27.01.2012 um 15:03 Uhr
Geschrieben von Voegi
Unbeholfenheit
Manuel Neuer hatte sich wirklich alle Mühe gegeben. Seine Vorlage war punktgenau. Und Marco Reus hatte keine Probleme, den Ball im leeren Kasten unterzubringen. Doch der DFB zeigte sich unbarmherzig und schrieb den Treffer trotz Neuers brillanter Vorlage Marco Reus zu. So geht das erste Bayern-Eigentor des Jahres 2012 also nicht auf das Konto des Torhüters. Stattdessen dürfen nun Christian Nerlinger & Co. dieses zweifelhafte Privileg für sich reklamieren.
Die große Ankündigung, einen namhaften Offensivspieler verpflichtet zu haben, um diese Aktion wenig später als bloßen PR-Gag zur Bewerbung des eigenen Facebook-Auftritts zu enttarnen, erwies sich – genau wie Manuel Neuers Assist in Mönchengladbach – als Schuss, der nach hinten los ging. Statt Zustimmung und Augenzwinkern erntete der Rekordmeister nur Wut und Spott unter den eigenen Fans, die mit dieser Art von Humor herzlich wenig anfangen konnten. Nach der desillusionierenden Auftaktniederlage in Gladbach war den Bayern-Fans – anders als den Vereinsoffiziellen – nicht nach Scherzen zumute. Noch dazu wenn mit der Aussicht auf einen neuen Superstars Hoffnungen genährt wurden, die kurze Zeit darauf jäh enttäuscht werden sollten.
Das Echo unter den Bayern-Anhängern war eindeutig und ist unmissverständliches Zeugnis ihrer augenblicklichen Befindlichkeit. Von Entspannung und Optimismus ist man nach dem kläglichen Start derzeit weit entfernt. So weit wie der FC Bayern von einem professionellen Umgang mit den sozialen Medien. Facebook als bloßes Vehikel für alberne PR-Spielchen zu benutzen, zeigt, wie schwer man sich von Bayern-Seite nach wie vor tut, die Bedeutung der modernen Medien richtig zu bewerten und für die eigenen Zwecke nutzbar zu machen.
Dazu passen die in ernüchterndem Da Capo von Hoeneß und Beckenbauer vorgetragenen Vorbehalte gegen die Kraft des Internets. Die virtuelle Welt ist dem Bayern-Präsident nach wie vor ein Dorn im Auge, eine Ausgeburt des Bösen, der er sich voller Überzeugung zu widersetzen versucht. Dabei unterliegt Hoeneß offenkundig dem verheerenden Irrtum, das Internet sei ein vorübergehendes Schreckgespenst, das es schlichtweg auszusitzen gilt. Irgendwann, so scheint Hoeneß zu glauben, werde sich die Aufregung wieder legen und das Internet wie eine Seifenblase zerplatzen.
Es mag sein, dass Hoeneß‘ Sicht der virtuellen Dinge tatsächlich weit weniger nostalgisch ist, als es den Anschein hat. Doch seine Skepsis gegenüber dem Internet im Speziellen und der modernen Medien im Allgemeinen ist unverkennbar. Hoeneß wertet sie als Ausdruck eines Wertverfalls, der für die persönliche Kommunikation kaum mehr Platz lasse. Es sei eben nicht mehr so wie damals in der guten alten Zeit, als sich die Menschen noch in die Augen sahen, wenn sie miteinander sprachen. Diese schrullige Sichtweise hat etwas Sympathisches an sich und ist doch sinnbildlich für die (in dieser Hinsicht) unprofessionelle Denke eines Vereins, der sonst wie kaum ein anderer als Club als Vertreter der Professionalität gilt.
Dieser innere Widerspruch mag irritieren, ist beim Rekordmeister aber fast historisch bedingt. Denn Bayerns Internet-Problem ist keinesfalls ein neues Phänomen. Von Anfang an tat man sich an der Säbener Straße schwer, auf den Zug der virtuellen Kommunikation aufzuspringen. So verzichtete man, als andere Clubs längst eine offizielle Webpräsenz vorweisen konnten, auf eine eigene Homepage und begnügte sich mit einem kleinen Internet-Auftritt auf AOL. Erst nach langer Zeit des Wartens und vermutlich des innerbetrieblichen Zuredens konnte man sich letztlich zu einer echten, für alle verfügbaren Website durchringen.
Man muss dem FC Bayern seine Unbeholfenheit also wohl nachsehen. Ein professioneller Umgang mit den neuen Medien gehört eben nicht zu den eigenen Stärken. Und dennoch wäre es wünschenswert, man würde dieses Thema zukünftig mit mehr Ernsthaftigkeit und Sorgfalt angehen. Der vermurkste Facebook-PR-Gag hat für den Moment nur eine vorübergehende Verärgerung bei den eigenen Fans ausgelöst, könnte sich im Falle längerer sportlicher Erfolglosigkeit jedoch als echter Rohrkrepierer erweisen. Denn alberne Späße kann man sich nur dann erlauben, wenn die sportliche Bilanz stimmt. Ansonsten sind sie eben nur peinlich. Bleibt als Bayern-Fan nur zu hoffen, dass einem weitere Peinlichkeiten erspart bleiben.
Siehe zum Thema auch den Kommentar von Bratfish
Die große Ankündigung, einen namhaften Offensivspieler verpflichtet zu haben, um diese Aktion wenig später als bloßen PR-Gag zur Bewerbung des eigenen Facebook-Auftritts zu enttarnen, erwies sich – genau wie Manuel Neuers Assist in Mönchengladbach – als Schuss, der nach hinten los ging. Statt Zustimmung und Augenzwinkern erntete der Rekordmeister nur Wut und Spott unter den eigenen Fans, die mit dieser Art von Humor herzlich wenig anfangen konnten. Nach der desillusionierenden Auftaktniederlage in Gladbach war den Bayern-Fans – anders als den Vereinsoffiziellen – nicht nach Scherzen zumute. Noch dazu wenn mit der Aussicht auf einen neuen Superstars Hoffnungen genährt wurden, die kurze Zeit darauf jäh enttäuscht werden sollten.
Das Echo unter den Bayern-Anhängern war eindeutig und ist unmissverständliches Zeugnis ihrer augenblicklichen Befindlichkeit. Von Entspannung und Optimismus ist man nach dem kläglichen Start derzeit weit entfernt. So weit wie der FC Bayern von einem professionellen Umgang mit den sozialen Medien. Facebook als bloßes Vehikel für alberne PR-Spielchen zu benutzen, zeigt, wie schwer man sich von Bayern-Seite nach wie vor tut, die Bedeutung der modernen Medien richtig zu bewerten und für die eigenen Zwecke nutzbar zu machen.
Dazu passen die in ernüchterndem Da Capo von Hoeneß und Beckenbauer vorgetragenen Vorbehalte gegen die Kraft des Internets. Die virtuelle Welt ist dem Bayern-Präsident nach wie vor ein Dorn im Auge, eine Ausgeburt des Bösen, der er sich voller Überzeugung zu widersetzen versucht. Dabei unterliegt Hoeneß offenkundig dem verheerenden Irrtum, das Internet sei ein vorübergehendes Schreckgespenst, das es schlichtweg auszusitzen gilt. Irgendwann, so scheint Hoeneß zu glauben, werde sich die Aufregung wieder legen und das Internet wie eine Seifenblase zerplatzen.
Es mag sein, dass Hoeneß‘ Sicht der virtuellen Dinge tatsächlich weit weniger nostalgisch ist, als es den Anschein hat. Doch seine Skepsis gegenüber dem Internet im Speziellen und der modernen Medien im Allgemeinen ist unverkennbar. Hoeneß wertet sie als Ausdruck eines Wertverfalls, der für die persönliche Kommunikation kaum mehr Platz lasse. Es sei eben nicht mehr so wie damals in der guten alten Zeit, als sich die Menschen noch in die Augen sahen, wenn sie miteinander sprachen. Diese schrullige Sichtweise hat etwas Sympathisches an sich und ist doch sinnbildlich für die (in dieser Hinsicht) unprofessionelle Denke eines Vereins, der sonst wie kaum ein anderer als Club als Vertreter der Professionalität gilt.
Dieser innere Widerspruch mag irritieren, ist beim Rekordmeister aber fast historisch bedingt. Denn Bayerns Internet-Problem ist keinesfalls ein neues Phänomen. Von Anfang an tat man sich an der Säbener Straße schwer, auf den Zug der virtuellen Kommunikation aufzuspringen. So verzichtete man, als andere Clubs längst eine offizielle Webpräsenz vorweisen konnten, auf eine eigene Homepage und begnügte sich mit einem kleinen Internet-Auftritt auf AOL. Erst nach langer Zeit des Wartens und vermutlich des innerbetrieblichen Zuredens konnte man sich letztlich zu einer echten, für alle verfügbaren Website durchringen.
Man muss dem FC Bayern seine Unbeholfenheit also wohl nachsehen. Ein professioneller Umgang mit den neuen Medien gehört eben nicht zu den eigenen Stärken. Und dennoch wäre es wünschenswert, man würde dieses Thema zukünftig mit mehr Ernsthaftigkeit und Sorgfalt angehen. Der vermurkste Facebook-PR-Gag hat für den Moment nur eine vorübergehende Verärgerung bei den eigenen Fans ausgelöst, könnte sich im Falle längerer sportlicher Erfolglosigkeit jedoch als echter Rohrkrepierer erweisen. Denn alberne Späße kann man sich nur dann erlauben, wenn die sportliche Bilanz stimmt. Ansonsten sind sie eben nur peinlich. Bleibt als Bayern-Fan nur zu hoffen, dass einem weitere Peinlichkeiten erspart bleiben.
Siehe zum Thema auch den Kommentar von Bratfish
Aufrufe: 9666 | Kommentare: 40 | Bewertungen: 24 | Erstellt:27.01.2012
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KOMMENTARE
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01.02.2012 | 13:02 Uhr
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Benefizz :
Ich verstehe das ganze Problem einfach nicht. Wieso spielt es eine Rolle, ob Bayern bei Facebook ist oder sonst irgendwie im Internet präsent? Dadurch spielt die Mannschaft nicht besser und kommen auch keine neuen Spieler. Ein Teil der Fans sind doch nur sauer, weil sie vom vielen Fifa-Managerspielen den blick für dsie Realität verloren haben und vom Verein wollen, in manCity Manier mit Geld um sich zu werfen und "Stars" zu verpflichten. Ist ja alles auch so einfach, 10 Mio, 20 Mio, 30 Mio, Peanuts, schmeißen wir doch 40 oder 50 Mio für den Spieler raus, das Geld ist ja da, weiß ja jeder. Lächerlich.
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30.01.2012 | 09:08 Uhr
-1
Matthi10 : @Voegi
Sorry Voegi, ich bin ja immer begeistert von Deinen Texten, aber in diesem Fall stimme ich absolut nicht überein. Es ist der Wahnsinn, wie diese Geschichte überbewertet wird, welche da letzte Woche auf Facebook passiert ist. Kopf schütteln und fertig war meine Sichtweise...
Aber das Du daraus eine grundsätzliche Diskussion zur Abrbeitsweise der bayern machst, kann ich nicht nachvollziehen! Wo liegt denn da etwas im Argen? Ich kann zwischen Bayern und anderen Sportvereinen keinen Unterschied feststellen, was die Internetpräsenz angeht!
3
28.01.2012 | 14:32 Uhr
0
raetia10 :
er wird uns heute helfen den Sieg fest zu halten.....er bereitet vlt sogar eines vor:)))))))
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28.01.2012 | 13:55 Uhr
-1
Voegi :
also ich halte den fc bayern für in höchstem maße professionell. nur eben in dem einen punkt "moderne medien" nicht. diese zur schau gestellte skepsis gegenüber dem internet ist in meinen augen jedenfalls etwas peinlich. und dazu passt der jüngste vorfall. wirkt einfach nicht souverän.humor? ja, ist ja nun wirklich keine ernsthafte geschichte. etwas mehr gelassenheit? ja. trotzdem kann man den missstand auch mal klar und deutlich ansprechen.
0
27.01.2012 | 18:02 Uhr
-1
UliFan : @ schnumi
Hoeness kann damit gerne unbeholfen sein, das macht ja nix.Wichtig ist dass der Verein und die dafür zuständigen Leute professionell damit umgehen. Uli muss ja unseren Internetauftritt nicht gestalten
1
27.01.2012 | 17:57 Uhr
0
1. Schreibstil ist sensationell!!!!
2. Ja, man ist in dieser Hinsicht etwas widersprüchlich und etwas unmodern, aber ich würde die ganze Geschichte doch etwas mit Humor sehen. Dass viele das nicht können oder wollen, ist auf jeden Fall in Ordnung, aber ganz so peinlich fand ich das jetzt nicht - vielleicht war die wahre Intention mehr Selbstironie als der krampfhafte Versuch eines Witzes oder einer weltoffenen Darstellung seitens des Vereins. Ich fand es jedenfalls nett.
3. Provokante These: War der Neuer-Pass nicht vielleicht wirklich Absicht?
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27.01.2012 | 17:56 Uhr
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Schnumbi :
denke eher hoeneß ist mit neuen medien unbeholfen, er hat ja selber immer wieder betont, das er nicht mal SMS schreiben kann
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Soory, ist mir gerade in den Kopf gekommen. Das Problem ist, dass man die neuen Medien zwar gerne irgendwie nutzen möchte, sich im Grunde aber gar nicht dafür interessiert und das Ganze nicht "lebt".
So wirkt dass Ganze manchmal als wenn ein kleiner Junge mit seinem Chemiebaukasten spielt. Es zischt und pufft und leuchtet überall aber wenn es dann plötzlich BUMM macht weiss keiner wieso und alle sind am heulen....
Erst wenn man da wirklich in die Sache investiert wird sich das irgendwann mal ändern aber bis bis dahin fängt der Franz wahrscheinlich eher an zu twittern (hat ja schliesslich mit Vögeln zu tun)
Übrigens wie immer top geschrieben der Blog!