27.10.2009 um 20:58 Uhr
Geschrieben von Taktiker
Der Taktiker - Die Flache Vier
Heute beschäftige ich mich mit der Formation der Flachen Vier. Unter der Flachen Vier versteht man die Anordnung im 4-4-2 System mit zwei defensiven Mittelfeldspielern vor der Abwehr. Bekannt ist die Flache Vier auch unter dem Namen Doppel Sechs, oder 4-2-2-2.
Grundformation bei der Flachen Vier (Quelle: spox.com)
Grundsätzlich kann man sagen, dass eine Mannschaft, die mit der Flachen Vier spielt, kompakter steht als beispielsweise eine Mannschaft mit Raute. Durch die zwei defensiven Mittelfeldspieler (Nummer 6 und 8), ist das Zentrum ziemlich dicht. Die Mannschaft agiert mehr über die Außen, es sind vier echte Flügelspieler vorhanden ( Nummer 2, 5, 7 und 10). Aufgrund des Fehlens eines Spielmachers geht auch die Kreativität mehr von Außen aus, dort sind vor allem die Außenspieler im Mittelfeld gefordert, zusammen mit dem einen aufgerückten Sechser. Dieser versucht normalerweise, die Lücke zwischen Mittelfeld und Angriff zu schließen, es besteht allerdings das Problem, dass er erst vorrückt, wenn der Ball gewonnen ist, also immer anfangs „hinter" dem Ball ist. Dadurch dient er anfangs nicht als offensive Anspielstation. Doch weil diese benötigt wird, kommen die Stürmer ins Spiel, von denen sich einer fallen lässt, um als „Wandspieler" zu fungieren, sprich, den Ball patschen zu lassen, also mit einem Kontakt auf eine Anspielstation abzugeben, sodass er sich danach wieder ins Zentrum fallen lassen kann. Ein defensiver Mittelfeldspieler bleibt zurück, um die Angriffe von hinten aus zu ordnen, während der andere für den Angriff in die offensive Position geht, also als Spielmacher fungiert. Beim HSV gibt Ze Roberto den offensiveren Part, während Jarolim die Bälle von hinten abholt und nach vorne trägt.
Der meiste Druck kommt bei der Flachen Vier über die Außen, ein gutes Zusammenspiel von Außenverteidiger und Außenspielern im Mittelfeld ist Vorraussetzung, wobei der HSV vornehmlich über links agiert, wo sie mit Elia einen perfekten Außenspieler haben, der vom Außenverteidiger unterstützt wird.
So sieht das ganze dann in der Offensive aus (Quelle:spox.com)
Man sieht schön, dass beide Außenverteidiger weit aufgerückt sind. Auch die Außenspieler im Mittelfeld sind weit vorne, dadurch werden sie bei Angriffen beinahe zu Außenstürmern. Die Nummer 6 setzt sich gerade nach vorne ab, während der Stürmer mit der Nummer 11 sich fallen lassen hat, um als Anspielstation zu dienen.
Warum ist die Flache Vier so beliebt?
Ich denke, die Flache Vier ist so beliebt, weil sie sehr individuell besetzbar ist, darüber hinaus eine hohe Stabilität für die Defensive besitzt, und viele Varianten für die Offensive. Darüber hinaus ist sie taktisch sehr variabel. Die meisten Angriffe beginnen bei den defensiven Mittelfeldspielern, deren Ziel es ist, die Außen ins Spiel zu bringen. Dabei gibt es entweder die Möglichkeit die Außenverteidiger einzusetzen, die dann mit Schwung nach vorne gehen, um im Zusammenspiel mit den Mittelfeldspielern die Abwehr über die Außen auszuhebeln, oder direkt auf die Außen zu spielen, sodass die AV’s nachrücken, um dann zu hinterlaufen und dem Mittelfeldspieler so 2 Optionen zu geben. Anders als bei der Raute nehmen die Stürmer viel mehr am Spielgeschehen teil, kommen entgegen, lassen den Ball abprallen und lassen sich wieder fallen, um mit Schwung in die Lücken zu stoßen, oder den Platz für den anderen Stürmer fallen zu lassen. Es ist viel Bewegung und Rotation im Offensivspiel, weil bis zu sieben Spieler daran beteiligt sind. So entstehen immer mehrere Anspielstationen, die verteidigende Mannschaft hat es relativ schwer, vor allem wenn die Außen mit individuell starken Spielern besetzt sind, meistens sind diese sehr dribbel- und sprintstark, somit im Eins-gegen-Eins kaum aufzuhalten.
Wo liegen die Schwächen?
Die Schwäche ist vor allem die fehlende Anspielstation im offensiven Mittelfeld, dadurch muss die meiste Kreativität über die Außen kommen. Zudem ist das System mit viel Laufarbeit verbunden, vor allem für die beiden defensiven Mittelfeldspieler. Generell kann man sagen, dass es wenige Schwachstellen gibt, zumindest im Defensivspiel. Wenn die Außenverteidiger zu weit nach vorne gehen, sichern bei manchen Mannschaften die Mittelfeldspieler diese ab, in manchen aber auch nicht (siehe Bayern letzte Saison). Die Leverkusener spielen so, dass der nicht am Angriff beteiligte Außenverteidiger sich in die Abwehrkette einordnet, sodass das Risiko bei schnellen Gegenangriffen abgeschwächt wird.
Zum Schluss habe ich noch einmal die beiden im Moment erfolgreichsten deutschen Mannschaften mit 4-2-2-2 unter die Lupe genommen:
Es fällt auf, dass beide in etwa gleich viel Ballbesitz und Pässe haben. Allerdings werden bei Leverkusen praktisch alle Angriffe von Hyypiä eingeleitet (besonders schön zu sehen im letzten Spiel gegen Dortmund), wogegen bei Hamburg Jarolim meistens den Ball von der Abwehr abholt, sodass er die Angriffe einleiten kann, während Ze Roberto weiter nach vorne eilt. Während der HSV vornehmlich über die linke Seite agiert, wo Elia spielt, ist das bei Leverkusen relativ ausgeglichen. Seit dem 8. Spieltag scheint Jupp Heynckes die Taktik umgestellt zu haben, denn seitdem agiert hauptsächlich Hyypiä, er spielt viele Pässe direkt auf die Außenbahnen, oder sogar zu den Stürmern, und die defensiven Mittelfeldspieler bekommen dann von den Vorderleuten den ball zugespielt. Dadurch ist in den Angriffen wesentlich mehr Tempo, weil die Mittelfeldspieler, die den Ball von vorne bekommen haben, sich nicht erst drehen müssen, und schon Tempo aufgenommen haben. Der Nachteil ist das zusätzliche Risiko, das durch die längeren Passwege entsteht. Friedrich, Hyypiäs Innenverteidiger Partner, spielt viele Bälle quer auf Hyypiä, dieser aber nur ein ganz paar auf Friedrich. Auch die anderen Spieler in der Defensive, AV und DM, suchen Hyypiä, welcher dann die Angriffe einleitet.
Beim HSV sind die Innenverteidiger weniger dominant, vielmehr ist David Jarolim der Mann, mit den meisten Pässen, den meisten Ballkontakten und meistens auch mit der weitesten zurückgelegten Strecke. Er holt den Ball von den Innenverteidigern ab, die vielmehr Querpässe spielen, als die Leverkusener Innenverteidiger. Dafür spielen sie weniger Pässe direkt auf die Außenverteidiger. Auch spielt der HSV mehr zu den Außenspielern im Mittelfeld, sodass dann die Außenverteidiger nachrücken, wogegen Leverkusen mehr von Außenverteidiger zu Mittelfeldspieler spielt.
Grundformation bei der Flachen Vier (Quelle: spox.com)
Grundsätzlich kann man sagen, dass eine Mannschaft, die mit der Flachen Vier spielt, kompakter steht als beispielsweise eine Mannschaft mit Raute. Durch die zwei defensiven Mittelfeldspieler (Nummer 6 und 8), ist das Zentrum ziemlich dicht. Die Mannschaft agiert mehr über die Außen, es sind vier echte Flügelspieler vorhanden ( Nummer 2, 5, 7 und 10). Aufgrund des Fehlens eines Spielmachers geht auch die Kreativität mehr von Außen aus, dort sind vor allem die Außenspieler im Mittelfeld gefordert, zusammen mit dem einen aufgerückten Sechser. Dieser versucht normalerweise, die Lücke zwischen Mittelfeld und Angriff zu schließen, es besteht allerdings das Problem, dass er erst vorrückt, wenn der Ball gewonnen ist, also immer anfangs „hinter" dem Ball ist. Dadurch dient er anfangs nicht als offensive Anspielstation. Doch weil diese benötigt wird, kommen die Stürmer ins Spiel, von denen sich einer fallen lässt, um als „Wandspieler" zu fungieren, sprich, den Ball patschen zu lassen, also mit einem Kontakt auf eine Anspielstation abzugeben, sodass er sich danach wieder ins Zentrum fallen lassen kann. Ein defensiver Mittelfeldspieler bleibt zurück, um die Angriffe von hinten aus zu ordnen, während der andere für den Angriff in die offensive Position geht, also als Spielmacher fungiert. Beim HSV gibt Ze Roberto den offensiveren Part, während Jarolim die Bälle von hinten abholt und nach vorne trägt.
Der meiste Druck kommt bei der Flachen Vier über die Außen, ein gutes Zusammenspiel von Außenverteidiger und Außenspielern im Mittelfeld ist Vorraussetzung, wobei der HSV vornehmlich über links agiert, wo sie mit Elia einen perfekten Außenspieler haben, der vom Außenverteidiger unterstützt wird.
So sieht das ganze dann in der Offensive aus (Quelle:spox.com)
Man sieht schön, dass beide Außenverteidiger weit aufgerückt sind. Auch die Außenspieler im Mittelfeld sind weit vorne, dadurch werden sie bei Angriffen beinahe zu Außenstürmern. Die Nummer 6 setzt sich gerade nach vorne ab, während der Stürmer mit der Nummer 11 sich fallen lassen hat, um als Anspielstation zu dienen.
Warum ist die Flache Vier so beliebt?
Ich denke, die Flache Vier ist so beliebt, weil sie sehr individuell besetzbar ist, darüber hinaus eine hohe Stabilität für die Defensive besitzt, und viele Varianten für die Offensive. Darüber hinaus ist sie taktisch sehr variabel. Die meisten Angriffe beginnen bei den defensiven Mittelfeldspielern, deren Ziel es ist, die Außen ins Spiel zu bringen. Dabei gibt es entweder die Möglichkeit die Außenverteidiger einzusetzen, die dann mit Schwung nach vorne gehen, um im Zusammenspiel mit den Mittelfeldspielern die Abwehr über die Außen auszuhebeln, oder direkt auf die Außen zu spielen, sodass die AV’s nachrücken, um dann zu hinterlaufen und dem Mittelfeldspieler so 2 Optionen zu geben. Anders als bei der Raute nehmen die Stürmer viel mehr am Spielgeschehen teil, kommen entgegen, lassen den Ball abprallen und lassen sich wieder fallen, um mit Schwung in die Lücken zu stoßen, oder den Platz für den anderen Stürmer fallen zu lassen. Es ist viel Bewegung und Rotation im Offensivspiel, weil bis zu sieben Spieler daran beteiligt sind. So entstehen immer mehrere Anspielstationen, die verteidigende Mannschaft hat es relativ schwer, vor allem wenn die Außen mit individuell starken Spielern besetzt sind, meistens sind diese sehr dribbel- und sprintstark, somit im Eins-gegen-Eins kaum aufzuhalten.
Wo liegen die Schwächen?
Die Schwäche ist vor allem die fehlende Anspielstation im offensiven Mittelfeld, dadurch muss die meiste Kreativität über die Außen kommen. Zudem ist das System mit viel Laufarbeit verbunden, vor allem für die beiden defensiven Mittelfeldspieler. Generell kann man sagen, dass es wenige Schwachstellen gibt, zumindest im Defensivspiel. Wenn die Außenverteidiger zu weit nach vorne gehen, sichern bei manchen Mannschaften die Mittelfeldspieler diese ab, in manchen aber auch nicht (siehe Bayern letzte Saison). Die Leverkusener spielen so, dass der nicht am Angriff beteiligte Außenverteidiger sich in die Abwehrkette einordnet, sodass das Risiko bei schnellen Gegenangriffen abgeschwächt wird.
Zum Schluss habe ich noch einmal die beiden im Moment erfolgreichsten deutschen Mannschaften mit 4-2-2-2 unter die Lupe genommen:
Es fällt auf, dass beide in etwa gleich viel Ballbesitz und Pässe haben. Allerdings werden bei Leverkusen praktisch alle Angriffe von Hyypiä eingeleitet (besonders schön zu sehen im letzten Spiel gegen Dortmund), wogegen bei Hamburg Jarolim meistens den Ball von der Abwehr abholt, sodass er die Angriffe einleiten kann, während Ze Roberto weiter nach vorne eilt. Während der HSV vornehmlich über die linke Seite agiert, wo Elia spielt, ist das bei Leverkusen relativ ausgeglichen. Seit dem 8. Spieltag scheint Jupp Heynckes die Taktik umgestellt zu haben, denn seitdem agiert hauptsächlich Hyypiä, er spielt viele Pässe direkt auf die Außenbahnen, oder sogar zu den Stürmern, und die defensiven Mittelfeldspieler bekommen dann von den Vorderleuten den ball zugespielt. Dadurch ist in den Angriffen wesentlich mehr Tempo, weil die Mittelfeldspieler, die den Ball von vorne bekommen haben, sich nicht erst drehen müssen, und schon Tempo aufgenommen haben. Der Nachteil ist das zusätzliche Risiko, das durch die längeren Passwege entsteht. Friedrich, Hyypiäs Innenverteidiger Partner, spielt viele Bälle quer auf Hyypiä, dieser aber nur ein ganz paar auf Friedrich. Auch die anderen Spieler in der Defensive, AV und DM, suchen Hyypiä, welcher dann die Angriffe einleitet.
Beim HSV sind die Innenverteidiger weniger dominant, vielmehr ist David Jarolim der Mann, mit den meisten Pässen, den meisten Ballkontakten und meistens auch mit der weitesten zurückgelegten Strecke. Er holt den Ball von den Innenverteidigern ab, die vielmehr Querpässe spielen, als die Leverkusener Innenverteidiger. Dafür spielen sie weniger Pässe direkt auf die Außenverteidiger. Auch spielt der HSV mehr zu den Außenspielern im Mittelfeld, sodass dann die Außenverteidiger nachrücken, wogegen Leverkusen mehr von Außenverteidiger zu Mittelfeldspieler spielt.
Aufrufe: 30699 | Kommentare: 20 | Bewertungen: 21 | Erstellt:27.10.2009
ø 9.2
KOMMENTARE
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28.10.2009 | 14:21 Uhr
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Fave :
Gefällt mir sehr gut. Inhaltlich nichts auszusetzen und auch an Satzbau etc. mangelt es nicht, daher 10 P
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28.10.2009 | 14:20 Uhr
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Ach ja, 10 Punkte, obwohl ich mir ein bisschen wie in der Schule vorkomme, bei deinem Schreibstil
P.S.:Du bist nicht zufällig Trainer in ner Kreisliga oder so?
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28.10.2009 | 13:40 Uhr
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Boggler :
@Taktiker: genau so ist es und in der Bundesliga können es im Moment wirklich nur die beiden von dir genannten Mannschaften spielen, da der HSV & Bayer die richtige Mischung aus Ballsicherheit und Kreativität haben.
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28.10.2009 | 13:29 Uhr
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Taktiker :
@BogglerDa hast du recht, wenn man auf jeder Position nur mittelmäßige und vor allem ideenfreie Spieler hat, ist das System sehr statisch.
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28.10.2009 | 13:19 Uhr
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Boggler :
Sehr guter und vorallem inhaltlich völlig korrekter Blog.
Das flache 4-4-2 steht und fällt nach meiner Ansicht (extrem beim HSV) mit den beiden 6ern. Diese müssen sich vorallem durch eine extreme Ballsicherheit auszeichnen da Ballverluste in diesem Bereich die größte Gefahr für dieses System sind.
Im Spiel nach vorne sind mittelmäßige Mannschaften extrem ausrechenbar bei dieser Variante. Das beste Gegenbeispiel für ein unberechenbares Offensivspiel war hingegen das Arsenal mit Henry, Bergkamp, Ljungberg, Pires, Wiltord usw. Diese Spieler konnten während eines Spiels verschiedene der 4 offensiven Positionen besetzen und blieben dadurch schwer zu decken.
Alles in allem ist das ein solides System dem aber gerade in der Offensive viel Leben eingehaucht werden muss damit es funktioniert.
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28.10.2009 | 08:34 Uhr
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Mir gefällt, dass Du auf die, sich durch das Spielermaterial
ergebenden Variationen eingehst.
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27.10.2009 | 21:28 Uhr
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Donald :
Wieder ein klasse Taktikblogklare 10 Punkte
zum Thema: Die Flache Vier ist ein sehr kompaktes System, das durch die zwei defensiven Mittelfeldspieler in der Defensive sehr abgesichert ist. Das verleiht der Defensive viel Stabilität. Problem ist der Bereich zwischen den Sechsern und den Stürmern. Hier braucht man einen mitspielenden Stürmer, am besten sogar eine hängende Spitze, um diesen Bereich abzudecken. Bei dem System können dafür die AV sehr oft maschieren und flanken. Bei schnellen Gegenzügen fehlen sie dann aber hinten.
Wie bei jedem System: Es gibt Vor- und Nachteile.
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27.10.2009 | 20:58 Uhr
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Taktiker :
Würde mich über Anregungen, Verbesserungsvorschläge, Ergänzungen und Kommentare freuen.
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Das tut mir leid, das du dich wie in der Schule fühlst! ich versuchs halt so zu erklären, dass man es auch ohne großartige Vorkenntnisse versteht. Und Trainer in der Kreisliga bin ich net...
@all Danke für das ganze Lob!