13.06.2010 um 02:21 Uhr
Geschrieben von AndreasRenner
Verschwenderisches Argentinien
Hallo Leute!
In loser Abfolge werde ich im Verlauf dieser WM taktische Analysen einiger interessanter Partien erstellen. Heute geht es los und zwar mit dem Spiel:
ARGENTINIEN – NIGERIA
Formationen:
Argentinien startete in der erwarteten 4-3-3 Formation. Im Tor Romero, davor von links nach rechts Heinze, Samuel, Demichelis und überraschenderweise Gutierrez, der eigentlich ein offensiver Flügelspieler ist. Mascherano war der Sechser vor der Abwehr, davor verteilte Veron die Bälle aus einer tiefer liegenden Position hinter Messi auf der Zehn. Den Dreiersturm bildeten von links nach rechts Di Maria, Higuain und Tevez.
Nigeria begann überraschend in einem klaren 4-4-2. Im Tor Enyeama, davor von links nach rechts Taiwo, Yobo, Shittu und Odiah. Die beiden Sechser waren Etuhu und Haruna, die sich im Lauf des Spiels links und rechts vor der Abwehr abwechselten. Die offensiven Mittelfeldspieler waren links Obasi und rechts Kaita, im Sturm spielte Yakubu neben Obinna.
Defensive:
Argentinien attackierte zu Beginn schon in der gegnerischen Hälfte und kam so zu vielen Ballgewinnen. Anfangs waren Di Maria, Tevez und Messi im Rückwärtsgang einigermaßen diszipliniert, weil Nigeria aber weitgehend harmlos blieb, vernachlässigten sie im Lauf des Spiels ihre Defensivaufgaben immer öfter. Gutierrez auf der rechten Abwehrseite war ein Schwachpunkt, weil er oft falsch stand und ungeschickt in den Zweikämpfen war. Ansonsten hatte die argentinische Abwehr kaum Probleme.
Nigeria spielte ganz klassisch mit zwei Viererketten und davor zwei Stürmern, die als einzige schon in der gegnerischen Hälfte attackierten. Argentinien hatte allerdings zu Beginn viel zu viel Platz und nutzte diesen weidlich. Erst im Lauf der ersten Halbzeit gelang es Nigeria, defensiv solider zu stehen, weil man den Gegner in der eigenen Hälfte konsequenter unter Druck setzte.
Offensive:
Üblicherweise nehmen die argentinischen Außenverteidiger kaum am Offensivspiel teil, ganz wie es Trainer Maradona fordert. Das galt auch in dieser Partie für Heinze, während sein Pendant Gutierrez sich mehr einschaltete. Was Wunder, gehört er doch eigentlich ins Mittelfeld. Vorne klebte Di Maria konsequent an der linken Seitenlinie, und nahm sich damit praktisch selbst aus dem Spiel. Sein Gegenspieler Odiah hatte leichtes Spiel mit ihm. Mehr Probleme hatte Nigeria auf der linken Abwehrseite, wo Obasi und dahinter Taiwo viel mehr Arbeit hatten, da neben Gutierrez und dem rechten Außenstürmer Tevez auch immer wieder Messi und Higuain auf diese Seite auswichen. Dadurch war das argentinische Spiel stark rechtslastig.
Nigeria war dagegen über links deutlich agiler, weil Obasi Gutierrez mehrfach vor Rätsel stellte und Yakubu sich immer wieder halblinks anbot. Im rechten Mittelfeld spielte mit Kaita ein Linksfuß, der wesentlich mehr in die Mitte zog. Von den Außenverteidigern ging keine Gefahr aus. Das große Problem der Nigerianer war allerdings, dass auf der Sechserposition weder Haruna noch Etuhu die Offensive unterstützen konnten. Hinter den Stürmern klaffte ein Riesenloch und es gelang den beiden nicht einmal, ihre Flügelspieler in Szene zu setzen.
Standards:
Auch wenn Nigeria insgesamt deutlich unterlegen war, so war es doch konsequent, dass Heinzes Treffer nach einer Ecke fiel. Immer wieder konnten die Südamerikaner sich nämlich nach Standards Kopfballchancen erarbeiten. Beim Gegentor verteidigte Nigeria auf der Fünfmeterlinie im Raum, hatte sich aber an der Strafraumgrenze auch auf zwei Mann gegen Mann-Duelle eingelassen. Und als Obinna im Tiefschlaf Heinze gewähren ließ, fiel prompt das 1:0.
Wechsel:
Nigeria hielt trotz Rückstand bei allen drei Wechseln an seiner 4-4-2 Formation fest. Odemwingie machte Gutierrez allerdings eher noch mehr Probleme als Obasi und Martins wirkte gefährlicher als Obinna.
Argentinien geriet zwischenzeitlich durch die Einwechselung von Maxi Rodriguez für Veron defensiv aus den Fugen. Nachdem die Defensivdisziplin im Lauf der Partie ohnehin immer mehr nachließ, stand plötzlich Mascherano alleine vor der Abwehr da. In der 82. Minute wurden diese Nachlässigkeiten beinahe bestraft, als Uche Nigerias beste Chance vergab. Anschließend griff Maradona sofort korrigierend ein und brachte mit Burdisso für Di Maria wieder einen Defensivmann.
Fazit:
Mit Argentinien gewann die deutlich überlegene Mannschaft. Der Sieg hätte aufgrund einer Vielzahl an Torgelegenheiten deutlicher ausfallen müssen. Symptomatisch war eine Szene in der 65. Minute, als die Gauchos nach einer abgewehrten nigerianischen Ecke plötzlich einen 4 gegen 2 Konter fuhren. Nur um auch noch diese Riesenchance zu vergeigen. Vor allem Messi war viel zu verschwenderisch vor dem gegnerischen Tor. Nigeria brachte es im gesamten Spiel nur auf zwei ernstzunehmende Chancen und kam auch nur durch den argentinischen Defensiv-Leichtsinn zu seinen Gelegenheiten. Ein Punktgewinn für die Afrikaner wäre ungerecht gewesen.
Bis bald,
Andreas
In loser Abfolge werde ich im Verlauf dieser WM taktische Analysen einiger interessanter Partien erstellen. Heute geht es los und zwar mit dem Spiel:
ARGENTINIEN – NIGERIA
Formationen:
Argentinien startete in der erwarteten 4-3-3 Formation. Im Tor Romero, davor von links nach rechts Heinze, Samuel, Demichelis und überraschenderweise Gutierrez, der eigentlich ein offensiver Flügelspieler ist. Mascherano war der Sechser vor der Abwehr, davor verteilte Veron die Bälle aus einer tiefer liegenden Position hinter Messi auf der Zehn. Den Dreiersturm bildeten von links nach rechts Di Maria, Higuain und Tevez.
Nigeria begann überraschend in einem klaren 4-4-2. Im Tor Enyeama, davor von links nach rechts Taiwo, Yobo, Shittu und Odiah. Die beiden Sechser waren Etuhu und Haruna, die sich im Lauf des Spiels links und rechts vor der Abwehr abwechselten. Die offensiven Mittelfeldspieler waren links Obasi und rechts Kaita, im Sturm spielte Yakubu neben Obinna.
Defensive:
Argentinien attackierte zu Beginn schon in der gegnerischen Hälfte und kam so zu vielen Ballgewinnen. Anfangs waren Di Maria, Tevez und Messi im Rückwärtsgang einigermaßen diszipliniert, weil Nigeria aber weitgehend harmlos blieb, vernachlässigten sie im Lauf des Spiels ihre Defensivaufgaben immer öfter. Gutierrez auf der rechten Abwehrseite war ein Schwachpunkt, weil er oft falsch stand und ungeschickt in den Zweikämpfen war. Ansonsten hatte die argentinische Abwehr kaum Probleme.
Nigeria spielte ganz klassisch mit zwei Viererketten und davor zwei Stürmern, die als einzige schon in der gegnerischen Hälfte attackierten. Argentinien hatte allerdings zu Beginn viel zu viel Platz und nutzte diesen weidlich. Erst im Lauf der ersten Halbzeit gelang es Nigeria, defensiv solider zu stehen, weil man den Gegner in der eigenen Hälfte konsequenter unter Druck setzte.
Offensive:
Üblicherweise nehmen die argentinischen Außenverteidiger kaum am Offensivspiel teil, ganz wie es Trainer Maradona fordert. Das galt auch in dieser Partie für Heinze, während sein Pendant Gutierrez sich mehr einschaltete. Was Wunder, gehört er doch eigentlich ins Mittelfeld. Vorne klebte Di Maria konsequent an der linken Seitenlinie, und nahm sich damit praktisch selbst aus dem Spiel. Sein Gegenspieler Odiah hatte leichtes Spiel mit ihm. Mehr Probleme hatte Nigeria auf der linken Abwehrseite, wo Obasi und dahinter Taiwo viel mehr Arbeit hatten, da neben Gutierrez und dem rechten Außenstürmer Tevez auch immer wieder Messi und Higuain auf diese Seite auswichen. Dadurch war das argentinische Spiel stark rechtslastig.
Nigeria war dagegen über links deutlich agiler, weil Obasi Gutierrez mehrfach vor Rätsel stellte und Yakubu sich immer wieder halblinks anbot. Im rechten Mittelfeld spielte mit Kaita ein Linksfuß, der wesentlich mehr in die Mitte zog. Von den Außenverteidigern ging keine Gefahr aus. Das große Problem der Nigerianer war allerdings, dass auf der Sechserposition weder Haruna noch Etuhu die Offensive unterstützen konnten. Hinter den Stürmern klaffte ein Riesenloch und es gelang den beiden nicht einmal, ihre Flügelspieler in Szene zu setzen.
Standards:
Auch wenn Nigeria insgesamt deutlich unterlegen war, so war es doch konsequent, dass Heinzes Treffer nach einer Ecke fiel. Immer wieder konnten die Südamerikaner sich nämlich nach Standards Kopfballchancen erarbeiten. Beim Gegentor verteidigte Nigeria auf der Fünfmeterlinie im Raum, hatte sich aber an der Strafraumgrenze auch auf zwei Mann gegen Mann-Duelle eingelassen. Und als Obinna im Tiefschlaf Heinze gewähren ließ, fiel prompt das 1:0.
Wechsel:
Nigeria hielt trotz Rückstand bei allen drei Wechseln an seiner 4-4-2 Formation fest. Odemwingie machte Gutierrez allerdings eher noch mehr Probleme als Obasi und Martins wirkte gefährlicher als Obinna.
Argentinien geriet zwischenzeitlich durch die Einwechselung von Maxi Rodriguez für Veron defensiv aus den Fugen. Nachdem die Defensivdisziplin im Lauf der Partie ohnehin immer mehr nachließ, stand plötzlich Mascherano alleine vor der Abwehr da. In der 82. Minute wurden diese Nachlässigkeiten beinahe bestraft, als Uche Nigerias beste Chance vergab. Anschließend griff Maradona sofort korrigierend ein und brachte mit Burdisso für Di Maria wieder einen Defensivmann.
Fazit:
Mit Argentinien gewann die deutlich überlegene Mannschaft. Der Sieg hätte aufgrund einer Vielzahl an Torgelegenheiten deutlicher ausfallen müssen. Symptomatisch war eine Szene in der 65. Minute, als die Gauchos nach einer abgewehrten nigerianischen Ecke plötzlich einen 4 gegen 2 Konter fuhren. Nur um auch noch diese Riesenchance zu vergeigen. Vor allem Messi war viel zu verschwenderisch vor dem gegnerischen Tor. Nigeria brachte es im gesamten Spiel nur auf zwei ernstzunehmende Chancen und kam auch nur durch den argentinischen Defensiv-Leichtsinn zu seinen Gelegenheiten. Ein Punktgewinn für die Afrikaner wäre ungerecht gewesen.
Bis bald,
Andreas
Aufrufe: 2426 | Kommentare: 10 | Bewertungen: 6 | Erstellt:13.06.2010
ø 6.5
KOMMENTARE
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13.06.2010 | 13:44 Uhr
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AndreasRenner : @milano151
Danke für die Zustimmung, aber mit der Formation liegst Du falsch. Gutierrez war eindeutig Aussenverteidiger, nur hat er sich offensiv mehr eingeschaltet als Heinze.
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13.06.2010 | 13:39 Uhr
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P:S nochwas, es war kein 4-3-3, sondern ein 3.4.3.
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13.06.2010 | 13:32 Uhr
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AndreasRenner : @Fabian Pramel
Vergleiche doch einfach mal, wie Spox die taktischen Formationen interpretiert hat und wie ich das getan habe. Ich bin sicher, Dir werden ein paar Unterschiede auffallen.
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13.06.2010 | 13:31 Uhr
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Josh9 :
@Andreas: ja "hätte" eben ;)So ist der Fussball nunmal. Das liegt alles nah bei einander.
Ich rede hier eben nicht von einem Team, dass sich grad noch qualifiziert hat, sondern einen absoluten Top-Favoriten für den Titel, und da der Gegner hier Nigeria hiess, war das für mich noch nicht so überzeugend. Einfach sehr durchschaubar.
okay war es, aber mehr nicht
Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden.
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13.06.2010 | 13:24 Uhr
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AndreasRenner : @Alle
Mein Eindruck ist: Hätte Argentinien genauso gespielt und nur zwei Chancen mehr ausgenutzt, dann wären alle ins Schwärmen geraten. Hey, wir reden hier von einem Team, das sich mir Hängen und Würgen qualifiziert hat und bei dem Messi als Frendkörper galt. Dafür fand ich die Leistung vollkommen okay.
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13.06.2010 | 11:06 Uhr
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ein ausblick auf die kommenden spiele und deren aufstellung- sagst ja dass die einwechselspieler nigerias mehr schwung gebracht haben - hätte dem blog einen eigenen und individuelleren charakter gegeben.
die spielanalyse demnach etwas begrenzen und einen ausblick geben fände ich wertvoller als ein konkurrenzblog zur spielanalyse von spox
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13.06.2010 | 11:05 Uhr
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argentinien hatte extrem viele chancen aber mit der Auswertung wird man leider kein Weltmeister
sie müssen sich eindeutig noch steigern damit ich sie als Tiitelanwärter ansehe
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13.06.2010 | 11:01 Uhr
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Josh9 :
naja, Argentinien überzeugte mich nicht.Auch wenn sie immer wieder starke Spielzüge abziehen, aber insgesamt ist das doch zu ausrechenbar.
Das Pressing halten sie in der Regel auch nur 60 min. durch und dann lässt das alles deutlich nach. Messi soll wohl auf Biegen und Brechen zum Superstar dieser WM werden, und das kann schon ein großer Fehler sein. Zu viel Druck auf ihm, und ein Spielmacher ist er einfach nicht.
In der Mitte wird er bei stärkeren Defensivverbunden nicht durchkommen.
Di Maria ist völlig enttäuschend gewesen.
Leidtragender der Messi-Taktik.
mal schauen, wie das weitergeht
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13.06.2010 | 09:02 Uhr
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aber des 1:0 geht in ordnung.
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Statistik
Nach dem Tor zeigte er begeistert auf einen seines Trainerteams, ich nehme an, er hat die Eckentaktik ausgearbeitet, ähnlich stelle ich mir das mit dem Spielsystem usw vor, Maradona ist auch was die Spieler sagen eher der Motivator, man denke an Klinsmann.
Ansonsten finde ich die Analyse gut, ich hab aber auch die von Spox nicht gelesen. Ich stimme aber mit dir in allen wichtigen Punkten überein.
Und anders als Fabian denke ich, dass Spielanalysen besser sind als eine Vorschau auf die kommenden Spiele, eben weil man taktische Kniffe, Wechsel usw erläutern kann, und sich nicht nur vage auf die Aufstellung beziehen muss.
@milano
Den Eindruck hatte ich teils teils, in dem was ich gelesen hatte war von einem 3-4-3 ausgegangen worden. ich fand, dass der RIV (welcher weiß ich jetzt nicht genau) häufig rübergeschoben hat wenn der RV mitgegangen ist, dann enstand mit Heinze als LV eine Dreierkette, gleichzeitig hat sich der Sechser Mascherano weit zurückfallen lassen bei Ballgewinn.
In der Defensive ist aber der RV wieder in der Viererkette zu sehen gewesen, deswegen würde ich von einem modifiziertem 4-3-3 sprechen...