09.11.2011 um 20:38 Uhr
Geschrieben von donluka
Gespräch mit einem Weltmeister 1
1990 war es, als ich mit meinen Eltern nach Kroatien in den Urlaub fuhr. Ich saß mit meinem Bruder auf den hinteren Plätzen unseres Autos und aß ein Duplo. Das Spiel Deutschland gegen Jugoslawien lag hinter uns. Meine Mutter war auf dem Beifahrersitz damit beschäftigt, die Frikadellen für den nächsten Snack vorzubereiten. Wir haben eigentlich auf den Urlaubsfahrten ständig gegessen. Mein Vater fuhr und zählte die Kilometer bis zu unserem Urlaubsziel. Bald konnten wir das Meer sehen.
Ich knibbelte das Klebebild aus dem Schokoriegel und reichte es ungefragt und kauend nach vorne: "Guck mal, Mama, das ist der Bodo. Das ist mein Lieblingsspieler".
So war es damals und so blieb es bis heute. Der Bodo war mein Lieblingsspieler. Ich sah die Spiele und blickte nur auf ihn. Wenn ich Montags den kicker kaufte, schaute ich als erstes auf seine Note. Danach guckte ich, welche Zensur sein Kontrahent Köpke bekommen hatte.
Nun, mehr als 20 Jahre später, ein Gespräch zwischen einem Fan und seinem Idol:
--------------
Lieber Bodo. Erinnerst Du Dich noch an die Anfänge Deiner Fußballerlaufbahn? Wie kam es damals zur Entscheidung, ins Tor zu gehen?
Als ich mit sechs Jahren begann, war ich der Jüngste im Team und wusste noch nicht so recht, was ich dort auf dem Platz machen sollte. Ich stand also immer mehr herum und war der einzige Spieler, der sauber den Platz verließ. Erst als diese Mannschaft aufgrund der hohen Anzahl von Spielern aufgeteilt wurde und mein Vater meine Altersgruppe übernahm, entschied ich mich, ins Tor zu gehen und bin dann einfach dort geblieben...Wahrscheinlich lagen dort wohl meine Stärken (lacht).
Du kommst ja ursprünglich aus dem Raum Koblenz. Hast Du Dich eigentlich damals schon für den FC interessiert, noch bevor Du dort Deinen ersten Vertrag unterschrieben hast?
Ehrlich gesagt: Nein. Ich war als Junge, ich weiß auch nicht warum, Fan des FC Schalke 04! Ich habe wirklich überhaupt keine Erinnerung mehr, wie es dazu kam. FC Fan wurde ich erst, als ich als 16 jähriger in die A-Jugend vom 1.FC Köln gewechselt bin.
Bevor dort Deine große Stunde schlug, warst Du die Nr. 2 hinter Toni Schumacher. Welches Verhältnis hattest Du zum Tünn? War er eher ein Vorbild oder ein Konkurrent?
Ich hatte ein tolles Verhältnis zu Toni! Ich fühlte mich eher wie der jüngere Bruder und habe versucht, einige Dinge von seinem Torwartspiel zu lernen. Ich habe ihn zu der Zeit nicht als Konkurrenten, sondern vielmehr als Vorbild gesehen.
Dennoch kann ich mir vorstellen, dass man in dieser Situation mit den Hufen scharrt, um selbst einmal das Trikot mit der Nr. 1 überstreifen zu können. Versucht man sich dann Dinge vom Stammtorhüter abzuschauen oder versucht man eher, Bewegungsabläufe anders einzustudieren, um sich dadurch besser abheben zu können?
Ich habe versucht, mir die positiven Dinge wie seine Faustabwehr, seinen Abwurf und sein mutiges Herauslaufen, abzuschauen. Dennoch habe ich nicht versucht, ihn zu kopieren. Ich hatte eine etwas andere Statur und wollte auch meine Stärken mit in mein Spiel einfließen lassen.
An welche Zeit beim FC denkst Du heute am liebsten zurück?
Die Zeit unter Christoph Daum war sicher die erfolgreichste und ereignisreichste. Wir waren eine echte Mannschaft, eine zusammengewachsene Truppe. Darauf hat Christoph sehr großen Wert gelegt und auch viel daraufhin gearbeitet.
Und gab es aus der Zeit auch ein Spiel, bei dem Du sagen würdest, es war Dein bestes?
Leider erinnere ich mich nur an mein schlechtestes: 1990 zu Hause mit dem FC gegen Frankfurt! Wir verloren 3:5 und ich musste alle fünf Gegentreffer auf meine Kappe nehmen. Dieses Spiel hätte mich um ein Haar auch die WM als Stammtorwart gekostet.
An die Partie kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber Du warst ja dann doch Gott sei Dank die Nr. 1 bei der Weltmeisterschaft und wurdest dort mit gerade einmal 23 Jahren Weltmeister. Die heutige Nationalmannschaft ist auch sehr jung. Kann es vielleicht auch ein Nachteil sein, in so jungen Jahren einen derart großen Titel zu gewinnen, weil es dann schwierig wird, sich anschließend noch Ziele zu setzen?
Ja, absolut! Erst später, im reiferen Fußballeralter, kann man den Wert eines jeden Titels, insbesondere den des Weltmeisters, erst richtig einschätzen und genießen.
Was empfindet man in einer Situation wie nach Deinem gehaltenen Elfmeter gegen Stuart Pearce im Halbfinale der Weltmeisterschaft? Muss man sich das eher als Trance-Zustand vorstellen oder ist man in dieser Situation durch die hohe Konzentration besonders klar?
Ich war, zum Beispiel bei diesem Elfmeterschießen gegen England, nur im "Hier und Jetzt". Das heißt, ich habe nichts um mich herum wahrgenommen, sondern habe immer nur die Schützen und den Ball gesehen.
Ich hatte damals ein gutes Gefühl. Ich war sicher, dass ich den einen oder anderen Elfmeter halten würde. Wahrscheinlich hat Waddle auch deshalb lieber drüber geschossen...(lacht).
Als dann alles vorbei war, spürte ich nur noch unendliche Freude!
Solche Spiele sind ja schon Stresssituationen, mit denen jeder sicherlich anders umgeht. Wie war da Deine Herangehensweise? Wie hast Du Dich nach den Spielen abgelenkt?
Ich würde sagen, dass ich ganz cool war und jedes Spiel schnell wieder abgehakt habe.
Aber meine Frau berichtet da etwas ganz anderes: Anscheinend war ich nach verlorenen oder schlechten Spielen äußerst schlecht gelaunt!
Ich habe diese Erinnerung also wohl verdrängt...(lacht).
Nach Deiner Karriere hast Du Dich in der Öffentlichkeit ja eher rar gemacht.
Ja, das war eine bewusste und selbst gewählte Entscheidung!
Was war der Grund dafür?
Nach 16 Jahren als Profi, mit vielen Reisen und wenig Privatleben, wollte ich unbedingt mehr Zeit mit meiner Familie verbringen. Es ist toll zu sehen, wie die Kinder größer, eigenständiger und selbstbewusster werden.
Außerdem kann ich aus heutiger Sicht sagen, dass es mir geholfen hat, für eine Zeit die Fußball- Scheuklappen abzulegen und die Dinge mit etwas Abstand zu sehen.
In dieser Zeit hast Du ja in Deutschland, Spanien und in den USA gelebt. Wo fühlst Du Dich denn am ehesten zuhause?
Immer dort, wo meine Familie ist!
Was hast Du in den vergangenen Jahren so gemacht?
Ich habe mir viele Fußballspiele als Zuschauer angesehen, habe hin und wieder als Experte bei Premiere, heute Sky, ausgeholfen.
Und gehst Du denn auch manchmal noch ins RheinEnergie-Stadion, wenn Du in Deutschland bist?
Wenn ich dort bin, ja. Das letzte Mal liegt aber schon ein wenig zurück!
Christoph Daum war noch Trainer und ich war der "Glücksbringer" gegen Mainz 05, als der Aufstieg geschafft wurde (lacht).
Das ist ja in der Tat schon ein wenig her. Inwiefern verfolgst Du denn die aktuellen Entwicklungen beim FC?
Ich verfolge über die Medien nahezu alles.
Teil 2
Ich knibbelte das Klebebild aus dem Schokoriegel und reichte es ungefragt und kauend nach vorne: "Guck mal, Mama, das ist der Bodo. Das ist mein Lieblingsspieler".
So war es damals und so blieb es bis heute. Der Bodo war mein Lieblingsspieler. Ich sah die Spiele und blickte nur auf ihn. Wenn ich Montags den kicker kaufte, schaute ich als erstes auf seine Note. Danach guckte ich, welche Zensur sein Kontrahent Köpke bekommen hatte.
Nun, mehr als 20 Jahre später, ein Gespräch zwischen einem Fan und seinem Idol:
--------------
Lieber Bodo. Erinnerst Du Dich noch an die Anfänge Deiner Fußballerlaufbahn? Wie kam es damals zur Entscheidung, ins Tor zu gehen?
Als ich mit sechs Jahren begann, war ich der Jüngste im Team und wusste noch nicht so recht, was ich dort auf dem Platz machen sollte. Ich stand also immer mehr herum und war der einzige Spieler, der sauber den Platz verließ. Erst als diese Mannschaft aufgrund der hohen Anzahl von Spielern aufgeteilt wurde und mein Vater meine Altersgruppe übernahm, entschied ich mich, ins Tor zu gehen und bin dann einfach dort geblieben...Wahrscheinlich lagen dort wohl meine Stärken (lacht).
Du kommst ja ursprünglich aus dem Raum Koblenz. Hast Du Dich eigentlich damals schon für den FC interessiert, noch bevor Du dort Deinen ersten Vertrag unterschrieben hast?
Ehrlich gesagt: Nein. Ich war als Junge, ich weiß auch nicht warum, Fan des FC Schalke 04! Ich habe wirklich überhaupt keine Erinnerung mehr, wie es dazu kam. FC Fan wurde ich erst, als ich als 16 jähriger in die A-Jugend vom 1.FC Köln gewechselt bin.
Bevor dort Deine große Stunde schlug, warst Du die Nr. 2 hinter Toni Schumacher. Welches Verhältnis hattest Du zum Tünn? War er eher ein Vorbild oder ein Konkurrent?
Ich hatte ein tolles Verhältnis zu Toni! Ich fühlte mich eher wie der jüngere Bruder und habe versucht, einige Dinge von seinem Torwartspiel zu lernen. Ich habe ihn zu der Zeit nicht als Konkurrenten, sondern vielmehr als Vorbild gesehen.
Dennoch kann ich mir vorstellen, dass man in dieser Situation mit den Hufen scharrt, um selbst einmal das Trikot mit der Nr. 1 überstreifen zu können. Versucht man sich dann Dinge vom Stammtorhüter abzuschauen oder versucht man eher, Bewegungsabläufe anders einzustudieren, um sich dadurch besser abheben zu können?
Ich habe versucht, mir die positiven Dinge wie seine Faustabwehr, seinen Abwurf und sein mutiges Herauslaufen, abzuschauen. Dennoch habe ich nicht versucht, ihn zu kopieren. Ich hatte eine etwas andere Statur und wollte auch meine Stärken mit in mein Spiel einfließen lassen.
An welche Zeit beim FC denkst Du heute am liebsten zurück?
Die Zeit unter Christoph Daum war sicher die erfolgreichste und ereignisreichste. Wir waren eine echte Mannschaft, eine zusammengewachsene Truppe. Darauf hat Christoph sehr großen Wert gelegt und auch viel daraufhin gearbeitet.
Und gab es aus der Zeit auch ein Spiel, bei dem Du sagen würdest, es war Dein bestes?
Leider erinnere ich mich nur an mein schlechtestes: 1990 zu Hause mit dem FC gegen Frankfurt! Wir verloren 3:5 und ich musste alle fünf Gegentreffer auf meine Kappe nehmen. Dieses Spiel hätte mich um ein Haar auch die WM als Stammtorwart gekostet.
An die Partie kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber Du warst ja dann doch Gott sei Dank die Nr. 1 bei der Weltmeisterschaft und wurdest dort mit gerade einmal 23 Jahren Weltmeister. Die heutige Nationalmannschaft ist auch sehr jung. Kann es vielleicht auch ein Nachteil sein, in so jungen Jahren einen derart großen Titel zu gewinnen, weil es dann schwierig wird, sich anschließend noch Ziele zu setzen?
Ja, absolut! Erst später, im reiferen Fußballeralter, kann man den Wert eines jeden Titels, insbesondere den des Weltmeisters, erst richtig einschätzen und genießen.
Was empfindet man in einer Situation wie nach Deinem gehaltenen Elfmeter gegen Stuart Pearce im Halbfinale der Weltmeisterschaft? Muss man sich das eher als Trance-Zustand vorstellen oder ist man in dieser Situation durch die hohe Konzentration besonders klar?
Ich war, zum Beispiel bei diesem Elfmeterschießen gegen England, nur im "Hier und Jetzt". Das heißt, ich habe nichts um mich herum wahrgenommen, sondern habe immer nur die Schützen und den Ball gesehen.
Ich hatte damals ein gutes Gefühl. Ich war sicher, dass ich den einen oder anderen Elfmeter halten würde. Wahrscheinlich hat Waddle auch deshalb lieber drüber geschossen...(lacht).
Als dann alles vorbei war, spürte ich nur noch unendliche Freude!
Solche Spiele sind ja schon Stresssituationen, mit denen jeder sicherlich anders umgeht. Wie war da Deine Herangehensweise? Wie hast Du Dich nach den Spielen abgelenkt?
Ich würde sagen, dass ich ganz cool war und jedes Spiel schnell wieder abgehakt habe.
Aber meine Frau berichtet da etwas ganz anderes: Anscheinend war ich nach verlorenen oder schlechten Spielen äußerst schlecht gelaunt!
Ich habe diese Erinnerung also wohl verdrängt...(lacht).
Nach Deiner Karriere hast Du Dich in der Öffentlichkeit ja eher rar gemacht.
Ja, das war eine bewusste und selbst gewählte Entscheidung!
Was war der Grund dafür?
Nach 16 Jahren als Profi, mit vielen Reisen und wenig Privatleben, wollte ich unbedingt mehr Zeit mit meiner Familie verbringen. Es ist toll zu sehen, wie die Kinder größer, eigenständiger und selbstbewusster werden.
Außerdem kann ich aus heutiger Sicht sagen, dass es mir geholfen hat, für eine Zeit die Fußball- Scheuklappen abzulegen und die Dinge mit etwas Abstand zu sehen.
In dieser Zeit hast Du ja in Deutschland, Spanien und in den USA gelebt. Wo fühlst Du Dich denn am ehesten zuhause?
Immer dort, wo meine Familie ist!
Was hast Du in den vergangenen Jahren so gemacht?
Ich habe mir viele Fußballspiele als Zuschauer angesehen, habe hin und wieder als Experte bei Premiere, heute Sky, ausgeholfen.
Und gehst Du denn auch manchmal noch ins RheinEnergie-Stadion, wenn Du in Deutschland bist?
Wenn ich dort bin, ja. Das letzte Mal liegt aber schon ein wenig zurück!
Christoph Daum war noch Trainer und ich war der "Glücksbringer" gegen Mainz 05, als der Aufstieg geschafft wurde (lacht).
Das ist ja in der Tat schon ein wenig her. Inwiefern verfolgst Du denn die aktuellen Entwicklungen beim FC?
Ich verfolge über die Medien nahezu alles.
Teil 2
Aufrufe: 14863 | Kommentare: 9 | Bewertungen: 18 | Erstellt:09.11.2011
ø 9.5
KOMMENTARE
Um bewerten und sortieren zu können, loggen Sie sich bitte ein.
10.11.2011 | 20:12 Uhr
-3
Robari :
Der beste deutscher Torhüter ja! Aber die Nummer 1 in der Weltrangliste ist meiner Meinung nach Petr Cech!1
10.11.2011 | 19:48 Uhr
-2
0
09.11.2011 | 23:11 Uhr
0
midget :
würde auf dem zweiten teil ein zurück button machen, da viele durch kommentare nur auf den zweiten teil klicken ;) nur mal so! mein gutster!
0
COMMUNITY LOGIN
Statistik
Hier ist ja das Foto hin. Puh, dachte schon es sei entfernt.