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Jahresrückblick 2009


Gründer: oliver | Mitglieder: 33 | Beiträge: 4
30.12.2009 um 11:22 Uhr
Geschrieben von Bailey
Robert Enke - unvergessen
Es war Dienstag, der 10. November 2009. Vor mir auf dem Bildschirm flimmert eine Meldung, die die vor mir stehenden Spaghetti auf einmal wie Pappe schmecken lässt...und überhaupt wie ein Schlag in die Magengrube ist.
Nationaltorwart Robert Enke ist tot! steht da einfach nur.
Innerhalb der nächsten halben Stunde wird die Meldung immer wieder aktualisiert, bis sie schließlich zu einer schockierenden und traurigen Gewissheit wird.

Robert Enke hat sich am 10. November 2009 um 18.25 Uhr das Leben genommen.

Fassungslosigkeit.
Ungläubigkeit.
Kann das wirklich war sein?
Das kann doch nicht stimmen!
Ausgerechnet Enke!?
Ja, ausgerechnet Enke.
Der Enke, der uns an jedem Spieltag entweder zur Verzweiflung oder zu Jubelstürmer getrieben hat. Der Enke, der nie durch großartige Schlagzeilen im Boulevard auffiel, sondern immer einfach nur seinen Job so gut wie möglich machen wollte. Der Enke, den wir alle bewunderten für seine Stärke weiterzumachen, als er und seine Frau Teresa ihre kleine Tochter Lara verloren.
Dieser Enke sah nun im Leben keinen Ausweg mehr. Und lässt uns alle mit der quälenden Frage zurück: Warum?
Ganz Fussballdeutschland, ganz Europa ist in einem Schockzustand.
Noch am selben Abend pilgern hunderte Fans zur AWD-Arena um ihrer Trauer Ausdruck zu verleihen. Sie legen Blumen und Bilder nieder, einige bilden aus Kerzen eine "96" und Enkes Namen.



Auch sie können es eigentlich noch nicht wirklich glauben. Und auch sie quält die Frage nach dem Warum.
Das in wenigen Tagen anstehende Testspiel der Nationalmannschaft? Undenkbar.
Ein tief erschütterter DFB-Präsident Theo Zwanziger findet dafür die passenden Worte. Die Mannschaft habe selbst entschieden, dass sie das Spiel nicht durchführen könne. Denn auch die Mannschaft habe einen sehr guten Freund verloren und ist nicht in der Lage, zur Tagesordnung überzugehen. "Es ist nun an der Zeit, einfach einmal innezuhalten."
Bezeichnend auch der sonst so smart wirkende Oliver Bierhoff, der vor laufender Kamera in Tränen ausbricht und seine Stimme nur mit Mühe unter Kontrolle halten kann, als er die Gefühlslage der Spieler beschreiben will.


Oliver Bierhoff kann seine Tränen nicht zurückhalten

Und auch hier wieder die Frage nach dem Warum.
Was hat diesen Fussball-Millionär, der doch ein so schönes und erfülltes Leben hatte zu so einem Schritt getrieben?

In dieser Zeit der Trauer und der Fassungslosigkeit setzt ausgerechnet die Ehefrau von Robert Enke, Teresa ein Zeichen der Stärke.
Denn sie findet den Mut über die Gründe dieses tragischen Ereignisses zu sprechen.
Sie gibt uns allen die Antworten, die wir meinten zu brauchen.
Und sie nötigt uns allen vorhandenen Respekt und unsere Bewunderung ab, darüber zu reden, was Robert seit Jahren förmlich aufgefressen hat. Depressionen.
Versagensängste.
Und das Unglück, sich nicht offenbaren zu können.
Nicht offenbaren zu dürfen.
Immer nur funktionieren zu müssen.
Für den Fussball.
Für die Fans.
Für uns.
Es habe immer wieder Schicksalsschläge gegeben, immer wieder, wenn etwas erreicht war kam ein Rückschlag, aber sie beide hätten gedacht, mit Liebe schaffe man es, durch diese Situationen hinduchzusteuern.
Doch Robert war längst gefangen in einem Teufelskreis aus Ängsten und Befürchtungen, aus der er nicht einmal mehr mit professioneller Hilfe herauskommen konnte.
Und der ihn zu dem Entschluss trieb, sein letzter Ausweg sei der Freitod.
Und dass dies besser für alle wäre.
Aber das ist es nicht.
Natürlich nicht.
Niemals.

Aber dies zu erkennen war Robert schon lange nicht mehr in der Lage. Und so wird uns allen klar, dass der Robert Enke, den wir so geschätzt haben und dem wir zugejubelt haben, dass dies alles nur eine Fassade war. Eine Fassade, um weiter zu funktionieren. Um nach außen hin keine Schwäche zu zeigen. Und um innerlich den letzten Schritt gehen zu können. Robert war in seiner eigenen Welt. Und wir waren in der Unseren.

Und so bleiben wir, bleibt Teresa und bleiben alle anderen einfach zurück. Zurück mit der Ungewissheit, ob man nicht doch vielleicht etwas hätte tun können. Und ob wir vielleicht doch auch einen Teil der Schuld tragen.


Teresa Enke bei der PK

Was dann folgt, ist eine der größten Trauerfeiern, die es in Deutschland je gab. Sie findet in der Hannoveraner AWD-Arena statt. Knapp 40.000 Menschen sind gekommen, um sich von Robert zu verabschieden, darunter Vertreter seiner ehemaligen Vereine aus Lissabon und Barcelona sowie Prominenz aus Sport und Politik. Es wird live übertragen.
Und schnell wird Kritik an dieser Form der Trauerfeier laut.
Sie sei ein reines Medienspektakel, gemacht um Sensationsgeilheit zu befriedigen.
Doch das ist es nicht.
Es ist kein Happening.
Es gibt keine Showacts von Starsängern, die Vereinshymne singt eine 17-Jährige Schülerin aus Bad Hemmendorf.
In der Mitte auf dem Platz steht kein Mausoleum, sondern ein einfacher Holzsarg.
Es ist nichts, wo man dabei sein muss.
Es ist etwas, wo man dabei sein will.
Dabei sein will, weil es einem ein inneres Bedürfnis ist, dem Mann die letzte Ehre zu erweisen, der soviel für den Verein und den Fussball getan hat.
Der Vorbild war.
Es ist kein Schaulaufen, es ist eine Trauerfeier. Trotz ihrer Größe ehrlich und pietätvoll.
Theo Zwanziger nutzt seine Rede, um auch die Frage nach den Versäumnissen von uns Allen zu stellen. Wir alle sind zu mehr Aufmerksamkeit aufgerufen.
Und uns muss immer im Gedächtnis bleiben: Fussballer sind nur Menschen.

Die Kollegen und Freunde aus vergangenen und heutigen Tagen nehmen einzeln Abschied am Sarg, der im Mittelkreis aufgebahrt ist. Allen steht noch der Schock ins Gesicht geschrieben.

Zum Abschluss wird Roberts Sarg von seinen Mannschaftskollegen aus dem Stadion getragen.
Der ergreifendste Moment der Feier.
Und er unterstreicht nochmals die Endgültigkeit.

Der Kapitän hat die Brücke verlassen.



Es ist ein würdevoller Abschied für einen großen Sportsmann und für eine Integrationsfigur für den Verein Hannover 96 sowie die gesamte Region. Robert Enke war nicht nur der Kapitän, er war das Gesicht von 96.
Und er war ein Vorbild, auf und neben dem Platz.





Wir hoffen, du findest nun den Frieden, der dir hier versagt blieb.
Wir werden dich nie vergessen.


Aufrufe: 4597 | Kommentare: 23 | Bewertungen: 31 | Erstellt:30.12.2009
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KOMMENTARE
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KubaKev
30.12.2009 | 11:59 Uhr
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KubaKev : 
30.12.2009 | 11:59 Uhr
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KubaKev : 
dafür hast du meinen vollen Respekt.

Als ich den Blog las, habe ich sofort Gänsehaut bekommen....

Hast du echt gut hinbekommen....
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gartenzwerg
30.12.2009 | 11:38 Uhr
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30.12.2009 | 11:38 Uhr
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Respekt!
Für diesen einfühlsamen Blog.
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jasi2106
30.12.2009 | 11:28 Uhr
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jasi2106 : 
30.12.2009 | 11:28 Uhr
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jasi2106 : 
Ich habe nochmal eine richtige Gänsehaut bekommen als ich den Blog gelesen habe.
Respekt wie du es geschafft hast, das alles so gut in Wort zu fassen.
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