13.04.2012 um 13:47 Uhr
Geschrieben von vanGaalsNase
Konzepte des Clusterns I
Trainer wie etwa Louis van Gaal und Jose Mourinho sind bestrebt, ihre Spieler vor allem technisch und individual-taktisch gemäß dem ganzheitlichen Ansatz zu verbessern. Denn je höher die Qualität eines jeden Spielers in den einzelnen Aspekten von Technik, Taktik und Kondition ist, desto höher ist auch die entsprechende Qualität der gesamten Mannschaft. Doch welche Spielertypen passen zueinander und wie erreicht man das Optimum für die jeweilige Mannschaft? Einen Erklärungsansatz liefert das sogenannte Zidane-Clustering-Theorem:
1. theoretische Grundlagen
Ist die Qualität von Spieler A höher als die Qualität von Spieler B, profitiert Spieler C mehr von Spieler A als von B. Nach diesem sogenannten "LAUTH-Axiom" hängt die Leistung eines Spielers positiv von der Qualität seiner Mitspieler ab. (Bsp.: Zidane würde Benny Lauth zu einem besseren Stürmer machen).
Ist Spieler D jedoch höher qualifiziert als C, profitiert der wiederum mehr von A als C. Gemäß diesem "KLOSE-Axiom" ist die Leistungssteigerung durch andere gute Spieler größer, je höher die eigene Qualität des Spielers ist. (Bsp.: Miroslav Klose würde von Zidane stärker profitieren als Benny Lauth).
Somit ergibt sich die theoretisch höchste Qualität aus dem Zusammenspiel (Clustern) von Spieler A (Zidane) und D (Klose). Es zeigt sich, dass sich die Qualität einer Mannschaft nicht additiv aus den Fähigkeiten der einzelnen Spieler ergibt, sondern multiplikativ. Daraus folgt eine sehr starke Auswirkung der individuellen Fähigkeiten der Spieler auf die Mannschaft. Diese enge Verflechtung der Fähigkeiten ist in Zeiten des ballorientierten Spiels von Pressing, sowie Pass- und Positionsspiel noch intensiver als in Zeiten der Manndeckung, weil das ballorientierte Spiel nur durch das zeitgleiche Zusammenwirken mehrerer Spieler funktionieren kann, während bei der Manndeckung überwiegend autonom verfahren wird.
2. praktische Anwendung
Die jeweiligen Fähigkeiten und Qualitäten von Spielern müssen einzeln bewertet und demgemäß eingesetzt und aufeinander abgestimmt - geclustert - werden. Ist X zweikampfstärker als Y, aber passschwächer als jener, muss entsprechend entschieden werden, welche Aufgaben die beiden Spieler jeweils erhalten sollen. In dieser Konstellation empfiehlt es sich, Y eine zentrale Position zu geben, von der aus er viele variable Möglichkeiten hat, Mitspieler anzuspielen und einzusetzen. Spieler X kann hingegen vor oder hinter Y aufgestellt werden, um sich in engen Räumen (eigener oder gegnerischer Strafraum), wo es besonders häufig zu Zweikämpfen kommt, am Ball zu behaupten, damit die Primärziele (Tore erzielen - Tor verhindern) umgesetzt werden können. Je nachdem, ob X stärker in der Ballsicherung oder der -eroberung ist, ergibt sich, ob er vor oder hinter Y agiert.
Welche Bedeutung man einzelnen Qualitätsmerkmalen (Passtechnik, Zweikampfstärke, Kopfballstärke, Schnelligkeit etc.) beimisst, ist Sache der grundsätzlichen Ausrichtung. Dementsprechend muss der Trainer seine Mannschaft zusammenstellen bzw. clustern. Legt der verantwortliche Trainer Wert auf ein ausgeprägtes Passspiel, braucht er passsichere Spieler. Für auf Verteidigung fokussierte Mannschaften ist insbesondere die Zweikampfstärke der Akteure wichtig.
Fraglich und streitig ist jedoch, ob sich eine Mannschaft aus vorwiegend ähnlichen oder aus unterschiedlichen Spielertypen zusammensetzen sollte. Regelmäßig wird einem in der Offensive technisch-taktisch herausragendem Spieler ein konditionell starker und zweikampfsicherer Akteur an die Seite gestellt, der als sogenannter "Wasserträger" agiert. Diese unterschiedlichen Spielertypen sollen sich auf diese Weise ergänzen. Ein Gegenbeispiel ist der FC Barcelona, der auf sämtlichen Positionen Spieler einsetzt, die technisch und taktisch derart gut ausgebildet sind, dass sie verschiedene Positionen einnehmen können. Dabei muss jeder Spieler Barcelonas insbesondere das Passspiel auf einem hohen Niveau beherrschen, was gerade typisch für zentrale Mittelfeldspieler ist. Ferner sind alle Akteure an der Balleroberung beteiligt, sodass nicht wenige als "Wasserträger" agieren, sondern alle.
Nach dem Zidane-Clustering-Theorem multipliziert sich die jeweils herausragende Passstärke eines jeden Spielers des FC Barcelona, wodurch die gesamtmannschaftliche Passstärke im Ergebnis auf ein bis dahin nie erreichtes Level gehoben wird. Gleiches gilt für das aggressive Pressing. Aus diesem Grund ist es auch kein Zufall, dass Barcelona eher kleine Spieler bevorzugt, die diesen speziellen technisch-taktischen Anforderungen mit den dazugehörigen körperlichen Voraussetzungen am ehesten gerecht werden können. Barca hat mit durchschnittlich 177,5cm Körpergröße je Spieler die kleinste Mannschaft Europas. Das den FC Barcelona prägende Trio, bestehend aus Messi, Xavi und Iniesta, misst dagegen im Durchschnitt nur 170cm.
Zwergentrio: Andres Iniesta, Lionel Messi, Xavi Hernandez (v.l.)
Somit ist Barca das Paradebeispiel einer einheitlichen Vereinsphilosophie und -konzeption, die sogar, wenn auch unbewusst, die körperliche Beschaffenheit der Spieler berücksichtigt. Da den meisten Mannschaften derartige Konzeptionen fehlen, sind sie darauf angewiesen, unterschiedliche Spielertypen in ein Team zu integrieren. Das stellt besondere Herausforderungen an das Scouting und Teammanagement, sodass es häufig zu Fehlinvestitionen kommen kann, wenn ein Spieler nicht wie geplant ins angestrebte System passt. Das ist besonders dann eklatant, wenn ein neuer Trainer mit einer neuen Spielidee zur Mannschaft tritt. Solche auf Fehleinschätzungen beruhenden Fehlinvestitionen sind beim FC Barcelona zwar auch nie auszuschließen (Bsp.: Zlatan Ibrahimovic), allerdings kann Barca das durch seine einheitliche Ausbildung mit eigenen Nachwuchsspielern kompensieren.
Teil 2
1. theoretische Grundlagen
Ist die Qualität von Spieler A höher als die Qualität von Spieler B, profitiert Spieler C mehr von Spieler A als von B. Nach diesem sogenannten "LAUTH-Axiom" hängt die Leistung eines Spielers positiv von der Qualität seiner Mitspieler ab. (Bsp.: Zidane würde Benny Lauth zu einem besseren Stürmer machen).
Ist Spieler D jedoch höher qualifiziert als C, profitiert der wiederum mehr von A als C. Gemäß diesem "KLOSE-Axiom" ist die Leistungssteigerung durch andere gute Spieler größer, je höher die eigene Qualität des Spielers ist. (Bsp.: Miroslav Klose würde von Zidane stärker profitieren als Benny Lauth).
Somit ergibt sich die theoretisch höchste Qualität aus dem Zusammenspiel (Clustern) von Spieler A (Zidane) und D (Klose). Es zeigt sich, dass sich die Qualität einer Mannschaft nicht additiv aus den Fähigkeiten der einzelnen Spieler ergibt, sondern multiplikativ. Daraus folgt eine sehr starke Auswirkung der individuellen Fähigkeiten der Spieler auf die Mannschaft. Diese enge Verflechtung der Fähigkeiten ist in Zeiten des ballorientierten Spiels von Pressing, sowie Pass- und Positionsspiel noch intensiver als in Zeiten der Manndeckung, weil das ballorientierte Spiel nur durch das zeitgleiche Zusammenwirken mehrerer Spieler funktionieren kann, während bei der Manndeckung überwiegend autonom verfahren wird.
2. praktische Anwendung
Die jeweiligen Fähigkeiten und Qualitäten von Spielern müssen einzeln bewertet und demgemäß eingesetzt und aufeinander abgestimmt - geclustert - werden. Ist X zweikampfstärker als Y, aber passschwächer als jener, muss entsprechend entschieden werden, welche Aufgaben die beiden Spieler jeweils erhalten sollen. In dieser Konstellation empfiehlt es sich, Y eine zentrale Position zu geben, von der aus er viele variable Möglichkeiten hat, Mitspieler anzuspielen und einzusetzen. Spieler X kann hingegen vor oder hinter Y aufgestellt werden, um sich in engen Räumen (eigener oder gegnerischer Strafraum), wo es besonders häufig zu Zweikämpfen kommt, am Ball zu behaupten, damit die Primärziele (Tore erzielen - Tor verhindern) umgesetzt werden können. Je nachdem, ob X stärker in der Ballsicherung oder der -eroberung ist, ergibt sich, ob er vor oder hinter Y agiert.
Welche Bedeutung man einzelnen Qualitätsmerkmalen (Passtechnik, Zweikampfstärke, Kopfballstärke, Schnelligkeit etc.) beimisst, ist Sache der grundsätzlichen Ausrichtung. Dementsprechend muss der Trainer seine Mannschaft zusammenstellen bzw. clustern. Legt der verantwortliche Trainer Wert auf ein ausgeprägtes Passspiel, braucht er passsichere Spieler. Für auf Verteidigung fokussierte Mannschaften ist insbesondere die Zweikampfstärke der Akteure wichtig.
Fraglich und streitig ist jedoch, ob sich eine Mannschaft aus vorwiegend ähnlichen oder aus unterschiedlichen Spielertypen zusammensetzen sollte. Regelmäßig wird einem in der Offensive technisch-taktisch herausragendem Spieler ein konditionell starker und zweikampfsicherer Akteur an die Seite gestellt, der als sogenannter "Wasserträger" agiert. Diese unterschiedlichen Spielertypen sollen sich auf diese Weise ergänzen. Ein Gegenbeispiel ist der FC Barcelona, der auf sämtlichen Positionen Spieler einsetzt, die technisch und taktisch derart gut ausgebildet sind, dass sie verschiedene Positionen einnehmen können. Dabei muss jeder Spieler Barcelonas insbesondere das Passspiel auf einem hohen Niveau beherrschen, was gerade typisch für zentrale Mittelfeldspieler ist. Ferner sind alle Akteure an der Balleroberung beteiligt, sodass nicht wenige als "Wasserträger" agieren, sondern alle.
Nach dem Zidane-Clustering-Theorem multipliziert sich die jeweils herausragende Passstärke eines jeden Spielers des FC Barcelona, wodurch die gesamtmannschaftliche Passstärke im Ergebnis auf ein bis dahin nie erreichtes Level gehoben wird. Gleiches gilt für das aggressive Pressing. Aus diesem Grund ist es auch kein Zufall, dass Barcelona eher kleine Spieler bevorzugt, die diesen speziellen technisch-taktischen Anforderungen mit den dazugehörigen körperlichen Voraussetzungen am ehesten gerecht werden können. Barca hat mit durchschnittlich 177,5cm Körpergröße je Spieler die kleinste Mannschaft Europas. Das den FC Barcelona prägende Trio, bestehend aus Messi, Xavi und Iniesta, misst dagegen im Durchschnitt nur 170cm.
Zwergentrio: Andres Iniesta, Lionel Messi, Xavi Hernandez (v.l.)
Somit ist Barca das Paradebeispiel einer einheitlichen Vereinsphilosophie und -konzeption, die sogar, wenn auch unbewusst, die körperliche Beschaffenheit der Spieler berücksichtigt. Da den meisten Mannschaften derartige Konzeptionen fehlen, sind sie darauf angewiesen, unterschiedliche Spielertypen in ein Team zu integrieren. Das stellt besondere Herausforderungen an das Scouting und Teammanagement, sodass es häufig zu Fehlinvestitionen kommen kann, wenn ein Spieler nicht wie geplant ins angestrebte System passt. Das ist besonders dann eklatant, wenn ein neuer Trainer mit einer neuen Spielidee zur Mannschaft tritt. Solche auf Fehleinschätzungen beruhenden Fehlinvestitionen sind beim FC Barcelona zwar auch nie auszuschließen (Bsp.: Zlatan Ibrahimovic), allerdings kann Barca das durch seine einheitliche Ausbildung mit eigenen Nachwuchsspielern kompensieren.
Teil 2
Aufrufe: 14908 | Kommentare: 1 | Bewertungen: 9 | Erstellt:13.04.2012
ø 9.0
KOMMENTARE
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20.04.2012 | 16:00 Uhr
-1
Champagner :
sehr interessanter Blog! Gut geschrieben und was (für mich) völlig Neues. 1
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