Mit dem Rücktritt des Präsidenten Uli Hoeneß rückt die Vereinsstruktur des FC Bayern München e.V. mal wieder in den Mittelpunkt. Eine außerordentliche Mitgliederversammlung wird seinen Nachfolger wählen - vermutlich Karl Hopfner. Wobei wohl nur ein kleiner Teil der gut 220.000 Mitglieder schlussendlich darüber abstimmen wird. Schließlich kann der AUDI-Dome nur einen Bruchteil der Mitglieder beherbergen. Ein anderes Abstimmungsverfahren, wie z.B. ein Mitgliederentscheid per Briefwahl ist per Satzung nicht möglich und natürlich schwer praktikabel. Dieses würde aber alle Mitglieder aktiv in den Prozess einbeziehen. Einmal mehr wird die Bedeutung einer Satzung für den Verein deutlich: Sie regelt das gemeine Vereinsleben - und organisiert wie im Falle von Uli Hoeneß seine Nachfolge.
Satzungsarbeit ist dabei eher das Brot- und Buttergeschäft des gemeinen Fans. Wenige Mitglieder von einem der größten Sportvereine der Welt haben die sechsseitige Satzung wohl jemals gelesen. Kein Wunder ist sie doch im Internet überhaupt nicht zu finden und wird nur bei Änderungen im vereinseigenen Bayern Magazin abgedruckt. Wer sich als Außenstehender einen Einblick verschaffen will, muss sich eine Auskunft über das Vereinsregister besorgen. Ein steiniger und mühseliger Weg.
Dabei würde sich ein Blick in die Satzung durchaus lohnen. So fällt auf, dass die Rolle des Präsidenten im FC Bayern München e.V. ein durchaus machtvoller Posten ist, schließlich gibt es neben der Mitgliederversammlung keinerlei Kontrollgremium im Verein. Die komplette Macht kanalisiert sich auf den Präsidenten bzw. das Präsidium. Einzig einen Verwaltungsbeirat sieht die Satzung vor - dieser wird aber vom Präsident selbst bestimmt. Der Verwaltungsbeirat muss zwar bei Ausgaben über 1 Million Euro zustimmen, allerdings müsste er für eine wirkliche Unabhängigkeit vom Präsidium losgelöst sein. Inwieweit in diesem Gremium eine aktive Kontrolle über die Handlungen des Präsidiums erfolgt, sei mal dahingestellt.
Die Frage nach Kontrolle und Transparenz wird in Zeiten von Erfolg gern ausgeblendet. Ob aus Naivität oder purem Leichtsinn bleibt fraglich. In deutschen Vereinen aller Spielklassen findet man daher gerne eine Ausgabenmentalität vor, die in keinem Verhältnis zu den Einnahmen steht. Die Erfolge von heute werden viel zu oft mit den Einnahmen von Morgen finanziert. Die finanzielle Schieflage einiger anderer Bundesligavereine steht sinnbildlich für diese Politik. Aber auch als Fan und Mitglied des FC Bayern München würde man sich durchaus gerne mehr Ausgabenkontrolle wünschen. Nicht nur um dem FC Bayern Basketball etwas mehr auf die Finger zu schauen, denn wir dürfen den Blick nicht nur auf die Erfolge im Fußballgeschäft richten. Zumindest könnte man dann öffentlich in Frage stellen, warum man für extra leichte Basketball-Trikots (die angeblich NBA Niveau haben) von Adidas wirbt und zugleich Spieler in XXXL-Ausführungen von selbigen steckt, weil die Profis mit etlichen Kilos Übergewicht rumlaufen.
Aber auch auf die FC Bayern München AG, die Fußballabteilung, könnte man indirekt mehr Einfluss nehmen. Es gibt eine klare Trennung, denn nur der Präsident, Vizepräsident und der Verwaltungsbeirat sind Kraft ihres Amtes im Aufsichtsrat der AG vertreten. Damit hat der e.V. in der AG noch eine deutliche Anteilsmehrheit, aber leider bleibt es viel zu oft im Unklaren, wie der e.V. in der AG vertreten wird. Die Transparenz bleibt da allzu oft auf der Strecke und das liegt natürlich auch an der Vermischung von Ämtern, Freundschaften und privaten Interessen.
Dabei wäre sie für Fanbelange durchaus von Bedeutung, schließlich ist die AG der Eigentümer der Stadionbetreibergesellschaft, also der Allianz Arena. Viele Anliegen rund ums Stadion werden daher nur in informellen Gremien besprochen, die sich hinter kryptischen Namen wie Arbeitskreis Fandialog verstecken. Das führte dazu, dass vor 1 1/2 Jahren Entscheidungen vonseiten des Klubs getroffen wurden, die zum Stimmungsboykott in der Südkurve führten. Erst seit einem halben Jahr sitzt man wirklich wieder an einen Tisch, wobei die Kräfteverhältnisse klar verteilt sind. Die Mitglieder (Fans) sind dabei auf die Zustimmungen des Klubs angewiesen. Im Mittelpunkt stehen hier nicht nachgeordnete Dinge wie ein fairer Bier-Preis, sondern zuletzt ging es immer wieder um den Sponsorenvertrag mit dem Ticketverkaufsportal viagogo. Diese Verkaufsplattform verdient beim Zweithandel mit Tickets gehörig mit - zum Leidwesen der Fans. Tickets werden zum Luxusgut.
Als aktiver Fan wüscht man sich endlich eine echte Mitbestimmung - in Form von verbindlichen Gremien und die Möglichkeit über Satzungsanträge aktive Teilnahme zu betreiben. Das wird natürlich immer schwieriger, je mehr Mitglieder der Verein hat. Viele Fans sind gezwungen durch die Ticketpolitik Mitglied beim FC Bayern München zu werden. Ohne die Mitgliedschaft hat der gemeine Fan meist keinerlei Chance auf Einlass in die Allianz Arena. Der Mitgliederboom der letzten Jahre führte aber auch dazu, dass bestimmte Quoren der Satzung kaum oder nur noch schwer zu erreichen sind. Zwar wurden viele Quoren 2010 von 10% auf 5% abgesenkt, doch haben sie die Mitgliederzahlen in den letzten Jahren erneut fast verdoppelt. Im Umkehrschluss festigt sich so die Macht des Präsidenten bzw. seiner Führungsclique. Oftmals werden dann Jahreshauptversammlungen zu Klatsch- und Freibierveranstaltungen. Die eigentliche Aufgabe - einen aktiven Austausch der Mitglieder - wurde die Versammlung in jüngster Vergangenheit nur noch selten gerecht.
Dabei gibt es durchaus positive Beispiele in der Bundesliga. So brachten die Mitglieder von Schalke 04 den Vertrag mit viagogo zum Kippen, bevor er überhaupt in Kraft treten konnte. In Stuttgart haben es unlängst Fans des VFB Stuttgart geschafft, dass das alte "traditionelle" Logo wieder ihren Verein symbolisiert. Hier zeigen sich positive Kontrollmechanismen die eine Satzung her geben - gerade die Ablehnung von viagogo auf Schalke zeigt, wie aktive Mitbestimmung aussehen kann. Nicht immer muss man sich als Mitglied alles gefallen lassen. Verträge, die die Fans 'melken' sollen, können so verhindert werden. In München ist dies gegenwärtig nur schwer möglich. Viele Satzungsänderungsanträge werden schon aus formalen Gründen einkassiert, weil sie Belange der AG betreffen. In bestimmten Fällen greift das Präsidum zwar unterstützend unter die Arme, so wurde auf Druck der Mitglieder eine 70+1 Regel in die Satzung gehievt, dennoch wäre an der ein oder anderen Stelle mehr Hilfe und Beteiligung wünschenswert. Dann würden die Mitglieder nicht dauerhaft vor beschlossene Tatsachen gestellt werden.
Der FC Bayern München würde gut daran tun, wenn der Rücktritt von Uli Hoeneß auch auf der unteren Vereinsebene genutzt werden würde und es noch mehr Transparenz und Mitbestimmung gibt. Ein echtes Kontrollgremium, dass die Handlungen des Präsidums überwacht, ist innerhalb des e.V. längst überfällig.
Die Chance für Veränderung im Verein war noch nie so groß wie jetzt, allerdings müssten alle organisierten Fans und Mitglieder wohl an einem Strang ziehen. Es wäre natürlich wünschenswert, wenn dieser Denkanstoß auch aus den oberen Vereinsebenen kommt. Schließlich hat der Fall Uli Hoeneß gezeigt, wie unvorhersehbar Personen agieren können. Eine mögliche Vermischung von privaten und geschäftlichen Interessen sollte auch in Zukunft verhindert werden. Dabei helfen nur wirksame Kontrollmechanismen. An dieser Stelle muss sich der (wohl) neue Präsident Karl Hopfner positionieren - bei den Fans und Mitgliedern würde er auf offene Ohren stoßen.
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