17.10.2012 um 17:54 Uhr
Geschrieben von DerBayernBlog
Dysbalance ohne defensiven Anker
Gedanken zum 4:4-Breakdown gegen Schweden
Ein absurdes Spiel wie das gestrige 4:4 der deutschen Nationalmannschaft gegen Schweden zu erklären ist auch für mich, der das Spiel live im Olympiastadion verfolgt hat, eigentlich unmöglich. Es ist kaum zu erklären, warum eine Mannschaft, die ihren Gegner über 60 Minuten nach Belieben dominiert, innerhalb von einer halben Stunde einen verdienten 4:0 Vorsprung verspielt. Dennoch offenbarte die schlimme Schlusshalbestunde von Berlin eine Dysbalance in der Mittelfeldzentrale, die, auch wenn es bei einem Ergebnis von 4:2 oder 4:3 geblieben wäre, sehr auffällig wurde.
Es gibt verschiedene taktische Varianten eine Doppelsechs zu besetzen. Der Idealfall wären zwei Spieler die hervorragende Balleroberer sind und sich gleichzeitig dynamisch ins Offensivspiel einbringen. Die häufigste Lösung bei der Besetzung der Doppelsechs ist die, wie sie der FC Bayern seit etwa 5 Jahren praktiziert. Ein sehr guter Balleroberer mit solidem Passvermögen (van Bommel, Tymoshchuk, Luiz Gustavo, Javi Martinez) neben einem kreativen und dynamischen Spielgestalter mit ordentlichem Zweikampfverhalten (Zé Roberto, Schweinsteiger). Auch in anderen national und international erfolgreichen Teams lässt sich eine solche Aufteilung beobachten. Insbesondere das spanische Nationalelf-Duo Xabi Alonso-Busquets hat diese Aufteilung in Zusammenarbeit mit Xavi zur Perfektion gebracht. Auch Khedira und Schweinsteiger waren bei der WM 2010 im Zusammenspiel mit Özil ein Musterbeispiel für diese Arbeitsteilung in der Mittelfeldzentrale.
Bruch mit dem bewährten Muster
Joachim Löw hat dieses Muster gegen Schweden auch auf Grund der Verletzung von Khedira gebrochen. Kroos neben Schweinsteiger bedeutet mehr Qualität im Spielaufbau und im Spiel in die Nahtstellen. Aber es bedeutet eben auch eine Dysbalance, wenn es darum geht in kritischen Phasen Stabilität durch Ballgewinne zu erzielen. Hand aufs Herz: Die beiden Münchener bilden defensiv ein Duo aus einem mittelmäßigen bis ordentlichen Balleroberer (Schweinsteiger) und einem im Vergleich mit der Weltspitze auf dieser Position unterdurchschnittlichen Balleroberer (Kroos). Diese Schwäche kaschierte die deutsche Elf in der ersten Halbzeit dadurch, dass sie 1. den Ball lange in den eigenen Reihen hielt und 2. das Spielfeld brutal verengte. Nicht selten standen 21 Spieler bei Ballbesitz Deutschland in der schwedischen Hälfte weil auch die deutsche Viererkette extrem hoch stand. Konnten die Gäste eine Flanke oder einen abgefangenen Pass klären, verengte Deutschland das Spielfeld im Kollektiv so sehr, dass Schweden sich nur sehr selten kontrolliert befreien konnte und viele Bälle ziellos nach vorne drosch. Ballgewinne durch Kroos und Schweinsteiger im direkten Zweikampf waren deshalb über weite Strecken gar nicht gefordert, auch weil es meist gelang den ballführenden Spieler zu doppeln.
Keine Stabilität nach der Pause
In der zweiten Hälfte änderte sich das Spiel auch weil Deutschland den Ball früher verlor und den Gästen insgesamt mehr Platz lies. Die deutsche Viererkette schob sich nun meist höchstens bis 25-30 Meter vor dem eigenen Tor heraus. Die reale Spielfläche zwischen Deutscher und Schwedischer Viererkette erhöhte sich somit deutlich auf einen vertikalen Korridor von 60 bis 80 Metern. Mehr Raum bedeutet zwangsläufig auch weniger Chancen zum Doppeln von Spielern und mehr 1:1 Zweikämpfe. Hier wurde die besprochene Dysbalance deutlich weil sich vor allem Kroos, aber auch Götze oder Özil defensiv damit begnügten den Raum zu besetzen und kaum einen direkten Zweikampf suchten. Schweinsteiger hat sich zwar in den vergangenen Jahren zu einem wirklichen ordentlichen Zweikämpfer entwickelt, aber ein Weltklasse-Balleroberer wie beispielsweise Luiz Gustavo oder eben Sergio Busquets ist er nicht - und muss es im Übrigen auch gar nicht sein, wenn er wie bei Bayern einen weiteren defensiven Anker an seiner Seite hat. Diese Dysbalance hat mit dazu geführt, dass die Nationalelf am Ende einen 4:0 Vorsprung verspielte, weil entlastende Ballgewinne ausblieben.
Lehren für den FC Bayern
Jupp Heynckes hat die Notwendigkeit eines defensiven Ankers beim FC Bayern erkannt und setzt im Zweifel sogar eher auf die defensive Variante Martinez-Luiz Gustavo als diese defensive Stabilität zu Gunsten von mehr Variabilität im Spielaufbau aufzugeben. Das Spiel gegen Schweden hat diese Einschätzung eindrucksvoll bestätigt.
Ein absurdes Spiel wie das gestrige 4:4 der deutschen Nationalmannschaft gegen Schweden zu erklären ist auch für mich, der das Spiel live im Olympiastadion verfolgt hat, eigentlich unmöglich. Es ist kaum zu erklären, warum eine Mannschaft, die ihren Gegner über 60 Minuten nach Belieben dominiert, innerhalb von einer halben Stunde einen verdienten 4:0 Vorsprung verspielt. Dennoch offenbarte die schlimme Schlusshalbestunde von Berlin eine Dysbalance in der Mittelfeldzentrale, die, auch wenn es bei einem Ergebnis von 4:2 oder 4:3 geblieben wäre, sehr auffällig wurde.
Es gibt verschiedene taktische Varianten eine Doppelsechs zu besetzen. Der Idealfall wären zwei Spieler die hervorragende Balleroberer sind und sich gleichzeitig dynamisch ins Offensivspiel einbringen. Die häufigste Lösung bei der Besetzung der Doppelsechs ist die, wie sie der FC Bayern seit etwa 5 Jahren praktiziert. Ein sehr guter Balleroberer mit solidem Passvermögen (van Bommel, Tymoshchuk, Luiz Gustavo, Javi Martinez) neben einem kreativen und dynamischen Spielgestalter mit ordentlichem Zweikampfverhalten (Zé Roberto, Schweinsteiger). Auch in anderen national und international erfolgreichen Teams lässt sich eine solche Aufteilung beobachten. Insbesondere das spanische Nationalelf-Duo Xabi Alonso-Busquets hat diese Aufteilung in Zusammenarbeit mit Xavi zur Perfektion gebracht. Auch Khedira und Schweinsteiger waren bei der WM 2010 im Zusammenspiel mit Özil ein Musterbeispiel für diese Arbeitsteilung in der Mittelfeldzentrale.
Bruch mit dem bewährten Muster
Joachim Löw hat dieses Muster gegen Schweden auch auf Grund der Verletzung von Khedira gebrochen. Kroos neben Schweinsteiger bedeutet mehr Qualität im Spielaufbau und im Spiel in die Nahtstellen. Aber es bedeutet eben auch eine Dysbalance, wenn es darum geht in kritischen Phasen Stabilität durch Ballgewinne zu erzielen. Hand aufs Herz: Die beiden Münchener bilden defensiv ein Duo aus einem mittelmäßigen bis ordentlichen Balleroberer (Schweinsteiger) und einem im Vergleich mit der Weltspitze auf dieser Position unterdurchschnittlichen Balleroberer (Kroos). Diese Schwäche kaschierte die deutsche Elf in der ersten Halbzeit dadurch, dass sie 1. den Ball lange in den eigenen Reihen hielt und 2. das Spielfeld brutal verengte. Nicht selten standen 21 Spieler bei Ballbesitz Deutschland in der schwedischen Hälfte weil auch die deutsche Viererkette extrem hoch stand. Konnten die Gäste eine Flanke oder einen abgefangenen Pass klären, verengte Deutschland das Spielfeld im Kollektiv so sehr, dass Schweden sich nur sehr selten kontrolliert befreien konnte und viele Bälle ziellos nach vorne drosch. Ballgewinne durch Kroos und Schweinsteiger im direkten Zweikampf waren deshalb über weite Strecken gar nicht gefordert, auch weil es meist gelang den ballführenden Spieler zu doppeln.
Keine Stabilität nach der Pause
In der zweiten Hälfte änderte sich das Spiel auch weil Deutschland den Ball früher verlor und den Gästen insgesamt mehr Platz lies. Die deutsche Viererkette schob sich nun meist höchstens bis 25-30 Meter vor dem eigenen Tor heraus. Die reale Spielfläche zwischen Deutscher und Schwedischer Viererkette erhöhte sich somit deutlich auf einen vertikalen Korridor von 60 bis 80 Metern. Mehr Raum bedeutet zwangsläufig auch weniger Chancen zum Doppeln von Spielern und mehr 1:1 Zweikämpfe. Hier wurde die besprochene Dysbalance deutlich weil sich vor allem Kroos, aber auch Götze oder Özil defensiv damit begnügten den Raum zu besetzen und kaum einen direkten Zweikampf suchten. Schweinsteiger hat sich zwar in den vergangenen Jahren zu einem wirklichen ordentlichen Zweikämpfer entwickelt, aber ein Weltklasse-Balleroberer wie beispielsweise Luiz Gustavo oder eben Sergio Busquets ist er nicht - und muss es im Übrigen auch gar nicht sein, wenn er wie bei Bayern einen weiteren defensiven Anker an seiner Seite hat. Diese Dysbalance hat mit dazu geführt, dass die Nationalelf am Ende einen 4:0 Vorsprung verspielte, weil entlastende Ballgewinne ausblieben.
Lehren für den FC Bayern
Jupp Heynckes hat die Notwendigkeit eines defensiven Ankers beim FC Bayern erkannt und setzt im Zweifel sogar eher auf die defensive Variante Martinez-Luiz Gustavo als diese defensive Stabilität zu Gunsten von mehr Variabilität im Spielaufbau aufzugeben. Das Spiel gegen Schweden hat diese Einschätzung eindrucksvoll bestätigt.
Aufrufe: 10410 | Kommentare: 21 | Bewertungen: 14 | Erstellt:17.10.2012
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