Flügelspieler
Auf der linken Mittelfeldseite kommen wir nun endlich mal zu einem deutschen Feldspieler. Bei keinem anderen Schalker ist die Bezeichnung "positiv Bekloppter" so treffend wie bei ihm. Jörg Böhme polarisierte mit seinem Spiel auf dem Flügel. Er fand stets dankbare Abnehmer seiner präzisen Hereingaben, aus verheißungsvollen Distanzen (und "verheißungsvoll" konnte bei Böhme auch aus einer beträchtlichen Entfernung sein) zischte der ein oder andere ruhende Ball auch mal in den Giebel. Konnte sowohl Schlenzen als auch den Hammer auspacken – diese Mischung verdient ohne Zweifel eine Nominierung in unserer Auswahl.
Auf der gegenüberliegenden Seite ist der Mann zu Hause, der mit Abstand die meisten Spiele im vergangenen Jahrzehnt in Königsblau absolviert hat. Auf 328 Pflichtspiele hat es Gerald Asamoah, der sich schon früh als "Blondie" zum Pubiklumsliebling entwickelte, gebracht. Kaum ein Spieler war schwieriger vom Ball zu trennen als unser bulliger "Asa". Immer mal wieder für ein Tor gut (oft auch in der Sturmzentrale eingesetzt) und vor allem kämpferisch ein Vorbild für die gesamte Mannschaft. Asamoah entwickelte sich zu einer Identifikationsfigur, die auf dem Platz am Limit spielte (er war eigentlich gar kein so überragender Fußballer) und neben dem Platz als Gute-Laune-Gerald für Heiterkeit sorgte. Hinterließ auch im Nationalteam einen bleibenden Eindruck (nicht nur als DJ in der Kabine!). Sein Abschied war der bewegendste, den wir in den letzten Jahren auf Schalke erleben mussten.

Offensives Mittelfeld
Wir haben uns für eine Raute im Mittelfeld entschieden, also gibt es nur eine logische Besetzung der "Zehn": Lincoln. Bei keinem anderen Spieler lagen Genie und Wahnsinn so nah beieinander. Ich lehne mich nicht weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass er der beste Schalker Fußballer des vergangenen Jahrzehnts war. Eine überragende Technik, eine hervorragende Übersicht und das Talent, den tödlichen Pass zu spielen. Von seiner Sorte gibt es im modernen Fußball nur noch wenige. Sicherlich, er ist ein schwieriger Charakter gewesen (vergleichbar mit Diego aktuell bei Wolfsburg): wenn er nicht möchte und es nicht läuft, dann neigte er dazu, das Spiel zu verweigern. Aber die Bremer werden sich dran erinnern, dass so ein Spieler (ich komme wieder auf den Diego-Vergleich) auch mal über eine gesamte Spielzeit für viel Freude sorgen kann. Mit Lincolns Freistoßtoren, Hebern und unnachahmlichen No-Look-Pässen kann man mehrere Highlight-Videos auf Youtube zusammenschneiden.



Angriff
Kommen wir zum Angriff. Dort muss einfach "Danish Dynamite" gezündet werden. Ebbe Sand wird in Gelsenkirchen verehrt, seine Kombination aus Tormaschine und einem unheimlich sympathischen Menschen ist noch immer im Gedächtnis aller Fans. Sicherte sich 2001 die Torjägerkanone, seit seinem Abgang fand man nie wieder einen Stürmer mit seiner Coolness und seinen Knipserqualitäten. Hat dieses "angeborene" Gespür, war sich aber auch nicht zu schade für das Team zu ackern. Er bildete zusammen mit Mpenza das erfolgreichste Sturmduo des Jahrzehnts. An seiner Seite lassen wir Kevin Kuranyi auflaufen – "Hate him or love him". An ihm schieden sich die Geister, aber Fakt ist: Kuranyi hat seine Buden gemacht. Regelmäßig. Des öfteren unglücklich vor dem gegnerischen Tor (technische Fehler waren keine Seltenheit), doch aus meiner Sicht schossen sich die Fans viel zu oft und zu schnell auf ihn als Buhmann ein. Ich möchte für ihn eine Lanze brechen und ihm für sein laufintensives Spiel über Jahre hinweg danken. Und seine Tore, die er jede Spielzeit machte – auch mal gegen ein Pfeifkonzert.

Ersatzbank
Die Bank reiße ich nur noch kurz an: Frank Rost sitzt dort als Nummer Zwei. Bitter für einen Keeper, der viel für den Verein geleistet hat. Seine direkte Art kam bei den Fans besser an als bei den Trainern und Verantwortlichen. Aber seine Leistungen waren über Jahre einwandfrei. Den Platz in der Elf hätte er verdient gehabt, wäre da nicht dieser Manuel Neuer... Als Abwehrersatzmann sitzt Mladen Krstajic auf der Bank, der lange zusammen mit Bordon den Laden dicht gehalten hat. Sicher kein starker Techniker, aber eine Bank im Luft- und Bodenzweikampf. In seinen letzten Jahren leider viel zu langsam und ständige Fehlerquelle. Aber nur, weil Nebenmann Bordon einfach nie zu altern schien, kann man Krstajic bezüglich dieser fehlenden "Magie" keinen Vorwurf machen. Als Mittelfeld-Alternativen haben wir Nemec, Möller und Wilmots dabei. Vor allem Nemec und Wilmots sind Legenden, die jeweils einen eigenen Blog verdient hätten. Die Geschichte von Möller ist sicher auch nicht ohne, der als Dortmunder die Schalker fast zur Meisterschaft geführt hätte. Kurz zur Erklärung: Nemec und Wilmots haben eher die 90er geprägt als das vergangene Jahrzehnt. Daher sitzen sie nur auf der Bank. Sie sind Legenden - das wurden sie aber er schon vor der Jahrtausendwende. Als Sturmersatz setzen wir auf Emile Mpenza. Spielte eine furiose Spielzeit an der Seite von Ebbe Sand. Mpenza brachte alles mit, was ein Top-Stürmer brauchte: Eine starke Technik, eine beeindruckende Athletik, enorme Sprungkraft, sowie eine passable Abschlussstärke. Es ist mir ein Rätsel, warum dieser Spieler keine größere Karriere in Europa starten konnte. Stand sich anscheinend eher selbst im Weg, denn die Anlagen hatte er allemal – schade.



Coach
Keine Frage – Huub Stevens! Mir gefielen sowohl Slomka als auch Rangnick als Knappen-Trainer, aber Stevens ist einfach DER Trainer der letzten Jahrzehnte. In 6 Jahren leitete er 154 Partien, darunter auch die "Meister der Herzen"-Truppe und die Eurofighter. Er brachte den Benelux-Style in den Pott und zeigte bei seinen Mannschafts-Zusammenstellungen wiederholt Feingespür und Fachkenntnis. Die Ergebnisse lügen nicht (die drei Euro zahlt der Lattek für mich ins Phrasenschwein)!

Fazit: Viele verschiedene Charaktere, an die man sich als Schalker gerne zurückerinnert. Von den Ruhepolen Waldoch und Bordon bis hin zu den Lincolns und Böhmes. Vom Publikumsliebling Sand bis zum oft kritisierten Kuranyi. Die Mischung macht's – alles andere wäre ja langweilig. Und das war das vergangene Jahrzehnt nun weiß Gott nicht auf Schalke!

P.S.: Nun habt ihr euch von der Top-Elf berieseln lassen - die Flop-Elf wird von euch gewählt!