28.06.2011 um 17:11 Uhr
Geschrieben von Voegi
TwitSchnitte I
Die kleine Tweetschau zur Frauen-Fußball-WM 2011
…und keiner denkt an Fadime
Das lange Warten ist endlich vorbei. Die Frauen-WM, das größte Sportereignis des noch jungen Jahrtausends, hat ihre Pforten geöffnet. Sollten wir uns bis zuletzt noch schwer getan haben, dieses Event in der historischen Bedeutungsskala richtig zu verorten, so ist dieses Problem spätestens seit dem ARD-Intro-Filmchen behoben. Die Frauen-Fußball-WM ist danach die logische geschichtliche Fortsetzung von Reichstagsbrand, Mauerbau, Mauerfall und Wiedervereinigung. Kein Wunder also, dass dies den deutschen Nationalspielerinnen, wie Melanie Behringer punktgenau analysierte, einen ersten großen "Gänseschauer" versetzte. Und das ist schon mal höchst erfreulich, hatte es die Tage zuvor doch noch Katzen und Hunde geregnet.
Trotz aller wohlmeinenden Beschwörungen richtete sich das Interesse der Öffentlichkeit allerdings zunächst wieder auf schnöde Äußerlichkeiten. Vor allen die von Segways auf dem Sinsheimer Grün hinterlassenen Kornkreise beschäftigten die Twitter-Gemeinde und leisteten wildesten Verschwörungstheorien Vorschub. Was wollte uns dieses wilde Rasenmuster also nun sagen? Selbst die SPOX-Redaktion, sonst bei künstlerischen Interpretationen absolut zielsicher, wirkte angesichts dieses surrealen Pitch Paintings überfordert:
spox Die Frauen-WM hat offiziell begonnen. Mit einer um den Anstoßkreis gemähten Wunderlampe. Oder ist es eine Zwiebel?
Doch auch der Auftritt des deutschen Teams sorgte für allerlei optische Irritationen. Und da Mann bei Frauen bekanntlich zunächst auf den Rücken schaut, entstand schnell eine Diskussion über die typologische Einordnung der Schriftart auf den deutschen Trikots. Mit der Folge, dass "Comic Sans" wie Wingdings aus der Asche Platz 3 der Twitter-Trends eroberte. Die diversen Timelines dieser Welt konnten aber noch während des offiziellen Eröffnungsmatches für die ersehnte Aufklärung sorgen. Denn tatsächlich handelt es sich bei dem infantilen Gekritzel um eine Font namens "Action Man Regular". Auf die sich hierzu anbietenden chauvinistischen Kalauer wurde jedoch erstaunlicherweise verzichtet. Stärkeres Interesse galt da schon Christian Wulff, seines Zeichens ja so etwas wie das Times New Roman unter den deutschen Bundespräsidenten:
dogfood Wer ist dieser Mann neben Steffi Jones? Muss man den kennen? Ist der wichtig?
Mit großer Erleichterung nahm man indes zur Erkenntnis, dass der FIFA-Präsident bei der Eröffnungsrede diesmal durch Abwesenheit bestach:
LLcurly keine #Blatter Rede? Die #WM2011 fängt an Spaß zu machen
…um dann aber gleich eine große Unterlassungssünde anzumahnen:
stadioncheck Keine Schweigeminute für Fadime Gülüc? Skandal!
Das Spiel der deutschen Mannschaft ließ die Twitterschaft indes zunächst kalt, zumal einige Beobachter noch gewisse Schwierigkeiten bei der Einordnung des Personals bewiesen:
nichtstefanraab Für sein Abschiedsspiel ist von Ballack aber wenig zu sehen.
Der allgemeine Fokus richtete sich jedoch auch zu Beginn eher auf die journalistische Zumutung der ARD:
voegi79 Erst Dede in Nigerias Tor, jetzt Schmelzer am Mikro. Der BVB hat seine gesamte linke Seite zur Frauen-WM abkommandiert.
Aber schon bald wussten die Leistungen der deutschen Mannschaft vom Elend am Mikro abzulenken und versetzten die Fans in einen ersten heftigen Endorphinrausch. Und zwar nicht nur die Zuschauer vor Ort…
schlenzalot die fans starten schon die dauerwelle im stadion.
…auch die medialen Beobachter verloren vor lauter Begeisterung kurzerhand alle Hemmungen:
spox Stellt den Sekt in Eppheim kalt - der deutsche Frauenzug rollt.
Allein Lira Bajramajs 20minütiger Ego-Trip über die rechte Seite sorgte für nachhaltige Verärgerung:
hirngabel Bajramaj heisst dann wohl Odonkor auf weiblich. Oder so.
LLcurly #Denkgefängnis #Bajramaj
Kerstin Garefrekes bewies hingegen, dass sie den Kollegen der Herrennationalelf in Sachen Abschlussstärke in nichts nachsteht. Wenngleich ihre Kapitulationserklärung vor der Leere des kanadischen Tores durchaus Rätsel aufgab, wer denn nun ihr großes Vorbild ist:
hirngabel Gomefrekez
cocyy den klose gibts auch in weiblich
Dass die Damen ihren jeweiligen Landsmännern nur allzu gern nacheifern, ließ sich tags darauf dann auch am Beispiel der englischen – nennen wir sie – "Keeperin" belegen:
BigEasyMuc Englands Probleme im Tor sind offensichtlich geschlechtsunabhängig.
Verwechslungen waren dementsprechend vorprogrammiert:
JT_MG Dachte erst die Italiener spielen, aber sind Frauen.
Womit festzuhalten bleibt: Die Unterschiede zwischen Frauen- und Männerfußball sind marginal, bestenfalls maximal. Die allgemeine Begeisterung der ersten WM-Tage wurde allerdings überschattet durch das Menetekel eines bekannten Blog-Gurus, der seine verständliche Entrüstung über die Rückgratlosigkeit der deutschen Kickerinnen mit einer ernst zu nehmenden Drohung verband:
GNetzer Wenn ich noch einmal diesen Bild-Werbespot der deutschen Frauennationalelf sehen muss, werde ich Fan von kaukasischem Hallenschach.
Zugegeben, von der Dramaturgie her hätte es eine Partie Hallenschach durchaus mit dem einen oder anderen Kick der bisherigen WM aufnehmen können. Das Match zwischen Kolumbien und Schweden versprach dagegen echten Fußballthrill, weshalb die Sport-Redaktion des Kölner Stadtanzeigers auch zwei junge Nachwuchstwitterkräfte zum Spiel nach Leverkusen entsandte. Eine Entscheidung, die nicht ohne unfreiwillige Komik bleiben sollte:
ksta_sport Torchance fuer Schweden aber jeher die larte
ksta_sport Frohes Foul von Schweden
ksta_sport Erste dicke Chance für Schweden. Die folgende ecke wurde geklärt. Stimmung genetisch
Und obwohl die Stimmung in den Arenen absolut genetisch ist, sollten wir die politische Dimension dieses Großereignisses nicht aus den Augen verlieren:
freitagsspiel Was ich überhaupt nicht verstehe ist, dass die Weiber sich diese WM nicht zu eigen machen. Draußen. Ich würde mir das Land schnappen.
Wenn die WM bislang also noch nicht zum Ende des Patriarchats geführt hat, so ist sie doch zumindest für ein desaströses Hashtag-Chaos verantwortlich: #wm11, #wm2011, #frauenwm – die Twitterer zeigen sich ungewohnt uneinig, wenn es um die Kennzeichnung der WM-Tweets geht. Zum Glück zeichnet sich für die kommenden Wochen aber nunmehr eine Lösung ab:
hirngabel Denke übrigens darüber nach, bei Tweets zur Frauen-WM das Hashtag #erika zu verwenden. Vielleicht setzt es sich ja durch.
#erika wäre damit sozusagen die Hashtag-Einheitswährung der Twitter-Community, quasi der Euro der Frauen-WM. Aber mit Sicherheit bestandskräftiger. Griechenland ist schließlich nicht qualifiziert. In dem Sinne: Kalimera! Oder wie es hierzulande heißt: #Schaun #mer #mal!
Hier geht's zu einer Liste mit allen zitierten Twitternutzern!
…und keiner denkt an Fadime
Das lange Warten ist endlich vorbei. Die Frauen-WM, das größte Sportereignis des noch jungen Jahrtausends, hat ihre Pforten geöffnet. Sollten wir uns bis zuletzt noch schwer getan haben, dieses Event in der historischen Bedeutungsskala richtig zu verorten, so ist dieses Problem spätestens seit dem ARD-Intro-Filmchen behoben. Die Frauen-Fußball-WM ist danach die logische geschichtliche Fortsetzung von Reichstagsbrand, Mauerbau, Mauerfall und Wiedervereinigung. Kein Wunder also, dass dies den deutschen Nationalspielerinnen, wie Melanie Behringer punktgenau analysierte, einen ersten großen "Gänseschauer" versetzte. Und das ist schon mal höchst erfreulich, hatte es die Tage zuvor doch noch Katzen und Hunde geregnet.
Trotz aller wohlmeinenden Beschwörungen richtete sich das Interesse der Öffentlichkeit allerdings zunächst wieder auf schnöde Äußerlichkeiten. Vor allen die von Segways auf dem Sinsheimer Grün hinterlassenen Kornkreise beschäftigten die Twitter-Gemeinde und leisteten wildesten Verschwörungstheorien Vorschub. Was wollte uns dieses wilde Rasenmuster also nun sagen? Selbst die SPOX-Redaktion, sonst bei künstlerischen Interpretationen absolut zielsicher, wirkte angesichts dieses surrealen Pitch Paintings überfordert:
spox Die Frauen-WM hat offiziell begonnen. Mit einer um den Anstoßkreis gemähten Wunderlampe. Oder ist es eine Zwiebel?
Doch auch der Auftritt des deutschen Teams sorgte für allerlei optische Irritationen. Und da Mann bei Frauen bekanntlich zunächst auf den Rücken schaut, entstand schnell eine Diskussion über die typologische Einordnung der Schriftart auf den deutschen Trikots. Mit der Folge, dass "Comic Sans" wie Wingdings aus der Asche Platz 3 der Twitter-Trends eroberte. Die diversen Timelines dieser Welt konnten aber noch während des offiziellen Eröffnungsmatches für die ersehnte Aufklärung sorgen. Denn tatsächlich handelt es sich bei dem infantilen Gekritzel um eine Font namens "Action Man Regular". Auf die sich hierzu anbietenden chauvinistischen Kalauer wurde jedoch erstaunlicherweise verzichtet. Stärkeres Interesse galt da schon Christian Wulff, seines Zeichens ja so etwas wie das Times New Roman unter den deutschen Bundespräsidenten:
dogfood Wer ist dieser Mann neben Steffi Jones? Muss man den kennen? Ist der wichtig?
Mit großer Erleichterung nahm man indes zur Erkenntnis, dass der FIFA-Präsident bei der Eröffnungsrede diesmal durch Abwesenheit bestach:
LLcurly keine #Blatter Rede? Die #WM2011 fängt an Spaß zu machen
…um dann aber gleich eine große Unterlassungssünde anzumahnen:
stadioncheck Keine Schweigeminute für Fadime Gülüc? Skandal!
Das Spiel der deutschen Mannschaft ließ die Twitterschaft indes zunächst kalt, zumal einige Beobachter noch gewisse Schwierigkeiten bei der Einordnung des Personals bewiesen:
nichtstefanraab Für sein Abschiedsspiel ist von Ballack aber wenig zu sehen.
Der allgemeine Fokus richtete sich jedoch auch zu Beginn eher auf die journalistische Zumutung der ARD:
voegi79 Erst Dede in Nigerias Tor, jetzt Schmelzer am Mikro. Der BVB hat seine gesamte linke Seite zur Frauen-WM abkommandiert.
Aber schon bald wussten die Leistungen der deutschen Mannschaft vom Elend am Mikro abzulenken und versetzten die Fans in einen ersten heftigen Endorphinrausch. Und zwar nicht nur die Zuschauer vor Ort…
schlenzalot die fans starten schon die dauerwelle im stadion.
…auch die medialen Beobachter verloren vor lauter Begeisterung kurzerhand alle Hemmungen:
spox Stellt den Sekt in Eppheim kalt - der deutsche Frauenzug rollt.
Allein Lira Bajramajs 20minütiger Ego-Trip über die rechte Seite sorgte für nachhaltige Verärgerung:
hirngabel Bajramaj heisst dann wohl Odonkor auf weiblich. Oder so.
LLcurly #Denkgefängnis #Bajramaj
Kerstin Garefrekes bewies hingegen, dass sie den Kollegen der Herrennationalelf in Sachen Abschlussstärke in nichts nachsteht. Wenngleich ihre Kapitulationserklärung vor der Leere des kanadischen Tores durchaus Rätsel aufgab, wer denn nun ihr großes Vorbild ist:
hirngabel Gomefrekez
cocyy den klose gibts auch in weiblich
Dass die Damen ihren jeweiligen Landsmännern nur allzu gern nacheifern, ließ sich tags darauf dann auch am Beispiel der englischen – nennen wir sie – "Keeperin" belegen:
BigEasyMuc Englands Probleme im Tor sind offensichtlich geschlechtsunabhängig.
Verwechslungen waren dementsprechend vorprogrammiert:
JT_MG Dachte erst die Italiener spielen, aber sind Frauen.
Womit festzuhalten bleibt: Die Unterschiede zwischen Frauen- und Männerfußball sind marginal, bestenfalls maximal. Die allgemeine Begeisterung der ersten WM-Tage wurde allerdings überschattet durch das Menetekel eines bekannten Blog-Gurus, der seine verständliche Entrüstung über die Rückgratlosigkeit der deutschen Kickerinnen mit einer ernst zu nehmenden Drohung verband:
GNetzer Wenn ich noch einmal diesen Bild-Werbespot der deutschen Frauennationalelf sehen muss, werde ich Fan von kaukasischem Hallenschach.
Zugegeben, von der Dramaturgie her hätte es eine Partie Hallenschach durchaus mit dem einen oder anderen Kick der bisherigen WM aufnehmen können. Das Match zwischen Kolumbien und Schweden versprach dagegen echten Fußballthrill, weshalb die Sport-Redaktion des Kölner Stadtanzeigers auch zwei junge Nachwuchstwitterkräfte zum Spiel nach Leverkusen entsandte. Eine Entscheidung, die nicht ohne unfreiwillige Komik bleiben sollte:
ksta_sport Torchance fuer Schweden aber jeher die larte
ksta_sport Frohes Foul von Schweden
ksta_sport Erste dicke Chance für Schweden. Die folgende ecke wurde geklärt. Stimmung genetisch
Und obwohl die Stimmung in den Arenen absolut genetisch ist, sollten wir die politische Dimension dieses Großereignisses nicht aus den Augen verlieren:
freitagsspiel Was ich überhaupt nicht verstehe ist, dass die Weiber sich diese WM nicht zu eigen machen. Draußen. Ich würde mir das Land schnappen.
Wenn die WM bislang also noch nicht zum Ende des Patriarchats geführt hat, so ist sie doch zumindest für ein desaströses Hashtag-Chaos verantwortlich: #wm11, #wm2011, #frauenwm – die Twitterer zeigen sich ungewohnt uneinig, wenn es um die Kennzeichnung der WM-Tweets geht. Zum Glück zeichnet sich für die kommenden Wochen aber nunmehr eine Lösung ab:
hirngabel Denke übrigens darüber nach, bei Tweets zur Frauen-WM das Hashtag #erika zu verwenden. Vielleicht setzt es sich ja durch.
#erika wäre damit sozusagen die Hashtag-Einheitswährung der Twitter-Community, quasi der Euro der Frauen-WM. Aber mit Sicherheit bestandskräftiger. Griechenland ist schließlich nicht qualifiziert. In dem Sinne: Kalimera! Oder wie es hierzulande heißt: #Schaun #mer #mal!
Hier geht's zu einer Liste mit allen zitierten Twitternutzern!
Aufrufe: 20450 | Kommentare: 22 | Bewertungen: 32 | Erstellt:28.06.2011
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