Auf Magath folgt Rangnick - eine Wachablösung zum richtigen Zeitpunkt?

Beispiel Jurado: Er gab im San Siro den offensive Sechser. Wer ihn unter Magath gesehen hat, schlug wohl zunächst beide Hände vor den Kopf. Sein Talent deutete er zwar schon hier und da mal unter Magath an, aber vor allem in der Rückwärtsbewegung offenbarten sich eklatante Schwächen. Wie die Geschichte gegen Inter dann aber hervorragend ausging, haben wir alle gesehen.

Jurado ist bei weitem nicht der einzige. Durch die ganze Mannschaft ging unter dem neuen, kommunikativen Trainer ein Ruck. "Der Kummerkasten ist leer", hat Neuer in einem Interview gesagt – und das ist der Punkt. Ich lehne mich weit aus dem Fenster und kann es auch nie beweisen, aber behaupte: Selbst wenn Magath mit der selben Formation, den selben Spielern gespielt und denen die selben taktischen Anweisungen wie Rangnick gegeben hätte, wäre keine vergleichbare Leistung zu erwarten gewesen. Es brauchte einfach diesen neuen, kommunikativen und positiven Trainer und Offensivliebhaber.

Nach den vier Spielen unter Rangnick ist das natürlich leicht gesagt. Ich war zugegebenermaßen ein Gegner der Magath-Entlassung, aber schätze, dass ohne den Trainerwechsel keine vergleichbare Reaktion der Spieler gekommen wäre. Nicht einmal in der CL, in der ja schon vorher gute Leistungen gebracht wurden. So gehe ich mit Tönnies d'accord, dass der Trainerwechsel zum richtigen Zeitpunkt kam – so kritisch ich jede seiner Amtshandlungen auch betrachte.

Auch Tönnies' Aussage auf die nervige "Anteilsfrage" traf es gut: "Niemand wird es Felix nehmen, dass er den Weg ins Viertelfinale bewältigt hat. Aber ins Halbfinale hat Rangnick nun die Mannschaft gebracht." Auch die Spieler gaben nach dem Spiel ähnliche Töne von sich. Die Reporter spekulieren natürlich auf eine "Wir haben Felix nichts zu verdanken, das ist alles Rangnick gewesen"- bis hin zu einer "Wir wollen den Titel für unseren Felix holen"-Aussage. Dazu kam es aber nicht - gut so.

Rangnick braucht sich sicher nicht entschuldigen, dass er nun mit der Mannschaft im DFB-Pokalfinale und dem CL-Halbfinale steht, obwohl er erst bei zwei Pokalspielen auf der Trainerbank saß. Genauso wenig wird jemand sagen, dass Magath keinen Anteil an dem am Ende Erreichten hat. Hätte Rangnick seine vier Spiele verloren, hätte er sich rechtfertigen müssen, warum die Mannschaft unter ihm keine Aufbruchsstimmmung zeigt. Nun ist diese aber entflammt – Rangnick sei Dank.

Es graut mir schon ein wenig vor einem Titelgewinn in einem der Wettbewerbe, da dann jeder Jubler von Rangnick auf die Waagschale gelegt wird und kritisch mit dem Magath-Verdienst in Verbindung gebracht wird. Von den Interviewfragen nach dem Spiel mal ganz abgesehen. Aber ob es zu diesem Luxusproblem kommen wird, ist eh noch ungewiss.

Sicher ist: "Körper und Geist" sind auf Schalke gesund. Sicher ist auch: Die "Anteilsfrage" wird die Schalker noch bis zum Saisonende weiter verfolgen. Ich für meinen Teil ziehe nun aber einen Strich und sage es ganz diplomatisch in Ingo-Anderbrügge-Manier: "Der Erfolg gehört zu 70 Prozent dem Rangnick und zu 40 Prozent dem Magath." Oder doch eher umgekehrt?

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