10.01.2011 um 17:29 Uhr
Geschrieben von Taktiker
Das Mittel der Außenseiter (2)
Fortsetzung von Teil 1.
Für den Profibereich besitzt das Abwehrpressing auf Außen jedoch zu viele Nachteile. Bundestrainer Joachim Löw sagte zur Frage, ob man den Gegner nach außen oder innen lenken soll: "Du kannst den Ball zwar außen einfacher gewinnen, aber zentral hat man mehr Gestaltungsmöglichkeiten"
Zwar sind Ballgewinne auf den Außenbahnen wahrscheinlicher, die Qualität des Ballbesitzes ist jedoch geringer. Viele Bälle werden auf den Außenbahnen durch Ausbälle oder fehlgeschlagene Steilpässe gewonnen, selten kann der Ball im Spiel gehalten werden. Gerade im Amateurbereich sind Ballgewinne aus dem Spiel heraus mit dieser Spielweise selten und auch im Profibereich ist die Qualität der Ballgewinne vergleichsweise gering.
Wesentlich effektiver ist da das Abwehrpressing in der Zentrale, welches im folgenden etwas näher erläutert wird.
Nationalmannschaft als Vorreiter
Man mag es kaum glauben, aber die Nationalmannschaft entwickelte sich unter Löw zu einem Vorreiter in Sachen Ballgewinnen und Konterangriffen im Zentrum. Es ist dabei zunächst einmal unerheblich, ob in der Nationalmannschaft überwiegend Abwehr- oder Mittelfeldpressing gespielt wird. Wichtig ist nur, dass viele Spieler entgegen der Spielweise im Verein den Gegner nach innen lenkten, zu den herausragenden Zweikämpfern Mertesacker, Friedrich und Ballack.
Allerdings soll beim Abwehrpressing nicht in der Mittelfeldzentrale Endstation sein, sondern in der Abwehrzentrale, unterstützt, von den defensiven Mittelfeldspielern. Wie so eine typische Trichteranordnung aussehen kann, kann man in den folgenden Grafiken erkennen.
Wird nun der gewünschte Pass in die vermeintliche Schwachstelle der grünen Mannschaft gespielt, muss diese schnell und effektiv den Empfänger des Passes attackieren und ihm keine Möglichkeiten zur Spielfortsetzung offen lassen.
Die ideale Ausführung des Abwehrpressings zeigte Chelsea London im Champions-League-Halbfinale 2009 gegen die technisch wohl beste Mannschaft der Welt aus Barcelona. Diese spielten relativ unbehelligt in der Mittelfeldzone, sobald sie jedoch weiter nach vorne spielen wollten, wurden sie von mehreren Gegenspielern sofort gestellt. Häufige Ballverluste und blitzschnelle Konter waren die Folge, lediglich der umstrittene Schiedsrichter verhinderte ein Weiterkommen Chelseas.
Zusammenfassung
Das Abwehrpressing ist die defensivste Form des Pressings. Es wird vor allem gegen stärkere Gegner angewandt, dabei werden die gefährlichen Zonen vor dem eigenen Tor geschützt. Ein Vordringen des Gegners soll mit aller Macht verhindert werden. Abwehrpressing ist eigentlich nur im Zusammenspiel mit Konterfußball sinnvoll, da das gesamte System auf Ballgewinne in den mittleren Zonen ausgelegt ist. Zwar gibt es auch die Möglichkeit den Gegner nach außen zu leiten, jedoch ist dies mit der Kombination des Konterfußballs wenig sinnvoll, und dafür keine attraktive Strategie für einen Außenseiter.
Lenkt man jedoch das Spiel des Gegners in die Feldmitte, kann man den Ballführenden von allen Seiten angehen, wesentlich mehr Ballgewinne aus dem Spiel heraus erzielen und direkte Gegenangriffe starten.
Gerade in England ist diese Form des Pressings sehr verbreitet, da sie gut mit dem dort angewandten Tempofußball vereinbar ist und den vielen Zweikämpfern des englischen Fußballs entgegen kommt.
Für den Profibereich besitzt das Abwehrpressing auf Außen jedoch zu viele Nachteile. Bundestrainer Joachim Löw sagte zur Frage, ob man den Gegner nach außen oder innen lenken soll: "Du kannst den Ball zwar außen einfacher gewinnen, aber zentral hat man mehr Gestaltungsmöglichkeiten"
Zwar sind Ballgewinne auf den Außenbahnen wahrscheinlicher, die Qualität des Ballbesitzes ist jedoch geringer. Viele Bälle werden auf den Außenbahnen durch Ausbälle oder fehlgeschlagene Steilpässe gewonnen, selten kann der Ball im Spiel gehalten werden. Gerade im Amateurbereich sind Ballgewinne aus dem Spiel heraus mit dieser Spielweise selten und auch im Profibereich ist die Qualität der Ballgewinne vergleichsweise gering.
Wesentlich effektiver ist da das Abwehrpressing in der Zentrale, welches im folgenden etwas näher erläutert wird.
Nationalmannschaft als Vorreiter
Man mag es kaum glauben, aber die Nationalmannschaft entwickelte sich unter Löw zu einem Vorreiter in Sachen Ballgewinnen und Konterangriffen im Zentrum. Es ist dabei zunächst einmal unerheblich, ob in der Nationalmannschaft überwiegend Abwehr- oder Mittelfeldpressing gespielt wird. Wichtig ist nur, dass viele Spieler entgegen der Spielweise im Verein den Gegner nach innen lenkten, zu den herausragenden Zweikämpfern Mertesacker, Friedrich und Ballack.
Allerdings soll beim Abwehrpressing nicht in der Mittelfeldzentrale Endstation sein, sondern in der Abwehrzentrale, unterstützt, von den defensiven Mittelfeldspielern. Wie so eine typische Trichteranordnung aussehen kann, kann man in den folgenden Grafiken erkennen.
Wird nun der gewünschte Pass in die vermeintliche Schwachstelle der grünen Mannschaft gespielt, muss diese schnell und effektiv den Empfänger des Passes attackieren und ihm keine Möglichkeiten zur Spielfortsetzung offen lassen.
Die ideale Ausführung des Abwehrpressings zeigte Chelsea London im Champions-League-Halbfinale 2009 gegen die technisch wohl beste Mannschaft der Welt aus Barcelona. Diese spielten relativ unbehelligt in der Mittelfeldzone, sobald sie jedoch weiter nach vorne spielen wollten, wurden sie von mehreren Gegenspielern sofort gestellt. Häufige Ballverluste und blitzschnelle Konter waren die Folge, lediglich der umstrittene Schiedsrichter verhinderte ein Weiterkommen Chelseas.
Zusammenfassung
Das Abwehrpressing ist die defensivste Form des Pressings. Es wird vor allem gegen stärkere Gegner angewandt, dabei werden die gefährlichen Zonen vor dem eigenen Tor geschützt. Ein Vordringen des Gegners soll mit aller Macht verhindert werden. Abwehrpressing ist eigentlich nur im Zusammenspiel mit Konterfußball sinnvoll, da das gesamte System auf Ballgewinne in den mittleren Zonen ausgelegt ist. Zwar gibt es auch die Möglichkeit den Gegner nach außen zu leiten, jedoch ist dies mit der Kombination des Konterfußballs wenig sinnvoll, und dafür keine attraktive Strategie für einen Außenseiter.
Lenkt man jedoch das Spiel des Gegners in die Feldmitte, kann man den Ballführenden von allen Seiten angehen, wesentlich mehr Ballgewinne aus dem Spiel heraus erzielen und direkte Gegenangriffe starten.
Gerade in England ist diese Form des Pressings sehr verbreitet, da sie gut mit dem dort angewandten Tempofußball vereinbar ist und den vielen Zweikämpfern des englischen Fußballs entgegen kommt.
Aufrufe: 13177 | Kommentare: 33 | Bewertungen: 31 | Erstellt:10.01.2011
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KOMMENTARE
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12.01.2011 | 18:21 Uhr
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ALX :
wenn ich nochmal darueber denke hast du das schon in deinen formation blogs erklaert aber du bekommst noch ne spaeter dazu
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12.01.2011 | 17:57 Uhr
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Taktiker :
@alxOk, ich verstehe was du meinst. Gar keine schlechte Idee, muss natürlich auch einer schreiben die ganzen Positionen. Ich gucke mal, habe da noch einige coole Themen in der Hinterhand.
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12.01.2011 | 16:11 Uhr
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ALX :
taktiker ja so als spielchen damit auch die masse mitmacht du konntest dann die inviduellen aufgaben leichter erklaeren wenn du sie mit bekannten spielern verbindest.tub1905 ist es wirklich so das auf diesen crashkursen sowas wie pressing in drei kategorienen aufgeteilt wird?
und ich weis nicht ob das beispiel inter im cl finale das beste sein soll. bayern hat deutlich weniger vorstoesse gewagt hatte auch weniger mittel als barca gg. chelsea. in wie weit jetzt inter keine chance gelassen hat oder bayern weniger ideen hatte lasst sich schwer sagen. aber chelsea hat einen perfekt eingespielten und mit voller kraft barca team die stirn geboten und das war mal ein starkes beispiel.
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12.01.2011 | 14:59 Uhr
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Taktiker :
@La_PulgaJa stimmt, den Gegner dorthin zu lenken wo die Mitspieler sich aufhalten kenne ich auch. Das ist gerade im Amateurbereich gar nicht mal verkehrt. Aber letzten Endes ist das doch eher Inidivdualtaktik wie ich finde. Es ist etwas anderes, ob ich den Spielern sage sie sollen die Seite offen lassen wo die meisten Mitspieler stehen, oder ob ich die Anweisung gebe, Räume offen zu lassen damit man dort eine Überzahl erzeugt.
Spielt man nicht mit Abwehrpressing halte ich es für recht sinnvoll den Gegner zu den Mitspielern zu lenken, generell sollte es aber das Ziel einer ambitionierten Mannschaft sein, gerade den Raum vorm eigenen Tor ganz bewusst zu kontrollieren und den Gegner dorthin zu lenken, wo die größte Chance auf einen Ballbesitz besteht.
So sehe ich das.
@eijay
Ja da hast du recht, dass hat Inter im Finale hervorragend gespielt. Das Beispiel hätte man auch wählen können. Ob die Italiener das Abwehrpressing nicht hinbekommen kann ich nicht genau sagen, weil ich kaum Spiele intalienischer Mansnchaften schaue, allerdings habe ich eigentlich immer den Eindruck, dass die Italiener in der Defensivtaktik immer noch zu den besten Teams gehören. Gerade bei der WM 2006 hat sich doch gezeigt, wieviel man mit einer kompakten Defensive und schnellen Konterspielern erreichen kann, viele Ballgewinne haben sich dort auch zentral vor der Abwehr ereignet, ob es sich um Abwehrpressing handelte kann ich ehrlich gesagt nicht genau sagen.
@schnitzelberber
Ja da hast Du vielleicht recht, in den mittleren Amateurligen gibt es sicherlich viele Trainer, die in taktischen Belangen nicht allzu bewandert sind.
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12.01.2011 | 14:09 Uhr
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mrpink27 :
@eijay699Das liegt wohl auch daran, dass 80% der Mannschaften selten fünf oder mehr Pässe am Stück, ohne Fehlpass, spielen. Das ist irgendwie das Henne und Ei Problem. Ohne Spieler, die gute Pässe spielen und den Ball gut an- und mitnehmen, kann ich keine langen Passspiele aufziehen.
Ohne kopfballstarke Spieler kann ich selten Flanken für Kopfballtore verwerten usw. usw. Nur kann man den Spielern nicht so schnell Ballbesitzfußball beibringen wie Konterfußball. Vor allem wenn es an der zielgerichteten Ausbildung mangelt. Klar sind alle Profifußballer gute Fußballer, aber die spielen ja auch gegen gute Verteidigungen und nicht mehr gegen Schüler. Daher fällt der Konterfußball einigen / allen Mannschaften wohl etwas leichter als der Ballbesitz, das ist einfach ein anderer Druck.
Da viele Teams pauschal auf schnelle Gegenstöße setzen, werden aber auch selten mehr als 4 Pässe gespielt. Da kommt dann wieder Statistik ins Spiel. Wenn 85% der Angriffe weniger als vier Pässe umfassen, dann sind 80% der Tore nach weniger als 4 Pässen nicht mehr so überzeugend (Ich hab da keine Zahlen).
Dazu muss man zwischen Ball-halten in der Abwehr (ob das nun 2 oder 10 Pässe sind ist egal, weil sie keinen Angriff darstellen) und dem tatsächlichen Angriff unterscheiden (der dann oft tatsächlich wenige Pässe umfasst).
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12.01.2011 | 13:33 Uhr
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Ich denke kaum, dass mein Wissen ausreicht um als TRainer/Co-Trainer im oberen Seniorenbereich zu arbeiten (denn das meinst du doch, oder?).
So lange das Wort "Konzepttrainer" immernoch benutzt wird, gibt es wohl mehr als genug Trainer die dein taktisches Wissen nicht haben. Meines Erachtens sollte jeder Trainer ein klares Konzept und eine Spielvorstellung haben.
Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen das ein Winnie Schäfer von sowas ne Ahnung hat.... Aber Spieler heiß machen, das kann er.
Ein Fußballlehrer der in den Ersten 2 Lige zum Einsatz kommt sollte hier fit sein, aber bei einigen Trainern Oberliga abwärts bin ich mir da nicht sicher.
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12.01.2011 | 13:16 Uhr
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eijay699 : beispiel
das chelsea beispiel ist gut, aber noch besser inter mailand gegen den fcb im finale ;)
das abwehrpressing wird auch extrem oft von den italienern benutzt, die es aber nicht "hinbekomm" bzw. damit kläglich scheitern ...
das spiel in die mitte lenken ist relativ neu, sogar bei bayer04 wurde vor 5-6 jahren im amateur bereich dsa spiel nach aussen drängen praktiziert ! wie es aktuell aussieht weiss ich nicht ... aber der entscheidende punkt ist mE das stören bei der ballannahme und pressing im team ! wie oft habe ich schon gesehen das ein einzelner spieler wie ein köter dem ball hinterher rennt ohne erfolg und dafür auch noch gelobt wird :/
das a und o ist die mannschaft und deren geschlossenheit und harmonie !
und eine weitere interessante statistik ist dsa 80% aller tore unter 4 passspielen nach der balleroberung fallen. das muss im pressing und im system berücksichtigt werden ...
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11.01.2011 | 20:56 Uhr
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La_Pulga :
Edit: Noch kurz was zum nach "innen oder außen" pressen:So wie ich es mitbekomme, passiert das eher Situationsabhängig und nicht geplant, also im Amateurbereich. Um sowas einzustudieren, braucht es auch einfach mehr Zeit, die es in den unteren Klassen nunmal nicht gibt...
Die Faustregel lautet also, zumindest kenne ich das so: Lenke den Angriff dahin wo viele deiner Mitspieler stehen.
Soll heißen: Steht man organisiert mit 7 oder 8 Leuten hinter dem Ball und der Gegner kommt über links, sollte man ihn nach innen zu den Mitspielern treiben. Wenn das Zentrum aus irgendwelchen Gründen unterbesetzt sein sollte, immer nach außen lenken und dann dort pressen...
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Statistik
Bin noch nicht lange dabei und habe jetzt das erste mal was aus der Taktikecke gelesen. Ich bin wirklich sehr überzeugt und werde diesen Blog wohl in meine Stammlektüre mit aufnehmen.
Vor allem sehr gut, da man solche detailierten Taktikerklärungen nicht so oft zu Gesicht bekommt und von den größeren Sportseiten eigentlich eh nicht kennt.
Also persönliche Erfahrungen kann ich leider nicht einbringen, dazu bin ich zu früh aus dem aktiven Fußball ausgestiegen.
Aber sollten die anderen Arten des Pressings genauso super dargestellt werden, wird das eine wirklich super Serie über das meist nur oberflächlich erwähnte taktische Konzept des Pressings werden.