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Taktikecke


Gründer: Taktiker | Mitglieder: 190 | Beiträge: 21
21.01.2011 um 15:52 Uhr
Geschrieben von Taktiker
Die goldene Mitte?
Mittelfeldpressing

Nachdem ich mich im letzten Teil dem Abwehrpressing gewidmet habe, möchte ich heute meiner Pressingserie mit dem Mittelfeldpressing fortfahren.

Im Gegensatz zum Abwehrpressing ist das Mittelfeldpressing nicht nur für Außenseiterteams geeignet. Es ist sozusagen der Mittelweg der Pressingarten, und wie in so vielen Sachen ist der Mittelweg letzten Endes der Weg, der von einer Mehrheit genommen und auch getragen wird.

Jetzt sagt der Name Mittelfeldpressing natürlich schon einiges über die tatsächliche Spielweise in diesem Pressingsystem aus. Es wird, wer hätte es gedacht, in der Mittelzone des Spielfelds gepresst. Hierbei darf der Gegner bis zu einer vom Trainer festgelegten Linie, häufig etwa zehn Meter vor der Mittelinie, relativ unbehelligt spielen. Ab dieser imaginären Linie wird der Gegner dann aktiv attackiert. Wie in allen Pressingarten ist neben der Sicherung des eigenen Tores vor allem die Verhinderung eines einfachen Rück- oder Querpasses äußerst wichtig. Andernfalls werden unnötig Kräfte geopfert für ein kaum erfolgsversprechendes Unterfangen.

Also gilt es, sowohl den direkten Weg zum eigenen Tor zuzumachen, als auch den Rückweg zu verstellen, ist der Gegner erst einmal in die zu pressende Zone gelangt. Es gibt hierbei verschiedene Ansätze, wann und wie der Ballbesitzer attackiert wird.

Viele Mannschaften versuchen schon den ersten Pass in die Mittelzone zu unterbinden und hoffen darauf, dass es dem Gegner irgendwann zu heikel wird und er auf weniger erfolgsversprechende Mittel wie Dribbling oder lange Bälle umsteigt.



Das Problem bei dieser Variante ist, dass man zwar einen geregelten Aufbau durch die Zentrale, gerade über die defensiven Mittelfeldspieler, weitestgehend verhindern kann, auf der anderen Seite jedoch extrem abhängig vom Gegner ist. Außerdem wird von den eigenen Spielern extreme Konzentration und Aufmerksamkeit verlangt, wenn ein einziger Spieler unachtsam ist fällt sofort das gesamte Defensiv-Kartenhaus in sich zusammen. Zudem muss man berücksichtigen, dass bei einer langfristigen Ausrichtung in dieser Spielweise die Spielfreude bei den Spielern abhanden kommen kann.

Da man weder den Gegner in eine gefährliche Zone lockt noch einen Ballgewinn erzielen möchte, ist man ausschließlich von den Handlungen seines Konkurrenten abhängig, was gerade bei Amateurmannschaften durchaus zu einer Automatisierung der Abläufe und damit zu einer Abstumpfung führen kann, die dem eigenen Spiel letzten Endes die Kreativität und Spielfreude raubt.

Eine andere häufig angewandte Methode ist die, den Pass in die Mittelzone zu erlauben, den ballbesitzenden Spieler dann jedoch umgehend von sämtlichen Mitspielern zu isolieren. Dann zieht die Mannschaft ihr Pressingnetz schnell und präzise zusammen um möglichst schnell einen Ballgewinn zu erzielen. Denn Pressing bedeutet immer auch Überzahl in Ballnähe schaffen, was andersherum eine Unterzahl in anderen Zonen bedeutet. Weder darf dem Ballbesitzer Zeit am Ball gestattet werden um einen Pass in eine dieser unterbesetzten Zonen zu spielen, noch zu viel Raum um eben diese Pässe spielen zu können bzw. den Ball aus der Gefahrenzone zu befördern.

Deswegen bevorzugen viele Teams eine Art Trichterpressing, welches den Gegner ähnlich wie beim Abwehrpressing nach innen zu den zweikampfstärksten Akteuren einer Mannschaft leiten soll.

In England Standard


In England, der selbsternannten härtesten Liga der Welt, tummeln sich die wohl zweikampfstärksten und kämpferischsten Spieler auf Top-Niveau. Das englische Spiel hat sich zu dem schnellsten der Welt entwickelt, begünstigt durch äußerst dynamische Spielertypen und Konditionswunder, die 90 Minuten das Feld umgraben. Im internationalen Vergleich sieht man Englands Vorteile, in der Champions League dominieren sie seit Jahren die anderen Ligen, auch wenn sie im letzten Jahr etwas schwächelten. Diese Vorteile sind neben dem deutlich höherem Laufpensum und den Tempovorteilen vor allem auch ihre weithin verbreitete Spieltaktik. Mit Ausnahme von Arsenal London setzen alle englischen Spitzenvereine auf eine grundsätzlich körperbetonte Kontertaktik.

Diese Art des Fußballs wird vor allem dadurch umgesetzt, dass die gegnerische Mannschaft gezielt gesteuert wird, natürlich mit einem ungemein hohen Grundtempo, das für die meisten europäischen Mannschaften schon ein Problem darstellt. Sämtliche englische Spitzenmannschaften haben herausragende Zweikämpfer in ihren Reihen, diesen Vorteil nutzen sie, indem sie den Gegner gezielt in deren Wirkungszonen leiten. Die oben angesprochene Trichteranordnung ist dabei die gängigste, weil simpelste und erfolgreichste Art der Lenkung. Bekommt ein Spieler in der Mitte den Ball, werden sämtliche Wege nach außen abgesichert, die Außenspieler ziehen das Netz langsam zu.



Gleichzeitig bekommt der Spieler Druck von den Stürmern bzw. offensiven Mittelfeldspielern. Es bleibt ihm also nur die "Flucht nach vorne". Ob dies in Form eines vertikalen Passes oder eines Tempodribblings geschieht ist unerheblich, Fakt ist, dass es bei guter Ausführung nur den Weg durch die Mitte gibt, und dort lauern häufig drei oder vier wirklich herausragende Zweikämpfer.



Die Gegner laufen geradezu in die Arme der Zentralen, was zu vielen und schnellen Ballgewinnen im Zentrum führt, die wiederum Auslöser eines Konterangriffs sind. Ist dieser nicht erfolgreich beginnt das Spiel von neuem, besonders interessant zu beobachten ist es, wenn beide Mannschaften auf diese Weise agieren und einander praktisch 90 Minuten über den Platz scheuchen. Dies führt zu sehr schnellen, häufig zerfahrenen und doch attraktiven Spielen, die den englischen Fußball nun mal ausmachen.

Die goldene Mitte?


Das Mittelfeldpressing ist sowohl für Favoriten als auch für Außenseiter praktikabel und verlangt einen akzeptablen Kraftaufwand. Zudem pendelt es sich zwischen den beiden Extremen Abwehr- und Angriffspressing ein. Also erscheint es nur logisch, dass das Mittelfeldpressing sich als internationaler Standard durchgesetzt hat und in den meisten Ligen eine Vormachtstellung genießt.

Allerdings hat sich schon häufig gezeigt, dass die Allgemeinheit lange einem Weg folgt, der letzten Endes nicht den gewünschten Erfolg verspricht, während sich einige "Außenseiter" mit ihrer eigenen Strategie einen klaren Wettbewerbsvorteil erarbeitet haben. Nun ist es so, dass dies in der Politik wie im Sport zumeist die kleinen Parteien sind, die unbeachtet von der großen Bühne ihren eigenen Weg gehen (können). Verfolgt man jedoch den Weg des Pressings, finden sich auch in der Weltspitze Mannschaften, die sich im Thema Pressing nicht im gemäßigten Mittelraum bewegen, sondern eine ernstzunehmende Alternative im Spiel gegen den Ball für die Zukunft spielen.

Doch dazu mehr in der nächsten Woche.
Aufrufe: 10657 | Kommentare: 12 | Bewertungen: 14 | Erstellt:21.01.2011
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KOMMENTARE
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TT1975
25.01.2011 | 14:37 Uhr
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TT1975 : Klasse!
25.01.2011 | 14:37 Uhr
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TT1975 : Klasse!
kurz und bündig.

klingt alles soo einfach... :)
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Boggler
24.01.2011 | 13:35 Uhr
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Boggler : 
24.01.2011 | 13:35 Uhr
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Boggler : 
Prima, einfach Prima. Relativ kompakt erklärt, einfache Worte benutzt und die Geschichte nicht komplizierter gemacht als sie ist.

TaktikerBlog + mrpink27Kommentar = der perfekte Beitrag zum Thema Mittelfeldpressing!!!

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La_Pulga
24.01.2011 | 12:01 Uhr
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La_Pulga : 
24.01.2011 | 12:01 Uhr
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La_Pulga : 
@Tobstar: Das ist schon richtig, aber es handelt sich ja um eine "allgemeingültige" Erklärung und Mittelfeldpressing wird in der Regel nunmal im 15-15 gespielt. Mehr wollte ich auch gar nicht sagen, war ja keine Kritik...

@Taktiker: Jetzt schon
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Taktiker
22.01.2011 | 19:46 Uhr
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Taktiker : 
22.01.2011 | 19:46 Uhr
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Taktiker : 
@la_pulga

Habe ich komischerweise noch nie gehört...

@ismael

Nunja, die Kondition ist natürlich die Basis für sämtliche Pressingarten. Damit der Gegner nicht 30 Minuten hintenrum spielt lässt man ja von Zeit zu Zeit bewusst einen Spieler in der Zentrale offen, wie auf den Bildern zu sehen.

Ich denke außerdem, dass die allerwenigsten Mannschaften die Nerven haben ständig fehlerfrei den Ball von links nach rechts zu spielen, findet sich keine Lücke spielt man risikofreudiger, agiert mit langen Bällen oder sucht auch mal das Dribbling.

Nichtsdestotrotz verlangt das Mittelfeldpressing, wie jede Pressingart, allen Spielern eine enorme Konzentration ab. Ich kenne es aus eigener Erfahrung, es kann nervtötend sein ständig nur zu verschieben, vor allem wenn man weiß, dass sich früher oder später ein Loch im eigenen Block auftun wird, weil nicht alle Spieler über das taktische Verständnis, die nötige Laufbereitschaft oder Kondition verfügen um diese Spielweise durchzuhalten.

@mrpink

Vollkommen richtig.
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mrpink27
22.01.2011 | 09:26 Uhr
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mrpink27 : 
22.01.2011 | 09:26 Uhr
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mrpink27 : 
Toll erklärt. Das wird eine Serie, die jeder lesen sollte. Einfach erklärt, nicht zu lang, aber auch nicht zu kurz!

Die Kondition ist beim Pressing immer wichtig, aber da das Ziel der Ballgewinn ist, sollte man nicht Minuten-lang dem Gegner nachlaufen, dann macht man was falsch.

Außerdem ist auch ein Abwehrpressing sehr anspruchsvoll, es erfordert enorme Konzentration (jeder Fehler kann zur Torchance führen). Beim Mittelfeldpressing hat man ja noch eine Abwehrreihe als Absicherung.

Eine Art Pressing über das ganze Spiel wird eh selten gespielt. Es gibt da ja verschiedenen Techniken. Dortmund macht in den ersten 10 Minuten enorm Druck, das soll auch den Gegner für die restlichen 80 Minuten beeindrucken. Barca tut sich mit einem frühen Tor auch leichter, weil sie dann vielleicht nicht 60 Minuten Pressing spielen müssen, sondern auch "tiefer" Verteidigen und Kontern können.

Es verändert sich die Belastung über ein Spiel, abhängig von den eigenen Fähigkeiten (Kondition, Konzentration) und dem Spielstand.
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ismail087
22.01.2011 | 03:02 Uhr
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ismail087 : 
22.01.2011 | 03:02 Uhr
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ismail087 : 
Ich finde ein Nachteil beim Mittelfeldpressing ist die Kondition und das Tempo.

Alle Spieler müssen über eine halbwegs gute Kondition verfügen und müsse sehr konzentriert sein. Denn ein Spieler im Mittelfeld muss in der Lage sein durch viele Sprints die Räume eng zu machen und gleichzeitig versuchen die Abstände zu seinen Mitspiler nicht zu groß werden lassen.Das kostet Kraft und Konzentration.

Auf Dauer geht es m.M.n. nicht.Denn wenn der Gegner die ganze Zeit, Beispiel Bayern; den Ball nur hin und her spielt, kommt es irgendwann dazu dass die pressende Mannschaft nur noch sich hinten reinstellen muss weil sie nicht am Ball kommt.
Das könnte passiern muss aber nicht.Weil nicht viele Mannschaften diese Spielweise wie der FC Bayern haben.
Auch weil viele Mannschaften diese Geduld nicht haben den Ball so lange rumzuschieben, bis sich im "Netz" ein Fehler reinschleicht.

Ich will damit sagen, man soll sich nicht andauernd darauf verlassen(z.B für kleiner Teams). Man sollte sich auch eine Option frei halten(wie du oben beschrieben hast) um bei Ballgewinn einen Angriff starten zu können.

Was meinst du Taktiker??

Zum Blog braucht man nicht viel zu sagen.Wie immer sehr gut. 10Punkte von mir
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possessionplay
21.01.2011 | 19:20 Uhr
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21.01.2011 | 19:20 Uhr
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Mal wieder sehr stark, muss ich schon sagen!

Wie immer eigentlich (sowas schreiben sie immer alle ) gut verdauliche Kost, sachlich-fachlich erklärt, präzise erläutert und schön veranschaulicht.
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T0bstar
21.01.2011 | 18:47 Uhr
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T0bstar : 
21.01.2011 | 18:47 Uhr
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T0bstar : 
@Taktiker: Das war keine Kritik von mir, ich finde es genau richtig, dass du es ohne aktuelle Beispiele machst. Als alter Bundesligamaniac versuche ich immer nur, einen Zusammenhang herzustellen ;)

@La_Pulga: Ich finde es richtig, dass er den "Fachbegriff" nicht genutzt hat. In dem Artikel steht ja, dass es eine bestimmte Linie ist, die meist ca. 10 m vor der Mittellinie beginnt. Das ist meiner Meinung nach schlüssiger, da hier gesagt wird, dass es keine 100% eindeutige Startlinie gibt. Der Begriff "15-15" ist ja zunächst einmal nur eine vereinfachende Richtlinie. Jede Mannschaft sollte für sich selber schauen, ob sie jetzt "15-15" oder "10-20" macht.
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La_Pulga
21.01.2011 | 16:58 Uhr
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La_Pulga : 
21.01.2011 | 16:58 Uhr
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La_Pulga : 
Wieder mal ein ganz starker Blog!

Mittelfeldpressing ist auch in den unteren Ligen die beliebteste Variante, gut, dass du das erklärst!

Einen wichtigen Fachbegriff hast du aber vergessen:

"Hierbei darf der Gegner bis zu einer vom Trainer festgelegten Linie"

Normalerweile nennt man das "15-15", also 15m vor der Linie und 15 dahinter.
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Taktiker
21.01.2011 | 16:30 Uhr
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Taktiker : 
21.01.2011 | 16:30 Uhr
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Taktiker : 
Ich versuche die Reihe so zu gestalten, dass sie auch in ein paar Jahren noch einigermaßen Gültigkeit besitzt, deswegen findet man wenige direkte Beispiele. Allerdings kommt man gerade beim Angriffspressing kaum drumherum, deswegen werden dort wohl ein paar Beispiele folgen.
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