13.07.2011 um 10:55 Uhr
Geschrieben von Bailey
Sommerhoch
Trotz Sommerpause stehen zumindest dem VfB stürmische Tage ins Haus. Zumindest sah es lange danach aus.
Denn am Sonntag steigt die schon lange erwartete Mitgliederversammlung nach einer, naja, wohl eher suboptimalen Saison, in der keiner der handelnden Personen eine wirklich gute Figur gemacht hat. Zusätzliche Brisanz erhält die Veranstaltung dadurch, dass die Neuwahl des Präsidenten ansteht.
Schon vor Wochen hat der Aufsichtsrat unter Führung des Industriemagnaten Dieter Hundt den ehemaligen Porsche-Manager Gerd Mäuser zum Nachfolger von Erwin Staudt "bestimmt".
Bestimmt deshalb, weil laut Satzung dem Aufsichtsrat das alleinige Vorschlagsrecht zusteht. Weitere Kandidaten sind nicht erwünscht, nein, nicht einmal zulässig. Zugegeben, in der Vergangenheit hat das auch keinen sonderlich interessiert.
Aber die Zeiten sind spätestens seit der Entdeckung des Wutbürgertums im Südwesten vorbei. Denn ähnlich wie beim Bahnhof, den keiner haben wollte, macht der Drang nach Mitbestimmung auch vor dem städtischen Vorzeigeclub nicht halt. Dieses Mal nicht in Form von lautstarkem Protest auf der Straße, sondern in der regulären Form von Anträgen auf diverse Änderungen in der Satzung des Vereins. Und in Form von diversen, mehr oder weniger überzeugenden, Oppositionsbewegungen wie z.B. VfB 2011 und Helmut Roleders Engagement.
Dass man Derartiges im sonst so beschaulichen Stuttgart (aus Sicht eines Funktionärs zumindest) nicht kennt, versteht sich von selbst. Und so versucht der, der am meisten zu verlieren hat - Dieter Hundt - die Sache durch eine breit angelegte Medienpräsenz bereits im Vorfeld klar zu stellen.
So spricht er in der BILD sowie den Stuttgarter Nachrichten, wie man es heute nennt, "Klartext". Nämlich, dass die "Gegenkandidaten" im Grunde völlig ungeeignet seien, einen Verein wie den VfB zu führen. Nebenbei bemerkt, die Anfeindungen gegen seine Person machten ihm nichts aus. Seien ihm sogar Recht.
Doch irgendwie scheint man in der Führungsetage diesem Weg über die Medien nicht ganz zu trauen. Und so zieht man in den Tagungsunterlagen zur MV schon mal dem Aufbegehren den Zahn.
Denn die Anträge auf Zulassung von mehreren Kandidaten zur Präsidentschaftswahl werden unter Verweis auf die Lizensierungsordnung der DFL gar nicht erst zur Abstimmung zugelassen. So einfach, so genial. Und wirklich, in § 4 Ziff. 9 LO legt die DFL fest, dass für so einen Posten ein Kandidat vorgeschlagen werden darf.
Für einen Verein gilt zusätzlich, dass er in seiner Satzung sicherstellt oder sich hierzu verpflichtet, dass die Mitgliederversammlung den Vorsitzenden und gegebenenfalls auch die übrigen Mitglieder des Vorstandes wählt, nachdem zuvor ein Wahlausschuss
den Vorsitzenden bzw. die Mitglieder des Vorstandes vorgeschlagen hat, oder
ein von der Mitgliederversammlung in seiner Mehrheit gewähltes Vereinsorgan
den Vorsitzenden und auch gegebenenfalls die übrigen Mitglieder des Vorstandes
bestellt.
Jetzt kann man, wenn man juristisch vorbelastet ist, durchaus auf die Idee kommen, dass es ja kein Widerspruch sein muss, dass es mehrere Kandidaten gibt, von denen einer eben vom Aufsichtsrat vorgeschlagen wurde. Es heißt ja nur, dass der Aufsichtsrat einen Kandidaten zur Wahl vorschlägt. Dass dies auch der einzige ist, steht dort nicht.
Aber auch das hat man beim VfB wohl vorausgeahnt und lässt, auch in den Tagungsunterlagen, gleich danach einen Rechtsanwalt und "Sportrechtsexperten" zu Wort kommen, der, nachdem er erstmal kräftig über die Opposition vom Leder gezogen hat, gleich alle Zweifel ausräumt. Es darf nur den einen Kandidaten geben.
Den einen Kandidaten sie zu knechten…nein, falscher Film.
Und um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen, man hat keine Kosten und Mühen gescheut, kommt im selben Heftchen auch noch ein Gastbeitrag von Christian Seifert, seines Zeichens Geschäftsführer der DFL, der ganz freimütig von Lizenzverstößen und Lizenzentzug spricht, sollte die Satzung geändert werden. Begründet wird das mit der Stabilität eines Vereins und dass man keinen öffentlichen Wahlkampf um ein solches Amt will. Das sollte doch auch noch den letzten zur Besinnung bringen (im Übrigen, bei sich selbst sieht die DFL diese Probleme nicht, hier darf es mehrere Kandidaten geben).
Aber das könnte man, mit viel gutem Willen, noch alles als Wahlkampfgetöse abtun.
Aber der eigentliche Hammer kommt jetzt.
Unter anderem gingen mehrere Anträge ein, die die Abwahl des Aufsichtsratschefs Dieter Hundt zum Inhalt hatten.
Und jetzt werden wir etwas juristisch.
Die Frist, innerhalb der Anträge wie dieser auf Abwahl beim Verein eingehen müssen, ist laut § 13 Ziff. 6 der Satzung spätestens 2 Wochen vor der Mitgliederversammlung per Einschreiben eingegangen sein. Da die Mitgliederversammlung am 17.7. stattfindet, wäre das dann der 3.7. Nun fällt der 3.7., wie die MV auch, auf einen Sonntag und selbst im sonst so schaffigen Baden-Württemberg arbeitet die Post am Sonntag nicht. Hier hilft nun § 193 BGB weiter, welcher bestimmt, dass in diesen Fällen die Frist am darauffolgenden Werktag, in unserem Fall also am 4.7. endet. Im Klartext, ein Antrag, der am 4.7. per Einschreiben eingeht, ist fristgerecht eingegangen.
Anderer Ansicht ist allerdings die Vereinsführung. Von dieser wurden insgesamt 16 Anträge, welche am 4.7. eingegangen, sind als nicht fristgerecht zurückgewiesen. Und zwar mit diesem Schreiben, welches mir zugespielt wurde.
Deutlich zu erkennen, das Datum vom 4.7.11 sowie der (illegale) Einsendeschluss
Im Klartext, die Vereinsführung hat rechtswidrig verhindert, dass die Abwahl des Aufsichtsratsvorsitzenden auf die Tagesordnung gesetzt wird.
Ein klarer Rechtsbruch, der für die Mitglieder ein Schlag ins Gesicht ist!
Der einzige Antrag, der es auf die Tagesordnung geschafft hat, ist unter der lfd. Nr. 17 zu finden und hat die Absenkung des Quorums für die Abwahl eines Aufsichtsrates von 3/4 auf 2/3 zum Inhalt.
Wenig überraschend empfiehlt der Vorstand diesen Antrag abzulehnen, um die Kontrollfunktion zu sichern. Warum 2/3 dafür nicht ausreichen sollen, wo man mit einer 2/3-Mehrheit sogar das Grundgesetz ändern darf, erschließt sich aus dem Vortrag des Vorstandes allerdings nicht.
Somit haben wir als Mitglieder des VfB am 17.7.2011 nur eine Möglichkeit, den Führungspersonen zu zeigen, dass wir nicht nur Stimmvieh sind.
Jeder Stimmberechtigte sollte zur Mitgliederversammlung und bei eben diesem Antrag mit "JA" stimmen.
Wir sind eben keine Abnickveranstaltung. Und wenn Herr Hundt, wie er in der BILD sagt, die Diskussion für vereinsschädlich hält, stellt sich die Frage: Warum? Ein natürlicher, demokratischer Prozess soll vereinsschädlich sein? Und zumindest laut Satzung ist der VfB ja ein demokratischer Verein.
Oder nach Winston Churchill:
Demokratie ist die Notwendigkeit, sich gelegentlich den Ansichten anderer Leute zu beugen.
Denn am Sonntag steigt die schon lange erwartete Mitgliederversammlung nach einer, naja, wohl eher suboptimalen Saison, in der keiner der handelnden Personen eine wirklich gute Figur gemacht hat. Zusätzliche Brisanz erhält die Veranstaltung dadurch, dass die Neuwahl des Präsidenten ansteht.
Schon vor Wochen hat der Aufsichtsrat unter Führung des Industriemagnaten Dieter Hundt den ehemaligen Porsche-Manager Gerd Mäuser zum Nachfolger von Erwin Staudt "bestimmt".
Bestimmt deshalb, weil laut Satzung dem Aufsichtsrat das alleinige Vorschlagsrecht zusteht. Weitere Kandidaten sind nicht erwünscht, nein, nicht einmal zulässig. Zugegeben, in der Vergangenheit hat das auch keinen sonderlich interessiert.
Aber die Zeiten sind spätestens seit der Entdeckung des Wutbürgertums im Südwesten vorbei. Denn ähnlich wie beim Bahnhof, den keiner haben wollte, macht der Drang nach Mitbestimmung auch vor dem städtischen Vorzeigeclub nicht halt. Dieses Mal nicht in Form von lautstarkem Protest auf der Straße, sondern in der regulären Form von Anträgen auf diverse Änderungen in der Satzung des Vereins. Und in Form von diversen, mehr oder weniger überzeugenden, Oppositionsbewegungen wie z.B. VfB 2011 und Helmut Roleders Engagement.
Dass man Derartiges im sonst so beschaulichen Stuttgart (aus Sicht eines Funktionärs zumindest) nicht kennt, versteht sich von selbst. Und so versucht der, der am meisten zu verlieren hat - Dieter Hundt - die Sache durch eine breit angelegte Medienpräsenz bereits im Vorfeld klar zu stellen.
So spricht er in der BILD sowie den Stuttgarter Nachrichten, wie man es heute nennt, "Klartext". Nämlich, dass die "Gegenkandidaten" im Grunde völlig ungeeignet seien, einen Verein wie den VfB zu führen. Nebenbei bemerkt, die Anfeindungen gegen seine Person machten ihm nichts aus. Seien ihm sogar Recht.
Doch irgendwie scheint man in der Führungsetage diesem Weg über die Medien nicht ganz zu trauen. Und so zieht man in den Tagungsunterlagen zur MV schon mal dem Aufbegehren den Zahn.
Denn die Anträge auf Zulassung von mehreren Kandidaten zur Präsidentschaftswahl werden unter Verweis auf die Lizensierungsordnung der DFL gar nicht erst zur Abstimmung zugelassen. So einfach, so genial. Und wirklich, in § 4 Ziff. 9 LO legt die DFL fest, dass für so einen Posten ein Kandidat vorgeschlagen werden darf.
Für einen Verein gilt zusätzlich, dass er in seiner Satzung sicherstellt oder sich hierzu verpflichtet, dass die Mitgliederversammlung den Vorsitzenden und gegebenenfalls auch die übrigen Mitglieder des Vorstandes wählt, nachdem zuvor ein Wahlausschuss
den Vorsitzenden bzw. die Mitglieder des Vorstandes vorgeschlagen hat, oder
ein von der Mitgliederversammlung in seiner Mehrheit gewähltes Vereinsorgan
den Vorsitzenden und auch gegebenenfalls die übrigen Mitglieder des Vorstandes
bestellt.
Jetzt kann man, wenn man juristisch vorbelastet ist, durchaus auf die Idee kommen, dass es ja kein Widerspruch sein muss, dass es mehrere Kandidaten gibt, von denen einer eben vom Aufsichtsrat vorgeschlagen wurde. Es heißt ja nur, dass der Aufsichtsrat einen Kandidaten zur Wahl vorschlägt. Dass dies auch der einzige ist, steht dort nicht.
Aber auch das hat man beim VfB wohl vorausgeahnt und lässt, auch in den Tagungsunterlagen, gleich danach einen Rechtsanwalt und "Sportrechtsexperten" zu Wort kommen, der, nachdem er erstmal kräftig über die Opposition vom Leder gezogen hat, gleich alle Zweifel ausräumt. Es darf nur den einen Kandidaten geben.
Den einen Kandidaten sie zu knechten…nein, falscher Film.
Und um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen, man hat keine Kosten und Mühen gescheut, kommt im selben Heftchen auch noch ein Gastbeitrag von Christian Seifert, seines Zeichens Geschäftsführer der DFL, der ganz freimütig von Lizenzverstößen und Lizenzentzug spricht, sollte die Satzung geändert werden. Begründet wird das mit der Stabilität eines Vereins und dass man keinen öffentlichen Wahlkampf um ein solches Amt will. Das sollte doch auch noch den letzten zur Besinnung bringen (im Übrigen, bei sich selbst sieht die DFL diese Probleme nicht, hier darf es mehrere Kandidaten geben).
Aber das könnte man, mit viel gutem Willen, noch alles als Wahlkampfgetöse abtun.
Aber der eigentliche Hammer kommt jetzt.
Unter anderem gingen mehrere Anträge ein, die die Abwahl des Aufsichtsratschefs Dieter Hundt zum Inhalt hatten.
Und jetzt werden wir etwas juristisch.
Die Frist, innerhalb der Anträge wie dieser auf Abwahl beim Verein eingehen müssen, ist laut § 13 Ziff. 6 der Satzung spätestens 2 Wochen vor der Mitgliederversammlung per Einschreiben eingegangen sein. Da die Mitgliederversammlung am 17.7. stattfindet, wäre das dann der 3.7. Nun fällt der 3.7., wie die MV auch, auf einen Sonntag und selbst im sonst so schaffigen Baden-Württemberg arbeitet die Post am Sonntag nicht. Hier hilft nun § 193 BGB weiter, welcher bestimmt, dass in diesen Fällen die Frist am darauffolgenden Werktag, in unserem Fall also am 4.7. endet. Im Klartext, ein Antrag, der am 4.7. per Einschreiben eingeht, ist fristgerecht eingegangen.
Anderer Ansicht ist allerdings die Vereinsführung. Von dieser wurden insgesamt 16 Anträge, welche am 4.7. eingegangen, sind als nicht fristgerecht zurückgewiesen. Und zwar mit diesem Schreiben, welches mir zugespielt wurde.
Deutlich zu erkennen, das Datum vom 4.7.11 sowie der (illegale) Einsendeschluss
Im Klartext, die Vereinsführung hat rechtswidrig verhindert, dass die Abwahl des Aufsichtsratsvorsitzenden auf die Tagesordnung gesetzt wird.
Ein klarer Rechtsbruch, der für die Mitglieder ein Schlag ins Gesicht ist!
Der einzige Antrag, der es auf die Tagesordnung geschafft hat, ist unter der lfd. Nr. 17 zu finden und hat die Absenkung des Quorums für die Abwahl eines Aufsichtsrates von 3/4 auf 2/3 zum Inhalt.
Wenig überraschend empfiehlt der Vorstand diesen Antrag abzulehnen, um die Kontrollfunktion zu sichern. Warum 2/3 dafür nicht ausreichen sollen, wo man mit einer 2/3-Mehrheit sogar das Grundgesetz ändern darf, erschließt sich aus dem Vortrag des Vorstandes allerdings nicht.
Somit haben wir als Mitglieder des VfB am 17.7.2011 nur eine Möglichkeit, den Führungspersonen zu zeigen, dass wir nicht nur Stimmvieh sind.
Jeder Stimmberechtigte sollte zur Mitgliederversammlung und bei eben diesem Antrag mit "JA" stimmen.
Wir sind eben keine Abnickveranstaltung. Und wenn Herr Hundt, wie er in der BILD sagt, die Diskussion für vereinsschädlich hält, stellt sich die Frage: Warum? Ein natürlicher, demokratischer Prozess soll vereinsschädlich sein? Und zumindest laut Satzung ist der VfB ja ein demokratischer Verein.
Oder nach Winston Churchill:
Demokratie ist die Notwendigkeit, sich gelegentlich den Ansichten anderer Leute zu beugen.
Aufrufe: 9895 | Kommentare: 26 | Bewertungen: 18 | Erstellt:13.07.2011
ø 9.5
KOMMENTARE
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13.07.2011 | 11:23 Uhr
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Bailey :
Ja, ich geh hin. Das Schmierentheater lass ich mir nciht entgehen
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13.07.2011 | 11:19 Uhr
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UliFan :
Das sind ja Zustände im Ländle...Da lobe ich mir unsere Vereinsführung. Im Gegensatz zu dem was viele denken nimmt uns die nämlich ernst
Gehst du zur MV?
0
13.07.2011 | 11:08 Uhr
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Bailey :
Die Quellen zu den Interviews:Rechtsanwalt Christoph Schickhardt
Gastbeitrag von Christian Seifert
Dieter Hundt in der Bild
Dieter Hundt in den StN
Nachtrag:
Bei Christoph Schickardt handelt es sich um einen Sportrechtler, der in jüngerer Vergangenheit auf sich aufmerksam gemacht hat, als er den Investorendeal mit den Löwen festgemacht hat. Außerdem ist er Berater von Jogi Löw und Armin Veh und kämpft an der Seite von Martin Kind für die Abschaffung der 50+1-Regel. Auch die Veriensführung des VfB steht des öfteren in geschäftlichem Kontakt mit ihm. EIne Bewertung überlasse ich jedem selbst.
Es sei aber noch erwähnt, dass es bei vielen anderen Profivereinen, die unter die LO der DFL fallen durchaus die Möglichkeit gibt, mehrere Präsidentschaftskandidaten aufzustellen, von denen dann einer gewählt wird. Der KSC leistete sich bei der letzten Wahl beispielsweise ganze 3 Kandidaten. Und bekam trotzdem wieder die Lizenz.
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