01.12.2010 um 10:48 Uhr
Geschrieben von Bailey
Der Musterprofi
Ob auf oder neben dem Platz, Stimmungskanonen haben beim VfB Tradition. Das weiß man nicht erst seit Jens Lehmann.
Ein besonderer Vertreter dieser Gattung spielte von 1971 bis 75 beim VfB.
Sein Name: Johann Ettmayer, genannt Buffy.
Vor dem VfB
Buffy Ettmayer begann seine Karriere 1963 in seinem Heimatland Österreich beim FK Austria Wien, bevor er 1966 ins schöne Tirol zum FC Wacker Innsbruck wechselte und sich geografisch zumindest erstmal von Deutschland entfernt hat. Aber immerhin wurde er mit Wacker einmal österreichischer Pokalsieger und einmal österreichischer Meister. Und schon damals avancierte er aufgrund seiner eher verspielten Spielweise zum Publikumsliebling und sorgte durch zahlreiche Extravaganzen auf dem Platz immer für Stimmung in der Bude.
Zeit beim VfB
1971 war es schließlich soweit. Buffy wagte den Grenzübertritt ins Nachbarland und schloß sich dem VfB Stuttgart an. In seinem ersten Spiel rieben sich einige Zuschauer wahrscheinlich verwundert die Augen ob dem, was sie da auf dem Platz sahen. Heute würde man wahrscheinlich annehmen, da hätte jemand ein SMS-Gewinnspiel auf Sport1 gewonnen, damals waren derartige Möglichkeiten des Geldverbrennens aber eher unbekannt und so gab es sicherlich zahlreiche andere Erklärungen für Buffys Anwesenheit auf dem Platz.
Grund der Verwunderung war aber nicht der Umstand, dass es sich hier um einen waschechten Österreicher handelte, sondern vielmehr um den Eindruck, den ein Mann von der Größe 1,74 m und einem Kampfgewicht von stolzen 84 Kilogramm nun einmal hinterlässt. Für alle Ernährungsbewussten unter uns, das entspricht einem Body-Mass-Index von rund 28.
Doch neben seiner etwas unpassenden Figur entwickelte Buffy sich schnell zu einem echten Leistungsträger der damaligen VfB-Mannschaft. Grund dafür waren aber weniger seine Sprintfähigkeiten und seine Pferdelunge (dies ist leider nicht überliefert), sondern vielmehr seine extrem feine Technik, mit der er die Gegner immer wieder zur Verzweiflung und die eigenen Fans zu Begeisterungsstürmen hinreißen ließ sowie sein linker Fuß, für den wohl nicht jedes Amt einen Waffenschein ausgestellt hätte und gegen den der frühere VfB-Kapitän Thomas Hitzlsperger wirklich nur ein Hämmerle gewesen wäre.
Im Gegensatz zu seinem konditionellen Eigenschaften ist eine Gegebenheit aus dem Spiel des VfB gegen den FC Bayern überliefert. Freistoß an der Mittellinie. Der Bayernspieler "Bulle" Roth will eine Mauer stellen da Buffy schon bereit steht, Sepp Maier jedoch wiegelt ab. Buffy läuft an und der Ball schlägt krachend an den Pfosten. Daraufhin Roth zu Maier "Und jetzt, du Blinder?"
Manchmal schießt er auch, auf besonderen Wunsch der Zuschauer, einen Eckball auch mal mit der Hacke vors Tor oder nimmt statt der Brust oder dem Kopf einfach seinen Bauch oder Hintern für die Ballannahme und -weiterleitung.
Und mehr als einmal schaffte er es mit seinem linken Fuß absichtlich den rechten anzuschießen und den Querschläger direkt unter der Querlatte einschlagen zu lassen. Ein Marica würde sich heute wahrscheinlich beide Beine bei dem Versuch brechen.
Doch es sind nicht nur diese Szenen, die ihn zu einer VfB-Legende machen. Unvergessen ist auch sein Disput mit dem damaligen VfB-Trainer Albert Sing. Dieser stellte Buffy in einem Spiel nicht auf. Auf Buffys Nachfrage, warum nicht meinte Sing, Buffy sei zu dick. Buff entgegntet in seinem unnachahmlichen Wiener Schmäh, er sei schon immer so gewesen. Sing erwiderte, er habe Bilder gesehen, auf denen Buffy weitaus schlanker gewesen sei. Buffy: "Das muss ein Schmalfilm gewesen sein."
Neben einigen Lachern und Sympathien in der Öffentlichkeit brachte diese feine Replik Buffy auch noch 1000 Mark Geldstrafe und einen Platz auf der Bank ein. Doch damit war die Sache noch nicht abgeschlossen. Nachdem er im nächsten Spiel gegen den FC Köln wieder mitwirken durfte und ein Tor erzielte "sprintete" Buffy zu Sing und fragte mit ernstem Gesicht, ob das Tor zählen würde. Sing erwiderte verdutzt, warum es denn nicht zählen sollte? Buffys Antwort: "Weil der Dicke es geschossen hat." Bei seinem zweiten Treffer im Spiel blieb ein solcher Lauf durch die Aufbietung der Kräfte der restlichen Mannschaft allerdings aus.
Am 26. Januar geschah dann etwas, was fast schon der Schmach von Cordoba glich. Buffy Ettmayer schoß ein Tor. Das an sich war nichts Ungewöhnliches, aber es war das 10.000 Tor der Bundesliga. Und somit steht für immer und ewig ein Österreicher in den Annalen der höchsten deutschen Spielklasse. Leider war dies der einzige Titel, den Buffy mit dem VfB gewinnen konnte, weitere wurden ihm verwehrt.
Das änderte sich erst nach seinem Wechsel im Jahre 1975 zum Hamburger SV, mit dem er ein Jahr später deutscher Pokalsieger und wieder ein Jahr später Europapokalsieger wurde.
Nach weiteren Zwischenstation beim FC Lugano und beim Freiburger FC beendete Buffy 1983 seine Karriere.
Leben nach der Karriere
Nach seinem Karriereende zog es Buffy Ettmayer zurück ins Schwäbische. Dort lebt er bis heute in der Kleinstadt Notzingen und widmet sich dort seinem Lieblingshobby, der Gartenarbeit. Aber vom Fußball kann er bis heute nicht lassen. Nicht nur, dass er jedes Heimspiel des VfB besucht, Buffy ist bis heute Mitglied der VfB-Traditionself und tritt auserdem des Öfteren in verschiedenen Traditionsmannschaften auf, wo er heute noch, trotz fortgeschrittenem Alter und Gewicht (Mittlerweile dreistellig) die Zuschauer immer noch mit seinem kleinen Tricks begeistert.
Es gibt viele, die sich fragen, was der begnadete Techniker hätte erreichen können, wenn er nur ein bisschen mehr körperliche Disziplin gehalten hätte. Nur eine stellt sie sich nicht. Buffy selbst. Er ist sich bis heute treu geblieben. Und er steht zu seinem Stil.
Bezeichnend dafür seine Antwort auf eben diese Frage, als sie ihm in einem Interview gestellt wurde:
"Wissns, i bin a Schlecker."
Buffy Ettmayer, die erste gelungene Mischung aus Wiener Schmäh und schwäbischer Gemütlichkeit!
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Aufrufe: 13817 | Kommentare: 10 | Bewertungen: 21 | Erstellt:01.12.2010
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KOMMENTARE
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02.12.2010 | 12:46 Uhr
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Dr_D :
Ich tu ja eigentlich keine Punkte für einzelne Blogs geben, weil wegen Gesamtbewertungsjurymitglied und so. Hier mache ich und das gerne, eine Ausnahme.
Auch ich kenne den Buffy noch von früher, also aus dem TV. Schade das es solche Typen nicht mehr gibt.
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01.12.2010 | 17:26 Uhr
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Was eine Type. Was eine Marke.
Hab ihn das letzte Mal während der Euro 2008 in einem Waldis EM Club wahrgenommen. Die Sendung ist ja, wie jeder weiß ziemlicher Müll, aber Buffy war wie immer ein Highlight. Schön, daß ihr ihm einen blog gewidmet habt. Danke dafür
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01.12.2010 | 15:47 Uhr
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Voegi :
im gegensatz zu robert schlienz war mir buffy ettmayer auch schon vorher ein begriff. und dennoch war auch dieses blog eine echte bereicherung.starker auftritt, bailey. ganz stark!
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01.12.2010 | 15:43 Uhr
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Übrigens. Klasse Blog.
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01.12.2010 | 12:18 Uhr
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Wenn man diese Blogtexte so liest, meint man fast, Du kannst das. =)
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01.12.2010 | 11:29 Uhr
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Wie Buffy wollt ich auch immer werden.
Und ich habs geschafft.
Vom Gewicht.
Das ist auch dreistellig....
Ganz feiner Blog Bailey. Gefällt!
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01.12.2010 | 11:16 Uhr
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xxlhonk :
YES!!!!Der erste Spieler (vom HSV), an den ich mich auch heute noch wirklich an einzelne Live-Szenen im Stadion erinnern kann.
Manchmal schießt er auch, auf besonderen Wunsch der Zuschauer, einen Eckball auch mal mit der Hacke vors Tor oder nimmt statt der Brust oder dem Kopf einfach seinen Bauch oder Hintern für die Ballannahme und -weiterleitung.
Habe ich alles gesehen.
Genauso wie ich HSV Trainer gesehen habe, die daran verzweifelt sind.
Seine durchschnittliche Laufleistung pro Spiel war an guten Tagen max. dreistellig.
In Metern.
Aber wenn er was gemacht hat, war das meistens ganz großes Kino.
Ganz, ganz groß.
Nicht immer effektiv, dafür aber immer sehr überraschend.
Für alle Beteiligten, also auch das eigene Team
Das war eine wahre Freude so einen Mann spielen zu sehen.
Er war auch immer meine Ausrede, wenn mein Trainer von mir mehr Laufleistung sehen wollte.
Er war genau mein Styl.
Am Ball alles könnend, war ihm Laufen ein Grauen.
Er ließ lieber laufen.
Nur verstehen konnte man ihn nicht...
Aber er war ein Zehner.
Genau wie dein Blog!
Sehr, sehr schön.
Hach, diese alten Erinnerungen.
U made my day, Bailey!
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Als Spieler sagt er mir lange eigentlich nichts. Die letzten Jahre war er 1-2 Mal bei Sport im Dritten/ SWR und man konnte ihn wirklich mal so erleben, wie er auch damals gewesen sein muss: ein klasse Typ.