Als Cineasten würde man ihn wohl nicht bezeichnen. Uli Hoeneß ist ein Fußballfachmann, der sich im Wirtschaftsleben auskennt. Von der Welt der Filme hat er aber allenfalls eine vage Ahnung. So verwunderte es kaum, dass er nach dem 3:0 gegen den 1. FC Köln am 17. Spieltag der Saison 2011/2012 auf den Film 'Besser geht's nicht' mit einem gewissen Jack Daniels verwies. Dass Hoeneß einen der berühmtesten Hollywood-Schauspieler mit einer Whiskey-Marke verwechselte, sorgte gleichwohl für keine größeren Irritationen. Die Botschaft war unmissverständlich: Der FC Bayern spielte in der Hinserie dieser Spielzeit am absoluten Leistungslimit.

Am Ende der Saison, zu deren Mitte Hoeneß Mannschaft und Trainern das maximale Lob aussprach, stand das kaum für möglich gehaltene Vize-Triple: Meisterschaft, Pokal, Champions League - überall hatte die Heynckes-Truppe starke Leistungen erbracht, es aber schließlich doch nicht vermocht, in den entscheidenden Momenten das Optimum abzurufen. Alle Lobgesänge verhallten in der Leere des Vize-Traumas.

15 Monate später scheint die Lage ähnlich. Der FC Bayern liefert, trotz der zuletzt eher schwächeren Darbietungen, eine summa summarum der wohl besten Saisons der Vereinsgeschichte ab. Womöglich gar die beste. Wieder einmal weht der bittersüße Duft von Jack Daniels über der Säbener Straße, wieder einmal stellt sich die Frage, ob sich die konstant starken Leistungen am Ende auch in Titeln niederschlagen werden.

Dabei hinkt der Quervergleich mit der zurückliegenden Saison, in der die Bayern entgegen Hoeneß Lobpreisungen keineswegs immer zu überzeugen wusste. Auch der Verweis auf die erste Saison unter van Gaal, in der man fast das Triple geschafft hätte, passt nicht recht. Damals, in der Spielzeit 2009/2010, offenbarte das Bayern-Spiel (gerade in der Defensive) noch zahlreiche Schwächen. Zudem war beim Einzug ins Finale der Champions League eine große Portion Glück im Spiel.

Nein, der FC Bayern dieser Tage erinnert vielmehr an die erste Saison unter Ottmar Hitzfeld, 1998/99. Auch damals lief förmlich alles wie am Schnürchen. Die Rotation gelang reibungslos, das Spiel wirkte zeitweilig wie aus einem Guss und Drei-Punkte-Gewinne waren fast eine Selbstverständlichkeit.

So stand der Gewinn des Meistertitels bereits drei Spieltage vor Schluss fest. Mit letztlich 78 Punkten sicherte man sich die Meisterschaft auf eine Art und Weise, wie sie souveräner kaum hätte sein können. Auch der Einzug in Pokalfinale gestaltete sich nahezu problemlos. Ja, selbst die Champions League war (von einem 3:3 in Kiew abgesehen) fast ein Selbstläufer. Und doch mussten sich die Münchener am Ende der Saison mit einem Titel begnügen.

Kommt es in dieser Saison also genauso? Müssen sich die Bayern trotz einer echter Jack-Daniels-Saison mit einem Titel begnügen? Natürlich zeugt allein die Fragestellung von einer gewissen Überheblichkeit und Dekadenz. Aber machen wir uns nichts vor: Wenn man über Monate hinweg derart überlegen agiert, dann will man diese Überlegenheit auch in Titeln ausgedrückt sehen.

Nun haben die jüngsten Leistungen einen gewissen Abwärtstrend offenbart, der aber bei aller Skepsis nicht anhalten muss. Und doch lehrt die Erfahrung des Fußballs, dass es praktisch nie gelingt, eine Saison auf gleichbleibend hohem Niveau durchzuspielen. Können die Bayern die Klasse der bisherigen Spiele also konservieren bzw. wieder neu abrufen?

Die nächsten Wochen werden es zeigen. Der Gewinn des Pokals sollte bei dieser Ausgangslage fast nur eine Formsache sein. Doch genau diese Leichtfertigkeit könnte uns am Ende zum Verhängnis werden. In der Champions League liegen die Dinge ungleich komplizierter. Von einem schwächelnden Barca war zuletzt nichts mehr zu sehen. Den Titel zu holen, dürfte somit ohne entsprechendes (Los-)Glück kaum möglich sein.

Und dann wäre da ja noch Borussia Dortmund. Die Vision eines deutsch-deutschen CL-Endspiels mit einem schwarzgelben Sieger bereitet mir bei allem mia-san-mia-Selbstbewusstsein schon jetzt Kopfschmerzen. Der Gewinn der Meisterschaft wäre in diesem Falle fast Makulatur. Genau das darf also nicht passieren.

Warten wir also ab, was die kommenden Wochen bringen. Doch auf Jack Daniels kann ich schon jetzt verzichten.