13.02.2011 um 21:25 Uhr
Geschrieben von possessionplay
Der Traum vom Fliegen:Weltrekord
Nun ist also das mit Spannung erwartete Spektakel auf der neuen Megaschanze in Vikersund vorbei. Sprünge bis zu 250 Meter sollten dort möglich sein, die Norweger hatten sich das erklärte Ziel gesetzt, den Weltrekord, der so lange im slowenischen Planica lag, wieder zurück in die Heimat des Skispringens zu holen – und sie haben es geschafft.
Diese Weitenjagd war schon immer ein großes Thema rund um das Skifliegen. Sepp Bradl sprang in den 30er-Jahren als erster Mensch über 100 m, Toni Nieminen stand als erster Springer einen Flug über 200 m, das war 1994. Seitdem wurde es immer rasanter. Solche Flüge sind heute Normalität geworden.
Bevor ich jetzt meine Meinung zu diesem Thema abgeben werde, so will ich doch vorher kurz die jüngere Geschichte des Weltrekordes erzählen:
Nach dem ersten 200er-Flug wurden die Weiten immer größer. Bis zum Ende des Jahrzehntes kratzte man schon an den 220 m. Diese waren in Planica allerdings nicht mehr möglich, wie Martin Schmitt und Tommy Ingebrigsten aufgezeigt hatten. Also wurde die Schanze komplett modernisiert:
Schon ging der Rekord auf 224,5 und dann auf 225 m nach oben, schließlich schraubte der damals zusammen mit Doppel-Skiflugweltmeister Ljökelsöey wohl beste Flieger, Matti Hautamäki, den Rekord auf sagenhafte 231 m. Einfach aufgrund des unglaublichen Luftstandes ein unglaublicher Flug,
für mich sogar schöner...
....als einige, die noch weiter gehen sollten: Beim denkwürdigen Saison-Finale 2005.
Romoeren holte sich am letzten Flugtag den Rekord in der Probe (234,5), aber Hautamäki holte ihn im 2. Wertungsdurchgang zurück (235,5). Schließlich übertrumpfte der Norweger den Finnen mit 239 m. Seitdem stand der Weltrekord mit dieser Marke und Romoeren ließ sich den Rekord auf seinen Helm malen.
Janne Ahonen stürzte im gleichen Springen bei 240 m und wehrte sich trotz Verletzungen im Rippenbereich strikt gegen einen medizinischen Check im Krankenhaus, aus Angst: Denn am Tag zuvor hatten einige Springer einen Saufabend veranstaltet und Ahonen war noch angetrunken. Eigentlich wäre der Sprung noch viel weiter gegangen, aber Ahonen musste ihn abbrechen, sonst hätte es ihn zerlegt:
Die FIS wurde nach diesem Springen wieder vorsichtig mit dem Anlauf in Planica. Bereits in den 80er-Jahren galten neue Weltrekorde nicht als offiziell und wurden nur mit 191 m gewertet. In den 90er-Jahren hob die FIS das Ganze dann wieder auf.
Auch nach 2005 wollte der Skiverband der Rekordjagd Einheit gebieten, aber immer wieder gab es Topspringer, die so stark waren, dass man ihr Leistungsvermögen nicht einschätzen konnte und sie daher trotz der vorsichtigen Jury nahe an den Rekord herankamen: Schlierenzauer überflog 2008 zweimal die 230 m, bei der letzjährigen Skiflug-WM fielen die 230 m viermal und etliche Male fast. Simon Amman fehlten nur 2,5 m zum Rekord:
Jener Ammann war auch einer der Hauptdarsteller ein Jahr zuvor als die Sprünge auch in solche Dimensionen zu gehen drohten. Da der Wettkampf allerdings mehrfach neu gestartet wurde, fanden einige tolle Flüge nicht den Weg in die Ergebnislisten. Bei diesem Sturz von Ammann sieht man die unfassbare Höhe:
Nun ist es also den Norwegern gelungen, den Rekord wieder in ihr Land zu holen, zum ersten Mal seit 44 Jahren. Die Anlage wurde extra dafür ausgerichtet, zuvor scheiterte ein solcher Versuch an der FIS. Bereits im ersten Trainingsdurchgang knackte Johan Remen Evensen den Rekord (243 m), um ihn in der Quali erneut zu überfliegen: 246,5 m!!!
Die Schanze schien genau auf ihn ausgelegt zu sein: Eine flache Flugkurve und kurz vor dem K-Punkt steigt man noch einmal weg. Genau der Stil von Evensen. Er und der zweifache Tagessieger Gregor Schlierenzauer flogen der Konkurrenz davon, selbst bei niedrigerem Anlauf und Rückenwind konnten sie die besten Weiten springen. Manch ein Springer, der gestern in den 2. Durchgang kam, schaffte nicht einmal mit 2 Sprüngen die Punktzahl, die die Ausnahmeflieger in einem erreichten.
Die Jury war vor allem in den Wettkämpfen sehr vorsichtig und hat auch viele kurze Flüge und auch kurze Flüge von Top-Springern in Kauf genommen. Und auch wenn die norwegischen Zuschauer extrem schnell die kurzen Weiten mit Pfiffen bedachten, hatte die Jury fast immer Recht, bis auf die Verkürzung im 1. Durchgang heute vielleicht.
Es ist schon komisch, wenn man selbst gerne gesehen hätte, dass die Jury etwas großzügiger mit dem Anlauf umgeht, obwohl doch der alte Rekord sechsmal überflogen wurde, zudem mehrfach neue Landesrekorde aufgestellt wurden (NOR, FIN, AUT, SLO, SUI, ITA) und so viele persönliche Bestweiten, dass man sie gar nicht alle aufzählen kann.
Sicherlich wird die Jagd nach den Rekorden weitergehen. Man muss auch akzeptieren, wenn die Jury mit dem Anlauf vorsichtig umgeht. Der Fan will sicherlich weite Sprünge sehen, aber auch nicht wenn die Gesundheit gefährdet ist. Das schien aber in Vikersund (noch) nicht der Fall zu sein, vor allem weil aufgrund der flacheren Flugkurve die Springer wohl nicht ganz so heftig "runterfallen"
Was mich stört ist, dass die FIS den neuen Rekord von Evensen von 246,5 m nicht offiziell anerkennt. Dass das das falsche Mittel ist, um die Jagd nach Rekorden einzudämmen, sollte man aus der Vergangenheit schon erkannt haben. Und wieso nimmt die FIS die Schanze in Vikersund dann überhaupt ab? Wieso blenden sie bei jedem Springer die persönliche Bestleistung ein? Das ist doch auch eine Form von Rekordjagd, wenn jeder seinen eigenen Hausrekord knacken will.
Die FIS wird sich nicht gegen die Entwicklung wehren können. Die geplanten Projekte in Finnland, der mögliche Umbau des Kulm, die wohl noch nicht komplett ausgeflogene Anlage in Vikersund, die stillen Pläne von Iroonwood und auch die Schanze in Planica (sehr verdächtig, dass man den Norwegern gratuliert, denn sonst hat man bisher immer im Auslauf rumgebuddelt) sind klare Zeichen, in welche Richtung es viele sehen und haben wollen...
Diese Weitenjagd war schon immer ein großes Thema rund um das Skifliegen. Sepp Bradl sprang in den 30er-Jahren als erster Mensch über 100 m, Toni Nieminen stand als erster Springer einen Flug über 200 m, das war 1994. Seitdem wurde es immer rasanter. Solche Flüge sind heute Normalität geworden.
Bevor ich jetzt meine Meinung zu diesem Thema abgeben werde, so will ich doch vorher kurz die jüngere Geschichte des Weltrekordes erzählen:
Nach dem ersten 200er-Flug wurden die Weiten immer größer. Bis zum Ende des Jahrzehntes kratzte man schon an den 220 m. Diese waren in Planica allerdings nicht mehr möglich, wie Martin Schmitt und Tommy Ingebrigsten aufgezeigt hatten. Also wurde die Schanze komplett modernisiert:
Schon ging der Rekord auf 224,5 und dann auf 225 m nach oben, schließlich schraubte der damals zusammen mit Doppel-Skiflugweltmeister Ljökelsöey wohl beste Flieger, Matti Hautamäki, den Rekord auf sagenhafte 231 m. Einfach aufgrund des unglaublichen Luftstandes ein unglaublicher Flug,
für mich sogar schöner...
....als einige, die noch weiter gehen sollten: Beim denkwürdigen Saison-Finale 2005.
Romoeren holte sich am letzten Flugtag den Rekord in der Probe (234,5), aber Hautamäki holte ihn im 2. Wertungsdurchgang zurück (235,5). Schließlich übertrumpfte der Norweger den Finnen mit 239 m. Seitdem stand der Weltrekord mit dieser Marke und Romoeren ließ sich den Rekord auf seinen Helm malen.
Janne Ahonen stürzte im gleichen Springen bei 240 m und wehrte sich trotz Verletzungen im Rippenbereich strikt gegen einen medizinischen Check im Krankenhaus, aus Angst: Denn am Tag zuvor hatten einige Springer einen Saufabend veranstaltet und Ahonen war noch angetrunken. Eigentlich wäre der Sprung noch viel weiter gegangen, aber Ahonen musste ihn abbrechen, sonst hätte es ihn zerlegt:
Die FIS wurde nach diesem Springen wieder vorsichtig mit dem Anlauf in Planica. Bereits in den 80er-Jahren galten neue Weltrekorde nicht als offiziell und wurden nur mit 191 m gewertet. In den 90er-Jahren hob die FIS das Ganze dann wieder auf.
Auch nach 2005 wollte der Skiverband der Rekordjagd Einheit gebieten, aber immer wieder gab es Topspringer, die so stark waren, dass man ihr Leistungsvermögen nicht einschätzen konnte und sie daher trotz der vorsichtigen Jury nahe an den Rekord herankamen: Schlierenzauer überflog 2008 zweimal die 230 m, bei der letzjährigen Skiflug-WM fielen die 230 m viermal und etliche Male fast. Simon Amman fehlten nur 2,5 m zum Rekord:
Jener Ammann war auch einer der Hauptdarsteller ein Jahr zuvor als die Sprünge auch in solche Dimensionen zu gehen drohten. Da der Wettkampf allerdings mehrfach neu gestartet wurde, fanden einige tolle Flüge nicht den Weg in die Ergebnislisten. Bei diesem Sturz von Ammann sieht man die unfassbare Höhe:
Nun ist es also den Norwegern gelungen, den Rekord wieder in ihr Land zu holen, zum ersten Mal seit 44 Jahren. Die Anlage wurde extra dafür ausgerichtet, zuvor scheiterte ein solcher Versuch an der FIS. Bereits im ersten Trainingsdurchgang knackte Johan Remen Evensen den Rekord (243 m), um ihn in der Quali erneut zu überfliegen: 246,5 m!!!
Die Schanze schien genau auf ihn ausgelegt zu sein: Eine flache Flugkurve und kurz vor dem K-Punkt steigt man noch einmal weg. Genau der Stil von Evensen. Er und der zweifache Tagessieger Gregor Schlierenzauer flogen der Konkurrenz davon, selbst bei niedrigerem Anlauf und Rückenwind konnten sie die besten Weiten springen. Manch ein Springer, der gestern in den 2. Durchgang kam, schaffte nicht einmal mit 2 Sprüngen die Punktzahl, die die Ausnahmeflieger in einem erreichten.
Die Jury war vor allem in den Wettkämpfen sehr vorsichtig und hat auch viele kurze Flüge und auch kurze Flüge von Top-Springern in Kauf genommen. Und auch wenn die norwegischen Zuschauer extrem schnell die kurzen Weiten mit Pfiffen bedachten, hatte die Jury fast immer Recht, bis auf die Verkürzung im 1. Durchgang heute vielleicht.
Es ist schon komisch, wenn man selbst gerne gesehen hätte, dass die Jury etwas großzügiger mit dem Anlauf umgeht, obwohl doch der alte Rekord sechsmal überflogen wurde, zudem mehrfach neue Landesrekorde aufgestellt wurden (NOR, FIN, AUT, SLO, SUI, ITA) und so viele persönliche Bestweiten, dass man sie gar nicht alle aufzählen kann.
Sicherlich wird die Jagd nach den Rekorden weitergehen. Man muss auch akzeptieren, wenn die Jury mit dem Anlauf vorsichtig umgeht. Der Fan will sicherlich weite Sprünge sehen, aber auch nicht wenn die Gesundheit gefährdet ist. Das schien aber in Vikersund (noch) nicht der Fall zu sein, vor allem weil aufgrund der flacheren Flugkurve die Springer wohl nicht ganz so heftig "runterfallen"
Was mich stört ist, dass die FIS den neuen Rekord von Evensen von 246,5 m nicht offiziell anerkennt. Dass das das falsche Mittel ist, um die Jagd nach Rekorden einzudämmen, sollte man aus der Vergangenheit schon erkannt haben. Und wieso nimmt die FIS die Schanze in Vikersund dann überhaupt ab? Wieso blenden sie bei jedem Springer die persönliche Bestleistung ein? Das ist doch auch eine Form von Rekordjagd, wenn jeder seinen eigenen Hausrekord knacken will.
Die FIS wird sich nicht gegen die Entwicklung wehren können. Die geplanten Projekte in Finnland, der mögliche Umbau des Kulm, die wohl noch nicht komplett ausgeflogene Anlage in Vikersund, die stillen Pläne von Iroonwood und auch die Schanze in Planica (sehr verdächtig, dass man den Norwegern gratuliert, denn sonst hat man bisher immer im Auslauf rumgebuddelt) sind klare Zeichen, in welche Richtung es viele sehen und haben wollen...
Aufrufe: 6630 | Kommentare: 10 | Bewertungen: 6 | Erstellt:13.02.2011
ø 8.3
KOMMENTARE
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17.02.2011 | 16:54 Uhr
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riesery :
Schöner Blog interessantes Thema.Die meisten Sprünge habe ich live gesehen wie du schon gesagt hast wär Ahonen damals noch bedeutend weiter geflogen als eh schon so musste er den Sprung auf machen und ist trotzdem nach über 200 Metern auf die fast flache Ebene aus 8 Metern Höhe geprallt man kann sich gar nicht mehr vorstellen was für Kräfte da auf die Knie wirken.
Hab neulich ein Bericht gesehen über Entwickllung im Skispingen und da hieß es es sind in Zukunft Flüge drin bis zu 300 Metern wenn die Schanze so gestaltet ist wie in Vikersund also flach verlaufend am Hang.
10 P
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17.02.2011 | 16:40 Uhr
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Hörnli :
Sicherlich ist die Schanze in Planica veraltert,dennoch sehen die Sprünge auf ihr einfach geiler aus.
Sehe es wie jasi.
In Vikersund sehen die Flüge wie auf einer Großschanze aus.
Dieses Fliegen wird mir da eher in Planica vermittelt.
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17.02.2011 | 14:44 Uhr
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17.02.2011 | 14:24 Uhr
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jasi2106 :
Wirklich ein sehr schöner Blog. Skifliegen ist eines der Highlights für mich im Sportjahr. Bis jetzt konnte ich leider nur Sprünge live auf der Normalschanze in Hinterzarten sehen. Das mal vor Ort mitzuerleben können, muss echt der Hammer sein.
@Hörnli
wenn ich mir jetzt die Sprünge hier nochmal in den Videos anschaue, finde ich die Sprünge von Romören, Amman und Co. in Planica besser. Die Schanze ist für den Zuseher einfach spektakulärer. Und auch vom eigenen Gefühl denke ich, dass die Sprünge weiter sind. Die Sprünge in Vikersund sehen halt so aus wie auf den meisten Großschanzen, außer dass die Springer länger in der Luft sind. Das soll nicht die Leistungen von Evensen schmälern, Planica ist seit Jahren einfach DIE Skiflugschanze für mich.
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17.02.2011 | 14:16 Uhr
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Es ist alles eine Frage des Profils der Schanze.
Und die in Planica ist eben veraltet.
Warum man Vikersund umbauen musste und Planica nicht ist mir ein Rätsel, da Planica nicht besser war als die alte Schanze in Vikersund. Und es wird weiter gehen in Zukunft. Auch mit Typen wie Evensen, die das Skifliegen perfektionieren.
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17.02.2011 | 00:17 Uhr
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Hörnli :
Bei allem Respekt vor Evensens Leistung, aber für mich bleibt Romoerens Rekord (egal ob jetzt offiziell oder nicht) der einzig wahre.Die Flugkurve ist in Planica einfach geiler (das sehen die Kniescheiben der Springer wohl anders )
Für mich sind die einzelnen Schanzenrekorde allerdings ohnehin bedeutender wie so ein Weltrekord. Auf einer 300m-Schanze weiter zu fliegen wie auf einer 200m-Schanze heißt nicht, dass auch der Sprung besser war.
In Planica 239m weit zu fliegen ist hingegen sensationell.
Wieviel die 246,5 in Vikersund wert sind, wird erst die Zeit zeigen.
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17.02.2011 | 00:11 Uhr
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Hörnli :
Romoerens 239m-Flug war um einiges geiler wie Evensens 246,5m.Diese Selbstverständlichkeit mit dem Romoeren mal eben bis in den Flachteil springt...sensationell.
Ahonen hatte einen unglaublichen Luftstand.
Leider war das Landen nie Ahonens größte Stärke (im Verhältnis zu seinen anderen Qualitäten), was bei einem derartigen Landedruck natürlich gnadenlos bestraft wird.
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16.02.2011 | 21:50 Uhr
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14.02.2011 | 14:33 Uhr
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mamö99 :
Sehr schöner Blog! Der Druck muss ja dann so groß sein, das ist nur schwer zu ertragen.. siehe 240m-Sprung von Ahonen. 10 Punkte!
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Dir ist sicherlich aufgefallen, dass auf Spox noch keine funktionierende Wintersport-Community existiert.
Deshalb habe ich die Gruppe "Spox-Wintersport" (http://www.spox.com/myspox/groupmitglieder/Spox-Wintersport,182041.html) ins Leben gerufen!
Ich denke, dass in einer funktionierenden Gruppe eventuell die Möglichkeit besteht, dass mehr User deine Beiträge lesen können.
Also hoffe ich, dass du unsere Gruppe mit weiteren solcher lesenswerten Beiträge bereicherst!