Gestern Abend beschloss ich, kreativ zu sein und mich um meinen Beitrag für den Blogpokal zu kümmern.
Um mich ein bisschen inspirieren zu lassen, setzte ich mich mit einer Flasche Rotwein bepackt an meinen Rechner und startete dort erst einmal den Bundesliga-Manager. Während ich so vor mich hinzockte, wurden meine Augen immer schwerer. Dabei musste....ich...doch...kreativ...werden...

Als ich schließlich aus unruhigen Träumen erwachte, war ich Co-Trainer des FC Schalke 04. Einfach so. Ich konnte es mir auch nicht erklären, aber als ich an mir herunterblickte, steckte mein Körper in einem königsblauen Shirt, dazu baumelte passenderweise eine Trillerpfeife um meinen Hals. Irritiert erhob ich mich, zog meine Kleidung zurecht und folgte dem angenehmen Kaffeduft, der von der unteren Etage über die Treppe hinweg bis in meine Nasenflügel gekrochen war.

Unten angekommen, erblickte ich Felix Magath, der mit einer glitzernden Krone auf dem Kopf an einem schönen Holztisch saß und ein Croissant aß. "Da bist du ja endlich!" fuhr er mich an. Wie ferngesteuert ließ ich mich neben ihm auf einen Stuhl fallen und starrte meinen neuen Vorgesetzten mit offenem Mund an. "Meine Güte, wo hast du nur gesteckt? Ich muss doch wissen, mit welcher Formation wir spielen!" brüllte er.
"4-4-2?" stotterte ich.
"Gut, so machen wir das." entgegnete daraufhin mein Chef ein wenig zu einfach überzeugt, putzte sich die Finger an meinem Jersey ab und fügte hinzu:
"Weißt du, ich habe gestern ein wenig zu lange mit dem Hotte Köhler zusammen gesessen, weil der will, dass ich Bundesaußenminister und Bundestrainer und Moderator von >Wer wird Millionär< in Personalunion werde. Außerdem musste ich noch den Andreas Müller abmahnen, weil er die Wahrheit gesagt hat und da konnte ich mich nicht um die bekackte Aufstellung kümmern".

Diese Begründung leuchtete mir völlig ein. Überhaupt war ich wie gebannt und hing an den Lippen meines neuen Idols. Über ihm hing ein Fernseher an der Wand, der lautlos von der kommenden Partie meines Vereins berichtete: Das 75. Bundesliga-Revierderby stand an. Süd-Lüdenscheid gegen unsere Königsblauen. In diesem Moment wurde der gegnerische Trainer, ein gewisser Cesc_Fabregas, interviewt und - soweit ich das erkennen konnte – hatte er die Hose (zu Recht) ziemlich voll.
Wir hingegen mussten uns ja eigentlich überhaupt keine Sorgen machen. Schließlich hatten wir soeben im DFB-Pokal sogar den Höhenflug des VfL Bochum gestoppt. Zudem verfügten wir über die eindeutig bessere Mannschaft (als Beispiel sei nur die Krake Neuer vs. Fliegenfänger Weidenfäller herangezogen oder, noch besser: Rafinha gegen Owomoyela! Oder – jetzt kommts: Weltnixjäger Barrios (Zitat Bild) vs. Kuranyi!).

Einige Stunden später war es jedenfalls dann endlich so weit. Ich stand an der Seitenlinie des Signal-Iduna-Parks und dirigierte unsere Mannen, die aufopferungsvoll kämpften. Mein Chef war während des Spiels mit dem Lösen eines Sudoku-Heftes, das er hinter einer unauffälligen Mappe versteckt hielt, beschäftigt und dadurch kaum am Geschehen beteiligt. Nur hin und wieder polterte er Kommentare heraus, aber im Grunde war ich auf mich allein gestellt. Auf mich selbst stolz, blickte ich zur Seite und sah dort meinen Trainerkollegen, der wie Rumpestilzchen herumhüpfte und dem der Angstschweiß auf der Stirn und die Panik im Gesicht stand.

Obwohl wir nicht im Spielbesitz waren und ich Altintop überhaupt nicht aufgestellt hatte, brüllte Magath plötzlich (ohne aus seinem Heft hochzublicken): "Habt Ihr nur Scheiße im Hirn??? Wieso schießt Altintop Freistöße?!?". Ich tippelte daraufhin zum Medienvertreter zu meiner Rechten und flüsterte ihm ins Ohr: "Bitte schneiden sie das raus! Herr Magath meint das nicht so, das sind seine Motivationstricks!" Zeitgleich eben dieser Magath abwechselnd: „schwarze Füße, gelbe Zähne BeeeVauBeeee" und: „In diesem Drecksspiel könnte ich zehn Akteure auswechseln!". Ich lächelte den Journalisten nervös und mit großem Augenaufschlag an, woraufhin dieser von dannen zog und etwas von "Tourrete" murmelte, aber das habe ich akustisch nicht ganz verstanden.

Das Spiel lief jedenfalls ausgezeichnet für uns. Kuranyi hatte ein 58,5m-Solo soeben zu einem 1:0 vollendet, als mein Kontrahent einen Anfängerfehler beging und den Vertragsamateur Oliver Kucharskieinwechselte. Pah, ist der andere Trainer eine Pfeife! Dachte ich mir und sollte Recht behalten: Schließlich war es eben dieser Kucharski, der nur zwei Minuten später durch einen groben Stellungsfehler das 0:2 aus BVB-Sicht verursachte (Schütze: Erneut Kuranyi, dieses Mal durch einen Fallrückzieher am Mittelkreis). Das Spiel war so gut wie gelaufen und Cesc_Fabregas versuchte, die letzten Strohhalme zu ergreifen, indem er seine Torhüterimitation durch Teddy de Beer ersetzte. Nur: Es half alles nichts. Auch wenn wir uns noch das 2:1 einfingen (Eigentor Kuranyi), hatten wir diese Partie souverän für uns entschieden.
Ich war stolz, ich war glücklich und einfach nur auf Wolke 04. Als ich meine Freude den wartenden Journalisten mitteilen wollte, spürte ich einen Stoß in meine Rippen. Magath hatte mich zur Seite geschubst und faselte nun etwas im Sinne von: Gute taktische Ausrichtung seinerseits, Handschrift des Trainers, Medizinbälle, Marienplatz, usw., usf.

Enttäuscht darüber, dass meine Leistung nicht gewürdigt wurde, schlich ich vom Platz und sah noch aus dem Augenwinkel, wie Cesc_Fabregas in Embryonalstellung auf dem Rasen lag und bitterlich weinte. Doch darum konnte ich mich nicht kümmern, ich musste meinen eigenen Frust bremsen. Plötzlich hörte ich aus weiter Ferne einen schrillen, hämmernden Ton: Riiiiiing.....riiiiiiiiing......riiiiiiiiiing
Daraufhin überschlugen sich die Bilder in meinem Kopf: Ich sah die Schale, ich war Assauers Zigarre....riiiiiiiiiiiiing.............riiiiiiiiiiiing. Slomka. Donluka. Stevens.

-ZACK-

Ich war erneut aus unruhigen Träumen erwacht. Nur dieses Mal offenbar wirklich. Sollte das alles tatsächlich nur ein Traum gewesen sein? Was im ersten Moment blieb, war neben dem üblen Geschmack im Mund das Klingeln, das offenbar aus meinem Handy drang. Als ich dranging, hörte ich meinen Freund Midget am anderen Ende: "Alter! Haste deinen Blogpokal-Beitrag fertig? Hau mal rein!" "Jaja..." log ich und legte schnell wieder auf.

Ich atmete tief durch und blickte auf den Bildschirm meines Rechners. Dort war während meines Nickerchens das Spiel BVB-S04 gespielt worden (Resultat: 1:2). Langsam erhob ich mich und ging ins Badezimmer, um mein Gesicht mit kaltem Wasser zu waschen.

Als ich in den Spiegel blickte, erschrak ich. Was war das da um meinen Hals? Eine Trillerpfeife???