Die kleine Tweetschau zur Frauen-Fußball-WM 2011

Schach mit Omi

Die gute Nachricht vorweg: Die #Erikanisierung der Frauen-Fußball-WM ist nicht mehr aufzuhalten – die Hashtage von #wm2011 und #frauenwm sind gezählt. Womit sich die Frage stellt, was es mit dieser Erika denn nun so auf sich hat. Genau genommen kann hierüber wohl nur Urheber hirngabel Auskunft erteilen. Womöglich liefert aber auch hier die Etymologie die Antwort. Schließlich bedeutet "Erika" so viel wie "die allein Mächtige". Und da die Frauen-WM in diesen Tagen das Sportgeschehen hierzulande dominiert… Na ja, lassen wir es, wäre wohl zu weit hergeholt. Dass Sepp Blatter von seinen Angestellten "Erika" gerufen wird, ist indes mehr als nur ein Gerücht.

Kulinarische Interpretationsversuche sind in jedem Falle zum Scheitern verurteilt:

freitagsspiel Wäre Birne #erika nicht passender? @DFB_Frauen: Als Dessert: Birne Helene.

Vielleicht handelt es sich also um ein kniffliges Akronym:

voegi79 Ein Rumgewürge in komfortablen Arenen. Kurz: ERIKA

Denn in der Tat war vieles dessen, was uns in den ersten Spielen so dargeboten wurde, nicht mit der Menschenrechtskonvention vereinbar. Was verkraftbar wäre, wenn die kommentierenden Damen und Herren auch den Mumm hätten, das Elend beim Namen zu nennen. Stattdessen wurde – wohl aus falsch verstandener political correctness – gnadenlos schön geredet. Die Twitter-Reaktionen fielen darauf umso eindeutiger aus:

Mingablog Aber was krank sind die Fernschüsse in allen Spielen. Kannste ne Scheibe Schwarzbrot hinterherwerfen und die ist schneller da.
xeniCDs Der erste Gegner im Frauenfußball heißt vermutlich auch noch in Jahren "Ball".
xeniCDs Eigentlich dachte ich, ich schaue da ein hochkarätiges Spiel. Bis dato ist das nicht mal Schach mit Omi ...
kleinerweg Frauenfußball ist wie Formel1 mit Safetycar...

Man braucht also keine emotionale Wünschelrute, um eine gewisse Ernüchterung festzustellen. Die Frauen-WM hat bislang nicht das gehalten, was sich wenige von ihr versprochen haben. Immerhin sorgten aber die skurrilen Schiedsrichterleistungen für dezente Erheiterung bei der Zuschauerschaft:

zeitonlinesport Nach dem Foul an Peter macht die Schiedsrichterin eine kreisrunde Handbewegung. Kniescheibe gespielt, soll das heißen.
ElProgramador El Bin gespannt, wann die Linienrichterin von einem gefüllten Prosecco-Glas getroffen wird

Eher desillusionierend waren dagegen die Auftritte der deutschen Nationalmannschaft, die nicht für möglich gehaltene Vergleiche mit den männlichen Kollegen heraufbeschworen:

freitagsspiel Von meinen Gefühlen beim Zusehen her ähneln die deutschen Frauen heute den Männern vor Jahren. Furcht, gepaart mit einer Art Scham.
schlenzalot Man hätte Ballack und Frings nicht aussortieren dürfen.

Das eher maue 1:0 im zweiten Gruppenspiel erklärt sich aber wohl auch durch die raue Gangart des Gegners und dessen mangelnder Ahndung durch die Unparteiische. Beides blieb nicht ohne atmosphärische Wirkungen:

dogfood Die Welt zu Gast bei Freunden. Außer Nigeria und Südkorea.

Da die Auftritte des deutschen Teams aber bislang eher den Charme einer Käseigel-Party versprühten, widmet sich Deutschlands beste Sport-Redaktion lieber der zweifellos "herrlichsten" Truppe dieses Turniers:

spox Kommentar aus der Redaktion zum Spiel: "Äquatorial-Guinea? Klasse, endlich wieder Männerfußball!"

Einen fundierten Tipp gab es auch gleich dazu:

zielpublikum @spox Äquatorial-Guinea ? Denke Remis.

Und trotz allem kehrte auch hier irgendwann Ernüchterung ein:

spox Das Spiel Äquatorial-Guinea gegen Norwegen ist wie eine Katze auf Rollschuhen: Witzig anzusehen, aber nach 75 Minuten wird's fad.

Einen besonderen Charme erhält die WM-Berichterstattung weiterhin durch den Einsatz junger Nachwuchs-Twitter-Kräfte, deren eifrige Reportagen in ihrer unschuldigen Komik mitunter etwas Rühriges haben:

Herzrasen11 Gleich Wechsel aus. Müsse. Sich wieder fangen falls kommt
Herzrasen11 Die aus.. Torhüterin stösst immer komische Geräusche raus und schon.ist ein Tor für bras. Drin
Herzrasen11 Bis jetzt für beide 1 gute Tor Chance ist das nicht fair Grund

Manch ein Tweet trägt sogar zu politischen Bildung bei:

Herzrasen11 Schreckens im kommunistischen Team - die Torhüterin liegt reibungslos im eigenen Tor

Bleibt die Frage, ob die kolumbianische Staatsführung dies so reibungslos zur Kenntnis nehmen wird. Trotz aller Politik richtet sich der Fokus aber weiter auf die äußeren Reize – sei es auf das wohl bekannte Antlitz der norwegischen Cheftrainerin:

Arne1904 Find es aber nett von Hans Meyer, noch die Norwegerinnen zu coachen.

...oder auf das modische Erscheinungsbild des US-Teams:

ElCobra Sympathisch, dass die Amerikanerinnen weder den Namenszug vom Lafer noch den vom Schuhbeck auf ihre Kochschürzen geschrieben haben.

Die Stimmung ist indes großartig – und genau das ist das Problem. Meint der jüngst von der 11Freunde ausgezeichnete Premiumblogger trainerbaade:

trainerbaade Als Aktiver fände ich so eine La-Ola ja ganz schön frustrierend. Man spielt also so langweilig, dass keiner zuschaut.

Aber nicht alle zeigen sich von der Atmosphäre in den Arenen beeindruckt:

dogfood Ist der Stadionton kaputt oder interessiert das Tor niemanden in Dresden?

Die Twitter-Community begutachtet die WM also eher kritisch. Man könnte meinen, das Turnier habe bislang rein gar nichts Positives hervorgebracht. Ein Irrtum, gilt es doch eine erfreuliche Entwicklung zu konstatieren:

nobilor Der #DFB hat seit 2006 dazugelernt Maskottchen Karla Kick hat eine Hose an...

Und das macht doch nun wirklich Hoffnung. Oder?

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