26.12.2010 um 15:38 Uhr
Geschrieben von funkbarrio
Docteur Jekyll&Monsieur Zidane 2
"Yazid" wird zu "Zidane"
Abseits dieser Öffentlichkeit lernt er mit 17Jahren seine Frau Veronique kennen, zeitgleich wird er Profi… 17 Jahre lang. 17 Jahre lang entzückt er die Fans auf der ganzen Welt, stellt sich nach seinem Jahrhunderttor im Champions-League-Finale den Journalisten und redet von einmaligem Glück. Er redet von Maradona und seinem großen Idol Enzo Francescoli, Namensgeber seines Sohnes, mit feuchten Augen. Seine Erfolge und seine Art unterscheiden ihn früh von anderen Spielern. Doch zur Legende wird er erst am 9. Juli 2006. Denn nur tragische Enden bringen wahre Helden hervor.
Kurz zuvor, am 25. April, erklärt er seinen Rücktritt nach der WM und bittet um die Auflösung seines bis 2007 datierten Vertrags bei Real Madrid. Ständige Verletzungssorgen, die schwächelnde Nationalelf und die Erkenntnis, nicht mehr die nötige Leistungsfähigkeit und Motivation abrufen zu können, lassen ihn zu dem Entschluss kommen. Im letzten Heimspiel gegen Villareal schießt er ein Tor. Zum Abschied erhebt sich das gesamte Bernabeu mit Plakaten seines weißen Trikots mit der Nummer "5". Dem König der Königlichen wird gehuldigt, Reporterinnen weinen. Bühne frei für einen ungewissen letzten Auftritt.
"Er dominiert den Ball, er ist ein lebendes Spektakel und er spielt, als habe er einen Seidenhandschuh in jedem Fuß!" –Alfredo Di Stefano
30 Jahre zuvor ahnt der kleine Yazid nicht, dass sein Weg ihn von den staubig-grauen Plattenbauten seines Heimatviertels La Castellane im Norden von Marseille bis in einen Madrider Nobelvorort führen wird. Stundenlang kickt er in seinem Marseille-Trikot auf der Straße um besser zu werden, um zu gewinnen. Nun steht er nach seiner Gelbsperre im dritten und entscheidenden Gruppenspiel wieder auf dem Platz. Monsieur Zidane aus der Vorrunde weicht wieder dem Docteur. Bisher war die WM Frankreichs bestenfalls mittelmäßig, seinem Plan unwürdig mit einer großen Show und dem WM-Pokal abzutreten. Mit der undisziplinerten Aktion gegen Südkorea und dem frustrierten Tritt gegen die Leipziger Kabinentür, hater beinahe für das vorzeitige Aus gesorgt. Dabei ist Frankreich nur bei der WM, weil Zizou nach seinem Rücktritt noch zurückgekehrt ist. Die K.O.-Phase soll zu einer Reise in die Vergangenheit werden. Im gegenüber steht die junge, talentierte Mannschaft aus Spanien. Die iberische Presse fordert den Rentenantritt des Maestros, Luis Arragones gibt gegenüber Patrick Vieira rassistische Kommentare ab, die französische Mannschaft gilt als zu alt, zu langsam, zu schlecht. Alles ist bereit! Zidane erst recht. Mit einem fulminanten Konter schießt er die Spanier mit 3:1 aus dem Turnier. Frankreich erwacht, Zidane verletzt sich und Spanien scheitert wie sechs Jahre zuvor im EM-Viertelfinale an der "Equipe tricolore". Im nächsten Spiel wartet Brasilien. Erinnerungen werden wach.
Der Ruf, den Zidane genießt, gründet auf der Weltmeisterschaft 1998 im Heimatland. Vorher galt er als großes Talent mit einem entscheidenden Mangel: Erfolglosigkeit. Bei seinem Wechsel 1996 von Bordeaux zu Juventus Turin, meint sein Trainer Marcello Lippi, ihm fehle eine wichtige Eigenschaft: "Gewinnen, die Gewohnheit zu gewinnen!" In der Tat gewinnt Zidane bis dato nichts. Trotz Spielern wie Bixente Lizarazu und Christophe Dugarry, der später sein bester Freund und Café-Mitgründer werden sollte, bleibt das "triangle bordelais" ohne Titel. Größter Erfolg ist das Erreichen des UEFA-Cup-Finals nach einem Halbfinalsieg gegen AC Mailand. Gegen Bayern verliert man das Finale. Die erste Niederlage in einem internationalen Endspiel. Nach einem Autounfall kurz vor der EM in England und dem Erreichen des Halbfinals, wechselt er zu Juventus und sein Spiel wird bei aller Leichtigkeit physischer, robuster und erfolgreicher. Aus dem Jungen wird ein Mann. Aus Yazid Zidane. Bereits im ersten Jahr gewinnt er den Scudetto, ein zweiter folgt im Jahr darauf. Auch den italienischen und europäischen Super-Cup, sowie den Weltpokal gewinnt er gleich zu Beginn. Bleibt die Champions League… Und hier scheitert Zidane in zwei aufeinanderfolgenden Jahren im Finale. Niederlagen, die den besten Spieler der Welt schmerzen. Drei Finalpleiten…
Die französische Sportzeitung L'Equipe ergießt sich vor der Heim-WM 1998 in Zweifeln und Kritiken an ihm und "Les Bleus". Auch in den nächsten drei Jahren sollten ihm die internationalen Erfolge auf Klubebene verwehrt bleiben. Doch sein Image als ewiger Zweite kann er mit zwei Kopfballtreffern im Finale korrigieren. Aimé Jacquet meint später, dass eine "große Mannschaft immer ein großes Genie braucht" um eine WM zu gewinnen. Und dieses Genie offenbart sich zum ersten Mal im Finale gegen Brasilien. Gegen völlig indisponierte Brasilianer gewinnt Frankreich ungefährdet und imposant mit 3:0. Zidanes bis dahin durchwachsene WM wird zu seiner WM. Die Tätlichkeit im Gruppenspiel gegen Saudi-Arabien vergessen. Licht verdängt den Schatten. Zwei Millionen Menschen feiern auf den Champs-Elysées, sein Portrait ziert den "Arc de Triomphe", die Nation feiert den Traum von "black, blanc, beur" und aus Zidane wird "Zizou", der "Chouchou" aller Franzosen.
Teil 3: Zidane, président!
Abseits dieser Öffentlichkeit lernt er mit 17Jahren seine Frau Veronique kennen, zeitgleich wird er Profi… 17 Jahre lang. 17 Jahre lang entzückt er die Fans auf der ganzen Welt, stellt sich nach seinem Jahrhunderttor im Champions-League-Finale den Journalisten und redet von einmaligem Glück. Er redet von Maradona und seinem großen Idol Enzo Francescoli, Namensgeber seines Sohnes, mit feuchten Augen. Seine Erfolge und seine Art unterscheiden ihn früh von anderen Spielern. Doch zur Legende wird er erst am 9. Juli 2006. Denn nur tragische Enden bringen wahre Helden hervor.
Kurz zuvor, am 25. April, erklärt er seinen Rücktritt nach der WM und bittet um die Auflösung seines bis 2007 datierten Vertrags bei Real Madrid. Ständige Verletzungssorgen, die schwächelnde Nationalelf und die Erkenntnis, nicht mehr die nötige Leistungsfähigkeit und Motivation abrufen zu können, lassen ihn zu dem Entschluss kommen. Im letzten Heimspiel gegen Villareal schießt er ein Tor. Zum Abschied erhebt sich das gesamte Bernabeu mit Plakaten seines weißen Trikots mit der Nummer "5". Dem König der Königlichen wird gehuldigt, Reporterinnen weinen. Bühne frei für einen ungewissen letzten Auftritt.
"Er dominiert den Ball, er ist ein lebendes Spektakel und er spielt, als habe er einen Seidenhandschuh in jedem Fuß!" –Alfredo Di Stefano
30 Jahre zuvor ahnt der kleine Yazid nicht, dass sein Weg ihn von den staubig-grauen Plattenbauten seines Heimatviertels La Castellane im Norden von Marseille bis in einen Madrider Nobelvorort führen wird. Stundenlang kickt er in seinem Marseille-Trikot auf der Straße um besser zu werden, um zu gewinnen. Nun steht er nach seiner Gelbsperre im dritten und entscheidenden Gruppenspiel wieder auf dem Platz. Monsieur Zidane aus der Vorrunde weicht wieder dem Docteur. Bisher war die WM Frankreichs bestenfalls mittelmäßig, seinem Plan unwürdig mit einer großen Show und dem WM-Pokal abzutreten. Mit der undisziplinerten Aktion gegen Südkorea und dem frustrierten Tritt gegen die Leipziger Kabinentür, hater beinahe für das vorzeitige Aus gesorgt. Dabei ist Frankreich nur bei der WM, weil Zizou nach seinem Rücktritt noch zurückgekehrt ist. Die K.O.-Phase soll zu einer Reise in die Vergangenheit werden. Im gegenüber steht die junge, talentierte Mannschaft aus Spanien. Die iberische Presse fordert den Rentenantritt des Maestros, Luis Arragones gibt gegenüber Patrick Vieira rassistische Kommentare ab, die französische Mannschaft gilt als zu alt, zu langsam, zu schlecht. Alles ist bereit! Zidane erst recht. Mit einem fulminanten Konter schießt er die Spanier mit 3:1 aus dem Turnier. Frankreich erwacht, Zidane verletzt sich und Spanien scheitert wie sechs Jahre zuvor im EM-Viertelfinale an der "Equipe tricolore". Im nächsten Spiel wartet Brasilien. Erinnerungen werden wach.
Der Ruf, den Zidane genießt, gründet auf der Weltmeisterschaft 1998 im Heimatland. Vorher galt er als großes Talent mit einem entscheidenden Mangel: Erfolglosigkeit. Bei seinem Wechsel 1996 von Bordeaux zu Juventus Turin, meint sein Trainer Marcello Lippi, ihm fehle eine wichtige Eigenschaft: "Gewinnen, die Gewohnheit zu gewinnen!" In der Tat gewinnt Zidane bis dato nichts. Trotz Spielern wie Bixente Lizarazu und Christophe Dugarry, der später sein bester Freund und Café-Mitgründer werden sollte, bleibt das "triangle bordelais" ohne Titel. Größter Erfolg ist das Erreichen des UEFA-Cup-Finals nach einem Halbfinalsieg gegen AC Mailand. Gegen Bayern verliert man das Finale. Die erste Niederlage in einem internationalen Endspiel. Nach einem Autounfall kurz vor der EM in England und dem Erreichen des Halbfinals, wechselt er zu Juventus und sein Spiel wird bei aller Leichtigkeit physischer, robuster und erfolgreicher. Aus dem Jungen wird ein Mann. Aus Yazid Zidane. Bereits im ersten Jahr gewinnt er den Scudetto, ein zweiter folgt im Jahr darauf. Auch den italienischen und europäischen Super-Cup, sowie den Weltpokal gewinnt er gleich zu Beginn. Bleibt die Champions League… Und hier scheitert Zidane in zwei aufeinanderfolgenden Jahren im Finale. Niederlagen, die den besten Spieler der Welt schmerzen. Drei Finalpleiten…
Die französische Sportzeitung L'Equipe ergießt sich vor der Heim-WM 1998 in Zweifeln und Kritiken an ihm und "Les Bleus". Auch in den nächsten drei Jahren sollten ihm die internationalen Erfolge auf Klubebene verwehrt bleiben. Doch sein Image als ewiger Zweite kann er mit zwei Kopfballtreffern im Finale korrigieren. Aimé Jacquet meint später, dass eine "große Mannschaft immer ein großes Genie braucht" um eine WM zu gewinnen. Und dieses Genie offenbart sich zum ersten Mal im Finale gegen Brasilien. Gegen völlig indisponierte Brasilianer gewinnt Frankreich ungefährdet und imposant mit 3:0. Zidanes bis dahin durchwachsene WM wird zu seiner WM. Die Tätlichkeit im Gruppenspiel gegen Saudi-Arabien vergessen. Licht verdängt den Schatten. Zwei Millionen Menschen feiern auf den Champs-Elysées, sein Portrait ziert den "Arc de Triomphe", die Nation feiert den Traum von "black, blanc, beur" und aus Zidane wird "Zizou", der "Chouchou" aller Franzosen.
Teil 3: Zidane, président!
Aufrufe: 5413 | Kommentare: 0 | Bewertungen: 16 | Erstellt:26.12.2010
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