Es ist amtlich. Endlich. Endlich ist Heidenheim am deklarierten Ziel. Zweite Liga ab 2014/15. Es ist die Krönung und der Lohn eines Vereins, der eine beeindruckende Entwicklung durchlebt hat. Seit 2007 spielen die Württemberger als 1. FC Heidenheim. 2008 gelang im ersten Jahr des jetzigen Aufstiegstrainers Frank Schmidt der Aufstieg in die Regionalliga Süd. Mit 72 Punkten qualifizierte sich Heidenheim souverän für die neu gegründete dritte Bundesliga, die sich aus den besten Vereinen aller Regionalligen zusammensetzte. Die konsequent verfolgte Philosophie der Verantwortlichen brachte nach zwei knapp verpassten Aufstiegen 2014 endlich den verdienten Erfolg. Man setzt auf Spieler aus der Region, fördert die Jugendarbeit und steigt immer mehr zur regionalen Großmacht auf. Aalen, bisher ligentechnisch der größte Verein aus der Region, wird bereits im nächsten Jahr überflügelt werden. Vergleiche mit der TSG Hoffenheim, die immer wieder aufgestellt werden, zeugen von Unwissenheit und vom Neid der anderen Vereine. Denn Heidenheims rasanter Aufstieg wurde nicht von einem Mäzen gefördert und beschleunigt, sondern von vielen regionalen Investoren gestützt. Zwei Firmen fallen aus diesem Raster. Voith und Hartmann steuern zusammen 20 Prozent der Sponsorensumme bei, sind aber dennoch weit davon entfernt die Rolle typischer Investoren oder Mäzene einzunehmen. Denn ihr Geld wird vor allem in die Infrastruktur und das Umfeld gesteckt. Gerade das Umfeld macht Heidenheim besonders: Ruhe, eine breite Basis und kompetentes Personal bilden die Kernbereiche des Aufsteigers.
Symptomatisch für die Nachhaltigkeit ist Trainer Schmidt. Er ist bereits seit 2007 im Amt und hat noch ehrgeizige Pläne mit seiner Mannschaft, die eindrucksvoll bewiesen hat, wie man finanzstärkeren Klubs wie Leipzig trotzen kann.
Der Star
Marc Schnatterer (28)
Kapitän, Topscorer, Identifikationsfigur. Kaum jemand steht so sehr für den Erfolg der Heidenheimer wie die württembergische Gallionsfigur. Der linke Mittelfeldspieler kam 2008 nach zwei durchwachsenen Jahren beim KSC nach Heidenheim, das gerade in die viertklassige Regionalliga Süd aufgestiegen war. Mit sieben Treffern hatte der Offensiv-Spieler einen entscheidenden Anteil am Aufstieg in die dritte Liga. In seinem ersten Profijahr bestritt er alle 36 Spiele und war mit 13 Scorerpunkten einer der Leistungsträger. In den nächsten drei Spielzeiten entwickelte Schnatterer sich zum Kapitän und einem der besten Spieler der Liga. Der Aufstieg blieb der Nummer Sieben in den drei Jahren denkbar knapp verwehrt.
Schnatterer glänzt sowohl als Torschütze, als auch als Vorbereiter. Er ist mit einem guten Auge, einer nahezu perfekten Schusstechnik und viel Ballgefühl ausgestattet Attribute, die ihn nicht nur zum Topstar Heidenheims machen, sondern zu einem der besten Spieler der Liga.
Der 28-jährige hat in seinen fünf Drittliga-Jahren unfassbare 139 Scorerpunkte (70 Tore, 69 Assists) gesammelt - Zahlen, die weitere Worte über den Kapitän überflüssig machen.
Players to watch
Erol Sabanov (39)
Sabanov gehört neben Schnatterer und Göhlert zu den Publikumslieblingen schlechthin. Seit 2007 hütet der mittlerweile 39-jährige das Heidenheimer Tor und ist sowohl auf, als auch neben dem Platz enorm wichtig im Kader. Der publikumsnahe Keeper besticht durch Erfahrung, Ruhe und vor allem durch eines: Konstanz. Selbst als der Familienvater zwischenzeitlich seinen Stammplatz verloren hatte, brachte er weiter Leistung und spielt in dieser Saison eine der besten seiner Karriere.Es ist offen, ob Sabanov im kommenden Jahr als Spieler oder in anderer Funktion tätig sein wird. Seinen Reflexen stehen Mängel im Spielaufbau gegenüber, er ist klar ein Torwart der alten Schule.
Tim Göhlert (29) & Mathias Wittek (25)
23 Gegentore in bisher 35 Spielen. 20 Spiele zu Null. Nicht nur wegen dieser Werte bilden Göhlert und Wittek das beste Innenvereidiger-Gespann der dritten Liga, das auch eine Etage höher eine zentrale Rolle einnehmen soll. Der ältere Göhlert ist seit 2005 bei Heidenheim und ist der Abwehrchef. Als eisenharter Abräumer mit gutem Stellungsspiel dirigiert er den Defensivverbund. Göhlert hat bereits 182 Spiele in der dritten Liga auf dem Buckel (21 Tore) und weiß aufgrund seiner Beidfüßigkeit auch eine saubere beidseitige Spieleröffnung in seinem Repertoire.
Wittek ist das jüngere Pendant und spielt erst seit 2012 beim FCH. Der Deutschpole ergänzt sich perfekt mit seinem Nebenmann und ist wie Göhlert eine echte Macht in der Luft (1,90 Meter und 1,93 Meter).
Philip Heise (22)
Beim DFB hat man ein ausgemachtes Linksverteidiger-Problem. In Heidenheim kann man darüber nur müde lächeln. Denn Heise, der vor der Saison von Preußen Münster kam, spielt eine bockstarke Saison. Der 22-jährige verpasste keine einzige Pflichtspiel-Minute und überzeugt durch Schnelligkeit und Abgeklärtheit. Nach vier Vorlagen klappte zuletzt auch das Toreschießen. An den beiden letzten Spieltagen traf der Außenverteidiger, darunter ein toller direkter Freistoß zum Aufstieg. Heise wird eine Bereicherung für die 2. Liga darstellen.
Sebastian Griesbeck (23)
Der Sechser ist so etwas wie der heimliche Star der Mannschaft. Der ehemalige Ulmer ist das Herzstück des installierten Defensiv-Kontruktes. Zwar ist der körperlich starke Griesbeck technisch limitiert, in puncto Zweikampfstärke und Robustheit ist er aber eine Klasse für sich. Als Abfangjäger bügelt er durch gute Antizipation viele Fehler seiner Teamkollegen aus und hält die Defensive zusammen. Schwächen im Umschaltspiel kaschiert er durch viele sichere Pässe. Auch als alleiniger Sechser bot Schmidt ihn schon auf, ein Zeichen für die Wertschätzung des Trainers, dessen oberstes Credo Sicherheit lautet. Mit 1,88 Metern Körpergröße komplettiert er die körperlich wahnsinnig stark Mittelachse.
Smail Morabit (25)
Als einer von nur zwei Ausländern im Team nimmt der Ex-Bochumer eine sehr wichtige Rolle ein. Als eine von meist zwei Spitzen ist der Franzose viel unterwegs, lässt sich oft fallen und interpretiert seine Rolle als Halbstürmer, dessen Revier die Räume zwischen der Viererkette und den Sechsern des Gegners ist. Der Rechtsfuß ist schnell und technisch stark und hat bereits sieben Treffer auf seinem Konto, mehr als alle anderen Stürmer. Der 25-jährige ist nur ausgeliehen, dies ist eine der Aufgaben im Sommer, ihn zu halten. Schmidt schätzt seinen Torjäger vor allem für dessen Vielseitigkeit, kann er doch auch Zehner und auf den Außenbahnen spielen.
Weitere Akteure
Dass fast nur Defensivspieler oben auftauchen ist kein Zufall, denn ebendies ist die Stärke der Heidenheimer: die Konstanz in der Abwehr. Wirft man einen Blick auf den Kader des 1.FCH fallen einem einige bekannte Namen auf. Da wäre Ersatztorwart Sattelmaier, ehemals Nummer Drei beim FC Bayern, der es wider Erwarten nicht geschafft hat den Sabanov zu verdrängen. Vom Namen her für Drittligaverhältnisse fast ein Superstar ist Michael Thurk, der inzwischen 37 ist und bei 23 Einsätzen nur vier Mal in der Startelf stand. Den Platz neben Morabit nahm entweder der ehemalige Augsburger Patrick Mayer ein (sechs Tore), oder der junge körperlich stärkere Florian Niederlechner (sechs Tore). Ebenfalls nicht konstant besetzt blieb die Rechtsverteidiger-Position. Dennis Malura spielte meistens, offenbarte aber in mehreren Bereichen Schwächen. Auch Zweitwahl Strauß konnte sich bei seinen Einsätzen nicht nachhaltig empfehlen. Am 32. Spieltag spielte gar Allzweckwaffe Griesbeck rechts hinten, weil Malura und Strauß verletzt fehlten. Neben dem Secher spielen entweder der defensivere Julius Reinhardt oder das ehemmalige Talent der Frankfurter Eintracht Marcel Titsch-Rivero, den eine Leistenoperation allerdings zu einer längeren Pause zwang. Eine fast schon tragische Rolle im Kader nimmt Sven Sökler ein. Der hochveranlagte Zehner kam mit einer starken Saison bei Saarbrücken vor der Saison, wurde nachdem er in den ersten Spielen in der Startelf aufgelaufen war, schließlich Opfer der System umstellung Schmidts vom 4-2-3-1 zum 4-4-2. Seitdem muss er oft im ungeliebten rechten Mittelfeld ran.
Weitere erwähnenswerte Spieler sind Mittelfeldspieler Alper Bagceci und Talent Anthony Jarvis Coppola, das noch in der zweiten Mannschaft spielt.
Der Trainer
Frank Schmidt (40)
Als Spieler schnürte er mit mäßigem Erfolg für Fürth, Wien, Aachen, Mannheim und Heidenheim die Schuhe. 2007, nur eine Saison nach seinem Karriereende übernahm er den Heidenheimer Trainerposten als Übergangslösung von Dieter Märkle. Weil der Erfolg mit dem damals erst 33-jährigen zurückkehrte blieb er bis zum Saisonende und feierte prompt den Aufstieg in die vierte Liga. Schmidts Konzept fruchtete weiter, sodass 2009 der nächste Aufstieg gefeiert werden konnte. Nachdem er 2010 die Ausbildung zum Fußballlehrer abgeschlossen hat, konnte 2014 endlich der ersehnte Aufstieg in die zweite Liga erreicht werden. Schmidt ist erst 40 Jahre alt und doch schon seit sieben Jahren Cheftrainer in Heidenheim.
Einen intensiven Einblick in das Innenleben des nicht nur wegen seines Akzents an Christian Steich erinnernden Trainers erhält man in Aljoscha Pauses brillanter Dokumentation "Trainer", die den Weg von Stephan Schmidt, André Schubert und eben Frank Schmidt begleitet.
Schmidt lässt ein 4-4-2 spielen mit klarem Fokus auf Sicherheit und kompaktem Verengen der Räume. Er setzt auf intensives Pressing, das bereits bei den Stürmern beginnt. Trotz vieler kurzer Pässe, soll das Mittelfeld schnell überbrückt werden, auch lange Pässe sind ein Stilmittel des FCH. Auch ein 4-3-3 mit drei defensiven Mittelfeldspielern und der starken Flügelzange Schnatterer/Morabit hat Schmidt schon spielen lassen.
Fazit
Positiv:
Homogenes Umfeld mit professionellen Strukturen und guter Infrastruktur
Kompetentes und eingespieltes Trainerteam
Gute Teamchemie
Griffiges und funktionierendes Defensiv-Konzept
Überragendes Teampressing
Individuelle Klasse (Schnatterer, Morabit)
Aufstrebende Fankultur in der Region
Körperlich präsentes Spiel (Lufthoheit)
Kurzpassspiel
Hunger auf Erfolg
Negativ:
Qualitätsgefälle
Probleme bei Gegenpressing
Kreativ-Vakuum in der Zentrale
Bauernopfer Sökler
Abhängigkeit von Schnatterer
Torwart-Problem (Alter, Spieleröffnung)
Laufwege im Umschaltspiel
Griesbeck war eine richtig guter Transfer im Sommer und einer der Säulen für den Aufstieg. Defensiv bärenstark und er räumt einfach unglaublich viel weg.
Weiterhin war es sehr wichtig, dass Frank Schmidt sein Spielsystem umgestellt hat. Früher war immer Offensivspektakel bei den Spielen von Heidenheim geboten. Da schoss man mal den Gegner mit 5:1 aus dem heimischen Stadion, wurde dann und wann auch mal zerpflückt, weil man die Defensive vergessen hat. Das sieht man, zum Leidwesen der Eventfans, so gut wie gar nicht mehr. Man spielt unspektakulären, in der Rückrunde teilweise grottigen Fußball, aber ist gnadenlos effektiv und steht hinten richtig gut.
Als dritten Punkt war die Entlastung von Schnatterer wichtig. Zwar ist man immer noch zu oft von ihm abhängig, aber in dieser Saison gab es immer wieder jemanden (mal Morabit, mal Bagceci, usw.) die den Kapitän entlasteten. Aber da muss man definitiv noch nachlegen.
Genauso wie auf der seit Jahren nicht optimal besetzten Position des RMs. Problematisch ist auch die Stürmerposition: Thurk hat seine besten Jahre hinter sich, Mayer leider viel zu häufig verletzt, Morabit ist technisch richtig stark, aber kein klassischer Mittelstürmer und Niederlechner scheint seine Leistungsgrenze erreicht zu haben.
Sökler sehe ich allerdings nicht als Bauernopfer. Er ist leider ein "Schönwetterkicker", der nie an die Leistung aus der vergangenen Saison bei Saarbrücken anknüpfen konnte.
Aber der Herr Broich wurde Spieler des Jahres in Australien
Und steht in den Finalspielen mit Brisbayne!!
Der Aufstieg war nach der letzten Saison vorhersehbar und völlig verdient.
Ich denke, dass Sabanov aufhören wird, dafür soll ja eventuell Zimmermann (von Darmstadt) oder nach neuesten Gerüchten ja Timo Ochs (Saarbrücken) kommen, beides starke Keeper.
Mit Michael Vitzthum kommt noch ein neuer Linksverteidiger.
Meiner Meinung nach müsste aber noch ein starker Stürmer, bzw. Umschaltspieler verpflichtet werden, Niederlechner hat mich in dieser Saison enttäuscht.
In der 3. hatte der FCH oftmals Probleme das Spiel gegen tiefstehende Gegner zu gestalten, dies sollte in der 2. nicht mehr der Fall sein und somit muss das Umschaltspiel verbessert werden.
Klasse geschrieben!
Definitv ist Heidenheim der verdiente Meister der 3. Liga!
Bin gespannt, wie sie sich in der 2. Liga schlagen.