24.09.2012 um 15:10 Uhr
Geschrieben von funkbarrio
Der Prinz im Prinzenpark 1/4
Wir befinden uns im Frankreich der frühen 1980er-Jahre. Die unbedachten Worte eines Zollbeamten erschüttern einen Reisenden und führen Jahre später zu einem wahren arabischen Geldregen. Der ahnungslose Zöllner fragte den Reisenden, wo denn bitteschön Katar liegen würde und „ob es das Land überhaupt gäbe". Der Reisende war Hamad bin Khalifa Al Thani, niemand geringeres als der damalige Kronprinz des kleinen Landes der arabischen Halbinsel. Die Aussage führt dazu, dass er sich schwört sein Katar auf die Landkarte der Welt zu hieven. Einige Jahre später ist er endlich Emir und startet mit prallgefüllten Taschen seine Marketing-Kampagne. So will es laut „Le Monde" zumindest die Legende...
Im Februar ist er endlich mal im Park. Zum Spitzenspiel gegen Montpellier reist er mit Gefolgschaft an. Sein Club auf Platz 1, Neuzugang Alex trifft, da wird einem Prinzen in der Daune ganz warm ums Herz. Am Ende heißt es 2:2 und das letzte Investitionsprojekt des Prinzen bleibt vorerst auf Kurs. Tamim bin Hamad al-Thani, Sohn des Emirs und Kronprinz Katars, reist zufrieden ab. Aus den bisherigen 70 % Anteile wird kurz darauf der ganze Club. Aus der Meisterschaft wird währenddessen allerdings nur der Vize-Titel. Das Ende ist bekannt: Der überraschende Widersacher aus dem Süden mit seinem polternden Präsidenten schnappt dem neureichen Paris Saint-Germain aus der Hauptstadt die Meisterschaft weg. Noch ist das alles kein Problem, die Strategie steht fest. Das sagt jedenfalls der Ex-Profisportler und jetzige PSG-Präsident Nasser Al-Khelaifi. Von großen Investitionen in den ersten Jahren ist die Rede. Um eine „große Mannschaft aufzubauen".
Stars, Stars, Stars
Investitionen, die man reduzieren würde, wenn das "Fundament" steht. Wann eine Mannschaft ein Fundament hat und wann es eine komplett eingerichtete Villa ist, darüber lässt sich natürlich diskutieren. Auch ob man sein Haus mit neureichem Versace-Chic oder individuellen Lieblingsteilen, vielleicht sogar selber gefertigten Stücken, einrichtet. Worüber sich nicht diskutieren lässt, das ist das was die neuen Besitzer unter großen Investitionen verstehen. Rund 106 Millionen Euro in der ersten Transferperiode (wobei viele Spieler vor der Übernahme kamen), 147 Millionen Euro diesen Sommer wenn man den 19jährigen Winter-Neuzugang Lucas Moura für 40 Mio hinzurechnet und transfermarkt.de Glauben schenken darf. Das soll auch erstmal so weitergehen. Parallel will man die Jugend fördern und den „neuen Messi" im Umland der Metropole entdecken. Die Größenordnung der Transferausgaben ist für Al-Khelaifi völlig „ normal für einen Verein auf dem Niveau" so France24. Auf internationaler Ebene heißt es binnen drei Jahren wettbewerbsfähig zu sein. Wettbewerbsfähig auf katarisch bedeutet das Achtelfinale zu erreichen und „den Respekt der anderen Mannschaften zu ernten". Fragwürdige Bescheidenheit. Bei der diesjährigen Gruppe sollte man relativ schnell "wettbewerbsfähig" sein.
So wird aus einer grauen Maus im Fußball-Business ein neuer potentieller Big Player. Doch was auf den ersten Blick nach einer weiteren Laune gelangweilter Milliardäre aussieht, ist Teil eines ambitionierten Projekts, Teil der vermeintlich teuersten Marketing-Kampagne aller Zeiten. Der gemeine Fan horcht bei den Summen natürlich auf. Da war doch mal was namens Financial Fairplay?!? Auch das ist kein Problem, wenn es nach dem Neo-Präsidenten geht. „Platini hat gesagt, man müsse kreativ sein. Und wir haben schon Ideen" zitiert ihn taz.de. Was Kreativität bedeutet und wie weit sie gehen kann, das wird weiter unten noch dargestellt. Zunächst aber ein Blick auf die „Wer?Wann?Wieso?’s" in dieser Geschichte.
Paris braucht einen Club
Frankreich war nie das Land der großen Fußball-Euphorie. Besonders im Süden des Landes ist heute noch zu großen Teilen Rugby der diskutierte Sport in den Bars der Region. Die Situation konnte man in den 60er Jahren getrost mit den Worten „Wie das Land, so die Hauptstadt" beschreiben. In dieser Zeit fristet die französische Hauptstadt ein kümmerliches Dasein im französischen Fußball. Zwar gibt es ein paar Vereine wie den „Racing", bei dem u.a. ein gewisser Pierre Littbarski eine glücklose Saison in den 80ern spielen wird, aber die „Stadt der Lichter" trägt ihren Spitznamen nicht wegen der Unterhaltung unter funkelndem Flutlicht. So wird ein Polit-Projekt in Angriff genommen um ein Aushängeschild der Großstadt zu kreieren. Der Startschuss für einen Verein, dessen Tradition kurz und nicht zuletzt von seinen Investoren geprägt ist. Ein Grund dafür, warum man nicht von einem Richtungswechsel sprechen kann seitdem der Katar auf der Bildfläche aufgetaucht ist. So kann man die Geschichte des Vereins ein wenig böswillig auf die einzelnen Investoren zusammenfassen:
Daniel Hechter macht „Haute Footure"
Nach einigen Schwierigkeiten gelingt es, den Verein durch die Fusion der beiden Clubs „Stade Saint-Germain" und des „Paris FC" im Jahr 1970 zu gründen. Aufgrund mangelnder Unterstützung durch die Stadt als „club banlieusard" wird er kurz darauf wieder geteilt. Paris FC übernimmt die Profi-Abteilung und bleibt in der höchsten Liga, der Amateurbereich firmiert weiterhin unter Paris Saint-Germain und muss in die dritte Liga. Nachdem man ein Jahr später glücklich aufsteigt wird es erstmals prominent in der Führungsetage des Vereins. Der „créateur de mode" Daniel Hechter und Freunde Jean-Paul Belmondo übernehmen das Kommando. Hechter wird in der Folge und nicht ohne Schwierigkeiten Präsident. Nebenbei „zeichnet" er – naturellement – verantwortlich für die historischen Trikots des Vereins. Der Eiffelturm findet seinen Weg ins Wappen, der Weg ist geebnet. Ein Jahr später erreicht der Verein nach einem Relegationsspiel und anschließendem Herzinfarkt des Trainers, der französischen Fußballlegende Just Fontaine, endlich die erste Liga. 1978 nimmt Hechter seinen Hut, nachdem „doppelte Kassen" im Stadion und somit Steuerhinterziehung publik wurden.
Die soliden Jahre unter Aufsicht
Der Club wird unter Aufsicht strenger Finanzbehörden gestellt und schafft es in den Folgejahren Schulden abzubauen. Hechters Nachfolger Francis Borelli führt den Verein zu ersten Titeln im Pokal und schließlich 1986 in der Meisterschaft. Vielmehr als der Präsident ist aber vor allem ein bosnischer Spieler hierfür verantwortlich. Unter dem Offensivkünstler Safet Suià107 hat es zum ersten Mal den Anschein als würde der Verein dem Ruf seiner Stadt gerecht. Er wird später zum besten Fußballer des Vereins gewählt. Vor ein paar Wochen ernennt ihn das Magazin „France Football" außerdem zum besten ausländischen Spieler der Ligue 1 aller Zeiten. Währenddessen hat man in den letzten Jahren einen Haufen Schulden gemacht. Borelli muss seinen Hut nehmen.
Teil 2: Canal , Sarkozy, Katar
Im Februar ist er endlich mal im Park. Zum Spitzenspiel gegen Montpellier reist er mit Gefolgschaft an. Sein Club auf Platz 1, Neuzugang Alex trifft, da wird einem Prinzen in der Daune ganz warm ums Herz. Am Ende heißt es 2:2 und das letzte Investitionsprojekt des Prinzen bleibt vorerst auf Kurs. Tamim bin Hamad al-Thani, Sohn des Emirs und Kronprinz Katars, reist zufrieden ab. Aus den bisherigen 70 % Anteile wird kurz darauf der ganze Club. Aus der Meisterschaft wird währenddessen allerdings nur der Vize-Titel. Das Ende ist bekannt: Der überraschende Widersacher aus dem Süden mit seinem polternden Präsidenten schnappt dem neureichen Paris Saint-Germain aus der Hauptstadt die Meisterschaft weg. Noch ist das alles kein Problem, die Strategie steht fest. Das sagt jedenfalls der Ex-Profisportler und jetzige PSG-Präsident Nasser Al-Khelaifi. Von großen Investitionen in den ersten Jahren ist die Rede. Um eine „große Mannschaft aufzubauen".
Stars, Stars, Stars
Investitionen, die man reduzieren würde, wenn das "Fundament" steht. Wann eine Mannschaft ein Fundament hat und wann es eine komplett eingerichtete Villa ist, darüber lässt sich natürlich diskutieren. Auch ob man sein Haus mit neureichem Versace-Chic oder individuellen Lieblingsteilen, vielleicht sogar selber gefertigten Stücken, einrichtet. Worüber sich nicht diskutieren lässt, das ist das was die neuen Besitzer unter großen Investitionen verstehen. Rund 106 Millionen Euro in der ersten Transferperiode (wobei viele Spieler vor der Übernahme kamen), 147 Millionen Euro diesen Sommer wenn man den 19jährigen Winter-Neuzugang Lucas Moura für 40 Mio hinzurechnet und transfermarkt.de Glauben schenken darf. Das soll auch erstmal so weitergehen. Parallel will man die Jugend fördern und den „neuen Messi" im Umland der Metropole entdecken. Die Größenordnung der Transferausgaben ist für Al-Khelaifi völlig „ normal für einen Verein auf dem Niveau" so France24. Auf internationaler Ebene heißt es binnen drei Jahren wettbewerbsfähig zu sein. Wettbewerbsfähig auf katarisch bedeutet das Achtelfinale zu erreichen und „den Respekt der anderen Mannschaften zu ernten". Fragwürdige Bescheidenheit. Bei der diesjährigen Gruppe sollte man relativ schnell "wettbewerbsfähig" sein.
So wird aus einer grauen Maus im Fußball-Business ein neuer potentieller Big Player. Doch was auf den ersten Blick nach einer weiteren Laune gelangweilter Milliardäre aussieht, ist Teil eines ambitionierten Projekts, Teil der vermeintlich teuersten Marketing-Kampagne aller Zeiten. Der gemeine Fan horcht bei den Summen natürlich auf. Da war doch mal was namens Financial Fairplay?!? Auch das ist kein Problem, wenn es nach dem Neo-Präsidenten geht. „Platini hat gesagt, man müsse kreativ sein. Und wir haben schon Ideen" zitiert ihn taz.de. Was Kreativität bedeutet und wie weit sie gehen kann, das wird weiter unten noch dargestellt. Zunächst aber ein Blick auf die „Wer?Wann?Wieso?’s" in dieser Geschichte.
Paris braucht einen Club
Frankreich war nie das Land der großen Fußball-Euphorie. Besonders im Süden des Landes ist heute noch zu großen Teilen Rugby der diskutierte Sport in den Bars der Region. Die Situation konnte man in den 60er Jahren getrost mit den Worten „Wie das Land, so die Hauptstadt" beschreiben. In dieser Zeit fristet die französische Hauptstadt ein kümmerliches Dasein im französischen Fußball. Zwar gibt es ein paar Vereine wie den „Racing", bei dem u.a. ein gewisser Pierre Littbarski eine glücklose Saison in den 80ern spielen wird, aber die „Stadt der Lichter" trägt ihren Spitznamen nicht wegen der Unterhaltung unter funkelndem Flutlicht. So wird ein Polit-Projekt in Angriff genommen um ein Aushängeschild der Großstadt zu kreieren. Der Startschuss für einen Verein, dessen Tradition kurz und nicht zuletzt von seinen Investoren geprägt ist. Ein Grund dafür, warum man nicht von einem Richtungswechsel sprechen kann seitdem der Katar auf der Bildfläche aufgetaucht ist. So kann man die Geschichte des Vereins ein wenig böswillig auf die einzelnen Investoren zusammenfassen:
Daniel Hechter macht „Haute Footure"
Nach einigen Schwierigkeiten gelingt es, den Verein durch die Fusion der beiden Clubs „Stade Saint-Germain" und des „Paris FC" im Jahr 1970 zu gründen. Aufgrund mangelnder Unterstützung durch die Stadt als „club banlieusard" wird er kurz darauf wieder geteilt. Paris FC übernimmt die Profi-Abteilung und bleibt in der höchsten Liga, der Amateurbereich firmiert weiterhin unter Paris Saint-Germain und muss in die dritte Liga. Nachdem man ein Jahr später glücklich aufsteigt wird es erstmals prominent in der Führungsetage des Vereins. Der „créateur de mode" Daniel Hechter und Freunde Jean-Paul Belmondo übernehmen das Kommando. Hechter wird in der Folge und nicht ohne Schwierigkeiten Präsident. Nebenbei „zeichnet" er – naturellement – verantwortlich für die historischen Trikots des Vereins. Der Eiffelturm findet seinen Weg ins Wappen, der Weg ist geebnet. Ein Jahr später erreicht der Verein nach einem Relegationsspiel und anschließendem Herzinfarkt des Trainers, der französischen Fußballlegende Just Fontaine, endlich die erste Liga. 1978 nimmt Hechter seinen Hut, nachdem „doppelte Kassen" im Stadion und somit Steuerhinterziehung publik wurden.
Die soliden Jahre unter Aufsicht
Der Club wird unter Aufsicht strenger Finanzbehörden gestellt und schafft es in den Folgejahren Schulden abzubauen. Hechters Nachfolger Francis Borelli führt den Verein zu ersten Titeln im Pokal und schließlich 1986 in der Meisterschaft. Vielmehr als der Präsident ist aber vor allem ein bosnischer Spieler hierfür verantwortlich. Unter dem Offensivkünstler Safet Suià107 hat es zum ersten Mal den Anschein als würde der Verein dem Ruf seiner Stadt gerecht. Er wird später zum besten Fußballer des Vereins gewählt. Vor ein paar Wochen ernennt ihn das Magazin „France Football" außerdem zum besten ausländischen Spieler der Ligue 1 aller Zeiten. Währenddessen hat man in den letzten Jahren einen Haufen Schulden gemacht. Borelli muss seinen Hut nehmen.
Teil 2: Canal , Sarkozy, Katar
Aufrufe: 8884 | Kommentare: 0 | Bewertungen: 10 | Erstellt:24.09.2012
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