Die Bundesliga ist so langweilig. Sagen viele. Muss ja auch so sein. Es scheint dank der 13 Punkte Rückstand der Bayern-Konkurrenz ein Schlagzeilenvakuum zu geben, in das der gehirnzweizellige Teil der Presse mit Macht einen Dolch des Unsinns stößt. Ich verstehe ja, wie Boulevardpresse funktioniert. Aber die letzten Wochen waren wirklich ein einziger Abriss. Ich hoffe, ich habe mir alles richtig gemerkt.
Torus metacarpeus
Nie gehört? Ich auch nicht. So nennt der Mediziner den Handballen. Eine kleine Erhebung unterhalb des Daumens, den man - wie ich lernen durfte - als Instrument zur Körperverletzung benutzen kann. Behauptet jedenfalls ein 17-jähriger der durch den rechten Torus metacarpeus des Robertus Lewandowskius körperlich und seelisch derart traumatisiert worden sein will, dass er aus lauter Verwirrung noch am Tattag der BILD einen Interviewtermin gewährte. Beim Jupiter!
Nun soll der junge Mann, der den Erzieherinstinkt in uns Robert weckte, zuvor den Digitus medius in Richtung des polnischen Nationalstürmers gereckt haben. Die Vox populi, von manchen in der Vergangenheit als Vox Rindvieh geschmäht, nennt dieses Gliedmaß des menschlichen Körpers auch Stinkefinger oder in Mönchengladbach einfach "Effenberg". RL soll währenddessen in seinem Vehikulus gesessen und angehalten haben, um das kinderstubenbefreite Jüngelchen verbal zur Raison zu bringen. Ich gebe zu, hätte ich im Straßenverkehr bei jedem, der den Finger zeigt, einen Handballenabdruck auf der Stirn hinterlassen, hätte ich mehr Feinde als das alte Rom. Obwohl ich nie in Dortmund gespielt habe und nie zu den "Scheiß"-Bayern gegangen bin. Wie auch immer der Ablauf war (und die BILD wird uns an jedem Ermittlungsschritt teilhaben lassen): an einer tiefenpsychologischen Analyse, warum ein Bundesligaspieler meint, er könne mit einem halbstarken, emotionalisierten Fan, einen sachlichen Diskurs führen, während er ihm die flache Hand auf die Schulter legt, bestand leider kein Interesse. Wäre aber interessant gewesen. Obwohl...nein, eigentlich nicht.
Er hat "Test" gesagt!
Pep Guardiola nimmt die Liga nicht mehr ernst. Das ist Fakt. Wie kann man sonst ein Spiel beim VfB Stuttgart, das zwar zu ungewöhnlicher Zeit stattfindet, aber dennoch für jeden ersichtlich ein Pflichtspiel ist, als "Testspiel" bezeichnen. Dieser katalanische Halunke! Macht aus der besten Liga der Welt den Paulaner Cup für Besserverdienende.
Gut er hat jetzt nicht Testspiel, sondern Test gesagt. Und ziemlich offensichtlich - wenn man sich die Mühe macht, die PK im Zusammenhang zu hören - "Prüfung" gemeint. Aber den konnte sich die BILD nicht entgehen lassen. Und mal ehrlich: wessen Gesicht würde sich besser als die Rotbirnen-Ersatz-Fratze weiß-blauer Arroganz eignen als das ewig reinste Hybris ausstrahlende Gesicht des unsympathischen Katar-Botschafters? Obwohl...eigentlich doch nicht.
Die Kleinen hängt man, die Kleinwüchsigen lässt man laufen!
Frankreich, Du hast es besser! Da hat das Oberhaupt des ganzen Staates noch die Libido eines läufigen Katers und keiner findet was dabei. Also die Boulevardpresse mosert, aber hinter vorgehaltener Hand wird das frankophonierte alt-bayerische "Der F(JS)H, des is a Hirsch!" geraunt. Ein Deibelskerl, dieser Franck...äh Francois.
Der Herr Präsident hatte nicht mal dafür bezahlt, dass sich ihm eine an Jahren deutliche unterlegene Schauspielerin an den Hals warf. Gut, die Aussicht auf ein Gemach im Élysée-Palast und die Rolle als First Schlampe wurden unausgesprochen geboten. Aber kein Bargeld und vor allem keine Taxifahrt. Monsieur Le Président bevorzugen den Roller. Wäre unser kleiner Weltfußballer der Herzen mal auf dem Beifahrersitz einer Vespa zur außerehelichen Verkehrserziehung gefahren, er hätte sich wohl eine Menge Ärger erspart.
Bei Prostitution hört der Spaß der liberalen Froschquäler dann doch auf. Dirnenlohn ist zwar eine Frage der Interpretation (siehe oben), vielleicht sogar ein Prozess. Selbiger wird aber auch jenseits des Elsass bei Indizien für Barbezahlung gegen Kopulation gemacht. Die will Monsieur Ribéry aber gar nicht geleistet haben, also abgesehen von Taxigeld. Und wenn das Prostitution begründet, dann wäre ich...ach lassen wir das.
Darüber hinaus will der Spaßmacher von der linken Seite die zur Tatzeit Minderjährige auch gar nicht nach ihrem Ausweis gefragt haben, um sich ihrer Volljährigkeit zu vergewissern. Wahrhaft unglaubhaft, diese Einlassung. Wer würde die Prostituierte seines Urmisstrauens nicht nach ihrem Ausweis fragen, bevor man zur Tat schreitet? Die klassenlose Stuttgarter Schreihalsfraktion offenbar schon. Und die müssen es ja wissen. Das klassenjustiziarische, vermutlich mit Fußballfans besetzte Gericht konnte den Beweis des Gegenteils indes nicht führen und sprach Frooooooooonck freeeeeeeeeeei. Stand zwar im Kern seit zwei Jahren fest. Aber trotzdem: spektakulärer als ein Thiago-Tor. Obwohl, näh...eigentlich nicht.
"Schlecht trainiert" ist...
...ja was eigentlich? Auf jeden Fall eine Chiffre. Wird ein Spieler mit dieser Begründung trotz körperlicher Fitness aus dem Kader einer Bundesligamannschaft gestrichen, feiert man in den Redaktionen der Zeitungen mit großen Buchstaben und kleinem Inhalt Weihnachten und Ostern an einem Tag.
Denn "schlecht trainiert" kann alles bedeuten. Um jetzt mal im 0711-Squad-Kosmos zu verweilen, kann man wahlweise interpretieren "Er hat eines Mitspielers Frau gegen Bezahlung gepimpert", "er hat den Trainer mit dem Handballen gehauen"oder "er hat sein Haus angezündet und muss mit der Versicherung sprechen". Vielleicht hat er auch seine Tage wegen der Verpflichtung eines Konkurrenten für die nächste Saison. Oder er mag keine Leute mit mehr Gesichts- als Haupthaar. Spekulationsfeuer frei!
Nur eins kann es auf jeden Fall nicht heißen: dass der Betreffende minderwertige sportliche Arbeit geliefert hat. Das wäre ja noch schöner, wenn die Verlautbarungen der Bundesligavereine einfach stimmten.
Aber selbst wenn: man kann jetzt jede Woche spekulieren, ob Mandzukic im Kader ist. Dumm, dass er in Stuttgart nach seiner "Begnadigung" nicht getroffen hat. Sonst hätte man berichten können, wie er beim Jubeln böse Richtung Trainerbank guckt. Oder beim Einsteigen in den Bus Augenkontakt mit der Teambetreuerin meidet. Juve, Real, Barca, Manchester, Paris und Botafogo sind schon dran. Hach macht Transferfenster Spaß. Obwohl...eigentlich nicht.
Money IS a thing / Theatre of dreams
Die wahrhaft exklusivste Investigativmeldung der vergangenen Wochen war aber das Stocken der Verhandlungen des FC Bayern mit Toni Kroos. Auf die bedeutungsschwangere Nachfrage, woran es denn hake, antwortete Karl-Heinz Rummenigge exklusiv bei Sport1 : "Am Geld!" Nein, ehrlich jetzt? Die Triple-Gewinner und ihre Opfer tollen nicht jede Woche nur aus Spaß an der körperlichen Ertüchtigung über den Rasen? Was hatte man denn in den abgeklärten Redaktionsstuben von tz und Konsorten gemeint? Vielleicht dieses Kopftheaterstück aus meiner Traumwelt, in der Toni, sein Berater und der Vorstandschef den neuen Vertrag auskaspern. Titel: "Geld stinkt nicht. Kroth, Kroos, Kalle!" Ein Ein-Akter basierend auf einer (un)wahren Geschichte. 3...2...1...los.
Alle betreten das Büro von Rummenigge. Eine Wandtapete mit dem Bild der Meistermannschaft von 1981 schmückt das ganze Arbeitszimmer.
Rummenigge: "Ich muss ehrlich sagen, nehmen Sie Platz!"
Kroth: "Moment, ich muss gerade noch whatsappen, fangt schon mal an." Er tippt: 'An Sekretariat: bitte weiterleiten an BILD München: ManUtd und Chelsea sind an TK39 dran! Ausschmückung optional'.
Kalle: "Whats was? Gut, Toni, ich muss ganz ehrlich sagen: willst Du meine Pizzasammlung sehen?"
Toni: "Die mit den Rolex?"
Kroth fingert immer noch am Smartphone.
Kalle: "Ich dachte, wir reden ernsthaft!"
Toni: "Ok, eine Rolex und bis zum Vertragsende, d. h. 2025, bezahlt ihr alle Strafzettel, die meine Freundin kriegt!"
Kalle: "Ich muss ganz ehrlich sagen, das geht zu weit!"
Toni: "Das geht zu weit??? Ach Du Scheiße, die 19 kriegt zwei Uhren. Hat er auf der Pro-Profil-Weihnachtsfeier erzählt. Und einen Behindertenausweis, um direkt am Aufgang zur Umkleide zu parken."
Kroth: "Ich möchte einen Moment mit meinem Klienten unter vier Augen sprechen!"
Kalle: "Ich muss ganz ehrlich sagen: warum? Wir haben doch gerade erst angefangen. Also gut."
Rummenigge ab. Fünf Minuten später kommt er zurück.
Kroth: "Okay, okay. Eine Vier-Käse und Toni eignet sich einen Laufstil an, der aussieht, als würde ihn das alles interessieren! Aber dafür muss er nicht zur Europawahl."
Rummenigge: "Ich muss ganz ehrlich sagen...das ist akzeptabel."
Rummenigges Smartphone klingelt. Er liest: 'BILD München Mitternacht: Chelsea: 135 Mio.-Angebot für Kroos!'
Rummenigge: "Ich muss ganz ehrlich sagen, Herr Kroth: hat ihre Sekretärin wieder Logorhoe gehabt?"
Kroth errötet. Er sagt: "Äh...nein, muss der Watzke gewesen sein wie damals April 2013! Das Gesicht vom Zorc, hahahaha."
Kalle: "Ich muss ganz ehrlich sagen: Lenken Sie nicht ab. Und Aki ist mein Freund. Das ist ungeheuerlich. Wir müssen uns vertagen. Und nächstes Mal bringe ich meinen Bruder mit. Der kann Karate und hat sogar die erste Judo-Fußball-Schule Deutschlands. Ich bin stinksauer. Verhandlungen sind keine Mathematik!"
Kroth: "Aber können wir nach außen kommunizieren, es ist am Geld gescheitert?"
Kalle: "Ich muss ganz ehrlich sagen: meinetwegen."
Wäre bestimmt ein riesiger Erfolg am Broadway geworden. Obwohl...eigentlich nicht.
BILD exklusiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiv
Die Bild meldet nächste Woche exklusiv, dass im Schwesterblatt "Welt" der Geschäftsführer von Partizan Belgard in einem sensationell exklusiven Interview zur exklusiven Weiterverwertung in allen Springer-Zeitungen, Springer-Online-Medien, Fernsehsendern mit Springer-Beteiligung und auf allen BTX-Geräten, wo noch gibt, wütet: "Der BVB will uns kaputt machen. Aber das ist legitim."
Ganz ehrlich, Freunde der schreibenden Zunft: ist denn immer noch Winterpause? Spekulation und Meldungen jenseits des grünen Gevierts gehören dazu. Aber habt Ihr es auch eine Nummer kleiner? Sooo langweilig ist Bundesliga auch nicht.
Allein dafür gibt's die 10. Ganz großes Lichtspielhaus!
Sensationell gut KEMPER
Bei mir kommt es ja bald eine Nummer ernster