28.01.2011 um 05:40 Uhr
Geschrieben von funkbarrio
Henrys "Brandt Rhapsodie" 3/3
Bis dass der Tod euch scheidet...
Ironischer weise läutet die Stadt der Liebe diesen nahenden "Tod" ein. Am Abend des 17.Mai 2006 steht Arsenal im Finale der Champions League in Paris. Endlich ist Henry, der unumstritten Kapitän der Gunners, am Ziel seiner Träume. Das Team ist zwar jung, seine alten Weggefährten längst nicht mehr an seiner Seite. Spieler, wie der unerschrockene Patrick Vieira, der kongeniale Sturmpartner Dennis Bergkamp – laut Henry nicht mehr und nicht weniger als der beste Spieler, mit dem er jemals gespielt hat –, der Marky Mark des Fußballs Freddie Ljungberg oder sein Passgeber Robert Pires. Alle sind sie nicht mehr da oder nur noch Ersatz. Doch die Mannschaft hat Qualität. Besonders die Defensive um Jens Lehmann weiß zu überzeugen. Mit dem Champions-League-Rekord von 10 Spielen ohne Gegentreffer schafft man den Finaleinzug und trifft ausgerechnet auf den FC Barcelona, der seit einiger Zeit dem Kopf der Mannschaft eben jenen ein wenig verdreht.
Das Spiel startet mit einer Notbremse von Lehmann, verspricht einiges durch den Kopfball von Campbell und wendet sich eine Viertelstunde vor Schluss doch tragisch durch einen Doppelschlag der Katalanen. Der Traum ist vorbei. Henry weiß es, muntert seine kleinen Kameraden auf, diskutiert mit Wenger und entscheidet sich kurze Zeit später für eine Vertragsverlängerung. Die damals von Wenger kolportierte Ablöse von 50Mio Pfund, welche Barcelona für ihn bot, wäre die, zum damaligen Zeitpunkt, höchste Ablösesumme für einen Fußballspieler gewesen. Henry spricht von Liebe, doch das Feuer scheint erloschen. Es wirkt, als glaube er selbst nicht an die Worte, die da aus seinem Mund fliegen. Und so passt es, dass er zwar das erste Tor im Emirates Stadium beim Abschiedsspiel von Dennis Bergkamp schießt, aber die halbe Saison verletzt ausfällt und am Ende schließlich für 24Mio Euro wechselt. Zu Barcelona. Die Trennung verläuft respektvoll. Henry trennt sich per Video, Brief und Pressekonferenz – ganz gentlemanlike. Seine Begründung: "Jetzt oder nie. Leider muss es jetzt sein"
Nicht nur die Liebe zu seinem Club, auch die zu seiner Frau ist vorbei und pünktlich zum Wechsel, lassen sich die beiden scheiden. Ein neuer Verein, ein "neues" Spielsystem, eine neue Position, ein neues Land, ein neues Leben… Vielleicht ein wenig viel "Neu" für einen Spieler, der jahrelang die alles beherrschende Figur auf den englischen Greens und besonders in seinem Team war. Bei Dienstantritt verspricht er: "Wir wollen alle Titel holen!" Das erste Jahr verläuft aber, besonders für ihn, schlecht und ganz England hört in den Interviews ein kaum verstecktes "Heimweh" heraus. 19 Tore und 11 Assists sind ordentlich, doch der Schatten eines Messis scheint dem 1,88m-Paradesportler zu groß. Die EM2008 macht es auch nicht besser und Arsène Wenger sagt über seinen ehemaligen Schützling: "Ich glaube, er denkt dass er nicht mehr daran glaubt, dass er so stark, schnell und gut sein kann wie zu seiner besten Zeit."
Im Jahr darauf kehren Lächeln und Treffsicherheit zurück und Barca holt neben dem spanischen Pokal auch die Meisterschaft. Während der Siegesfeiern nimmt der junge Bjoan Krkic Henry in den Arm und flüstert ihm zu: "Jetzt holen wir für dich die Champions-League!" Tatsächlich gewinnt Thierry Henry am 27. Mai 2009, am Geburtstag seiner Tochter, endlich den silbernen Topf. Beim Interview nach dem Spiel schwingt bei Henry ein Hauch von Wehmut mit. So denkt wohl ein Großteil der Zuschauer, als Henry relativ ausgelaugt, sprachlos und doch abgeklärt auf die Fragen des Reporters antwortet… kurz nach dem Triumph, für den er sein gemütliches Leben in London aufgegeben hat. Mit dem Gewinn des spanischen Supercups, des UEFA-Supercups und der Klub-WM gewinnt Barca als erster Verein der Geschichte das Sextett und damit jeden möglichen Pokal.
"In den letzten 25 Jahren habe ich fast alles in dieser Liga gesehen. Ich habe aber nichts Vergleichbares mit ihm gesehen. Am Anfang des Spiels habe ich gesagt, dass er etwas Besonderes ist, er ist mehr als das, er ist unersetzlich!" – Andy Gray
Bleibt das Handspiel gegen Irland und der erschreckenden Erkenntnis, dass Fußballspieler schummeln. Durch die grobe Unsportlichkeit qualifizieren sich die Franzosen ein bisschen weniger schmachvoll, als die WM schlussendlich werden sollte. Doch Henry wird gebrandmarkt. Nüchtern betrachtet wirkt das "Trostspenden" nach dem Spiel aber viel schwerer als das Handspiel an sich. Doch die Öffentlichkeit hat ihren Buhmann und der Saubermann endlich Flecken! Bei seinem letzten Turnier sitzt er die meiste Zeit auf der Bank und greift als erfahrener Spieler auch beim Trainingsstreik nicht dazwischen. Ein unwürdiger Abschied…
"If you need a goal, you need Thierry Henry!
Das englische Double, das globale Sextett, die Welt- und Europameisterschaft, die Invincible Season, der erfolgreichste Torschütze Arsenals und Frankreichs, dreimaliger Spieler des Jahres in England, Torschützenkönig und bester Vorbereiter im gleichen Jahr, viermal in fünf Jahren englischer Torschützenkönig, zweimaliger Goldener Schuh,… Die Liste ist lang und langweilig. Am Ende bleibt wohl nur der wichtigste Erfolg für einen Arsenal-Spieler: Henry hat kein einziges Spiel gegen Tottenham verloren.
Nach Paris, der Côte d'Azur, London und Barcelona hat er sich jetzt seinen Traum erfüllt und in New York einen wohldotierten Rentenvertrag unterschrieben. In seiner neuen Bleibe, einem schicken Penthouse im Herzen von Manhattan mit einer Fläche von 520m² und einer fast ebenso großen Terrasse. Seine alte Liebe wohnt da ein wenig unkomfortabler: Dort wo er sieben Jahre lang Tore am Fließband schoss und zum besten Stürmer der Welt aufstieg, steht nun ein Wohnblock. Der Rasen, den er damals küsste, ist zu einer modernen Parkanlage mutiert, die zwischen vier Wohnblöcken liegt. Vor vier Jahren bildeten diese modernen Wohnungen noch die traditionsreiche Kulisse von Highbury.
Hier geht's zu Teil 1
Ironischer weise läutet die Stadt der Liebe diesen nahenden "Tod" ein. Am Abend des 17.Mai 2006 steht Arsenal im Finale der Champions League in Paris. Endlich ist Henry, der unumstritten Kapitän der Gunners, am Ziel seiner Träume. Das Team ist zwar jung, seine alten Weggefährten längst nicht mehr an seiner Seite. Spieler, wie der unerschrockene Patrick Vieira, der kongeniale Sturmpartner Dennis Bergkamp – laut Henry nicht mehr und nicht weniger als der beste Spieler, mit dem er jemals gespielt hat –, der Marky Mark des Fußballs Freddie Ljungberg oder sein Passgeber Robert Pires. Alle sind sie nicht mehr da oder nur noch Ersatz. Doch die Mannschaft hat Qualität. Besonders die Defensive um Jens Lehmann weiß zu überzeugen. Mit dem Champions-League-Rekord von 10 Spielen ohne Gegentreffer schafft man den Finaleinzug und trifft ausgerechnet auf den FC Barcelona, der seit einiger Zeit dem Kopf der Mannschaft eben jenen ein wenig verdreht.
Das Spiel startet mit einer Notbremse von Lehmann, verspricht einiges durch den Kopfball von Campbell und wendet sich eine Viertelstunde vor Schluss doch tragisch durch einen Doppelschlag der Katalanen. Der Traum ist vorbei. Henry weiß es, muntert seine kleinen Kameraden auf, diskutiert mit Wenger und entscheidet sich kurze Zeit später für eine Vertragsverlängerung. Die damals von Wenger kolportierte Ablöse von 50Mio Pfund, welche Barcelona für ihn bot, wäre die, zum damaligen Zeitpunkt, höchste Ablösesumme für einen Fußballspieler gewesen. Henry spricht von Liebe, doch das Feuer scheint erloschen. Es wirkt, als glaube er selbst nicht an die Worte, die da aus seinem Mund fliegen. Und so passt es, dass er zwar das erste Tor im Emirates Stadium beim Abschiedsspiel von Dennis Bergkamp schießt, aber die halbe Saison verletzt ausfällt und am Ende schließlich für 24Mio Euro wechselt. Zu Barcelona. Die Trennung verläuft respektvoll. Henry trennt sich per Video, Brief und Pressekonferenz – ganz gentlemanlike. Seine Begründung: "Jetzt oder nie. Leider muss es jetzt sein"
Nicht nur die Liebe zu seinem Club, auch die zu seiner Frau ist vorbei und pünktlich zum Wechsel, lassen sich die beiden scheiden. Ein neuer Verein, ein "neues" Spielsystem, eine neue Position, ein neues Land, ein neues Leben… Vielleicht ein wenig viel "Neu" für einen Spieler, der jahrelang die alles beherrschende Figur auf den englischen Greens und besonders in seinem Team war. Bei Dienstantritt verspricht er: "Wir wollen alle Titel holen!" Das erste Jahr verläuft aber, besonders für ihn, schlecht und ganz England hört in den Interviews ein kaum verstecktes "Heimweh" heraus. 19 Tore und 11 Assists sind ordentlich, doch der Schatten eines Messis scheint dem 1,88m-Paradesportler zu groß. Die EM2008 macht es auch nicht besser und Arsène Wenger sagt über seinen ehemaligen Schützling: "Ich glaube, er denkt dass er nicht mehr daran glaubt, dass er so stark, schnell und gut sein kann wie zu seiner besten Zeit."
Im Jahr darauf kehren Lächeln und Treffsicherheit zurück und Barca holt neben dem spanischen Pokal auch die Meisterschaft. Während der Siegesfeiern nimmt der junge Bjoan Krkic Henry in den Arm und flüstert ihm zu: "Jetzt holen wir für dich die Champions-League!" Tatsächlich gewinnt Thierry Henry am 27. Mai 2009, am Geburtstag seiner Tochter, endlich den silbernen Topf. Beim Interview nach dem Spiel schwingt bei Henry ein Hauch von Wehmut mit. So denkt wohl ein Großteil der Zuschauer, als Henry relativ ausgelaugt, sprachlos und doch abgeklärt auf die Fragen des Reporters antwortet… kurz nach dem Triumph, für den er sein gemütliches Leben in London aufgegeben hat. Mit dem Gewinn des spanischen Supercups, des UEFA-Supercups und der Klub-WM gewinnt Barca als erster Verein der Geschichte das Sextett und damit jeden möglichen Pokal.
"In den letzten 25 Jahren habe ich fast alles in dieser Liga gesehen. Ich habe aber nichts Vergleichbares mit ihm gesehen. Am Anfang des Spiels habe ich gesagt, dass er etwas Besonderes ist, er ist mehr als das, er ist unersetzlich!" – Andy Gray
Bleibt das Handspiel gegen Irland und der erschreckenden Erkenntnis, dass Fußballspieler schummeln. Durch die grobe Unsportlichkeit qualifizieren sich die Franzosen ein bisschen weniger schmachvoll, als die WM schlussendlich werden sollte. Doch Henry wird gebrandmarkt. Nüchtern betrachtet wirkt das "Trostspenden" nach dem Spiel aber viel schwerer als das Handspiel an sich. Doch die Öffentlichkeit hat ihren Buhmann und der Saubermann endlich Flecken! Bei seinem letzten Turnier sitzt er die meiste Zeit auf der Bank und greift als erfahrener Spieler auch beim Trainingsstreik nicht dazwischen. Ein unwürdiger Abschied…
"If you need a goal, you need Thierry Henry!
Das englische Double, das globale Sextett, die Welt- und Europameisterschaft, die Invincible Season, der erfolgreichste Torschütze Arsenals und Frankreichs, dreimaliger Spieler des Jahres in England, Torschützenkönig und bester Vorbereiter im gleichen Jahr, viermal in fünf Jahren englischer Torschützenkönig, zweimaliger Goldener Schuh,… Die Liste ist lang und langweilig. Am Ende bleibt wohl nur der wichtigste Erfolg für einen Arsenal-Spieler: Henry hat kein einziges Spiel gegen Tottenham verloren.
Nach Paris, der Côte d'Azur, London und Barcelona hat er sich jetzt seinen Traum erfüllt und in New York einen wohldotierten Rentenvertrag unterschrieben. In seiner neuen Bleibe, einem schicken Penthouse im Herzen von Manhattan mit einer Fläche von 520m² und einer fast ebenso großen Terrasse. Seine alte Liebe wohnt da ein wenig unkomfortabler: Dort wo er sieben Jahre lang Tore am Fließband schoss und zum besten Stürmer der Welt aufstieg, steht nun ein Wohnblock. Der Rasen, den er damals küsste, ist zu einer modernen Parkanlage mutiert, die zwischen vier Wohnblöcken liegt. Vor vier Jahren bildeten diese modernen Wohnungen noch die traditionsreiche Kulisse von Highbury.
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Aufrufe: 10537 | Kommentare: 41 | Bewertungen: 53 | Erstellt:28.01.2011
ø 9.9
KOMMENTARE
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28.01.2011 | 13:10 Uhr
0
Realmadrio :
Topspieler. Meiner Meinung nach auch immernoch. Schade das er in Amerika ist. Eigentlich hätte Real auch über ihn nachdenken können für die Rückrunde. Er könnte es ja wie Beckham machen und immer für die Rückrunde zurückkommen.
0
28.01.2011 | 13:02 Uhr
0
ziemlich tiefgeistiger Kommentar ohne jeglichen Bezug zur Realität, ja Henry hat einen Fehler gemacht, aber da kann man noch eine menge anderer Fußballlegenden hinzunehmen ( Maradona, Zidane ). Es bleibt ein dunkler Fleck in seiner Karriere, aber der Positive Teil wird immer überwiegen.
Zum Blog,
absolut genial, das ist einer der besten Blogs die ich auf Spox gelesen habe. Von der ersten bis zur dritten Seite nie langweilig oder langatmig. Voll mit gut recherschierten Informationen.
Ich glaube, wäre er mit Arsenal Champions League Sieger geworden wäre er wohl nie gewechselt.
3
28.01.2011 | 13:01 Uhr
0
Pedro17 :
Danke für diesen genialen Blog, 10 Punkte straight!Endlich hat sich mal jemand die Zeit genommen, diese außergewöhnliche Karriere des weltweit besten Stürmers in den letzten Jahren Revue passieren zu lassen! Danke Danke
Henry ist eine Legende und mein größtes Vorbild !
Ich kenn zwar schon jeden einzelnen Treffer von ihm, aber ich kannte so nette Sachen wie die Anaconda-Geschichte noch nicht
Und Leute wie "Trainerfuchs" blamieren sich bis auf die Knochen, wenn sie Henry beschimpfen und ihn auf sein Handspiel gegen Irland reduzieren. Er war und ist für mich einer der fairsten Spieler, die es überhaupt gibt
Das ist nichts weiter als Blasphemie, also "Trainerfuchs": Geh auf die Knie und küss ihm seine Anaconda!!!
8
28.01.2011 | 12:48 Uhr
0
PaddyS :
ein sehr, sehr guter Blog, ausführlich und "rund".Thierry Henry gehörte viele Jahre lang zu den Besten der Welt. Man muss vor diesen Leistungen den Hut ziehen.
Ja so ist das mit den alten Stadien, die haben alle was eigenes gehabt heute müssen die Vereine ihre Namen auf die Sitze drucken, damit man das Stadion von den anderen überhaupt unterscheiden kann
2
28.01.2011 | 12:43 Uhr
0
Gnanag :
Ganz klar einer der besten Blogs die ich auf Spox je gelesen habe. 100 Punkte
11
28.01.2011 | 12:39 Uhr
0
yoshi1337 : TOP
Super Blog! :) Sehr interessant, und viele, zumindest für mich, neue Infos. Aber erschreckend, dass das Highbury einfach abgerissen wurde und einer Wohnsiedlung wecihen musste. War ein tolles Stadion.
3
28.01.2011 | 12:25 Uhr
0
da sage ich selbst als united fan hut ab henry!
5
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