70 Worte

Freuen, erwarten und jetzt gehts los, rot ist nicht gleich rot, Soldo da und wieder weg, Bauernopfer Nr. 1 vom Hof gejagt, Wunder gibt es immer wieder, Schaefer können Götter sein, Pokaljubel, Pokalfrust, Prinzen, zu Hause ist es doch am schönsten, vom Berg stürzen, Helden sterben und werden geschaffen, Reporter reporten nicht, sie schaffen Fakten und Falten, wo bleibt Bauernopfer Nr. 2, Direktoren legen Hand an, Sehnsucht, Verzweiflung, Hoffnung, Erlösung.

So in etwa kann man die Saison des Effzeh zusammenfassen. 70 Worte für ein Jahr Leidenschaft.
Was war nicht alles los. Und seien wir mal ehrlich: Würden wir nicht etwas vermissen, wenn alles ruhig vor sich hindümpeln würde?

Als Effzeh-Fan benötigt man jedenfalls ein ziemlich dickes Fell, so viel steht fest.

Und sonst so? Da spielt der Effzeh doch tatsächlich auch im kommenden Jahr erstklassig. Hallo Rense, hallo Poldi, hallo Gero, hallo Eiche. Darauf lässt sich aufbauen.

Bin ich wirklich nur um eine Saison gealtert?


Ein Spiel hat definitiv mehr als 90 Minuten

Erleichtert, aber auch müde recke ich nach dem Abpfiff die imaginäre Schale des Klassenerhalts in die Luft. Ich atme kurz. Ein und aus.
Als ich nach links gucke, sehe ich Menschen, die fertig mit den Nerven sind. So wie ich. Es ist vollbracht. Der Effzeh hat das Ticket für die erste Liga gezogen.


Doch blicken wir zurück:

Das Spiel selbst war viel. Nicht schön, nicht gut, es war eher ein leiser Kampf. Schließlich schien es, als würden auf der einen Seite elf hessische Kicker auf dem Platz stehen, die starr vor Angst versuchen, den Ball so horizontal wie möglich zu spielen. Wer nicht den Weg zum Tor sucht, kann auch nicht scheitern. Und auf der anderen Seite? Da wurde größtenteils die Zeitlupe angeworfen. Spielzüge können so langsam sein.

War es die Hitze? War es die Panik? Oder war es kühles Kalkül, da man ja mit einem Punkt gesichert war. Ich weiß es nicht. Aber was ich weiß: Es ist mir auch völlig furzegal. Schließlich sollte es ausgerechnet Chihi sein, der nach wunderbarem Einsatz und noch wunderbarerer Flanke von Nova druckvoll einköpfte. 1:0, mir fielen nicht nur Felsbrocken vom Herzen.

In der Pause blinzeln wir in die Sonne. Wie hell es doch außerhalb der heiligen vier Wände meiner Stammkneipe ist. Wir reden nicht, wir starren in unsere Kölschgläser.

Innerlich zittere ich. Wie lang sind 45 Minuten? Manchmal, da scheint es, als würde die Zeit eine kleine Rast machen und innehalten. So langsam kam mir der zweite Durchlauf vor. Ich blicke häufiger auf die Uhr als auf die Leinwand. ComeOn Effzeh flüstere ich unbemerkt. Dabei stelle ich mir vor, wie es sich anfühlen würde, auch im kommenden Jahr erstklassig zu sein. Ich spüre, wie mein Herz schneller schlägt. Gleichzeitig fühle ich mich taub. Die Saison hat Spuren hinterlassen.

Auf der Leinwand hat sich wenig geändert. Wir sehen Bruchhagen rauchen. Dazu nur: Es hat schon Menschen gegeben, die sahen sexier aus, wenn sie rauchten.

Ist das da die 70. Minute? Wirklich? Soll das Dein Ernst sein, liebe Uhr? Was ist denn nur aus dem inneren Zeitgefühl geblieben? Ich fühle mich wie übermorgen. Mein Fuß wippt. Ich kann es nicht kontrollieren. Er wippt.

Reif sagt: "Tja, Sie wollten ja Frankfurt gegen Köln sehen", um seinen Unmut über die fehlende Qualität des Spiels auszudrücken. Ich spüre Hass. Für mich ist es kein Job, für den ich Geld kassiere, wenn ich ins Mikro huste. Für mich geht es hier um den Effzeh.

Ist Fußball nicht eigentlich egal? Versuche ich mir zumindest einzureden. Klappt ebenso wenig, wie mit dem Fußwippen aufzuhören.

Endlich steht da eine 89 vor dem Doppelpunkt. Frankfurt wird hier keine zwei Tore mehr schießen, darauf lege ich mich jetzt fest. Ich stürze ein weiteres Kölsch in meinen Rachen. Ganz langsam löst sich die Anspannung. Ich beginne zu lächeln. Es ist mehr ein nervöses Zucken im Gesicht, aber immerhin.

Elfmeter. In der Nachspielzeit. Für uns. Poldi, von dem zuvor kaum etwas zu sehen war, läuft an...


Schön

….ich tanze innerlich den Tanz der Erlösung. Oooooh, wie ist das schön! Ich kann es nicht fassen. Ich möchte umarmen, ich möchte küssen, ich möchte jubeln. Wir haben es geschafft! Wir haben den Klassenerhalt! JAAA! Ich bin ganz bei mir und gleichzeitig ganz in Frankfurt. Ich fühle den Rasen, ICH habe den Klassenerhalt. Poldigerorenseeichenova.

Allen Spielern gehört mein Herz. Vergesst den Boulevard, vergesst alles. Dies ist der Moment, auf den ich mich so gefreut hatte. Von dem ich geträumt hatte und den ich dahin schwinden sah. Nun ist er da und niemand kann ihn nehmen. Ich bin so glücklich. Und erleichtert. Und stolz. Auf meine Jungs.

Erleichtert, aber auch müde recke ich nach dem Abpfiff die imaginäre Schale des Klassenerhalts in die Luft. Ich atme kurz. Mein Hirn ist leer. Ich stelle mir nur eine Frage:

Gibt es ein schöneres Tier als unseren Hennes?

ComeOn Effzeh!