28.11.2010 um 20:00 Uhr
Geschrieben von Voegi
Liga-Lehren XIV
Und selbst der Papst schaut zu
Der Papst schaut Bundesliga und die Bundesliga ist Papst. Mehr von der einzigartigen Wechselwirkung zwischen Fußball und Kirche in den Liga-Lehren Ausgabe 14:
Ach Schalke
…da ist es also schon wieder vorüber, euer schnuckeliges, kleines Läufchen. Halb Europa in die Schockstarre geschossen, Pauli zunull abgefiedelt und selbst gegen die Übermannschaft aus Bremen ein zweistelliges 4:0 geholt. Und nun also Carmen Thomas gerächt. Schalke 05! Weil sich Raul mit Morbus Zickler infiziert hat und eure Abwehrabteilung in einen unbefristeten Streik getreten ist. Zum Glück habt ihr aber einen Trainer, der aus solchen Pleiten unmittelbar die richtigen Konsequenzen zieht. So kündigte Fidel Magath nach dem Spiel in autokratischer Entschlossenheit an: "Das erste, worum ich mich jetzt kümmere, ist, dass wir unfallfrei nach Gelsenkirchen zurückkommen". Was nur einen Schluss zulässt: Felix Magath fährt ab sofort auch noch den Mannschaftsbus und hat sich damit den letzten noch fremdbesetzen Posten unter den Nagel gerissen. Womit nun wirklich alle nur denkbaren Fehlerquellen beseitigt sein dürften.
Vatikan
Auch im Vatikan scheint man die Bundesliga mit großer Aufmerksamkeit zu verfolgen. Pinolas Spuckattacke hat den Papst jedenfalls offenkundig schwer beeindruckt. Denn als der Pontifex Maximus sah, wie anmutig-schön doch der Austausch von Körperflüssigkeiten sein kann, lockerte er umgehend sein Kondom. Beziehungsweise das von ihm ausgesprochene Kondomverbot. Was die Sache dann wieder einigermaßen unlogisch erscheinen lässt. Aber egal, wollen wir mal nicht päpstlicher sein als der Papst. Dass man sich jetzt also doch ab und an mal einen Spritzbeutel überstreifen darf, dürfte vor allem in der deutschen Bischofskonferenz für Erleichterung gesorgt haben. Aber auch die Bundesliga hat den päpstlichen Erlass mit Interesse zur Kenntnis genommen, wenngleich die Umsetzung hier und da noch ein wenig fragwürdig wirkt. Ciprian Marica schien bei seinem verbalen Duell mit Schiri Stark die höchstgeistliche Erlaubnis jedenfalls ein wenig missgedeutet zu haben. Denn der Papst hatte das mit "Ruhig mal den Lümmel raushängen lassen und dann einpacken" wahrscheinlich doch irgendwie anders gemeint.
Don
Fußball und Kirche sind also eng miteinander verknüpft. Was sich bereits daran zeigt, dass die sonntagvormittägliche Selbsthilfegesprächsrunde immer das Ende des Gottesdienstes abwartet. Ihr prominentes Mitglied bezeichnet zudem Margot Kässmann als sein größtes Vorbild: Ausgiebig predigen, anderen die Leviten lesen und schließlich richtig Gas geben – aber immer mit ordentlich Druck auf dem Tank. Uns Ouzos Zuneigung zu Spirituellem und Spirituosen erklärt
im Übrigen auch seinen Decknamen Don-Promillo. Daneben gibt es jedoch noch weitere Parallelen zwischen geistlicher Kirchenwelt und säkularer Fußball-Realität. Ohne dass man in Thomas Schlaf gleich die lebzeitige Reinkarnation von Eugen Drewermann sehen müsste. So offenbart Schalkes Abwehr ein Zweikampfverhalten wie Pastor Fliege. In Mönchengladbach vernimmt man weiterhin Nachrichten aus dem Buche Hiob. Hugoal Almeida metarmophorsiert ausgerechnet gegen den Heiligen Pauli vom Paulus zum Saulus. Und einen Lukas haben wir ja schließlich auch noch – nur einen Matthäus nicht. Und das soll auch so bleiben. Amen!
Namen
Mit dem Glauben ist es ja so eine Sache – gerade für den leiderprobten Fußball-Fan: So sehr er einem in schweren Zeit auch Halt und Kraft geben mag, so oft ist er eben doch der erste Schritt zur Enttäuschung. In jedem Falle sollte man sich davor hüten, die eigene Erwartungshaltung an bloßen Namen fest zu machen. Denn Namen sind bekanntlich wie Scholl und Jauch. So verbirgt sich hinter Altin Lala genauso wenig ein begnadeter Pop-Sänger wie hinter Kevin Großkreutz ein breitschultriger Bodybuilder. Und Andrea Barzagli begleicht seine Schulden womöglich auch nicht immer cash. Wem das noch nicht als Beweis genügt, nehme dies: 90 Minuten mit Polanski, Wolf, Fuchs – klingt nach einem blutrünstigen Gruselschocker, war aber eben doch nur ein stinknormaler Bundesliga-Kick.
Janus
Man es hat ja schon immer geahnt. In dem ach so kalten Bundesliga-Business steckt sehr viel mehr menschliche Wärme, als man gemeinhin glauben mag. Da sehnt sich selbst Franck Ribéry, bekanntlich eher jüngeren Damen zuneigt, nach einem engeren Kontakt zu seinem Trainer. Und jener spricht gar von einer bislang ungeahnten "Liebe auf das erste Gesicht", die wir ja überall für möglich gehalten hätten, aber sicher nicht bei Franck Ribéry. Wahre Liebe ist eben unergründlich. Unergründlich ist, um in bester Delling-Tradition vom Hölzchen aufs Stöckchen zu kommen, auch Hannovers Tabellenplatz und die Rückkehr des verlorenes Sohnes Janus Schlaudraff, der – nomen est omen – über zwei Gesichter verfügt, und damit über genau eines mehr als Franck Ribéry. Jüngst noch die Ausstrahlung eines notorischen Simak verströmend, bezirzte er seinen Trainer an diesem Samstag plötzlich wieder mit dem unwiderstehlichen Antlitz eines resoluten Ribéry. Mirko Slomka soll sich bereits hoffnungslos in selbiges verknallt haben.
Kunst
So nett die drei Tore der Bayern in der 2. Halbzeit gegen die Eintracht auch waren, so sehr lagen die künstlerischen Höhepunkte des Spiels doch eindeutig im ersten Spielabschnitt – allesamt dargeboten von Bayerns belgischer Stehlampe. Sowohl der eingesprungene Scherenschritt in vorgetäuschter Absicht der Ballannäherung als auch die Betrunkene Pirouette dürften für mehrere Grimme-Preise und die Goldene Rose von Mon Dieu reichen. Da man mit dem Orientierungssinn einer blinden Qualle und der Körperbeherrschung eines querschnittsgelähmten Kanarienvogels zwar Preise abräumen kann, die eigene Mannschaft aber gleichermaßen um Punkte und Verstand bringt, verzichtete van Gaal in der zweiten Hälfte auf die Dienste seines Aktionskünstlers und brachte mit Martin Demichelis lieber das Original.
Und was gab's noch?
Bayerns Ausflug nach Rom, in dem sich die inspirative Kraft der Ewigen Stadt niederschlug. Die Bayern-Leistung jedenfalls entpuppte sich als Spiegelbild römischer Sehenswürdigkeiten. Zunächst prachtvoll wie der Petersdom, später löchrig wie das Colosseum und schließlich ging's abwärts wie auf der Spanischen Treppe. Immerhin brachte uns das bayrische Gastspiel die – für Historiker durchaus erschütternde – Erkenntnis: Rom wurde doch in einer Halbzeit aufgebaut. Für Werders Resterampe lief es mit dem 0:3 in Tottenham und Euro-Total-K.O. ungleich schlimmer. Und wenn man so sieht, wie Werder Schämen Deutschland in Europa repräsentiert, relativiert sich doch gleich die Scham für unseren Außenminister. So peinlich wie Werder ist unser Westerwellchen nämlich nun wirklich nicht. Aber wird schon werden – Fußball ist eben auch eine Frage des Glaubens.
Aufrufe: 15215 | Kommentare: 27 | Bewertungen: 46 | Erstellt:28.11.2010
ø 8.7
KOMMENTARE
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29.11.2010 | 13:56 Uhr
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Unlocker : Super!!
Allein wegen der Stelle mit VanBuyten der belgischen Stehlampe gibts nen 10er :D
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29.11.2010 | 13:53 Uhr
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Donovan : 10 Punkte
Allein die Nennung des Namens Don-Promillo rechtfertigt diese Wertung.In meinem Freundeskreis werde ich dank (angeblichen) Alkoholaussetzern so genannt
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29.11.2010 | 13:46 Uhr
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aber egal, mach weiter so! 10 punkte natürlich!
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29.11.2010 | 13:36 Uhr
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tobse : 4 Punkte
hat mich diesmal nicht angesprochen ,
freu mich auf nächsten Montag
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29.11.2010 | 13:12 Uhr
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schlibbedewitz : hammer
das ist der ultimative hammer. extrem lolierung. könnte ich jeden tag lesen.
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29.11.2010 | 13:07 Uhr
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sensemc :
"...und brachte mit Martin Demichelis lieber das Original." Hahaha Soooo geil !!!
Dafür gibts nen 10er
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29.11.2010 | 10:16 Uhr
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donluka :
Schön, schön. Sehr runde Sache. Aber: Das geht so nicht! Erst freue ich mich, dass Du mir einen Abschnitt ("Don") gewidmet hast und was ist dann? Lattek? Matthäus? Ich muss schon bitten! Und daraus schließen, dass ich in der nächsten Runde auftauche. Danke. Bitte.
Davon abgesehen: 10 Punkte (murmelte er unwirsch).
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29.11.2010 | 10:10 Uhr
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Statistik
Aber das mit Werder und Westerwelle ging eindeutig zu weit...