Standpunkte XXIX
Immer wenn man denkt, es gibt keine Steigerung mehr, was den medialen Hype um gewisse Personen angeht, sieht man sich rasch eines Besseren belehrt. Nach Little Buddha Klinsmann, dem warmen Mantelträger van Gaal und dem einst beratungsresistenten Heynckes kommt nun mit Pep Guardiola der smart lächelnde neue Dirigent des FC Bayern.
Während Klinsmann und van Gaal den FC Bayern ganz auf ihre eigene Art und Weise prägen wollten, aber aus diversen Gründen scheiterten, übernahm Jupp Heynckes das Zepter. Anfangs von mir kritisch beäugt ob seiner teils merkwürdigen Aufstellungen und Wechselorgien, gab ihm jedoch der Erfolg im 2. Jahr seiner Amtszeit Recht. Historisches hat er erreicht. Triple-Sieger darf er sich nennen und spätestens jetzt ist er im Olymp der Trainer Gilde angelangt.
Nun ist ja der allgemeine Bayernfan ziemlich verwöhnt, was Erfolge angeht, und logischerweise fragt man sich nach dieser letzten Wahnsinnssaison. Was soll jetzt folgen? Richterweise sagte Hoeneß am 24.06.13 bei der Vorstellung von Pep Guardiola "Den Thron besteigen ist das eine, oben bleiben etwas ganz anderes". Ich stimme diesem Satz im Grunde zu. Nicht umsonst ist es noch keinem Team gelungen den Champions-League-Titel zu verteidigen. Unser Präsident sagte auch weiter "Wer wenn nicht Guardiola sollte in der Lage sein, dieses erreichte Niveau zu halten".
Was mich allerdings etwas nachdenklich stimmt, ist diese mediale Ausschlachtung bei dem Thema Guardiola. Hatte ich nach dessen Verpflichtung noch ein gewisses Verständnis dafür, so muss ich aber spätestens seit gestern mit dem Kopf schütteln. Wobei ich da nicht mal Guardiola selbst die Schuld zuweisen möchte. Er ist ja nun mal zwar der Protagonist, jedoch muss er ja irgendwann einmal seinen Dienst antreten und dies tat er gestern, ganz medienwirksam, so wie es der FC Bayern ja auch selber gerne sieht.
Das weltweite Interesse war so groß, das man sogar in die Allianz-Arena ausweichen musste und selbst dort hatte man das Gefühl, dass der Presseraum aus allen Nähten platzen würde. Was gab es alles in den Printausgaben zu lesen. Vom Heilsbringer über Messias bis hin zur Gleichstellung mit Gott war alles zu lesen. Ein bisschen viel für eine Person, die schließlich nur den Beruf eines Fußballtrainers ausübt. Dass man einen Pep Guardiola, der als das Nonplusultra in der Trainerzunft zählt, nicht einfach so zwischen Tür und Angel präsentieren kann, ist selbstredend, aber ich bin der Meinung, man hat schon eine gewisse Verunsicherung bei ihm spüren können.
Die Mimik verriet aus meiner Sicht schon, dass es ihm etwas unangenehm war so im Mittelpunkt zu stehen. Gerade er, der sich sonst nie durch Interviews in den Vordergrund stellt. Klar, seine künftigen Wegbegleiter Rummenigge, Hoeneß und Sammer, genossen den Augenblick, eben jenen Trainer vorstellen zu können, der in 4 Jahren 14 Titel mit Barcelona geholt hat. Es war sicher auch ein Stück weit Stolz, weil es eben keiner für möglich hielt, dass ein Pep Guardiala nach München kommt. Auch ein Stück weit Wertschätzung für das, was der FC Bayern sich in den ganzen Jahren hart erarbeitet hat.
Die Presse verneigt sich vor Pep Guardiola. Er hat quasi Deutschland im Sturm erobert. Frauen sind mit Sicherheit vor dem TV-Geräten dahingeschmolzen, wenn Pep sein verschmitztes Lächeln aufsetzte und mit seinen rehbraunen Augen in die Kamera schaute.
Mal ganz im Ernst, was haben denn die TV-Anstalten erwartet, was sie erwartet? Sicher, Pressekonferenzen sind oftmals lahme Veranstaltungen, aber diese ganzen Sondersendungen, die es im TV zu sehen gab, sind einfach einen Ticken too much für mich. Ein Kommentar trifft es ganz besonders gut. Hier kannst du ihn nachlesen!
Ich bin gespannt, wie weit man diese Schraube des Hypes noch drehen kann. Nun gibt es sogar erstmalig ein öffentliches Training in der Allianz Arena an 2 Tagen mit jeweils 25.000 Zuschauern. Den Hintergrund kann ich natürlich voll unterstützen, immerhin kostet die Karte 5 Euro und die Einnahmen werden den Flutopfern zu Gute kommen. Aber dass der Vorverkauf dieser Karten schon im Fernseh übertragen werden... Armes Deutschland, gibt es nichts Wichtigeres?
Wahrscheinlich wird es demnächst der Bayern-Megastore mit Pep-Artikeln aus allen Nähten platzen. Ich stelle mir da so folgendes vor: Pepiletten für den Stadionbesuch, Pepsi Cola, Weizenbier mit Pep für den echten Bayernfan, für die kleinen einen Pepschnuller oder den Pep-Latz und für die Frauen wird es Pepverhüterlis geben.
Bitte nicht falsch verstehen, generell habe ich nichts gegen Vorschusslorbeeren, aber man sollte doch Guardiola erst mal ankommen lassen und vor allem in Ruhe arbeiten lassen. Wie schnell Stimmungen kippen können, hat man auch beim FC Bayern schon oft genug gesehen. Siehe Klinsmann oder auch van Gaal. Trotz aller Leistungen von Pep Guardiola es ist und bleibt nach es wie vor nur ein Spiel. Ein Fußballspiel und auch er muss in München Erfolge vorweisen. Denn genau die Medien, die ihn jetzt als einen über das Wasser laufenden Magier darstellen, werden ganz schnell die Keule rausholen und drauf hauen, wenn es nicht läuft.
Generell würde ich mich freuen, wenn man wieder mal einen Gang zurückschaltet, was passiert denn wenn man diese Schraube überdreht. Was kommt nach Guardiola? Gibt es noch eine Steigerung und wenn ja welche? Wir haben jetzt schon einen Spieleretat von 160 Millionen Euro. Und bitte kommt mir nicht mit der Laier, wir haben es doch. Selbst wenn man es hat, muss man ja nicht jeden Transferwahn mitmachen. Ein bisschen mache ich mir Sorgen um meinen FC Bayern. Es ist gerade einmal knapp 4 Wochen her, als man Historisches erreicht hat, doch bei den meisten ist dies schon wieder aus den Köpfen.
Mein kurzes Fazit.
Ich freue mich wie Bolle auf die neue Saison, auf einen Götze und eventuell natürlich noch auf den einen oder anderen Neuzugang. Ich freue mich natürlich auch riesig auf Guardiola, bin gespannt, was er bei der Mannschaft alles bewirken, verändern, feinjustieren kann. Ob er sie erreicht, ihr einen erkennbaren Stempel aufdrücken kann. Und vor allem bin ich gespannt, ob man ihn in Ruhe arbeiten lässt und nicht nach möglichen Rückschlägen in Frage stellt. Ich persönlich muss dieses Triple nicht sofort wiederholt haben. Als Fan kann ich auch mal mit einer titellosen Saison leben, sofern ich tollen Fußball sehe und sehe, dass die Mannschaft alles für den Verein gibt. Mit einer Beurteilung würde ich es wie bei Mathias Sammer halten. Einfach mal eine Saison abwarten und nicht nach 2-3 Wochen schon Wunderdinge erwarten. Die Vorrausetzungen könnten nicht besser sein für einen Guardiola aber die waren auch schon für einen Trapattoni, Klinsmann oder van Gaal super.
In diesem Sinne. Bitte liebes Sommerloch sei bald zu Ende und lass den Fußball wieder beginnen.