24.10.2010 um 20:01 Uhr
Geschrieben von Voegi
Liga-Lehren IX
Hasebes süße Träume
Die neuen Liga-Lehren mit biblischen Gestalten, folgenreichen Tagträumen und virtuosen Zirkusnummern:
Drohkulisse
Die Effzeh-Führungsetage erwägt offensichtlich jetzt auch unkonventionelle Maßnahmen. So muss man manchmal eben eine fürchterliche Drohkulisse installieren, um den eigenen Angestellten Feuer unter dem Allerwertesten zu machen. Verhandlungen mit einem neuen Trainer gehören bekanntlich nicht zu solcherlei Abschreckungsmethoden – außer der Kandidat heißt Thomas Doll. Eine Aussicht, die auch den hartnäckigsten Albert Streit dazu motivieren kann, morgens einmal aufzustehen. Für Profi-Fußballer gibt eben doch kein größeres Schreckgepenst als den Scheintrainer mit der Sabbelschnüss von Tim Mälzer und der Gesichtswüste von Guido Westerwelle. Wohl gemerkt: Für Profi-Fußballer! Für einen Angestellten des Effzeh ist die Aussicht auf Sabbel-Doll dagegen regelrecht verlockend. Frei nach dem Motto: Lieber von einem Hanseaten totgequasselt als von einem Kroaten in die Narkose geflüstert. Da kann man dem Effzeh die freiwillige Niederlage in Hannover doch nicht verübeln. Hatte doch den gewünschten Nutzen.
Biblisch
Ja , der Effzeh. Bei unserem sympathischen Selbsthilfeverein mit angeschlossener Abteilung zur hopfigen Brauchtumspflege verzichtet man bekanntlich auf eine realistische Selbsteinschätzung. In Köln ist man eben sehr selbstbewusst – auch sich selbst gegenüber. Da kommt es schon mal vor, dass man sich im Angesicht einer nicht enden wollenden Erfolgsserie mit Heiligen gleichsetzt. So wie Poor Old Mondragon, der den naheliegenden Vergleich mit Methusalem scheute und sich ob des perfiden Verrats an seiner Person lieber zum Jesus machte. Was zunächst anmaßend klingen mag, bei genauer Betrachtung aber durchaus nachvollziehbar ist. Schließlich wurde der Effzeh über lange Jahre von einem Messias trainiert. Und jetzt will auch der heilige Matthäus in die Ewige Stadt am Rhein. Doch auch anderswo beweist man Bibeltreue. Bei Gladbachs Borussia herrscht mal wieder eine Stimmung wie beim letzten Abendmahl. Der FCK empfängt die nächste Botschaft von Hiob. Und Tuchel vertreibt Klopp wieder aus dem Paradies. Amen.
Traum
Es ist mal wieder an der Zeit, unsere Verzückung ob des betörenden Charmes des Wolfsburger Chefcoaches kundzutun. Diese unwiderstehliche Mischung aus improvisiertem Stand-Up-Denglish und nordenglischem Landhaus-Charisma lässt uns einfach nicht mehr los und verfolgt uns bis in die Träume. Doch nicht nur uns. Auch Wolfsburgs eisenharter Sushi-Staubsauger scheint von der sinnlichen Ausstrahlung seines Trainers derart gefangen, dass er sogar auf dem Platz von schmachtenden Tagträumen überfallen wird. Oder wie anders ist Hase B.'s plötzliche Realitätsentrückung zu erklären, in der er traumverloren die ganze Außenwelt samt Julian Schieber um sich herum vergaß? Doch wohl nur mit grenzenloser Schwärmerei. Jene war im Übrigen auch dafür verantwortlich, dass sich Ashkan Dejagah und Simon Kjaer vor dem 1:2-Gegentreffer in unbekümmerter Leidenschaft wonnevoll über den Haufen rannten. Die beiden waren mit ihren Gedanken eben nicht auf dem Platz, sondern auf der Trainerbank.
Hypothesen
Ungeklärt ist hingegen, weshalb Schiri Stark Sahins Elfmeter zurückpfiff. Es gibt jedoch nur drei naheliegende Erklärungen.
Hypothese 1: Lucas Barrios hatte versehentlich in den Strafraum ausgeatmet.
Hypothese 2: Der Schiri glaubte, zum 25. Geburtstag der Schwarzwaldklinik sei es mal wieder Zeit für eine Wiederholung.
Hypothese 3: Stark empfing über sein Headset die WDR2-Sport-Nachrichten und erhielt Kenntnis vom Trainer-Hickhack in Köln, in dessen Zuge voreilig Soldos Entlassung vermeldet wurde. Und wenn jemand vorprescht – muss man ihn eben zurückpfeifen.
Steno
Zum 0:0 von Hamburg wollen wir nicht viel sagen. Über Menschen mit körperlichen Einschränkungen macht man eben keine Scherze. Daher im Telegrammstil: Evil Rost geht vorzeitig – wegen überdehnter Halsschlagader. Marie-Oh Gomez ist wieder ganz der Alte. Jonny Pitroipa auch – kann niemandem einen Wunsch abschlagen. Van Gaals sehnsüchtiges Flehen ("zu wenig geduselt") erhört. Demütig die Kugel an den Pfosten gesetzt. Bayern wieder mit Fortuna im Bunde: Fortuna Duseldorf.
Different
Machen wir uns nichts vor: Gelsenkirchen und Frankfurt sind so verschieden wie Hin- und Rückrunde bei Bayer Leverkusen. In der einen Stadt fördert man Kohle, in der anderen verprasst man sie. Hier hat man den größten Flughafen Mitteleuropas, dort die höchste Imbissbuden-Dichte westlich von Castrop-Rauxel. Die einen haben einen Trainer mit dem Sex-Appeal eines Musterungsbescheids, die anderen einen lasziven Coach mit der umfangreichsten Handy-Softpornosammlung im deutschen Profi-Fußball. Dass Eintracht Main und Gazprom 04 derzeit vieles trennt, sah man dann auch am Samstag: Frankfurt spielte Fußball, Schalke spielte schalke. Horny Skibbes Elf agierte heißblütig nach vorne, Felix' Jungs wirkten mal wieder frigide. Dass keine Tore fielen, bleibt jedoch unerklärlich. Aber Fußball und Logik sind eben wie Frankfurt und Schalke.
Töppi
Und nun die Kür zum Mann des Tages: Zunächst hatten wir dabei ja an Werders bravourös haltenden Aushilfskeeper Basti Mielitz gedacht. Doch wer im Interview Mama, Papa, Freundin und Oma grüßt, kommt für den "Mann" des Tages leider nicht in Bedacht. Aber vielleicht für einen Gastauftritt bei "Kinderquatsch mit Michael". Doppeltorschütze Ya Konan wäre natürlich auch ein Kandidat – doch zwei Tore gegen den Effzeh reichen dafür leider nicht aus. Unsere Wahl fällt deshalb auf Rolf Töpperwien, der sich seinen Lebenstraum erfüllte und beim Spiel in Hannover zum ersten Mal als Radio-Reporter Bericht erstattete. Das finden wir gut, wenngleich Rolf ruhig früher auf diese Idee hätte kommen können. Das hätte uns optisch doch einiges erspart.
Und was gab's noch?
Einen amüsanten Comedy-Abend in der Allianz-Arena unter der Woche. Insider hatten ja bereits vorher Zweifel angemeldet, dass es sich bei Cluj wirklich um einen Fußballclub handelt. Und in der Tat hat man in Cluj mit Fußball nicht viel am Hut. Stattdessen war in der Bayern-Arena der hoffnungsvolle rumänische Wanderzirkus CLUJ (Clowns, Luftakrobaten und Jongleure) zu Gast und präsentierte ein paar schräge Nummern aus seinem umfangreichen Programm. Absolute Highlights dabei: Der verwunschene Kroos, die verbogene Ecke und – als groteske Schlusspointe – der angeschossene Gomez. Die Bayern waren begeistert und profitierten gleich in doppelter Hinsicht von den Slapstick-Einlagen der rumänischen Comedy-Truppe. Denn nicht nur, dass man praktisch ohne eigenes Zutun so gut wie im Achtelfinale steht, sind die Bayern-Akteure dank des beeindruckenden Anschauungsunterrichts jetzt auch bestens gerüstet – für einen Gastauftritt in "Stars in der Manege".
Aufrufe: 11134 | Kommentare: 36 | Bewertungen: 48 | Erstellt:24.10.2010
ø 8.8
KOMMENTARE
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24.10.2010 | 20:39 Uhr
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Kurzpassspiel :
Schönes LL Ding!!! 10 Punkte wie immer!
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24.10.2010 | 20:39 Uhr
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mamö99 :
Und wieder eine gelungene Ausgabe der Liga-Lehren! Einfach bewundernswert, wie du mir jeden Sonntag aufs neue ein Lächeln ins Gesicht zauberst! Großartig Vor allem der Punkt "Hypothesen" ist sehr stark!
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24.10.2010 | 20:22 Uhr
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Erstklassig!
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