Oha, ein Jahresrückblick über die Geschehnisse auf Schalke. Das ist hart. Maximal ein Zweiteiler soll es werden, das ist noch härter. Ein so polarisierender Verein, der zudem noch ein Jahr voller Höhen und Tiefen durchlebt hat. Vizemeisterschaft, Absturz in der BuLi, souverän in der Königsklasse – und nun soll ich darauf zurückblicken. Wie ich mich kenne, würde ich hier seitenweise drauf lostippen und am Ende gar nicht wissen, wo ich das Kürzen anfangen soll.

Um diesem Dilemma zu entgehen, habe ich recherchiert. Über Wochen hinweg habe Kontakte nach Gelsenkirchen geknüpft, mir das Vertrauen einiger Insider erheuchelt und mit großzügigen Spenden die ein oder andere geschäftliche Beziehung "aufgefrischt". Im Gelsenkirchener Nachtleben habe ich mir einen Namen gemacht, wobei dieser natürlich nicht meinem wirklichen entspricht.

Doch die knallharte Recherche hat sich gelohnt, wie ich euch freudig berichten kann. Ich habe bekommen, was ich wollte und kann euch nun einen Rückblick auf das königsblaue Jahr geben, der gar nicht näher an den Geschehnissen vor Ort liegen kann, als der Folgende. Ich präsentiere euch aus absolute verlässlicher Quelle: Auszüge aus dem Tagebuch unseres Allmächtigen! Hier nun die insidermäßigsten Insiderinfos und ein Mann, den ihr aus dieser Perspektive noch nie gesehen habt. Und ab geht die wilde Fahrt durch die Gedankenwelt unseres Maestros!



Freitag, 1. Januar
Liebes Tagebuch,
ich bin wirklich hervorragend ins neue Jahr gerutscht! Um 23.55 Uhr habe ich das Medizinball-Straftraining mit der Mannschaft feierlich unterbrochen und die Trinkpause extra um 5 Minuten auf insgesamt 6 Minuten verlängert. Der Bernd Dreher hat das Torwarttraining im Anschluss mit Knallfröschen aufgepeppelt, um die Reflexe vom Neuer zu schulen. Und da sag nochmal einer, wir würden hier kein Spaß verstehen.

In der Mannschaftssitzung habe ich dann heute nochmal das vergangene halbe Jahr Revue passieren lassen. Wir sind Tabellenzweiter! Ich denke, wir werden fast in jeder Begegnung unterschätzt – so soll es auch weitergehen. Ich habe den Jungs klar gemacht, dass ich weiter Spieler aus der A-Jugend hochziehen werde, weil die keiner einschätzen kann. Nicht mal ich selber. Hinten lass ich einfach mein Bollwerk (aus Rafinha, Bordon und Höwedes bestehend) auflaufen. Der Rest wird einfach durchrotiert, bis keiner mehr weiß ob, wo und warum er überhaupt spielt. Wie soll sich der Gegner so auf uns einstellen können? Auf ein gutes Jahr!


Montag, 1. Februar
Liebes Tagebuch,
die Wintertransferperiode ist heute zu Ende gegangen. Auch wenn wir Zweiter sind: Wir brauchten dringend neues Spielermaterial. Ich gehe dabei nach der Überraschungs-Ei-Logik (ein Treffer in jedem siebten Ei) vor und verpflichte wie ein Wahnsinniger. Keine Ahnung, wo unsere Scouts solche No-Names beobachtet haben. Ich weiß noch nicht einmal, ob sie es überhaupt getan haben. Edu, Hao, Baumjohann, Ibraimi, Müller, Gavranovic, Reginiussen, Kluge – da wird doch aber mindestens einer bei sein, der uns weiterbringt. Wie in der Ü-Ei-Werbung halt. Nur ohne die Schokolade...


Samstag, 27. März
Liebes Tagebuch,
wir haben heute die Leverkusener in der BayArena hochverdient mit 2:0 geschlagen. Vor der Saison habe ich prognostiziert, dass man sich noch nicht allzu viel von der Spielzeit erhoffen sollte, da es ja meine erste Saison in Gelsenkirchen ist. Und ich sage immer noch: Wir sollten kleine Brötchen backen. Das Problem ist dabei, dass wir nun als Tabellenführer in den 28. Spieltag gehen. Die Fans wollen den unbedingt den Titel, da werden meine verhaltenen Aussagen nur noch belächelt. Heute haben wir sogar gezeigt, dass wir nicht nur destruktiv sondern auch mal ansehnlich spielen können. Verspottet hat man uns über die ganze Saison für unseren Fußball - doch who cares, wenn die Ergebnisse stimmen? Hinten ein Bollwerk, vorne unheimlich effektiv. Das ist unser Spielweise in dieser Saison.

A propos effektiv: Der Kuranyi hat heute beide Buden gemacht und spaltet ganz Fußballdeutschland in Bezug auf eine mögliche Nominierung in den WM-Kader. Ich unterstütze KK natürlich. Er ist der erfolgreichste deutsche Stürmer nach Stefan Kießling und strotzt nur so vor Selbstvertrauen. Er mag zwar kein verlässlicher Tribünengast sein, aber für ihn sollte Löw mal über seinen Schatten springen. Obwohl andererseits: Die Medien fordern Kuranyi und als Trainer sollte man auch mal ein Zeichen setzen. Vielleicht ist Jogi Löw die Presse und die Stimmung im Volk genauso egal wie mir. Abwarten, Tee trinken...



Samstag, 8. Mai
Liebes Tagebuch,
ich habe schlechte Kunde mitgebracht. Es hat nicht für die Meisterschaft gereicht. Im direkten Duell gegen die Bayern und beim 2:4-Auswärtsdebakel in Hannover zeigte sich, dass ich den Schalke-Fluch des ewigen Zweiten noch nicht aus der Mannschaft treiben konnte. Doch ich habe dennoch einen wichtigen Erfolg feiern können: Mannschaft und Fans sind wieder enger zusammengerückt! Diese Mission habe ich bereits die ganze Saison verfolgt und gipfelte in den Szenen nach der verlorenen Begegnung am vorletzten Spieltag gegen Bremen, als das erneute Verpassen der Meisterschaft bittere Gewissheit wurde. Doch die Fans feierten mich und das Team noch lange nach der enttäuschenden Partie. Sie erkannten, dass für diese junge Truppe der zweite Platz das absolute Maximum war.

Wer hätte schon vor der Saison damit gerechnet? Naja gut, insgeheim ich. Ich bin schließlich Felix Magath. Aber nun können wir in Gelsenkirchen eine Saison Champions League spielen, was uns bei einer Personalie auch weiterhelfen wird. Der Neuer wird nämlich heftigst von den Bayern umworben. Die CL nimmt ihn nun aber in die Pflicht, der wird nun sicher nicht gehen. Für ihn steht nun auch erstmal die WM im Fokus. Mit ihm ist ein Schalker die deutsche Nummer Torwart-1! Ach ja, ein anderer ist dafür aber gar nicht dabei. Jogi hat sich gegen Kuranyi entschieden – der Mann hat wirklich Eier... Das imponiert mir!

Hier geht's zum zweiten Teil!