Vergessene Fußballhelden
22.06.2009 um 18:06 Uhr
Geschrieben von Taktiker
Der erste Spielmacher
In diesem Blog möchte ich noch einmal an jene Zeit erinnern, als die ungarische Nationalmannschaft 32 Pflichtspiele am Stück nicht verloren hatte, und dies in beeindruckender Art und Weise. Sie spielten damals erfrischenden Offensivfußball, Star des Teams war Kapitän Ferenc Puskas, der nach dem Volksaufstand 1956 in Spanien noch für Aufsehen sorgen sollte. Er spielte nach einer 18- monatigen Sperre wegen Vertragsbruch für Real Madrid, mit denen er dreimal den Europapokal der Landesmeister und die spanische Meisterschaft gewann. Zusätzlich wurde er in beiden Wettbewerben mehrmals Torschützenkönig.
Puskas im ungarischen Nationaltrikot
Über Puskas war 1954 vieles bekannt, jedes Team versuchte diesen Spieler auszuschalten, in der Hoffnung so die Tormaschinerie Ungarns aufhalten zu können. Aber nur einer hatte damals erkannt, dass die meisten Angriffe nicht von Puskas geleitet wurden, sondern von einem anderen Spieler, der im Vergleich zu Puskas relativ unbekannt war:
Die Rede ist von Nandor Hidegkuti. Dieser Spieler war in der Aufstellung als Mittelstürmer angegeben, allerdings ließ er sich immer wieder zurück fallen, um die Angriffe selbst einzuleiten. Man sprach später davon, dass er sich „die Tore selbst auflegt". Tatsächlich jedoch war Hidegkuti der erste wahre Spielmacher, den die Welt gesehen hat. Er strahlte Torgefahr aus, verfügte über ein gutes Passspiel und eine herausragende Spielübersicht. Dadurch, dass er im Schatten von Puskas stand, konnte er frei und relativ unbedrängt sein Spiel aufziehen.
So hatte er maßgeblichen Anteil daran, dass die ungarische Nationalmannschaft (Goldene Elf) vier Jahre lang ungeschlagen blieb. In dieser Zeit gewann Ungarn sowohl Olympisches Gold in Helsinki, als auch den Europapokal der Fußball- Nationalmannschaften, welcher als Vorläufer der heutigen Europameisterschaft gilt. Der wohl bekannteste Erfolg der ungarische Wunderelf ist wohl der historische 6:3 Sieg über England im Wembley Stadion. England hatte bis zu diesem Datum auf heimischen Boden noch nicht verloren. Sie wurden von Ungarn aber nach Strich und Faden vorgeführt, und mussten am Ende mit dem 3:6 noch durchaus zufrieden sein.
Doch nun zurück zu Hidegkuti: Während Puskas immer eine Sonderbewachung erhielt, ließ sich Hidegkuti auch während der Weltmeisterschaft 1954 in der Schweiz immer wieder ins Mittelfeld zurückfallen. Dies verwirrte seine Gegenspieler, weil sie anscheinend keine besonderen Anweisungen zu Hidegkuti bekommen hatten. Wahrscheinlich hatte kein Trainer erkannt, dass man die ungarische Angriffslust erheblich einschränken konnte, indem man den besten Manndecker nicht auf Puskas, sondern auf Hidegkuti schickt.
Also marschierte die ungarische Elf problemlos durch die Gruppenphase (9:0 gegen Südkorea, 8:3 gegen Deutschland). Ab dem Viertelfinale wurde es schwieriger, wartete dort doch der Vize- Weltmeister Brasilien, den man schließlich in der „Schlacht von Bern" mit 4:2 besiegen konnte. Im Halbfinale warteten die Weltmeister aus Uruguay, die bei Weltmeisterschaften bisher noch ungeschlagen waren. Dennoch ging Ungarn als Favorit in das Spiel, welches dann schließlich auch mit 4:2 n. V. (2:2) gewonnen werden konnte.
Nun wartete im Finale erneut Deutschland, die man, wie bereits erwähnt, in der Vorrunde mit 8:3 besiegt hatte. Doch anscheinend hatte Trainerfuchs Sepp Herberger, der die deutsche Fußballnation um Sprüche wie „Der Ball ist rund" und „Der nächste Gegner ist immer der schwerste" bereicherte. Dieser Sepp Herberger hatte die tragende Rolle Hidegkutis erkannt. So setzte er seinen besten Manndecker, Werner Liebrich, auf Hidegkuti an. Liebrich folgte dem Mittelstürmer und Spielmacher in Personalunion auf Schritt und Tritt. So hatte dieser viel weniger Freiräume, und konnte das ungarische Spiel nicht wie gewohnt aufziehen. Der Ausgang der Partie ist bekannt.
Sepp Herberger
Noch einmal zur Person Hidegkuti: Nandor Hidegkuti wurde am 3. März 1922 in Budapest geboren. Er starb am 14. Februar 2002 ebenfalls in Budapest, im Alter von 79 Jahren. Hidegkuti war 1,79m groß und 74kg schwer, entsprach also in keinster Weise den normalen physischen Anlagen eines Mittelstürmers. Er bestritt 69 Länderspiele, davon gewann er 53. Insgesamt erzielte er für die ungarische Nationalelf 39 Tore, und bereitete unzählige vor. 1951, 1953 und 1958 wurde er mit MTK Budapest ungarischer Meister. 1952 wurde er ungarischer Pokalsieger.
Seine Trainerkarriere begann Hidegkuti 1960 bei MTK Budapest, ehe er 1961 nach Italien ging. Im selben Jahr holte er mit dem AC Florenz den Europapokal der Pokalsieger. Im darauf folgenden Jahr stand er mit seinem Team erneut im Finale, verlor dieses allerdings. Nach einer kurzen Zwischenstation beim AC Mantua kehrte er nach Ungarn zurück, wo er den Rába ETO Gyà151r trainierte. Mit eben diesem Verein wurde er ungarischer Meister und war Halbfinalist im Europapokal der Landesmeister.
Nandor Hidegkuti als Spieler
Ihr seht er war sowohl als Spieler als auch als Trainer sehr erfolgreich, wobei er als Spieler nie aus dem Schatten Puskas heraustreten konnte und nur in Ungarn erfolgreich war. Dennoch gilt er als einer der größten Spieler aller Zeiten, leider ist nicht sehr viel über ihn bekannt oder in Erfahrung zu bringen.
Ich hoffe ich konnte euch den ersten wahren Spielmacher ein wenig näher bringen und euren Horizont ein wenig erweitern.
P.S. Ich hatte diesen Blog schonmal veröffentlicht, allerdings erschien mir die Gruppe als passender...
Puskas im ungarischen Nationaltrikot
Über Puskas war 1954 vieles bekannt, jedes Team versuchte diesen Spieler auszuschalten, in der Hoffnung so die Tormaschinerie Ungarns aufhalten zu können. Aber nur einer hatte damals erkannt, dass die meisten Angriffe nicht von Puskas geleitet wurden, sondern von einem anderen Spieler, der im Vergleich zu Puskas relativ unbekannt war:
Die Rede ist von Nandor Hidegkuti. Dieser Spieler war in der Aufstellung als Mittelstürmer angegeben, allerdings ließ er sich immer wieder zurück fallen, um die Angriffe selbst einzuleiten. Man sprach später davon, dass er sich „die Tore selbst auflegt". Tatsächlich jedoch war Hidegkuti der erste wahre Spielmacher, den die Welt gesehen hat. Er strahlte Torgefahr aus, verfügte über ein gutes Passspiel und eine herausragende Spielübersicht. Dadurch, dass er im Schatten von Puskas stand, konnte er frei und relativ unbedrängt sein Spiel aufziehen.
So hatte er maßgeblichen Anteil daran, dass die ungarische Nationalmannschaft (Goldene Elf) vier Jahre lang ungeschlagen blieb. In dieser Zeit gewann Ungarn sowohl Olympisches Gold in Helsinki, als auch den Europapokal der Fußball- Nationalmannschaften, welcher als Vorläufer der heutigen Europameisterschaft gilt. Der wohl bekannteste Erfolg der ungarische Wunderelf ist wohl der historische 6:3 Sieg über England im Wembley Stadion. England hatte bis zu diesem Datum auf heimischen Boden noch nicht verloren. Sie wurden von Ungarn aber nach Strich und Faden vorgeführt, und mussten am Ende mit dem 3:6 noch durchaus zufrieden sein.
Doch nun zurück zu Hidegkuti: Während Puskas immer eine Sonderbewachung erhielt, ließ sich Hidegkuti auch während der Weltmeisterschaft 1954 in der Schweiz immer wieder ins Mittelfeld zurückfallen. Dies verwirrte seine Gegenspieler, weil sie anscheinend keine besonderen Anweisungen zu Hidegkuti bekommen hatten. Wahrscheinlich hatte kein Trainer erkannt, dass man die ungarische Angriffslust erheblich einschränken konnte, indem man den besten Manndecker nicht auf Puskas, sondern auf Hidegkuti schickt.
Also marschierte die ungarische Elf problemlos durch die Gruppenphase (9:0 gegen Südkorea, 8:3 gegen Deutschland). Ab dem Viertelfinale wurde es schwieriger, wartete dort doch der Vize- Weltmeister Brasilien, den man schließlich in der „Schlacht von Bern" mit 4:2 besiegen konnte. Im Halbfinale warteten die Weltmeister aus Uruguay, die bei Weltmeisterschaften bisher noch ungeschlagen waren. Dennoch ging Ungarn als Favorit in das Spiel, welches dann schließlich auch mit 4:2 n. V. (2:2) gewonnen werden konnte.
Nun wartete im Finale erneut Deutschland, die man, wie bereits erwähnt, in der Vorrunde mit 8:3 besiegt hatte. Doch anscheinend hatte Trainerfuchs Sepp Herberger, der die deutsche Fußballnation um Sprüche wie „Der Ball ist rund" und „Der nächste Gegner ist immer der schwerste" bereicherte. Dieser Sepp Herberger hatte die tragende Rolle Hidegkutis erkannt. So setzte er seinen besten Manndecker, Werner Liebrich, auf Hidegkuti an. Liebrich folgte dem Mittelstürmer und Spielmacher in Personalunion auf Schritt und Tritt. So hatte dieser viel weniger Freiräume, und konnte das ungarische Spiel nicht wie gewohnt aufziehen. Der Ausgang der Partie ist bekannt.
Sepp Herberger
Noch einmal zur Person Hidegkuti: Nandor Hidegkuti wurde am 3. März 1922 in Budapest geboren. Er starb am 14. Februar 2002 ebenfalls in Budapest, im Alter von 79 Jahren. Hidegkuti war 1,79m groß und 74kg schwer, entsprach also in keinster Weise den normalen physischen Anlagen eines Mittelstürmers. Er bestritt 69 Länderspiele, davon gewann er 53. Insgesamt erzielte er für die ungarische Nationalelf 39 Tore, und bereitete unzählige vor. 1951, 1953 und 1958 wurde er mit MTK Budapest ungarischer Meister. 1952 wurde er ungarischer Pokalsieger.
Seine Trainerkarriere begann Hidegkuti 1960 bei MTK Budapest, ehe er 1961 nach Italien ging. Im selben Jahr holte er mit dem AC Florenz den Europapokal der Pokalsieger. Im darauf folgenden Jahr stand er mit seinem Team erneut im Finale, verlor dieses allerdings. Nach einer kurzen Zwischenstation beim AC Mantua kehrte er nach Ungarn zurück, wo er den Rába ETO Gyà151r trainierte. Mit eben diesem Verein wurde er ungarischer Meister und war Halbfinalist im Europapokal der Landesmeister.
Nandor Hidegkuti als Spieler
Ihr seht er war sowohl als Spieler als auch als Trainer sehr erfolgreich, wobei er als Spieler nie aus dem Schatten Puskas heraustreten konnte und nur in Ungarn erfolgreich war. Dennoch gilt er als einer der größten Spieler aller Zeiten, leider ist nicht sehr viel über ihn bekannt oder in Erfahrung zu bringen.
Ich hoffe ich konnte euch den ersten wahren Spielmacher ein wenig näher bringen und euren Horizont ein wenig erweitern.
P.S. Ich hatte diesen Blog schonmal veröffentlicht, allerdings erschien mir die Gruppe als passender...
Aufrufe: 5415 | Kommentare: 12 | Bewertungen: 18 | Erstellt:22.06.2009
ø 9.8
KOMMENTARE
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22.06.2009 | 18:28 Uhr
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Zarathustra :
Klasse Blog. Ich muss zugeben, dass mir Hidegkuti bisher unbekannt war. Freut mich mal wieder etwas dazu gelernt zu haben. Ich habe gestern erst in anderem Zshg über Puskas nachgedacht. Da kommt dein Artikel wie gerufen. 10/10.
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