20.09.2010 um 19:28 Uhr
Geschrieben von Taktiker
Vor der englischen Woche Teil 2
Fortsetzung von Teil 1.
Köln – Solide, aber harmlos
Nach dem verhaltenen Start mit zwei Niederlagen gegen Kaiserslautern und Bremen warf Trainer Soldo das in der Vorbereitung einstudierte 4-4-2-Rautensystem über den Haufen. Gegen St. Pauli sortierte er seine Spieler in einem 4-1-4-1-System, was gleich zum ersten Saisonsieg führte, und rückte auch beim FC Bayern nicht von seiner Formation ab, was wiederum mit einem Punktgewinn belohnt wurde.
Die Vorteile in diesem System liegen ganz klar in dessen Kompaktheit, man hat permanent 9 Leute hinter dem Ball, zudem mit Petit einen Spieler, der umtriebige Stürmer oder Mittelfeldspieler aufnehmen kann. Die Verteidigung um Geromel lässt in der Luft wenig zu, steht, wie die gesamte Mannschaft, recht tief und kompakt und verhindert so viele Zuspiele durch die Schnittstellen. Auf den offensiven Außenbahnen spielen mit Clemens und Freis voraussichtlich zwei lauf- und kampfstarke Spieler, die gut mit den gegnerischen Außenverteidigern zurecht kommen sollen. Das Zentrum ist mit Yalcin und Jajalo recht dürftig besetzt, allerdings leisten auch diese beiden bisher ordentliche Defensivarbeit. Vorne rackert sich Podolski ab, gegen St. Pauli hielt er viele Bälle und legte sie dann auf die nachrückenden Mitspieler ab. Zudem band er häufig zwei Gegenspieler, war viel in Bewegung und ließ sich auffällig häufig nach links oder in die Tiefe fallen, um so Räume für die Mitspieler zu schaffen, die diese allerdings allzu selten zu nutzen wussten.
Generell kann man sagen, dass es gerade auswärts schwierig ist gegen den FC ein Tor zu erzielen. Allerdings muss man auch ganz klar sagen, dass die Offensivbemühungen recht hektisch und undurchdacht wirken, außer Podolski ist die Offensivabteilung ziemlich dünn besetzt. Die Kölner wirken recht zufrieden in ihrer defensiven Grundordnung, um dann nach Ballgewinn schnell nach vorne zu spielen, den Ball zu halten und frühzeitig zum Abschluss zu kommen. Fairerweise muss man sagen, dass es nach der Systemumstellung recht gut geklappt hat mit 4 Punkten aus 2 Spielen, aber Köln ist auf keinen Fall eine Mannschaft, vor der man Angst haben muss.
Schwachstellen in der Zentrale und auf den Außen
Trotz aller Kompaktheit gibt es beim FC doch auch einige Schwachstellen in der Defensive. Rechtsverteidiger Brecko genügt trotz eines guten Spiels gegen den FC Bayern nicht den Ansprüchen. Er versagt regelmäßig im Spielaufbau, zeigt zudem häufige Stellungsfehler, zudem ist er schlicht und ergreifend zu langsam, um bei einer Kontersituation mitzuhalten. Linksverteidiger Ehret ist zwar schneller, aber defensiv nicht so geschult. Deswegen tun sich in seinem Rücken häufiger einmal Lücken auf, wenn er zu eilig nach vorne marschiert ist. Petit spielt sicher, aber auch er ist nicht der Schnellste, und dürfte Probleme bekommen mit dem umtriebigen Holtby Schritt zu halten. Die offensive Viererkette ist zwar laufstark, aber auch unerfahren, Clemens und Freis sind äußerst fleißig, aber vor allem Freis zeigt häufiger fußballerische Mängel, könnte deshalb verstärkt Opfer des Mainzer-Pressings werden. Zuletzt ist noch zu erwähnen, dass wenn es die defensiven Mittelfeldspieler der Mainzer schaffen Yalcin und Jajalo auszuschalten, Podolski die Bindung zum Spiel fehlt, was dazu führt, dass er sich verstärkt fallen lässt oder auf die Außen ausweicht, was wiederum unseren Innenverteidigern einen größeren Freiraum für Vorstöße im Aufbauspiel bieten würde.
Ein System gegen Köln zu finden ist nicht leicht, denn jedes bietet seine Vor- und Nachteile gegen die Domstädter. Im 4-2-3-1 hat jeder Kölner-Spieler einen direkten Gegenspieler. Im 4-3-1-2 (4-4-2-Raute) ist die Mitte gut besetzt, man kann die gegnerischen IV frühzeitig unter Druck setzen und kann von vielen Ballgewinnen im Mittelfeldzentrum ausgehen. Auch weitere Systeme hätten Vorteile, denkbar ist auch wie gegen Bremen das zeitweise 4-3-2-1-Tannenbaum. Aufgrund Kölns relativer Schwäche im zentralen Mittelfeld würde ich zu drei defensiven Mittelfeldspielern tendieren, die dann abwechselnd in die vorderen Räume vorstoßen. Um Petit unter Druck zu setzen, wäre mein bevorzugtes System das Tannenbaumsystem mit Holtby und Schürrle (Risse) hinter einer einzigen Spitze. In diesem System hätte man das Zentrum zu jeder Zeit im Griff, und hätte insgesamt vier Spieler, zwei äußere DM sowie zwei OM, die die Außenbahnen besetzen oder bei gegnerischem Ballbesitz dort Druck aufbauen könnten. Auch könnte Fuchs in diesem System verstärkt vorrücken, und wäre jeder Zeit abgesichert.
Aufstellung
Mondragon - Brecko (Andrezinho), Geromel, Mahamad, Ehret - Petit - Freis, Jajalo, Yalcin, Clemens - Podolski
Auf die Kölner folgt der Rekordmeister
Am Samstag dann steht das Spiel beim amtierender deutschen Meister FC Bayern München an. Nach dem schwachen Start brennen die Bayern in der Zeit des Oktoberfests auf Vergeltung, und der Emporkömmling aus Mainz scheint da ein passender Gegner zu sein. Die Bayern spielen unter Louis van Gaal einen sehr dominanten, auf Ballbesitz basierenden Fußball. 65% Ballbesitz sind keine Seltenheit, und der Gegner verlegt sich vor allem in München beinahe ohne Ausnahme aufs Kontern. In der letzten Saison setzt es für Mainz eine klare 3:0-Niederlage, Tuchel wollte vor dem Spiel "den Mannschaftsbus im Strafraum parken".
Diese Art des Fußballs praktizieren beinahe alle Mannschaften im Schlauchboot, ich denke jedoch nicht, dass wir es nötig haben mit 10 Mann den eigenen Strafraum zu verrammeln und komplett destruktiv zu spielen. Doch dazu später mehr, jetzt erst einmal zu den Stärken und Schwächen der Bayern.
Hinten hui, vorne pfui – oder andersherum
Die Bayern stellen bisher die torungefährlichste Mannschaft, dazu kommen für Münchner Verhältnisse wenig herausgespielte Torchancen, welche dann häufig allzu kläglich vergeben werden (beispielhaft sei Müller in Kaiserslautern erwähnt). Die im Sommer kritisierte Abwehr stand bisher sicher, was aber zum Teil auch an allzu defensiven Gegnern lag. Generell kann man sagen, dass es schwer ist die Bayern durch die Mitte zu bezwingen, sowohl van Bommel als auch Schweinsteiger gehen selten nach vorne, ordnen das Spiel eher aus der Tiefe. Die Münchner Schaltzentrale wird nach heutigem Stand vom Talent Toni Kroos komplettiert, dieser findet mehr und mehr zu seinem Spiel, fordert immer mehr Bälle und lässt auch die individuelle Klasse als Passgeber und Schütze phasenweise aufblitzen. Auf links wirbelt natürlich Ribery, ihn zu stoppen ist natürlich eine der wichtigsten Aufgaben, ebenso wie den umtriebigen Müller. Diese Aufgabe wird auf die beiden Außenverteidiger sowie die defensiven Mittelfeldspieler zukommen, gleichzeitig darf aber auch das defensive Mittelfeld um Schweinsteiger nicht außer Acht gelassen werden.
Aufrufe: 2026 | Kommentare: 15 | Bewertungen: 6 | Erstellt:20.09.2010
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KOMMENTARE
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21.09.2010 | 15:58 Uhr
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Taktiker :
@allDanke für die netten Kommenatare.
@Maverick
Da hast du recht, man wird sehen wie die Bayern drauf sind, aber da Mainz diesen Punkt nicht beeinflussen kann fand ich es sinnlos ihn aufzuführen.
@La_pulga
Eigentlich hat Holtby immer als Spielmacher gezockt, gegen Bremen teilweise mit Risse auf den Halbpositionen. Aber er spielt immer zentral hinter den Spitzen. Generell kann man sagen, dass er Dreh- und Angelpunkt des Mainzer Spiels ist. Viele Bälle fordert, riskante Pässe spielt. Dass vieles nicht klappt ist klar, aber er hat eine unglaubliche Anzahl an feinen Pässen, Tempodribblings und Schüssen pro Spiel, für sein Alter schon Wahnsinn.
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21.09.2010 | 13:54 Uhr
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La_Pulga :
Jo, mein Bauchgefühl hat mir auch einen Schalker Sieg gegen Hoffenheim bzw. gegen Dortmund vorausgesagt, deswegen hab ich jetzt nen Gelb-Schwatzen drin...Sei dir wegen deines Effzehs also nicht so sicher, nur weil ich meinen Gefühlen hier freien Lauf lasse, heißt es nicht, dass ich irgendwann schonmal Recht gehabt habe
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21.09.2010 | 13:46 Uhr
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Zyrock :
Na wenn La_Pulga das sagt, dann kann ja nix mehr schiefgehen für den FC heute ^^ Avatar-Wette verloren?
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21.09.2010 | 13:43 Uhr
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La_Pulga :
@Taktiker: Ausgezeichneter 2-Teiler, wie immer eigentlich! Ich muss dir allerdings etwas berichten, was mir mein Bauch grade gesagt hat: Weder gegen Köln noch gegen Bayern gibt es Punkte, ich progostiziere zwei Niederlagen... Wäre schade, aber irgendwie sagt das mein Gefühl! Mal sehen...
Ich hab noch ne Frage: In welchen Positionen hat Holbty bisher bei euch gespielt? Gegen Bremen hab ich nur ne kurze Zusammenfassung gesehen, da schien er auf der 10 in der Raute gespielt zu haben...
Außerdem wäre ein insgesamtes Fazit von dem was Lewis bisher gespielt hat ne feine Sache!
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21.09.2010 | 13:22 Uhr
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Kann deinen Ausführungen eig nur zustimmen, bloß bei dem Spiel gegen Bayern möchte nich noch etwas anfügen:
Es wird auch viel darauf ankommen ob die Bayern bis dahin wieder zu ihrer Form finden. Wenn das der Fall sein sollte, dann wird wohl nicht viel zu holen sein. Selbst wenn ihr taktisch richtig eingestellt seid, es wird vor allem auf die Form der Bayern ankommen. Soll nicht arrogant rüberkommen, aber is meine Meinung.
10 Punkte für den Blog!
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21.09.2010 | 12:47 Uhr
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Zyrock :
Sehr schön geschrieben in beiden Teilen, wirklich, gefällt mir!Die Fehler und Schwächen sowohl im Kölner System, als auch vor allem in der Personalstruktur hast du gut erkannt und deutlich herausgestellt. Allerdings glaube ich, dass du einige Spieler unterschätzt und gleichzeitig das System zu defensiv siehst. Wie man im Spiel gegen St. Pauli in der ersten Hälfte gesehen hat, kann aus diesem System heraus auch sehr offensiv gespielt und schnell umgeschaltet werden.
Wir werden sehen, wie es heute Abend kommt. Unabhängig vom Ausgang des Spiels wünsche ich euch viel Erfolg für das Spiel gegen die Bayern!
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20.09.2010 | 19:40 Uhr
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mamö99 :
Schöne Vorschau und Prognose, gewohnt flüssiges Lesen ermöglicht und ich stimme eigentlich auch größtenteils überein. @taktiker
Was Köln angeht: Ich hoffe sehr das Mainz weiterhin so kombiniert und Räume, die sich gegen den FC öfters auftun, besonders durch Konter schnell ausnutzt.
Zum Auswärtsspiel beim FC Bayern:
Mit ein wenig Glück ist dort etwas zu holen. Bayern wird sich halbwegs wieder fangen und irgendwann kommt der Befreiungsschlag. Dagegenwirken wird wohl die Devise sein. Sein müssen. Räume eng machen und die Außenbahnen konsequent besetzen um Ribéry unter Druck zu setzen und ihm kaum Räume zu geben. Dadurch könnte es schnelle Balleroberungen geben und schnelle Konter gefahren werden. Da gerade van Buyten in Rückwärtsbewegung etwas hüftsteif wirkt, wird sich da die ein oder andere Gelegenheit ergeben.
Sehe das also im Groben genauso.
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20.09.2010 | 19:32 Uhr
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Taktiker : Anhang
So würde ich erneut das Tannenbaumsystem wählen, hier hat man die Zentrale dicht, und kann von hieraus immer auf den Außen doppeln, dadurch viele Ballgewinne gerade gegen Ribery erzielen, um dann schnell zu Kontern. Allerdings sollte man nicht den Fehler machen, und sich 90 Minuten hinten reinstellen, sondern zwischendurch immer wieder Phasen einstreuen, in der man die eigene Viererkette ganz bewusst höher stellt, Pressing spielt und so die nicht immer sicheren IV zu Fehlern oder langen Bällen zwingen.Prognose
Am Dienstag gegen Köln sehe ich gute Chancen, den fünften Sieg in Folge einzufahren. Frühes Pressing, und sichere Kombinationen werden erneut der Schlüssel zum Erfolg sein. Die Kölner sind in keinem Mannschaftsteil sonderlich gut besetzt, es fehlen kreative Leute, und auch die Balance zwischen Defensive und Offensive, entweder man agiert zu defensiv (häufig), oder zu offensiv (selten).
In München erwartet die 05er dann schon ein anderes Kaliber, auch wenn der heimische FCB momentan nicht auf Wolke 7 schwebt. Dort wird man sich zuerst aufs Tore verhindern konzentrieren (müssen), besonderes Augenmerk gilt hier den Außenbahnen. Chancen dürften sich vor allem nach shcnellen Kontern auftun, hier ist der hüftsteife van Buyten der Schwachpunkt, wo es den Hebel anzusetzen gilt.
Sollten die Mainzer aus dieser englischen Woche erfolgreich hervorgehen (was nicht zwei Siege bedeutet), sehe ich die Vorraussetzungen für ein neues Ziel oberhalb des Klassenerhalts gegeben, was ausdrücklich nicht die Europapokal-Plätze bedeutet!
<strong>Aufstellung Bayern</strong>
Butt - Lahm, v. Buyten, Badstuber, Contento - Schweinsteiger, v. Bommel - Müller, Kroos, Ribery - Klose
Die Vorschau auf das morgige Spiel aus Kölner Sicht .
Vielen Dank für's Lesen!
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Ich bin mal gespannt ob er nochmal zurück kommt!