09.03.2012 um 01:57 Uhr
Geschrieben von funkbarrio
Der Schöne und das Biest II/II
Die Moderatoren sprechen vom „französischsten Franzosen". Selbstverliebt, gerne sein Trikot lüftend um seinen Körper zu präsentieren. Später wird er sich im englischen Fernsehen als Aktmodell zur Verfügung stellen. Er gefällt sich in seiner Rolle des Entertainers, doch verlässt er Newcastle nach nur zwei Jahren, nachdem Keegan dem Verein ein halbes Jahr zuvor den Rücken kehrt. So wechselt er an die White Hart Lane zu den Tottenham Hotspurs. Bei ihnen gewinnt er 1999 den Liga-Pokal und wird nach einem überragenden Jahr von den Spielern sowie den Journalisten jeweils zum PL-Spieler des Jahres gewählt, obwohl Manchester United das historische Triple aus Meisterschaft, Pokal und Champions League erreichen konnte. Man munkelt, dass es wohl zu viele ManUnited-Spieler in der Auswahl gab. Die Barcelona-Legende Johan Cruyff glaubt zu diesem Zeitpunkt, dass Ginola der beste Spieler der Welt ist. Und das zu einem Zeitpunkt, wo Frankreich kurz nach dem Weltmeister-Titel und kurz vor dem Europameister-Titel steht. In der Nationalmannschaft hat er seit dem ominösen Abend „France - Bulgarie" einen schweren Stand und macht 1995 sein 17. und letztes Spiel für die „Bleus". Wie Cantona wird ihm die „Heim"-EM in England verwehrt.
Top 5 der Tore Ginolas (Quelle: ?)
Den Trost holt er sich einmal mehr bei den Fans. Auch in London lieben sie ihn aufgrund seiner Spielweise und Persönlichkeit. Statt abzuspielen tanzt er eigensinnig noch den nächsten Gegner aus, um selbst den Abschluss zu suchen. Flankt er erfolgreich jubelt er nicht mit dem Torschützen, sondern lässt sich selber feiern. Wird er gefoult wie z.B. von Lee Bowyer, packt er sich den Gegner, weist ihn zurecht, fordert den Ball und dribbelt ihn aus. Über die vielen Fouls sagt er später „Das schönste aller Komplimente für einen Stürmer ist das Foul des Verteidigers".
Mit spektakulärem Offensiv-Spiel kann Houllier genauso wenig anfangen wie mit Ginola selbst. Mittlerweile hat er seine Zelte an der Anfield Road aufgeschlagen und intrigiert sich schnell zum Chef-Trainer. In der Saison 2000/2001 gewinnt er nach 1986 seine ersten Titel. Liverpool holt den UEFA-Pokal und die Pokale in der Liga und England. Kurze Zeit später meldet sich sein Herz zum ersten Mal zu Wort und er wird in der Halbzeitpause ins Krankenhaus eingeliefert.
"Er ist fett"
In der Zwischenzeit ist Ginola von den Hotspurs gegen seinen Willen verkauft worden. Er spielt für Aston Villa und unter dem Trainer-Neuling John Gregory, der den Athleten als „fett" bezeichnet. Für einen Ginola, der sich während einer Motivationsansprache des Kapitäns Dion Dublin, lieber die Nägel in den Duschen nebenan feilt, eine nicht zu unterschätzende Beleidigung. Die Antwort folgt auf dem Platz. Ginola trifft per sattem Schuss aus der Entfernung, läuft zur Mittellinie, dreht sich zur Trainerbank und zieht sich das Trikot aus um seinen durchtrainierten Körper zu präsentieren. Ein DSF-Moderator kommentiert, was ganz England denkt: „So fett möchte ich auch gerne sein!" Doch es ist einer der letzten Highlights, die der mittlerweile 33jährige „Entertainer" auf dem Platz darbieten wird. Nach zwei Jahren, wechselt er noch für ein kurzes Intermezzo nach Everton und beendet ein Jahr später seine Karriere.
Weitere Tore und Aktionen (Quelle: ?)
Houllier ist zwar offiziell herzkrank, doch zurück. Er schafft es nochmals den Liga-Pokal in die Beatles-Stadt zu holen. Ein kurzer Höhepunkt auf dem Weg nach unten. Diverse kostspielige Fehleinkäufe, skurril anmutende Wechsel, Taktiken und Interviews sowie ein enttäuschendes Jahr bedeuten sein vorläufiges Ende auf der Insel. Er heuert beim Serienmeister Olympique Lyon an und führt sie zu zwei weiteren Meisterschaften, um schlussendlich im Streit mit dem Präsidenten seinen Vertrag aufzulösen. Nächster Halt ist der Gang zurück zum Verband. Wieder wird er technischer Direktor, doch diesmal steht an der Seitenlinie der „Bleus" nicht mehr Jacquet, sondern ein gewisser Raymond Domenech. Houllier wird sein Befürworten eines Verbleibs des fragwürdigen Domenechs nach der EM 2008 zum Verhängnis. Nach der katastrophalen WM in Südafrika resigniert er und beugt sich dem Druck der Öffentlichkeit. Nach seiner letzten Station Aston Villa soll nun Schluss sein. Zeit um Ruhe zu finden, Zeit um ein Buch zu schreiben.
Das letzte Kapitel?
Und wieder einmal lässt er seiner Enttäuschung von 1993 freien Lauf und beschimpft Ginola. Wieder war es ein „Verbrechen", seine Schuld als Trainer sei es einzig gewesen, dass er ihn eingewechselt habe. Er nennt ihn einen „Dreckskerl" („salaud"). Ginola reicht es. Die ganze Szene beschäftigt ihn heute noch, lässt ihn nicht los. In jedem Interview muss er die letzte Minute und die Rolle als vermeintlicher Alleinschuldiger erneut durchleben. Seine Reaktionen zeigen, dass es ihn ermüdet, leid tut und er endlich seine Ruhe haben möchte. Er zeigt ihn an und man trifft sich vor Gericht. Dort spricht Ginola davon zum „Scheiterhaufen" geführt worden zu sein, nach all der Zeit immer noch alleiniger „Sündenbock" zu sein. Houllier erwidert, dass ihm seine Wortwahl Leid tue. Er hätte nicht von einem „Verbrechen", aber von einem „schweren Fehler" reden sollen. 2010 hatte er Ginola allerdings noch als „Idioten"(„con") bezeichnet. Vor Gericht dreht er seine damaligen Aussagen als auf die Aktion und nicht den Spieler gemünzt. Was nachweislich nicht so wahr.
Die ganze Situation mutet absurd an. Beide sind wahrlich keine Unschuldslämmer, der Gang vor ein Gericht völlig übertrieben. Doch der Gram, den Houllier scheinbar gegenüber Ginola hegt, erscheint nach all den Jahren völlig übertrieben. Während Frankreich das Spiel fast vergessen hat, dauert „France – Bulgarie" für Ginola und Houllier immer noch an. „Der Schöne und das Biest" treffen zu einem finalen Akt aufeinander. Der eine will nicht mehr, der andere kann scheinbar nicht anders. Es scheint dem ehemaligen Trainer eine wahre Herzensgelegenheit zu sein. Der vorläufige Schlusspfiff des längsten Spiels Frankreichs ist auf den 4. April verlegt worden.
Top 5 der Tore Ginolas (Quelle: ?)
Den Trost holt er sich einmal mehr bei den Fans. Auch in London lieben sie ihn aufgrund seiner Spielweise und Persönlichkeit. Statt abzuspielen tanzt er eigensinnig noch den nächsten Gegner aus, um selbst den Abschluss zu suchen. Flankt er erfolgreich jubelt er nicht mit dem Torschützen, sondern lässt sich selber feiern. Wird er gefoult wie z.B. von Lee Bowyer, packt er sich den Gegner, weist ihn zurecht, fordert den Ball und dribbelt ihn aus. Über die vielen Fouls sagt er später „Das schönste aller Komplimente für einen Stürmer ist das Foul des Verteidigers".
Mit spektakulärem Offensiv-Spiel kann Houllier genauso wenig anfangen wie mit Ginola selbst. Mittlerweile hat er seine Zelte an der Anfield Road aufgeschlagen und intrigiert sich schnell zum Chef-Trainer. In der Saison 2000/2001 gewinnt er nach 1986 seine ersten Titel. Liverpool holt den UEFA-Pokal und die Pokale in der Liga und England. Kurze Zeit später meldet sich sein Herz zum ersten Mal zu Wort und er wird in der Halbzeitpause ins Krankenhaus eingeliefert.
"Er ist fett"
In der Zwischenzeit ist Ginola von den Hotspurs gegen seinen Willen verkauft worden. Er spielt für Aston Villa und unter dem Trainer-Neuling John Gregory, der den Athleten als „fett" bezeichnet. Für einen Ginola, der sich während einer Motivationsansprache des Kapitäns Dion Dublin, lieber die Nägel in den Duschen nebenan feilt, eine nicht zu unterschätzende Beleidigung. Die Antwort folgt auf dem Platz. Ginola trifft per sattem Schuss aus der Entfernung, läuft zur Mittellinie, dreht sich zur Trainerbank und zieht sich das Trikot aus um seinen durchtrainierten Körper zu präsentieren. Ein DSF-Moderator kommentiert, was ganz England denkt: „So fett möchte ich auch gerne sein!" Doch es ist einer der letzten Highlights, die der mittlerweile 33jährige „Entertainer" auf dem Platz darbieten wird. Nach zwei Jahren, wechselt er noch für ein kurzes Intermezzo nach Everton und beendet ein Jahr später seine Karriere.
Weitere Tore und Aktionen (Quelle: ?)
Houllier ist zwar offiziell herzkrank, doch zurück. Er schafft es nochmals den Liga-Pokal in die Beatles-Stadt zu holen. Ein kurzer Höhepunkt auf dem Weg nach unten. Diverse kostspielige Fehleinkäufe, skurril anmutende Wechsel, Taktiken und Interviews sowie ein enttäuschendes Jahr bedeuten sein vorläufiges Ende auf der Insel. Er heuert beim Serienmeister Olympique Lyon an und führt sie zu zwei weiteren Meisterschaften, um schlussendlich im Streit mit dem Präsidenten seinen Vertrag aufzulösen. Nächster Halt ist der Gang zurück zum Verband. Wieder wird er technischer Direktor, doch diesmal steht an der Seitenlinie der „Bleus" nicht mehr Jacquet, sondern ein gewisser Raymond Domenech. Houllier wird sein Befürworten eines Verbleibs des fragwürdigen Domenechs nach der EM 2008 zum Verhängnis. Nach der katastrophalen WM in Südafrika resigniert er und beugt sich dem Druck der Öffentlichkeit. Nach seiner letzten Station Aston Villa soll nun Schluss sein. Zeit um Ruhe zu finden, Zeit um ein Buch zu schreiben.
Das letzte Kapitel?
Und wieder einmal lässt er seiner Enttäuschung von 1993 freien Lauf und beschimpft Ginola. Wieder war es ein „Verbrechen", seine Schuld als Trainer sei es einzig gewesen, dass er ihn eingewechselt habe. Er nennt ihn einen „Dreckskerl" („salaud"). Ginola reicht es. Die ganze Szene beschäftigt ihn heute noch, lässt ihn nicht los. In jedem Interview muss er die letzte Minute und die Rolle als vermeintlicher Alleinschuldiger erneut durchleben. Seine Reaktionen zeigen, dass es ihn ermüdet, leid tut und er endlich seine Ruhe haben möchte. Er zeigt ihn an und man trifft sich vor Gericht. Dort spricht Ginola davon zum „Scheiterhaufen" geführt worden zu sein, nach all der Zeit immer noch alleiniger „Sündenbock" zu sein. Houllier erwidert, dass ihm seine Wortwahl Leid tue. Er hätte nicht von einem „Verbrechen", aber von einem „schweren Fehler" reden sollen. 2010 hatte er Ginola allerdings noch als „Idioten"(„con") bezeichnet. Vor Gericht dreht er seine damaligen Aussagen als auf die Aktion und nicht den Spieler gemünzt. Was nachweislich nicht so wahr.
Die ganze Situation mutet absurd an. Beide sind wahrlich keine Unschuldslämmer, der Gang vor ein Gericht völlig übertrieben. Doch der Gram, den Houllier scheinbar gegenüber Ginola hegt, erscheint nach all den Jahren völlig übertrieben. Während Frankreich das Spiel fast vergessen hat, dauert „France – Bulgarie" für Ginola und Houllier immer noch an. „Der Schöne und das Biest" treffen zu einem finalen Akt aufeinander. Der eine will nicht mehr, der andere kann scheinbar nicht anders. Es scheint dem ehemaligen Trainer eine wahre Herzensgelegenheit zu sein. Der vorläufige Schlusspfiff des längsten Spiels Frankreichs ist auf den 4. April verlegt worden.
Aufrufe: 3273 | Kommentare: 4 | Bewertungen: 8 | Erstellt:09.03.2012
ø 9.9
KOMMENTARE
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20.03.2012 | 11:03 Uhr
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Factum_esse : Wieder mal
...ein klasse Text. Sehr guter Stil, spannend zu lesen, wie immer eigentlich. Aber ich hätte dir geraten, auf das Urteil zu warten. Ist ja nun nicht mehr lange hin. Vielleicht fügst du das dann noch ein und veröffentlichst den Text noch einmal. Fekko hat recht, das Ende ist etwas unrund bzw. fällt nach hinten merkwürdig ab.
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20.03.2012 | 10:17 Uhr
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20.03.2012 | 09:46 Uhr
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fekko : der schluss....
...ist nicht 100% gelungen, ein bisschen zu kurz über die Gegenwart geritten. Aber sonst sehr schön. Ich wusste immer nur, das Ginola "schwierig" sei und deshalb nicht für die tricolore gespielt hat, jetzt hab ich was gelernt ;)danke.
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Jetzt ist er zeitlich leider genau mitten zwischen Verhandlung und vertagtem Urteil und ist nicht mehr ganz aktuell... Aber je nachdem werde ich ihn vielleicht noch aktualisieren, wenn es das Urteil gibt!