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FC Bayern München


Gründer: Tobi | Mitglieder: 965 | Beiträge: 253
22.11.2011 um 20:00 Uhr
Geschrieben von Voegi
FCB-SPOX-Standpunkte (XVII)


Ein bisschen mehr Hoeneß

Dem gängigen Stereotyp zur Folge verfügt der Deutsche an sich über einen ausgeprägten Sinn für Ordnung. Er agiert zielstrebig, arbeitet gewissenhaft und liebt das Schubladendenken. Der Deutsche braucht klare Regeln und weiß gern, woran er ist.

Zugegeben, ich habe so meine Zweifel, ob es diesen Prototyp-Deutschen wirklich gibt. In meinem Umfeld befinden sich jedenfalls keine Vertreter dieser Spezies. Zum Glück. Und dennoch werde ich den Eindruck nicht los, als begebe man sich hierzulande besonders gerne in die Selbstfindungsphase. Man will eben nicht nur wissen, woran man ist, sondern auch wer man ist. Dem Ordnungssinn zuliebe.

Was also ist typisch deutsch? Sauerkraut? Fleiß? Pünktlichkeit? Tradition? Lederhosen? Uniformen? Vereinsmeierei? Bürokratie? Oder doch nur unser geliebtes Bier? Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht. Und im Grunde ist es mir auch herzlich egal. Es würde mir am Ende auch nicht sonderlich weiterhelfen zu wissen, was für das Leben in Deutschland nun eigentlich besonders typisch ist.

Als Fußballfan sehe ich das anders. Da interessieren mich keine Zweckmäßigkeitserwägungen. Da suche ich nach Identifikation. Da will ich wissen, woran ich bin. Selbst wenn es mir letzten Endes auch nicht wirklich nützen mag. Was also macht einen Bayern-Fan aus? Oder fragen wir anders: Was ist eigentlich so typisch FC Bayern?

Eine Runde Brainstorming würde dann wahrscheinlich in etwa diese Ergebnisse liefern: Mia san mia, Titel, Lederhosen, rot-weiße Trikots, Allianz-Arena, Olli Kahn, Stern des Südens, Neid, Provokationen, FC Hollywood…

Mit all diesen Begriffen könnte man den FC Bayern aber wohl nur vage beschreiben. Die Seele des Clubs würde man so gewiss nicht erfassen. Die Seele oder – sagen wir – das Herz des FC Bayern ist und bleibt für mich Uli Hoeneß. Seit nunmehr 40 Jahren ist der Uli nun schon Teil der Bayern-Familie, mehr als die Hälfte der Zeit dabei ihr Oberhaupt. Keiner personifiziert den Verein mit all seinen Stärken und Schwächen derart glaubwürdig wie Uli Hoeneß.

Als Leiter der Abteilung Attacke hat er Kultstatus erlangt. Als soziales Gewissen ist er zum Vorbild geworden. Als Manager hat er den Verein auf Erfolgskurs gebracht. Kurzum: Uli Hoeneß ist der FC Bayern. Er ist die Identifikation, nach der man als Bayern-Fan gemeinhin sucht. Ein ellenlanges Brainstorming kann man sich also eigentlich schenken. Wir haben ja den Uli.

Oder auch nicht… Im Jahre 2009 hat Hoeneß den Managerposten geräumt und das Zepter an Christian Nerlinger weitergegeben, der sich in seiner neuen Rolle zusehends besser zurechtfindet. Wohl auch weil ihm Uli Hoeneß nicht dazwischenredet und nicht nur die sportliche Verantwortung, sondern auch die öffentliche Repräsentation überlässt. Uli Hoeneß nimmt sich zurück. Ganz bewusst. Selbstbewusste Angriffserklärungen und wütende Schimpftiraden sind von ihm kaum mehr zu vernehmen.


Keiner grantelt so schön wie Uli.

Nur noch ganz selten lässt sich Hoeneß zu offensiven Statements hinreißen, so wie im Herbst letzten Jahres, als er in der Talksendung SKY90 den inzwischen legendären Affront gegenüber Trainer van Gaal wagte. Uli Hoeneß ist, obwohl als Präsident formal das höchste Amt im Gesamtverein Bayern München bekleidend, in die zweite Reihe gerückt und überlässt das Feld nun anderen. Er weiß wieso und tut wohl auch gut daran.

Doch so sehr die Argumente in der Sache auch für seine Zurückhaltung sprechen, so sehr wünsche ich mir doch insgeheim wieder ein bisschen mehr Hoeneß. Die eine oder andere verbale Watschn gegenüber Spielern, Medien und Kontrahenten, hier und da mal wieder eine großspurige Angriffsansage an die Konkurrenz, ab und zu ein unbequemer Zwischenruf zur Befindlichkeit unserer Gesellschaft – das wäre schon schön. Es wäre wieder ein wenig wie in den guten alten Zeiten.

Womöglich ist es nicht nur mein persönliches Nostalgieverlangen, das für ein bisschen mehr Hoeneß spricht. Schließlich ist der Schlüssel für den fortwährenden sportlichen und wirtschaftlichen Erfolg das hohe Anspruchsdenken an sich selbst, also der ungezügelte Ehrgeiz in Form eines dauernden Gewinnen-Wollens, wie es wohl kaum jemand so überzeugend verkörpern kann wie der umtriebige Ex-Manager Hoeneß.

Deshalb muss Hoeneß nicht gleich zum Schattenmanager werden und Christian Nerlinger ins Handwerk pfuschen. Aber sich ab und zu auch einmal öffentlich mit einem klaren Wort einzumischen, könnte nicht schaden. Dem Bayern-Fan-Herz würde es sicher ganz gut tun. Denn Uli Hoeneß ist und bleibt eben typisch FC Bayern.
Aufrufe: 3479 | Kommentare: 10 | Bewertungen: 7 | Erstellt:22.11.2011
ø 8.7
KOMMENTARE
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Schnumbi
23.11.2011 | 18:40 Uhr
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Schnumbi : 
23.11.2011 | 18:40 Uhr
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Schnumbi : 
@ gotti: ja ja der kaiser. wird zeit das er in rente geht.
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Gotti1963
23.11.2011 | 18:38 Uhr
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Gotti1963 : 
23.11.2011 | 18:38 Uhr
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Gotti1963 : 
http://www.spox.com/de/sport/fussball/bundesliga/1111/News/franz-beckenbauer-bayerrn-muenchen-marco-reus-koennte-ein-star-zu-viel-sein.html

Hat noch jemand Fragen, warum der Uli sich trotz des Robben Statements gestern so zurückhält?
Der Kaiser hat als Präsi daher geblubbert, er tut es als Ehren Präsi natürlich auch...
Genau dies will der Exmanager, und jetzige Präsi eben nicht... Meistens jedenfalls
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Voegi
MODERATOR
23.11.2011 | 13:35 Uhr
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Voegi : 
23.11.2011 | 13:35 Uhr
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Voegi : 
@ moephi

ja hat mich auch gefreut. da war er wieder, der alte uli.
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moephi
23.11.2011 | 13:16 Uhr
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moephi : 
23.11.2011 | 13:16 Uhr
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moephi : 
"Es ist nur eine Frage der Zeit, wann Arjen Robben wieder seine Topform erreicht. Es geht mir auf den Sack, dass man so einen Weltklasse-Spieler in Frage stellt, nur weil er nach acht Wochen mal ein, zwei schlechtere Spiele macht. Das lassen wir sicherlich nicht zu und da werde ich auch Theater machen."

schon mal ein anfang von uli
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Schnumbi
23.11.2011 | 08:17 Uhr
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Schnumbi : 
23.11.2011 | 08:17 Uhr
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Schnumbi : 
@ sike danke für den link. sehr schönes interview.
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Büchsenmacher
23.11.2011 | 07:18 Uhr
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23.11.2011 | 07:18 Uhr
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Sprachlich und Inhaltlich wie immer Top

100 % agree
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sike
22.11.2011 | 23:08 Uhr
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sike : 
22.11.2011 | 23:08 Uhr
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sike : 
Ich muss auch ehrlich sagen, mir blutet das Herz wenn ich daran denke dass es irgendwann mal einen FC Bayern ohne Uli Hoeneß geben soll.
Auf Uli!

PS: Ich hab letztens meinem Vater (zugegebener Maßen ein schwarz-gelber, ergo hoeneßkritisch) dieses Video gezeigt: http://www.youtube.com/watch?v=wyBK0_9eCSI&feature=feedlik und da musste er zugeben, dass die Interviews wenn man sie nur liest immer viel aggressiver klingen als wenn man ihn wirklich dazu sprechen hört.

edit: gefällt mir sprachlich wie immer sehr gut, über den Inhalt müssen wir nich streiten ;) 10 P.
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Gnanag
22.11.2011 | 21:36 Uhr
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Gnanag : 
22.11.2011 | 21:36 Uhr
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Gnanag : 
Toller Blog, dem ich nur zustimmen kann. In meinen nostalgischen Momenten hätte ich Uli auch gerne in alter Funktion zurück, so wie er früher an der Spitze stand und den Verein unnachahmlich führte. Leider altern wir alle - auch die Abteilung Attacke. Irgendwann endet eben alles und das Einzige, was man tun kann, ist die Zukunft so gut wie möglich vorzubereiten.

Und das hat er getan, genau wie ich es von einem Mann seiner Intelligenz erwartet habe.



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Gotti1963
22.11.2011 | 20:40 Uhr
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Gotti1963 : 
22.11.2011 | 20:40 Uhr
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Gotti1963 : 
Wer den FC Bayern schon so lange verfolgt, und ihm die Treue hält, wie ich, ist geradezu natürlich auch Fan von Uli Höness. Das Eine, bedingt das Andere.
Ich denke, Uli hält sich zurück, weil er in den letzten Jahren als Manager so viel Gift und Galle hat schlucken müssen, weil sein Vorgänger als Präsident, so oft, und so viel "Interessantes" zum FC Bayern zu sagen hatte, und damit den handelnden Personen, das Leben schwer gemacht hat.
Ein alter Fahrensmann, wie Uli, der eben auch genau weiß, welche Medienmacht, seine Worte haben, und er ebenso weiß, wie schwer, der Start von Nerlinger war, tut alles, um den Verdacht so gering wie möglich zu halten, dass die heute Handelnden, nur seine Erfüllungsgehilfen sind.
Glauben tun es ja trotzdem immer noch genug.
Ob es besser wäre, er würde sich öfter zu Wort melden? Ich weiß es wirklich nicht, denke aber, es ist gut so, wie es ist.
In Momenten, in denen Uli sein Lebenswerk in Gefahr sieht, wird er sich äußern, in Momenten, in denen er das Gefühl hat, zur "Lager der Nation" etwas klar und deutlich sagen zu müssen, wird er lospoltern! Bestimmt!
Und ich sage: Gott sei Dank, wird er es tun!
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Schnumbi
22.11.2011 | 20:40 Uhr
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Schnumbi : 
22.11.2011 | 20:40 Uhr
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Schnumbi : 
wow sprachlich mal wieder einwandfrei. kann man sich eine scheibe abschneiden und ja manchmal wünsche ich mir auch die attacke zurück. die frage ist nur ist es noch zeitgemäß.

früher gab es führungsspieler ala matthäus effenberg usw. diese spezies scheint auszusterben und so ähnlich sehe ich das auch bei hoeneß. manchmal ist weniger mehr und die letzte attacken wie dieses jahr im februar vor dem rückspiel gegen den BVB waren ja ein schuss in den ofen (leider)

aber trotzdem sehr schöne persönliche eindrücke von dir
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