20.09.2011 um 16:20 Uhr
Geschrieben von Bailey
Nahe am perfekten Samstag
Das ist die perfekte Welle, das ist der perfekte Tag...
jaulen Juli aus dem Radio, als ich mich gerade auf meinen samstäglich-nachmittäglichen Stammplatz niederlassen will.
Mit lange geübten Handgriffen bediene ich beidhändig die Fernbedienungen für Stereoanlage und Fernseher, wechsle mit der linken Hand gekonnt zur Satellitenbedienung und schon erinnert nichts mehr an den ein paar Jahre alten Berlin-Pop, der bis gerade aus den Boxen kam.
Jetzt läuft der Bundesliga-Tusch.
Noch besser macht diesen Samstag, dass mein VfB nicht spielt. Ich mag die Konferenz. Und kann sie heute endlich einmal wieder in vollen Zügen genießen.
So irritiert mich auch zunächst nicht, dass die Stimme aus dem Off mit ihren knapp 1,60m über Normal Null zwischen Badezimmer und Schlafzimmer und dem darin befindlichen Kleiderschrank hin und her pendelt. Zumindest nicht, bis es schneidend durch die Wohnung schallt: "Guckst du Fußball?"
Dazu muss man sagen, dass diese Frage an Wochenenden eine andere Intention hat als unter der Woche bei Begegnungen in der Champions League oder der Europa League. Da verbirgt sich hinter diesen Worten mehr die Anweisung Ich will das nicht sehen. Schalt sofort um auf Grey's Anatomy, du Pascha-Arsch! Die Argumentation, dass es sowohl mein Fernseher, mein Receiver und mein Sky-Abo ist habe ich vor langer Zeit aufgegeben. Es war auch nie ein richtiger Grund.
Am Wochenende jedoch habe ich zumindest für die Zeit der Bundesliga meine Gerätschaften wirklich für mich.
Doch die Stimme aus dem Off lässt nicht locker.
"Du weißt, dass wir heut Abend mit Frank und Sabine ins Kino gehen?"
"Ja!"
Kino fängt aber erst um 20.15 an, bis dahin ist ja noch eine Weile Zeit. Denke ich, sage ich aber nicht.
Die erste Halbzeit hat begonnen und meine nicht multi-tasking-fähige Aufmerksamkeit ist gerade auf einen bestimmten Vorgang, nämlich einen Dortmunder Eckball gerichtet. Und der sieht eher keinen Dialog vor.
"Und dass wir davor noch was essen gehen wollen?" kommt der nächste Teil nur ein paar Sekunden später.
Irgendwie frage ich mich zum wiederholten Mal, was eigentlich dagegen spricht die beiden Informationen in eine Frage zu packen und somit Zeit zu sparen während ich wieder mit einem knappen "Ja!" antworte und auf dem Bildschirm weiter verfolge, wie Hannover gerade einen Konter versiebt.
Was das bedeutet ist mir in diesem Moment noch nicht so ganz klar, sollte es aber bald werden.
Für die nächsten gut 30 Minuten bis zur Halbzeit ist aber erstmal Ruhe. Die so um die 25. Spielminute im Raum stehende Frage, ob ich denn endlich den fettreduzierten Magerquark von der Fensterbank wegwerfen könnte ignoriere ich gekonnt.
Pünktlich zum Beginn der zweiten Halbzeit steht die Stimme aus dem Off in der Tür zum Wohnzimmer.
"Ziehst du dich auch noch um?" lautet der Satz, der in mir zunächst eine gewisse Verwirrung auslöst.
"Ja, aber doch jetzt noch nicht!" entgegne ich verstört und versuche weiter, dem Spielgeschehen auf dem Bildschirm zu folgen.
Berlin verdaddelt gerade einen Freistoß.
"Na, weil wir um halb 6 verabredet sind!"
Diese Antwort jagt mir dieses Gefühl eines Ziehens gepaart mit dem Eindringen einer glühenden Nadel durch den Nacken. Wahrscheinlich wurde das von den beiden Frauen mal wieder in Allgemeinem Konsens ausgemacht. Wer isst denn bitteschön 3 Stunden lang! Reinkommen, bestellen, bekommen, essen, leertrinken, im schlimmsten Fall bezahlen und gut ist. Dauert im Höchstfall eineinhalb Stunden, aber doch nicht 3! Erschwerend kommt hinzu, dass die Stimme aus dem Off immer ganz gerne "ein bisschen früher", also rund 30 Minuten vor der eigentlichen Verabredung am Treffpunkt ist. Warum weiß der Teufel. Vielleicht Sicherung des Geländes vor Terroranschlägen oder die Furcht vor diesen spontan auftauchenden Großbaustellen. Ich habs nie verstanden. Muss ich auch nicht.
Köln kassiert den Ausgleich.
Ich blicke an mir herunter.
Jeans sauber, Hemd ist schnell gewechselt, Schuhe stehen draußen. Ich bin so gut wie fertig. Im Bad läuft der Wasserhahn.
"Du hast ja nen Tisch reserviert!?"
Mehr Frage als Feststellung.
Wieder dieses Ziehen.
Nein, hatte ich nicht.
"Ja!"
Lautern gerät zunehmend unter Druck.
Ich nutze die kurze Zeit des unbeobachtet seins und fische nach meinem iPad. Rufe die Homepage des Restaurants auf, klicke auf "Online reservieren". Gott segne die moderne Technik, denke ich gefolgt von einem saftigen, innerlichen Fluch.
"Für heute sind leider keine Reservierungen mehr möglich!" steht da. Kurzentschlossen reserviere ich einen Tisch für halb 6 und den darauffolgenden Tag. Ich werde einfach behaupten, das Restaurant habe Mist gebaut.
Lautern kassiert den Ausgleich während Hannover in Führung geht.
Kurz vor 5 Uhr.
Die Stimme aus dem Off steht wieder in der Tür.
"Umziehen! Hallo?"
Wann ist eigentlich eine Begrüßung zur Verstärkung einer Frage geworden? Ich spurte ich ins Schlafzimmer, reiße mein Hemd runter, greife mir unbesehen ein frisches und bin zurück vor dem Fernseher, bevor ich es halb anhabe.
Köln wehrt sich wacker, kommt aber kaum noch aus der eigenen Hälfte.
"Also, gehen wir!" regt die Stimme aus dem Off mit Nachdruck an.
Elfmeter in Dortmund!
Jetzt ziehe ich meinen über die Jahre perfektionierten Joker.
Ich schaue die Stimme aus dem Off eindringlich an, hole Luft und spreche die magischen Worte:
"So willst du gehen?"
"Ja! Warum?"
Jetzt der Fangschuss!
"Nein, nein, wenn du meinst. Hauptsache, du fühlst dich wohl!" sage ich halb vor mich hin, während ich die Augenbrauen resignierend nach oben ziehe.
Mit einem lauten, leicht frustrierten "Ach" bei gleichzeitigem Schlagen der Schlafzimmertür verschwindet die Stimme aus dem Off in selbigem.
Lautern kassiert das 1:2.
Unter leisen Flüchen über Leben, das Universum und alles andere geht im Schlafzimmer ein Entscheidungsprozess über die richtige Kleidung vonstatten, der einem Konklave alle Ehre gemacht hätte.
Die Uhr läuft runter.
Platzverweis in Lautern.
Hannover baut den Vorsprung aus während Dortmund ein ums andere Mal das Tor nicht trifft.
Klopp wütet an der Linie, die Stimme aus dem Off im Schlafzimmer.
"So, können wir jetzt gehen!?"
Wieder mehr Feststellung als Frage.
Nachspielzeit läuft.
Ich hab nur noch einen Schuss, der muss sitzen.
"Dir steht da hinten eine Sträne ab."
Die Stimme aus dem Off rennt ins Bad.
Lautern und Köln ist Ende.
"Stimmt doch gar nicht!"
Abpfiff in Dortmund.
"Hinten unten!"
Feierabend in Berlin.
"Ne, da auch nicht!"
Die Stimme aus dem Off steht wieder in der Tür.
"Dann hab ich mich verguckt!"
"Gehen wir jetzt!?"
Schluss in Hannover.
"Ja." Sage ich lächelnd und schalte den Fernseher ab.
"Jetzt können wir los."
jaulen Juli aus dem Radio, als ich mich gerade auf meinen samstäglich-nachmittäglichen Stammplatz niederlassen will.
Mit lange geübten Handgriffen bediene ich beidhändig die Fernbedienungen für Stereoanlage und Fernseher, wechsle mit der linken Hand gekonnt zur Satellitenbedienung und schon erinnert nichts mehr an den ein paar Jahre alten Berlin-Pop, der bis gerade aus den Boxen kam.
Jetzt läuft der Bundesliga-Tusch.
Noch besser macht diesen Samstag, dass mein VfB nicht spielt. Ich mag die Konferenz. Und kann sie heute endlich einmal wieder in vollen Zügen genießen.
So irritiert mich auch zunächst nicht, dass die Stimme aus dem Off mit ihren knapp 1,60m über Normal Null zwischen Badezimmer und Schlafzimmer und dem darin befindlichen Kleiderschrank hin und her pendelt. Zumindest nicht, bis es schneidend durch die Wohnung schallt: "Guckst du Fußball?"
Dazu muss man sagen, dass diese Frage an Wochenenden eine andere Intention hat als unter der Woche bei Begegnungen in der Champions League oder der Europa League. Da verbirgt sich hinter diesen Worten mehr die Anweisung Ich will das nicht sehen. Schalt sofort um auf Grey's Anatomy, du Pascha-Arsch! Die Argumentation, dass es sowohl mein Fernseher, mein Receiver und mein Sky-Abo ist habe ich vor langer Zeit aufgegeben. Es war auch nie ein richtiger Grund.
Am Wochenende jedoch habe ich zumindest für die Zeit der Bundesliga meine Gerätschaften wirklich für mich.
Doch die Stimme aus dem Off lässt nicht locker.
"Du weißt, dass wir heut Abend mit Frank und Sabine ins Kino gehen?"
"Ja!"
Kino fängt aber erst um 20.15 an, bis dahin ist ja noch eine Weile Zeit. Denke ich, sage ich aber nicht.
Die erste Halbzeit hat begonnen und meine nicht multi-tasking-fähige Aufmerksamkeit ist gerade auf einen bestimmten Vorgang, nämlich einen Dortmunder Eckball gerichtet. Und der sieht eher keinen Dialog vor.
"Und dass wir davor noch was essen gehen wollen?" kommt der nächste Teil nur ein paar Sekunden später.
Irgendwie frage ich mich zum wiederholten Mal, was eigentlich dagegen spricht die beiden Informationen in eine Frage zu packen und somit Zeit zu sparen während ich wieder mit einem knappen "Ja!" antworte und auf dem Bildschirm weiter verfolge, wie Hannover gerade einen Konter versiebt.
Was das bedeutet ist mir in diesem Moment noch nicht so ganz klar, sollte es aber bald werden.
Für die nächsten gut 30 Minuten bis zur Halbzeit ist aber erstmal Ruhe. Die so um die 25. Spielminute im Raum stehende Frage, ob ich denn endlich den fettreduzierten Magerquark von der Fensterbank wegwerfen könnte ignoriere ich gekonnt.
Pünktlich zum Beginn der zweiten Halbzeit steht die Stimme aus dem Off in der Tür zum Wohnzimmer.
"Ziehst du dich auch noch um?" lautet der Satz, der in mir zunächst eine gewisse Verwirrung auslöst.
"Ja, aber doch jetzt noch nicht!" entgegne ich verstört und versuche weiter, dem Spielgeschehen auf dem Bildschirm zu folgen.
Berlin verdaddelt gerade einen Freistoß.
"Na, weil wir um halb 6 verabredet sind!"
Diese Antwort jagt mir dieses Gefühl eines Ziehens gepaart mit dem Eindringen einer glühenden Nadel durch den Nacken. Wahrscheinlich wurde das von den beiden Frauen mal wieder in Allgemeinem Konsens ausgemacht. Wer isst denn bitteschön 3 Stunden lang! Reinkommen, bestellen, bekommen, essen, leertrinken, im schlimmsten Fall bezahlen und gut ist. Dauert im Höchstfall eineinhalb Stunden, aber doch nicht 3! Erschwerend kommt hinzu, dass die Stimme aus dem Off immer ganz gerne "ein bisschen früher", also rund 30 Minuten vor der eigentlichen Verabredung am Treffpunkt ist. Warum weiß der Teufel. Vielleicht Sicherung des Geländes vor Terroranschlägen oder die Furcht vor diesen spontan auftauchenden Großbaustellen. Ich habs nie verstanden. Muss ich auch nicht.
Köln kassiert den Ausgleich.
Ich blicke an mir herunter.
Jeans sauber, Hemd ist schnell gewechselt, Schuhe stehen draußen. Ich bin so gut wie fertig. Im Bad läuft der Wasserhahn.
"Du hast ja nen Tisch reserviert!?"
Mehr Frage als Feststellung.
Wieder dieses Ziehen.
Nein, hatte ich nicht.
"Ja!"
Lautern gerät zunehmend unter Druck.
Ich nutze die kurze Zeit des unbeobachtet seins und fische nach meinem iPad. Rufe die Homepage des Restaurants auf, klicke auf "Online reservieren". Gott segne die moderne Technik, denke ich gefolgt von einem saftigen, innerlichen Fluch.
"Für heute sind leider keine Reservierungen mehr möglich!" steht da. Kurzentschlossen reserviere ich einen Tisch für halb 6 und den darauffolgenden Tag. Ich werde einfach behaupten, das Restaurant habe Mist gebaut.
Lautern kassiert den Ausgleich während Hannover in Führung geht.
Kurz vor 5 Uhr.
Die Stimme aus dem Off steht wieder in der Tür.
"Umziehen! Hallo?"
Wann ist eigentlich eine Begrüßung zur Verstärkung einer Frage geworden? Ich spurte ich ins Schlafzimmer, reiße mein Hemd runter, greife mir unbesehen ein frisches und bin zurück vor dem Fernseher, bevor ich es halb anhabe.
Köln wehrt sich wacker, kommt aber kaum noch aus der eigenen Hälfte.
"Also, gehen wir!" regt die Stimme aus dem Off mit Nachdruck an.
Elfmeter in Dortmund!
Jetzt ziehe ich meinen über die Jahre perfektionierten Joker.
Ich schaue die Stimme aus dem Off eindringlich an, hole Luft und spreche die magischen Worte:
"So willst du gehen?"
"Ja! Warum?"
Jetzt der Fangschuss!
"Nein, nein, wenn du meinst. Hauptsache, du fühlst dich wohl!" sage ich halb vor mich hin, während ich die Augenbrauen resignierend nach oben ziehe.
Mit einem lauten, leicht frustrierten "Ach" bei gleichzeitigem Schlagen der Schlafzimmertür verschwindet die Stimme aus dem Off in selbigem.
Lautern kassiert das 1:2.
Unter leisen Flüchen über Leben, das Universum und alles andere geht im Schlafzimmer ein Entscheidungsprozess über die richtige Kleidung vonstatten, der einem Konklave alle Ehre gemacht hätte.
Die Uhr läuft runter.
Platzverweis in Lautern.
Hannover baut den Vorsprung aus während Dortmund ein ums andere Mal das Tor nicht trifft.
Klopp wütet an der Linie, die Stimme aus dem Off im Schlafzimmer.
"So, können wir jetzt gehen!?"
Wieder mehr Feststellung als Frage.
Nachspielzeit läuft.
Ich hab nur noch einen Schuss, der muss sitzen.
"Dir steht da hinten eine Sträne ab."
Die Stimme aus dem Off rennt ins Bad.
Lautern und Köln ist Ende.
"Stimmt doch gar nicht!"
Abpfiff in Dortmund.
"Hinten unten!"
Feierabend in Berlin.
"Ne, da auch nicht!"
Die Stimme aus dem Off steht wieder in der Tür.
"Dann hab ich mich verguckt!"
"Gehen wir jetzt!?"
Schluss in Hannover.
"Ja." Sage ich lächelnd und schalte den Fernseher ab.
"Jetzt können wir los."
Aufrufe: 7055 | Kommentare: 58 | Bewertungen: 35 | Erstellt:20.09.2011
ø 9.5
KOMMENTARE
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21.09.2011 | 08:28 Uhr
0
mayoble :
Also ich finde das ganze doch zu mariobarthig. Natürlich ist das Ding hier sehr flüssig zu lesen und du hast einige schöne Ideen drin, aber mein Humor ist das irgendwie nicht.Wegen hoher handwerklicher Qualität gebe ich trotzdem
8 Punkte
1
21.09.2011 | 08:15 Uhr
0
Kaiser01 :
Verdammt starker Blog, Bailey!Wer kennt solche Situationen nicht?
Du hast es perfekt beschrieben, mir fällt leider keine weitere Lobhuddelei ein... Betrachte einfach alle Kommentare von Seite 1 als Lobhuddelei meinerseits.
Bewertung folgt, auch wenn ich jetzt schon weiß welche Punktzahl du bekommen wirst.
Edith sagt:
Na dann hier meine Bewertungen:
RobbieRoxx: 9 Pkt.
Bailey: 10 Pkt.
0
21.09.2011 | 08:00 Uhr
0
schade für robbieroxx, da seiner auch zieml gut war
0
21.09.2011 | 00:13 Uhr
0
Auch als Gegner im Duell kann ich nicht anders, als dir zehn Punkte zu geben. Chapeau!!
0
21.09.2011 | 00:04 Uhr
0
Ich dachte mir das schon immer!Jasi erzählt das ja nie!
Wo du gerad hier bist!ST gucken!
0
20.09.2011 | 23:58 Uhr
0
Hammer!Grandios!Mega!
10 Punkte!
Nur eine Frage seit wann wohnt Jasi bei dir?
0
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RobbieRoxx Geschichte ist natürlich auch eine Klasse für sich aber wie ich schon schrieb wird mir da bisl zu viel aufs trinken eingegangen.
Meine Bewertung:
Bailey: 10 Punklte
RobbieRoxx: 9 Punkte