Servus Fatih! Für alle, die dich nicht kennen: Du bist gebürtiger Münchner und seit 2010 für SPOX als Redakteur tätig. Neben dem internationalen Fußball bist du bei SPOX auch als Bayern-Reporter unterwegs. Wie kam es dazu? Was hast du gelernt und wie sah deine ursprüngliche Berufsplanung aus?
Ich wollte eigentlich immer diesen Job machen. Ich kann mich erinnern, dass ich schon zu Grundschulzeiten neben der obligatorischen Micky Maus auch Kicker und Sport Bild gelesen habe und es faszinierend fand. Online war damals ja noch kein Thema. Ich habe mit 17 mein erstes Praktikum bei Sportal gemacht. Das war quasi der Startschuss für die Laufbahn mit weiteren Praktikas, der Ausbildung und der ersten Festanstellung.
Du bist zwar in München geboren, hast aber türkische Wurzeln. Wurde dir der FC Bayern in die Wiege gelegt und für welchen Verein schlägt dein Herz in der Türkei?
Ich wurde relativ früh ins Olympiastadion geschleppt. In der Zeit, als ich den Fußball lieben lernte, war der TSV 1860 in München nicht existent, daher ging es zum FC Bayern. Ich muss aber zugeben, dass ich später dann auch gerne mal im Grünwalder bei den Löwen war. In der Türkei sympathisiere ich mit Galatasaray vererbt vom Vater, der mich als kleiner Junge ins Ali Sami Yen brachte. Wer da als Kind einmal ist, kann gar nicht anders. Wenn ich aber daran denke, was ich später im alten Inönü-Stadion von Besiktas alles schon erlebt habe, wäre ich wohl Besiktas-Fan geworden, wenn ich als kleiner Junge dort gelandet wäre.
Apropos Türkei, ein paar Spatzen pfiffen vom Dach, dass du auch schon mal vom türkischen Fernsehen interviewt wurdest. Was war der Hintergrund?
Das ist eigentlich inzwischen eigentlich eine Regelmäßigkeit. Ob TV oder Radio, ständig werde ich zugeschaltet. Wenn ich unten bin, gibts sofort eine Einladung. Die türkische Sportberichterstattung ist etwas ganz anderes als hier in Deutschland. Da ist der Fußball überall ein Thema. TRT zeigt die Bundesliga, bis zu sechs Spiele an jedem Wochenende und die Liga interessiert dort jeden Fußball-Fan. Da wird man als deutsch-türkischer Sportjournalist natürlich auch mal um die Meinung gefragt.
Ich habe natürlich versucht ein wenig über dich herauszufinden. Aufgefallen ist mir, dass du zwei Twitter-Accounts hast. Einen türkischen mit über 20.000 und einen deutschen mit knapp 400 Followern dort twitterst du auch viel weniger. Hast du in der Türkei einen besonderen Status?
Wie gesagt: Die Sportberichterstattung ist dort eine andere und da ist ein Sportjournalist auch mal ein richtiger Star, den man auch mal um ein Autogramm bittet. Ich bin sicherlich keiner, aber eine Bekanntheit habe ich schon erlangt. Viele wissen: Das ist doch der aus Deutschland. Das gilt auch für den einen oder anderen Klub, der mal anruft, um nach einem Stürmer für die Winter-Transferperiode zu fragen. Damit ist auch der Unterschied der Twitter-Follower zu erklären. Ich muss aber auch sagen, dass die deutsche Timeline manchmal eine Erholung ist.
Kommen wir aber mal wieder zurück zu deiner Tätigkeit bei SPOX. Ich habe dir ja schon des Öfteren im Stadion über die Schultern geschaut. Du machst dort die Berichterstattungen über den FC Bayern. Ist das dein tägliches Brot oder ist die Redaktionsarbeit im Büro der größere Anteil an deiner Arbeit?
Da der Sitz von SPOX in München ist, haben wir Bayern-Reporter natürlich die Chance, regelmäßig den FC Bayern zu besuchen. Ob im Stadion oder bei den Pressekonferenzen an der Säbener Straße. Wir wechseln uns mit meinen Bayern-Reporter-Kollegen Tommy Gaber und Andreas Lehner ab ins Stadion gehen wir meistens zu zweit. Im Büro ist natürlich auch viel los, es gibt ja nicht nur den FC Bayern. SPOX hat ein breites Spektrum und vielfältige Userinteressenten, die bedient werden müssen. Daher ist das eine gute Abwechslung für uns alle.
Wie gehst du damit um, wenn deine Analyse zum Spiel von einigen Usern zerrissen wird. Tangiert dich das? Bist du schon mal auf kritische User direkt eingegangen?
Natürlich tangiert das. Ich lese regelmäßig die Kommentare. Und ich nehme sie ernst, sofern sie nicht eine gewisse Grenze überschreiten. Manchmal schüttelt man nur den Kopf, manchmal und oftmals gibt man dem User dann auch mal Recht. Es kam auch schon vor, dass ich mal einen User direkt angeschrieben habe, weil ich der Meinung war, dass es in diesem Augenblick nötig ist, meine Sichtweise darzustellen. Das Feedback ist oft sehr erfreulich.
Als Bayern-Hausreporter bist du ja auch bei den Pressekonferenzen dabei. Dürftest du aus dem berühmten Nähkästchen plaudern, sprich was waren deine besten Momente?
Die Pressekonferenzen verlaufen meistens in einer sehr angenehmen Atmosphäre, was seit einiger Zeit sicher sportliche Gründe hat. Hochinteressant waren die Pressegespräche damals mit Louis van Gaal. Die haben manchmal 1,5 Stunden gedauert und man war traurig, dass es vorbei war. Er hat versucht, dass wirklich jeder einzelne im Raum seine Sichtweisen versteht. Legendär war sicher sein Auftritt, nachdem Uli Hoeneß bei Sky90 zum ultimativen Rundumschlag ausgeholt hat. Heute sind Spieler und Trainer etwas zurückhaltender, wobei Thomas Müller und Franck Ribery auch immer wieder mal einen raushauen.
Gab es dabei auch ein paar schöne Lacher, die die SPOX-User interessieren könnten?
Franck Ribery hat im Vorfeld der Champions-League-Halbfinalspiele gegen Barcelona im letzten Jahr sich einen großen Spaß daraus gemacht, den Dolmetscher, der irgendwie alle Sprachen konnte, mit langen Antworten zu fordern. Ganz nett war auch zu Saisonbeginn Thiago Alcantara, der auf die Frage, wie man seinen Namen denn ausspreche, mit Thiago antwortete. Bei mir persönlich war es Mark van Bommel, der es total lustig fand, dass die Batterien meines Aufnahmegeräts leer waren. Er hat mich noch eine Woche später darauf angesprochen und gelacht.
Wo hast du den 25. Mai 2013 verbracht?
Bei Freunden ein Jahr zuvor war ich in der Allianz Arena, als die Bayern gegen Chelsea dieses Finale verloren haben.
Wenn man als Redakteur auf der Tribüne sitzt, auf was achtet man da am meisten? Geht es dir eher um die nackten Fakten, sprich Zahlen und Tore, oder setzt du dich auch mit der Taktik auseinander?
Zahlen und Tore kann jeder Fan aus jedem Live-Ticker entnehmen. Da muss ich nicht ins Stadion, um das mitzuteilen. Wir schreiben bei SPOX detaillierte Analysen und da ist die Taktik natürlich ein wichtiges Stichwort. Aber ich bin der Meinung, dass man es auch nicht übertreiben darf. Wir versuchen die richtige Mischung zu finden. Ansonsten achtet man natürlich darauf, was man im Fernsehen nicht sieht. Taktik, Verhaltensweisen, Reaktionen, usw.
Wie hat sich für dich das Spiel der Bayern unter Hitzfeld, Klinsmann, van Gaal, Heynckes und jetzt Guardiola verändert?
Die Ansehnlichkeit hat sich mit jedem Trainer verbessert. Zwar hatte man zu Saisonbeginn ein kleines Van-Gaal-Revival beim FC Bayern, aber das hat sich schnell erledigt. Ich finde es beeindruckend, wie schnell sich Guardiola eingefunden hat und noch beeindruckender, dass die Bayern-Spieler trotz Triple die neuen Denkanstöße angenommen haben.
Sicherlich beneiden dich viele Leute: Schön im Stadion Fußball gucken und dann bisl was dazu schreiben. Was sind die Vor- und Nachteile deines Berufs?
Größter Nachteil ist, dass man sein Fan-Dasein verliert. Zumindest ist das bei mir so. Und auch wenn man mal privat im Stadion sitzt, denkt man dann doch wieder daran, was die Geschichte des Spiels sein könnte, überlegt sich als Spoxler den Star und Flop des Spiels. Der Fußball-Genuss leidet sehr stark. Ich habe früher privat sehr viel Fußball geschaut, inzwischen kaum noch. Vorteil: Das Hobby ist der Beruf und man lernt interessante Menschen kennen.
Wenn du ein Buch über das Leben als Redakteur schreiben würdest. Wie würde der Titel lauten?
Puh, schwierige Frage. Ich antworte mal wie der mediengeschulte Fußballer: Damit beschäftige ich mich jetzt noch nicht
Abschließend bitte ich dich, ein paar Sätze zu vervollständigen.
Los gehts:
Social Media ist für mich ..... der Spiegel der Gesellschaft
SPOX.com ist aus meiner Sicht nicht zur Webseite des Jahres gewählt wurden weil ..... die Wahl noch nicht vorbei ist Beim Herbert-Award wurden wir Dritter, aber wir sind auf einem guten Weg.
Wen würdest du gerne mal persönlich treffen wollen ..... den ersten Türken, der nach Deutschland kam.
Wenn ich kein Reporter wärst, dann wäre ich ..... mittelmäßiger Linksverteidiger in der Bezirksliga.
Mein schönstes Erlebnis im Fußball ..... die Türkei bei der EURO 2008.
Ich sage ganz herzlichen Dank, dass du dir die Zeit für mich genommen hast.
zeigt auch wie sehr Spox sich mit der Community auseinandersetzt. Ist für mich auch ein Grund, warum das hier meine Lieblingssportseite ist.
Also thumbs up für Schnumbi und Fathi !
Finde ich cool, dass du mitgemacht hast, Fatih. Hab auch im Laufe der "Spox-Karriere" festgestellt, dass du am Meisten auf Kommentare und Meinungen der Fans eingehst und auch mal einen Kommentar stehen lässt.
Ganz große Idee Schnumbi. Danke an beide!
ich freue mich über das positive Feedback und für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, dass man sich den Fragen stellt. Wer Fragen rund um SPOX oder sonst etwas hat, ich stehe euch zur Verfügung.
Ach ja, Danke an Marco für die guten Fragen :)
Das mit dem Verlieren des Fanseins fand ich besonders interessant und auch dass die Spox Redakteure die Kommentare regelmäßig lesen. Das sollten sich einige User mal zu Herzen nehmen und den einen oder anderen Beitrag weniger rücksichtslos formulieren.
Und dass er in der Türkei so bekannt ist (20000 Follower!!!!) ist wirklich ne Nummer!