10.04.2011 um 11:04 Uhr
Geschrieben von possessionplay
Nürnberg 1-1 Bayern
Bundesliga: 09.04.2011
Heute mal ein taktisch geprägter Spielbericht unserer Bayern, die im Bayern-Derby in Nürnberg ohne Änderung zum vorigen Spiel antraten. Trotz der schön herausgespielten Führung durch Müller (4.) sollte es ein schweres Spiel werden.
Das Anti-Bayern-System
Dieter Hecking kann man fast als Pionier dafür bezeichnen. Bereits vor über einem Jahr hat er es eingesetzt – vor Klopp, vor Mourinho – und damit auch alle Theorien widerlegt, dass erst seit dem CL-Finale jeder Gegner ein passendes Rezept gegen Bayern habe.
Eine Bezeichnung für die Nürnberger Formationen zu finden, ist jedenfalls schwer: Ein 4-1-3-1-1/4-1-4-1/4-3-1-2 war es wohl. Damit bereiteten sie den Münchenern einige Probleme: Das Mittelfeldzentrum wurde dicht gemacht, so dass Schweinsteiger und vor allem Kroos komplett ausgeschaltet wurden.
Abgesichert von Simmons konnten Cohen und Gündogan die beiden Mittelfeldspieler unter Druck setzen, die zudem von Ekici eingekesselt wurden. Dieser unterstütze die beiden Spitzen beim Attackieren von Bayerns Innenverteidigern. Konfrontiert mit einer Unterzahl blieb für Gustavo und Badstuber nur der wenig erfolgsversprechende lange Ball, um das Spiel zu beschleunigen, oder das Spiel über außen.
Fixierung auf die Seiten
van Gaal wird mit großer Wahrscheinlichkeit dieses Szenario befürchtet haben. Warum er dagegen nichts unternahm? Das tat er: Support für die Winger. Lahm und Pranjic besetzen immer wieder die Flügel, hinterliefen oder kombinierten mit den Außenspielern.
Ebenfalls wichtig war für Bayern Thomas Müller. Er zeigte sich deutlich verbessert und beweglicher, füllte öfter das Loch im offensiven Mittelfeld. Auch er stellte sich als Spielpartner für die Außenstürmer zur Verfügung oder zog seinen Bewacher Simmons aus dem Zentrum, um Robben dort Platz zu verschaffen.
Mit der offensiven Ausrichtung der Außenseiten des FCB ging aus Nürnberger Sicht auch die Fokussierung auf selbige einher, um eventuelle Lücken auszunutzen und natürlich die primäre Gefahrenquelle Bayerns mit einer Dominanz in diesen Bereichen zu neutralisieren.
Bei ersterem Punkt kam ihnen die flexible Ausrichtung ihrer beiden Spitzen Eigler und Mak entgegen, die beide sehr beweglich waren. Während Mak mit seiner Hybrid-Position aus Stürmer und äußerem Mittelfeldspieler für Bayern schwer zu fassen war, wurden Eiglers Bewegungen in äußere Zonen vor allem bei Gegenstößen zur Gefahr, was in paar Chancen mündete.
Schlüsselspieler für den zweiten Aspekt waren die beiden Außenverteidiger Chandler und Pinola. Mit ihrem Offensivdrang zwangen sie nicht nur Robben und Ribery zur erhöhten Defensivarbeit, sondern schufen auch Räume für andere Spieler oder provozierten Freistöße – eine generelle und bewusst gewählte Strategie der Nürnberger in einem generell sehr zerfahrenen Spiel (39 Fouls).
Ekici
Der unter besonderer Beobachtung stehende Ekici hatte besonderen Anteil daran, dass Nürnberg im Mittelfeld die Hoheit hatte, denn er brachte vor allem Schweinsteiger in die Zwickmühle. Mit seinen Bewegungen zwischen den Linien war er ein steter Gefahrenherd. Um diesen Platz möglichst gering zu halten, spielte Schweinsteiger zunächst sehr tief, was der Münchener Offensivkraft aber alles andere als gut tat.
Mitte der ersten Halbzeit konnte Bayern dann die Nürnberger Dominanz über das Mittelfeld etwas durchbrechen und das typische Spiel um den Strafraum der Gastgeber aufbauen. Während Schweinsteiger sich im Zentrum behaupten konnte, weil er einfach mehr nach vorne ging wie Lampard unter der Woche in der CL, wich Kroos auf rechts aus, wo er ebenfalls als zusätzlicher Akteur zur Verfügung stand.
Mit den in das Positionsspiel eingewebten Rochaden und den guten Bewegungen der Spieler konnte man einige Male die Defensive fast aushebeln, nur zum Torschuss kam man nicht, bis zur Halbzeit aber mehr und mehr Kontrolle über das Spiel. Das Problem war diesmal nicht die Belagerungsphase der Angriffe, sondern die Phase, um den Ball aus der Abwehr dahin zu bekommen.
Zweite Halbzeit
Aus formaler Sicht gab es einige Veränderungen im zweiten Abschnitt. van Gaal musste den schwachen, gelb-rot-gefährdeten Kroos durch Tymo ersetzen und den verletzten Pranjic durch Contento, der bei seinem ersten BL-Spiel seit Dezember 2010 aber noch nicht in Bestform sein konnte. Nun war aber die linke Seite etwas zurückhaltender.
Daran hatte auch Hecking Anteil, der in der Pause auf 4-3-3 umstellte – so wie man schon im Pokal gegen Schalke agiert hatte – womit die Außen noch etwas besser abgedeckt waren. Nürnberg bekam nun Oberwasser, wobei ihnen auch Tymos schwaches Spiel half und das Verschlafen der Startphase der zweiten Halbzeit – nach Bayern-Manier wie schon zu häufig.
Nürnberg setzte Bayern unter Druck, diese zogen sich zurück – und dass ihnen das sowieso nicht liegt, machte das Ganze nicht besser. In der 60. Minute beschloss Eigler die Drangphase auf das Bayern-Tor – zugegebenermaßen nach einem dämlichen Bock von Kraft.
van Gaal schien mit der Einwechslung von Klose für Müller die gleiche siegbringende Wechselstrategie wie in Freiburg zu versuchen. Doch Schweinsteiger spielte nicht wie ein Zehner, sondern tiefer, aber dennoch mit vielen Freiheiten, während Klose die Müller-Rolle übernahm, nach rechts oder nach hinten sich fallen ließ – vermutlich um jeweils das Mittelfeld zu stärken, denn Nürnberg spielte auch am Schluss noch auf Sieg.
Daher entwickelte sich eine offene Schlussphase mit vielen Konterchancen, da keine Mannschaft die wirkliche Überlegenheit hatte – aber die besseren Chancen lagen doch auf unserer Seite.
Fazit
Was bleibt? Ärger und einsatzunfähige Spieler für das Treffen mit Don Jupp.
Hier hatte man das Spiel und die Führung trotz Probleme mit Ekici, dem Club-System und deren AVs eigentlich im Griff – ohne Herr im Zentrum zu sein.
Doch die verschlafene Startphase, ein dummes Gegentor und die Tatsache, dass Nürnberg in der zweiten Seite bei den Außen-Duellen etwas überlegener war, brachten den Nürnbergern den Ausgleich, der deshalb auch verdient war. Und trotzdem waren die Chancen zum Dreier da.
Und nun kommt es ganz hart: Meine Meinung dazu sollte bekannt sein
Heute mal ein taktisch geprägter Spielbericht unserer Bayern, die im Bayern-Derby in Nürnberg ohne Änderung zum vorigen Spiel antraten. Trotz der schön herausgespielten Führung durch Müller (4.) sollte es ein schweres Spiel werden.
Das Anti-Bayern-System
Dieter Hecking kann man fast als Pionier dafür bezeichnen. Bereits vor über einem Jahr hat er es eingesetzt – vor Klopp, vor Mourinho – und damit auch alle Theorien widerlegt, dass erst seit dem CL-Finale jeder Gegner ein passendes Rezept gegen Bayern habe.
Eine Bezeichnung für die Nürnberger Formationen zu finden, ist jedenfalls schwer: Ein 4-1-3-1-1/4-1-4-1/4-3-1-2 war es wohl. Damit bereiteten sie den Münchenern einige Probleme: Das Mittelfeldzentrum wurde dicht gemacht, so dass Schweinsteiger und vor allem Kroos komplett ausgeschaltet wurden.
Abgesichert von Simmons konnten Cohen und Gündogan die beiden Mittelfeldspieler unter Druck setzen, die zudem von Ekici eingekesselt wurden. Dieser unterstütze die beiden Spitzen beim Attackieren von Bayerns Innenverteidigern. Konfrontiert mit einer Unterzahl blieb für Gustavo und Badstuber nur der wenig erfolgsversprechende lange Ball, um das Spiel zu beschleunigen, oder das Spiel über außen.
Fixierung auf die Seiten
van Gaal wird mit großer Wahrscheinlichkeit dieses Szenario befürchtet haben. Warum er dagegen nichts unternahm? Das tat er: Support für die Winger. Lahm und Pranjic besetzen immer wieder die Flügel, hinterliefen oder kombinierten mit den Außenspielern.
Ebenfalls wichtig war für Bayern Thomas Müller. Er zeigte sich deutlich verbessert und beweglicher, füllte öfter das Loch im offensiven Mittelfeld. Auch er stellte sich als Spielpartner für die Außenstürmer zur Verfügung oder zog seinen Bewacher Simmons aus dem Zentrum, um Robben dort Platz zu verschaffen.
Mit der offensiven Ausrichtung der Außenseiten des FCB ging aus Nürnberger Sicht auch die Fokussierung auf selbige einher, um eventuelle Lücken auszunutzen und natürlich die primäre Gefahrenquelle Bayerns mit einer Dominanz in diesen Bereichen zu neutralisieren.
Bei ersterem Punkt kam ihnen die flexible Ausrichtung ihrer beiden Spitzen Eigler und Mak entgegen, die beide sehr beweglich waren. Während Mak mit seiner Hybrid-Position aus Stürmer und äußerem Mittelfeldspieler für Bayern schwer zu fassen war, wurden Eiglers Bewegungen in äußere Zonen vor allem bei Gegenstößen zur Gefahr, was in paar Chancen mündete.
Schlüsselspieler für den zweiten Aspekt waren die beiden Außenverteidiger Chandler und Pinola. Mit ihrem Offensivdrang zwangen sie nicht nur Robben und Ribery zur erhöhten Defensivarbeit, sondern schufen auch Räume für andere Spieler oder provozierten Freistöße – eine generelle und bewusst gewählte Strategie der Nürnberger in einem generell sehr zerfahrenen Spiel (39 Fouls).
Ekici
Der unter besonderer Beobachtung stehende Ekici hatte besonderen Anteil daran, dass Nürnberg im Mittelfeld die Hoheit hatte, denn er brachte vor allem Schweinsteiger in die Zwickmühle. Mit seinen Bewegungen zwischen den Linien war er ein steter Gefahrenherd. Um diesen Platz möglichst gering zu halten, spielte Schweinsteiger zunächst sehr tief, was der Münchener Offensivkraft aber alles andere als gut tat.
Mitte der ersten Halbzeit konnte Bayern dann die Nürnberger Dominanz über das Mittelfeld etwas durchbrechen und das typische Spiel um den Strafraum der Gastgeber aufbauen. Während Schweinsteiger sich im Zentrum behaupten konnte, weil er einfach mehr nach vorne ging wie Lampard unter der Woche in der CL, wich Kroos auf rechts aus, wo er ebenfalls als zusätzlicher Akteur zur Verfügung stand.
Mit den in das Positionsspiel eingewebten Rochaden und den guten Bewegungen der Spieler konnte man einige Male die Defensive fast aushebeln, nur zum Torschuss kam man nicht, bis zur Halbzeit aber mehr und mehr Kontrolle über das Spiel. Das Problem war diesmal nicht die Belagerungsphase der Angriffe, sondern die Phase, um den Ball aus der Abwehr dahin zu bekommen.
Zweite Halbzeit
Aus formaler Sicht gab es einige Veränderungen im zweiten Abschnitt. van Gaal musste den schwachen, gelb-rot-gefährdeten Kroos durch Tymo ersetzen und den verletzten Pranjic durch Contento, der bei seinem ersten BL-Spiel seit Dezember 2010 aber noch nicht in Bestform sein konnte. Nun war aber die linke Seite etwas zurückhaltender.
Daran hatte auch Hecking Anteil, der in der Pause auf 4-3-3 umstellte – so wie man schon im Pokal gegen Schalke agiert hatte – womit die Außen noch etwas besser abgedeckt waren. Nürnberg bekam nun Oberwasser, wobei ihnen auch Tymos schwaches Spiel half und das Verschlafen der Startphase der zweiten Halbzeit – nach Bayern-Manier wie schon zu häufig.
Nürnberg setzte Bayern unter Druck, diese zogen sich zurück – und dass ihnen das sowieso nicht liegt, machte das Ganze nicht besser. In der 60. Minute beschloss Eigler die Drangphase auf das Bayern-Tor – zugegebenermaßen nach einem dämlichen Bock von Kraft.
van Gaal schien mit der Einwechslung von Klose für Müller die gleiche siegbringende Wechselstrategie wie in Freiburg zu versuchen. Doch Schweinsteiger spielte nicht wie ein Zehner, sondern tiefer, aber dennoch mit vielen Freiheiten, während Klose die Müller-Rolle übernahm, nach rechts oder nach hinten sich fallen ließ – vermutlich um jeweils das Mittelfeld zu stärken, denn Nürnberg spielte auch am Schluss noch auf Sieg.
Daher entwickelte sich eine offene Schlussphase mit vielen Konterchancen, da keine Mannschaft die wirkliche Überlegenheit hatte – aber die besseren Chancen lagen doch auf unserer Seite.
Fazit
Was bleibt? Ärger und einsatzunfähige Spieler für das Treffen mit Don Jupp.
Hier hatte man das Spiel und die Führung trotz Probleme mit Ekici, dem Club-System und deren AVs eigentlich im Griff – ohne Herr im Zentrum zu sein.
Doch die verschlafene Startphase, ein dummes Gegentor und die Tatsache, dass Nürnberg in der zweiten Seite bei den Außen-Duellen etwas überlegener war, brachten den Nürnbergern den Ausgleich, der deshalb auch verdient war. Und trotzdem waren die Chancen zum Dreier da.
Und nun kommt es ganz hart: Meine Meinung dazu sollte bekannt sein
Aufrufe: 13237 | Kommentare: 8 | Bewertungen: 12 | Erstellt:10.04.2011
ø 9.2
KOMMENTARE
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10.04.2011 | 19:38 Uhr
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giovane :
wie immer ziemlich zutreffend, deine analyse - obwohl ich sie eigentlich gar nicht lesen wollte nach diesem (erneut) so schwachen spiel.was mich gestern permanent kopf schütteln ließ, war die chancenlosigkeit von ribery gegen chandler. offensiv wie defensiv.
hoffentlich hat lahm dem chandler mal gut zugeschaut. vielleicht kann er sich ja noch erinnern - an gute alte zeiten..........
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10.04.2011 | 17:48 Uhr
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ich bin allerdings froh dass ich den Gladiolen-General ab sofort nicht mehr sehen muss!
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10.04.2011 | 15:55 Uhr
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10.04.2011 | 13:48 Uhr
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Voegi :
ganz starke analyse! detailliert, exakt und kenntnisreich - wie immer eben.für mich lag der punktverlust vor allem an der schlechten verfassung vieler akteure.
beispiel lahm: schaltete sich des öfteren mal mit nach vorne ein, brachte aber rein gar nichts zustande. zahlreiche misslungene flanken und ungenauigkeiten. derzeit meilenweit von seiner bestform entfernt.
beispiel schweinsteiger: kaum zu sehen, wenig impulse, schwach.
könnte man so nocht fortsetzen... so richtig gut gefallen hat mir gestern eigentlich keiner. wobei ich die abwehrreihe - verglichen mit sonstigen auftritten zuletzt - noch recht ordentlich fand.
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Was ich dazu sage? Jedes Spiel wird zum Anlass genommen ganze Ideen, ganze Spielsysteme zerstören zu wollen. Lächerlich.
Hoeneß hat sich blamiert mit van Gaal Rauswurf. Er hätte ihn schon im März entlassen müssn, wenn ers denn schon tut.
Ich schätze diese minitiöse Arbeit, sowas kostet sicherlich Zeit. Ich denke aber nicht, dass Heckings Taktik ausschlaggend für das Ergebnis des Spiels war.
Es sind diese Bayern Spieler, die einfach herumlaufen ohne ernsthaft einen Kopf zu haben. Van Bommel fehlt an allen Ecken und Enden. Schweinsteiger (ja, deutsche Spieler zu kritisieren gibt viele Minus) ist doppelt überfordert. Weder als Spielaufbauer noch als 6er kann er Marks Abgang kompensieren.
Van Gaals Taktik Umstellung seh ich übrigens nicht. Pranjic und Lahm machen das schon länger und auf sowas sollte ein Profi übrigens von selbst kommen.