicht päpstlicher bin als der Papst selber. Wegen 5 Minuten zu spät kommen, weil Stau war oder so, würde ich mir nie den Groundpunkt verwehren.

Im Gegenzug fällt zur Halbzeit abhauen, um noch einen weiteren Ground zu machen vollkommen aus. Liechtenstein hab ich ganz bewusst mit einem Spiel um den Liechtensteiner Pokal gemacht und noch mal mit einem Länderspiel Liechtensteins bestätigt. Hier wäre für mich kein Spiel der Schweizer Ligen, in der ja die höherklassigen Liechtensteiner Klubs spielen, in Frage gekommen.
Für die Aufnahme in die oben angesprochene VDGD gab es meines Wissens nach früher Regeln, unter anderem brauchte man ein Mitglied als seinen Fürsprecher und sollte seine Spielbesuche mit Foto, Eintrittskarte oder Ähnlichem nachweisen können.

Mit einem Schmunzeln muss ich an die ausgerufenen ­Hopperkategorien denken. So konnte man durch den Besuch ausreichend vieler Stadien in den Ligen bestimmter Regionen, Titel wie „Alpen-Hoppper", „Benelux-Hoppper" oder „Balkan-Hoppper" erlangen.

Kurzum, der eine hoppt so, der andere so und das find ich auch gut so. Diesem auf maximale Freiheit und Individualität angelegten Hobby allgemeingültige Regeln überzustülpen, kann meiner Meinung nach nur scheitern.

Was sind deine schönsten Erlebnisse die du beim Groundhoppen erlebt hast?

Neben der Frage nach dem schönsten Stadion, welches man gesehen hat, eine der schwierigsten. Nach über 15 Jahren rumreisen, mehr als 2000 Spielen in 600 Grounds in 53 Ländern (und damit bin ich ein ganz kleines Licht und es gäbe sicher deutlich kompetentere Interview-Partner zu diesem Thema) würde ich vielen lange zurückliegenden Erinnerungen unrecht tun, sie hinter neueren, präsenteren einzuordnen. Aufgrund der Tatsache, dass es die erste richtig große Fußballreise war, dazu noch mit einer absolut genialen Crew, im Mutterland des Fußballs und mit dem EM-Titel gekrönt, bleibt England 1996 sicher immer ganz weit vorn. Aber auch der Asiencup 2007, der in den vier Ländern Vietnam, Thailand, Malaysia und Indonesien stattfand, spielt ganz vorne in mit in der Liga der schönsten Erlebnisse. Mit dem Rucksack durch Vietnam, auf dem Moped durch Thailand, einige Tage in meiner Lieblingsstadt Kuala Lumpur und dann mit Minibussen durch den „Urwald" von Indonesien, war schon ziemlich außergewöhnlich.


Hier ein Ground während der Asien-Tour in Bangkok

Die Reise im Rahmen der WM 2010 durch Südafrika war ebenfalls der Hammer und wird mir immer in Gedanken bleiben und Stoff für die eine oder andere Geschichte liefern. Auch da wurden alle 10 Spielorte besucht und bis auf einen Inlandsflug wurde das ganze Land in einem 1er Golf bereist. Für mich das erste mal überhaupt Afrika, für den Weltfußball das erste mal ein großes Turnier auf afrikanischen Boden und was das für die Menschen da unten bedeutete, kann mal als wohlbehütet aufgewachsener Europäer wohl nur sehr schwer nachvollziehen bzw. einschätzen. Auf jeden Fall war das von der Gesamtstimmung in der Bevölkerung her, ein absolut umwerfendes Erlebnis. Selbst wahrlich kein Shakira – Fan, konnte man sich da unten aber kaum dem „Waka Waka" – Fieber entziehen und den Moment des 2:0 für Südafrika gegen Frankreich und der sich damit öffnenden Chance zum Einzug ins Viertelfinale, werde ich – so ich von den neuen In-Krankheiten Alzheimer & Co. verschont bleibe – auch nie wieder vergessen. Das ganze Stadion und wahrscheinlich das ganze Land war am Tanzen, Singen, Schreien, Weinen und Hoffen – Hammer.

Wie finanziert man dies aufwendige Hobby?

Wie „man" das macht, weiß ich nicht! Ich gehe einer sehr interessanten und gut bezahlten Arbeit nach und stecke in der Tat den größten Teil in die Reisen. Während viele in meinem Alter schon in eigenen Häusern wohnen und Familien ernähren, will von mir nur die Mietswohnung bezahlt werden. Aber unter den „richtigen" Hoppern gibt es ne Menge Lebenskünstler. Für deren intensive Auslebung des Hobbys könnte ich nie und nimmer das Geld aufbringen, bin ich (leider) aus dem Alter raus, ständig mit Wochenend-Ticket zu fahren, in Hostels oder fremden Couches zu schlafen und Supermarkt-Food zu essen.

Gab es schon mal unangenehme Erfahrungen während deiner Reisen.

Sollte die Frage auf das Thema körperliche Gewalt oder Raub abzielen, kann ich glücklicherweise mit Nein antworten. Bis auf ein paar Schuhe, die mir mal auf nem Zeltplatz in Prag entwendet wurden, hab ich alles wieder mit nach Hause gebracht. Und über Pöbeleien und Rumgeschubbse ging es bisher auch noch nicht hinaus. Da waren die ersten Jahre meiner Auswärtsfahrer – Karriere in der zu Ende gehenden DDR und der Umbruchzeit des frühen geeinten Deutschlands deutlich „aufregender".

Für welchen Verein hegst du Sympathien, wenn du in Deutschland die Stadien besuchst?

Kurz und knapp für meinen RWE, seines Zeichens übrigens immer noch letzter Teilnehmer der ehemaligen DDR am UEFA-Cup.

Kurz und knapp Uwe, vielen - vielen Dank, dass du uns, an deinen Geschichten, hast teilnehmen lassen. Ich mag solche Geschichten und ein bisschen neidisch kann man da schon werden. Alles Gute für dich und auf viele weitere Grounds.


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