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FC Bayern München


Gründer: Tobi | Mitglieder: 965 | Beiträge: 253
27.01.2012 um 15:03 Uhr
Geschrieben von Voegi
Unbeholfenheit
Manuel Neuer hatte sich wirklich alle Mühe gegeben. Seine Vorlage war punktgenau. Und Marco Reus hatte keine Probleme, den Ball im leeren Kasten unterzubringen. Doch der DFB zeigte sich unbarmherzig und schrieb den Treffer trotz Neuers brillanter Vorlage Marco Reus zu. So geht das erste Bayern-Eigentor des Jahres 2012 also nicht auf das Konto des Torhüters. Stattdessen dürfen nun Christian Nerlinger & Co. dieses zweifelhafte Privileg für sich reklamieren.

Die große Ankündigung, einen namhaften Offensivspieler verpflichtet zu haben, um diese Aktion wenig später als bloßen PR-Gag zur Bewerbung des eigenen Facebook-Auftritts zu enttarnen, erwies sich – genau wie Manuel Neuers Assist in Mönchengladbach – als Schuss, der nach hinten los ging. Statt Zustimmung und Augenzwinkern erntete der Rekordmeister nur Wut und Spott unter den eigenen Fans, die mit dieser Art von Humor herzlich wenig anfangen konnten. Nach der desillusionierenden Auftaktniederlage in Gladbach war den Bayern-Fans – anders als den Vereinsoffiziellen – nicht nach Scherzen zumute. Noch dazu wenn mit der Aussicht auf einen neuen Superstars Hoffnungen genährt wurden, die kurze Zeit darauf jäh enttäuscht werden sollten.

Das Echo unter den Bayern-Anhängern war eindeutig und ist unmissverständliches Zeugnis ihrer augenblicklichen Befindlichkeit. Von Entspannung und Optimismus ist man nach dem kläglichen Start derzeit weit entfernt. So weit wie der FC Bayern von einem professionellen Umgang mit den sozialen Medien. Facebook als bloßes Vehikel für alberne PR-Spielchen zu benutzen, zeigt, wie schwer man sich von Bayern-Seite nach wie vor tut, die Bedeutung der modernen Medien richtig zu bewerten und für die eigenen Zwecke nutzbar zu machen.

Dazu passen die in ernüchterndem Da Capo von Hoeneß und Beckenbauer vorgetragenen Vorbehalte gegen die Kraft des Internets. Die virtuelle Welt ist dem Bayern-Präsident nach wie vor ein Dorn im Auge, eine Ausgeburt des Bösen, der er sich voller Überzeugung zu widersetzen versucht. Dabei unterliegt Hoeneß offenkundig dem verheerenden Irrtum, das Internet sei ein vorübergehendes Schreckgespenst, das es schlichtweg auszusitzen gilt. Irgendwann, so scheint Hoeneß zu glauben, werde sich die Aufregung wieder legen und das Internet wie eine Seifenblase zerplatzen.

Es mag sein, dass Hoeneß‘ Sicht der virtuellen Dinge tatsächlich weit weniger nostalgisch ist, als es den Anschein hat. Doch seine Skepsis gegenüber dem Internet im Speziellen und der modernen Medien im Allgemeinen ist unverkennbar. Hoeneß wertet sie als Ausdruck eines Wertverfalls, der für die persönliche Kommunikation kaum mehr Platz lasse. Es sei eben nicht mehr so wie damals in der guten alten Zeit, als sich die Menschen noch in die Augen sahen, wenn sie miteinander sprachen. Diese schrullige Sichtweise hat etwas Sympathisches an sich und ist doch sinnbildlich für die (in dieser Hinsicht) unprofessionelle Denke eines Vereins, der sonst wie kaum ein anderer als Club als Vertreter der Professionalität gilt.

Dieser innere Widerspruch mag irritieren, ist beim Rekordmeister aber fast historisch bedingt. Denn Bayerns Internet-Problem ist keinesfalls ein neues Phänomen. Von Anfang an tat man sich an der Säbener Straße schwer, auf den Zug der virtuellen Kommunikation aufzuspringen. So verzichtete man, als andere Clubs längst eine offizielle Webpräsenz vorweisen konnten, auf eine eigene Homepage und begnügte sich mit einem kleinen Internet-Auftritt auf AOL. Erst nach langer Zeit des Wartens und vermutlich des innerbetrieblichen Zuredens konnte man sich letztlich zu einer echten, für alle verfügbaren Website durchringen.

Man muss dem FC Bayern seine Unbeholfenheit also wohl nachsehen. Ein professioneller Umgang mit den neuen Medien gehört eben nicht zu den eigenen Stärken. Und dennoch wäre es wünschenswert, man würde dieses Thema zukünftig mit mehr Ernsthaftigkeit und Sorgfalt angehen. Der vermurkste Facebook-PR-Gag hat für den Moment nur eine vorübergehende Verärgerung bei den eigenen Fans ausgelöst, könnte sich im Falle längerer sportlicher Erfolglosigkeit jedoch als echter Rohrkrepierer erweisen. Denn alberne Späße kann man sich nur dann erlauben, wenn die sportliche Bilanz stimmt. Ansonsten sind sie eben nur peinlich. Bleibt als Bayern-Fan nur zu hoffen, dass einem weitere Peinlichkeiten erspart bleiben.


Siehe zum Thema auch den Kommentar von Bratfish
Aufrufe: 9667 | Kommentare: 40 | Bewertungen: 24 | Erstellt:27.01.2012
ø 7.5
KOMMENTARE
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adriano0589
01.02.2012 | 15:15 Uhr
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01.02.2012 | 15:15 Uhr
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Also insgesamt finde ich, die offizielle Website und auch die Facebook-Präsenz hat sich in letzter Zeit wirklich gemacht. Highlights und Hintergrundberichte per Video, dazu Testspiele live im Stream, Live-Interviews, aktuelle Trainingsbilder etc.

Diese Aktion war natürlich insgesamt murks, gerade im Zusammenhang mit dem Gladbach-Spiel eben. Aber das ist doch auch der springende Punkt. Hätte Bayern 4:0 in Gladbach gewonnen, wäre dieses enorme Medienecho auch ausgeblieben.

Für meinen Geschmack wurde da wirklich aus einer Mücke ein Elefant gemacht. Klar war es irgendwie unglücklich, aber man hatte fast den Eindruck, als wären Schweinsteiger und Ribery noch last-minute-mäßig verkauft worden...
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webs1
01.02.2012 | 15:13 Uhr
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webs1 : 
01.02.2012 | 15:13 Uhr
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webs1 : 
Aber genau da täuschst Du Dich mit Deiner Einschätzung. Als Eigentor wird die Aktion des FCB eigentlich ausnahmslos auch in allen Printmedien bezeichnet. Und damit haben irgendwelche Sportseiten erstmal nichts zu tun. Die schreiben nämlich im Zweifelsfall von Ersteren ab.
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webs1
01.02.2012 | 15:03 Uhr
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01.02.2012 | 15:03 Uhr
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webs1 : 
@limit:
Ich glaube, Du verwechselst da wirklich etwas. Als neue Medien werden genau solche Dinge wie Facebook bezeichnet. Das negative Echo fand sich vor allem in den klassischen Medien, von Boulevard zu seriös.
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webs1
01.02.2012 | 14:51 Uhr
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webs1 : @limit
01.02.2012 | 14:51 Uhr
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webs1 : @limit
ulifan hat mit seiner einschränkenden Kritik an Voegis Sichtweise ja sicher einen guten Punkt angesprochen. Deine Argumente dagegen sind ziemlich unsinnig.
Von empirischen Daten kann man bei Facebook niemals nicht sprechen, solange es zum like-Button kein negatives Pendant gibt.
Da es deutlich mehr Arbeit macht, einen Kommentar zu schreiben (auch wenn der dann nur aus Beschimpfungen besteht), als einfach zu klicken, würde ich 4000 negative Kommentare durchaus als shit storm bezeichnen.
Tatsache ist, dass es in einem solchen Fall schlicht unmöglich ist, die Reaktionen empirisch zu messen. Deshalb ist eine Einschätzung anhand von Indizien wie Kommentaren oder dem Medienecho meiner Meinung nach statthaft.
Die Dinge, die Du als explizit negative Folgen der neuen Medien darstellst, gab es zum großen Teil auch vorher schon.
Schnelle sensationsgeile Meldung statt Recherche: macht Bild schon seit Jahrzehnten, und andere Boulevardmedien stehen dem in nichts nach.
Abschreiben von einer zweifelhaften Quelle, konzentrieren auf das Negative: ebenfalls check.

Kurz gesagt kritisierst Du die seit langer Zeit bestehenden Missstände im Boulevardjournalismus. Dass diese durch die neuen Medien verstärkt werden können, ist klar. Sie aber ursächlich damit in Verbindung zu bringen ist Unsinn.

Beinahe vergessen: dass Bayern mit Abstand am meisten Facebookfans und Besucher der Homepage hat liegt wohl vor allem daran, dass es der international bei weitem bekannteste deutsche Verein ist, und nicht in der Qualität des Webauftritts begründet. Aber das sollte eigentlich klar sein.
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AlexanderMarcus
01.02.2012 | 14:50 Uhr
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01.02.2012 | 14:50 Uhr
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Natürlich gehört Bayern zu den großen Vereinen in Europa. Ich meinte damit eher, dass Bayern mit seiner Haltung den europäischen Fußball meiner Meinung nach nie dominieren wird, oder regelmäßig im CL Finale stehen wird wie beispielsweise Manchester United. Wie gesagt International ein sehr souveräner Verein auf hohem Niveau, aber eben nicht das Maß aller Dinge.
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Matthi10
01.02.2012 | 14:33 Uhr
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Matthi10 : @Alexander Marcus
01.02.2012 | 14:33 Uhr
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Matthi10 : @Alexander Marcus
nenn mir doch mal die ganz großen Vereine in Europa bitte?!
Würde mich interessieren, wen Du damit meinst.
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webs1
01.02.2012 | 14:15 Uhr
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webs1 : 
01.02.2012 | 14:15 Uhr
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webs1 : 
Schöner Text, stilistisch einwandfrei (nur nach "Facebook-Auftritts zu" fehlt ein Verb), ich habe sogar einen neuen Ausdruck gelernt (da capo). Nur inhaltlich bin ich nicht sicher, ob ich voegi vorbehaltlos zustimmen oder eher ulifans Einwände unterstützten würde.
Vielleicht sollte man unterscheiden zwischen Qualität der Produkte in den neuen Medien (Webpräsenz, Twitter, etc..) und der öffentlich zum Ausdruck gebrachten Meinung von einigen älteren Herren im Verein.
Wer öetzten Endes für das PR-Eigentor verantwortlich war, werden wir wohl nie erfahren.
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jmbuehler
01.02.2012 | 13:23 Uhr
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jmbuehler : 
01.02.2012 | 13:23 Uhr
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jmbuehler : 
Sehr schön geschriebener Blog, 10P von mir dafür!

Ich glaube dass voegi mit seiner These bzgl der Unbeholfenheit der Bayern mit neuen Medien und social networks im Speziellen durchaus Recht hat.

Ob die FB Aktion jetzt ein schlechter PR Gag war oder nicht sei mal dahingestellt, denn wenn man eine echte PK einberufen hätte nur um dann z.B. einen neune Sponsor vorzustellen, wäre die Art und vor allem die Heftigkeit des 'Shitstorms' (tz) anders ausgefallen.

Aber es kommen die Faktoren der Unfähigkeit die momentane Gemütslage der Fans bewerten zu können und die Möglichkeit des sofortigen Feedbacks einer FB Aktion zusammen.

Diese beiden Dinge haben dazu geführt, dass die Resonanz derart negativ ausfiel, und dies nicht im Vorhinein absehen zu können ist eben 'unbeholfen'. Es wurde ein Kommunikationskanal gewählt ohne weder den Adressaten noch die Plattform der Kommunikation verstanden zu haben.

Dies nur meine 5 cent...
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AlexanderMarcus
01.02.2012 | 13:20 Uhr
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01.02.2012 | 13:20 Uhr
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Sehr schön geschrieben, und ziemlich gut auf den Punkt gebracht.
Ich sehe die konservative Haltung des FC Bayern gegenüber allem was neu ist generell als ein großes Problem. Bayern ist selten ein Initiator für neue Ideen, da wird immer erst auf den Zug mit aufgesprungen wenn man sieht, dass es bei anderen Vereinen bereits seit Jahren funktioniert. Früher mag das auch in Ordnung gewesen sein, nur in diesem schnelllebigen Geschäft, wie es der Fußball heute ist, darf ich eben nicht einfach alles und jedem erstmal kritisch gegenüber stehen. Das kann man beispielsweise an dieser "Jugend-Champions League" sehen, die es nun gibt. Igendwie selbstverständlich dass der FC Bayern an diesem Tunier nicht teilnimmt. Es wäre bei Bayern auch niemals denkbar, dass man dort wie Barcelona vor 20 Jahren ein derartig neues Jugendkonzept einführt. Barcelona ist das Risiko eingegangen, wobei man in Barcelona auch nicht wusste ob es funktionieren wird, und der Erfolg gibt ihnen recht. Mit dieser Null-Risiko Haltung, wird Bayern wahrscheinlich immer ein souveräner Verein bleiben, aber nach ganz oben werden sie damit nicht kommen, auch nicht wenn das FFP greift. Das redet man sich in München ja so oft schön, als würde der FC Bayern mit dem FFP dann automatisch die Nummer eins in Europa werden. Aber dass dies blödsinn ist, sollte jedem klar sein.
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ChriJue
01.02.2012 | 13:19 Uhr
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ChriJue : 
01.02.2012 | 13:19 Uhr
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ChriJue : 
"Denn alberne Späße kann man sich nur dann erlauben, wenn die sportliche Bilanz stimmt."

Ich kann es zwar selbst auch noch nicht beurteilen, aber ich wäre auch mit der Wortwahl "alberne Späße" vorsichtig. Schließlich handelt es sich bei dem "NewFCBStar" ja nicht nur um ein kurz hochgeladenes Video, sondern das ist eine Anwendung die vermutlich über kurz oder lang noch eine interessante Unterhaltung für eingefleischte Fans werden soll. Der nächste Schritt, "das Training" ist schließlich schon angekündigt. Wer weiß, welches Potenzial die angekündigte App noch hat und wieviel mediale Aufmerksamkeit sie wirklich verdient. Auch durch Social-Media-Marketing (In-App-Advertising etc.) lassen sich übrigens immense Umsätze generieren.

Recht hast du mit dem Zeitpunkt der Verkündung. Hier finde ich es jedoch nicht schlimm, dass die Verkündung nach einer Niederlage kam, sondern eher, dass sie im Transferfenster gemacht wurde. So wurden ernsthafte Hoffnungen geschürt, was ich unklug finde. Besser wäre es vermutlich gewesen, wenn jedem User klar gewesen wäre, dass es nicht um einen Blitz-Transfer geht, der am kommenden Wochenende schon auf dem Platz stehen wird und uns den Titel bringt.

Ich finde es schade, dass du hier auf den populistischen Zug aufspringst, denn nur, weil etwas eine Woche i.d. Bild aufgebauscht wird, muss es nicht wirklich ernst genommen werden.
Ich glaube nicht, dass der Hoeneß hier seine Finger im Spiel hatte.

Übrigens, unschwer zu erkennen: Ich hab geschmunzelt, als ich mir das Video angesehen habe und fand die ganze Aktion eher gelungen als nicht.
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